Rettungsaktion auf dem Mittelmeer
Foto: Ärzte ohne Grenzen
Politik | Seenotrettung

„Aufforderung zum Ertrinken lassen"

Die Regierung Meloni verschärft die Massnahmen gegen die Flüchtlingsrettung aus dem Meer.
Die italienische Regierung hat das von Innenminister Matteo Piantedosi angekündigte Dekret für zivile Seenot-Retter verabschiedet. Damit sollen deren Einsätze im Mittelmeer deutlich eingeschränkt werden. Das Dekret sieht vor, dass Schiffe von Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen oder SOS Mediterranee nach einer Rettung sofort einen von den Behörden zugewiesenen Hafen anlaufen müssen, ohne eventuell weiteren Booten in Seenot helfen zu können.
Migranten und Flüchtlinge müssen zudem noch auf dem Schiff entscheiden, ob und in welchem Land sie um Asyl ansuchen wollen und die entsprechenden Anträge ausfüllen. Bei Verstössen gegen die neuen Vorschriften drohen den Kapitänen ziviler Schiffe hohe Geldstrafen bis zu 50.000 Euro.  
 
 
 
Im Umgang mit Seenot-Rettungsorganisationen hat die italienische Regierung damit einen entscheidenden Strategiewechsel vollzogen. Statt der im letzten Wahlkampf angekündigten geschlossenen Häfen hat die Regierung Meloni einen codice di comportamento gebilligt, der die Arbeit ziviler Rettungsschiffe massiv erschwert. Das Dekret beinhaltet drei wesentliche Punkte: die Schiffe müssen nach einer Rettung direkt einen vorgegebenen Hafen ansteuern und dürfen keinen weiteren Notrufen folgen.
Das Dekret verbietet überdies, Flüchtlinge auf andere Schiffe zu verfrachten. Drittens müssen die Migranten in jenen Ländern Asyl beantragen, unter deren Flagge die Schiffe fahren. Bei Missachtung dieser Bestimmungen können die Schiffe beschlagnahmt werden. Internationale Helfer reagierten empört auf die Entscheidung der römischen Regierung. Das Dekret sei eine "Aufforderung zum Ertrinkenlassen" so die Organisation Sea Watch.
Im Umgang mit Seenot-Rettungsorganisationen hat die italienische Regierung damit einen entscheidenden Strategiewechsel vollzogen.
Marco Bertotto von Medici senza frontiere ging mit der Entscheidung der Regierung hart ins Gericht: "L´illegalità denunciata non c'è. Ci vietano di colmare un vuoto di un sistema statale che ignora i naufraghi". Die NGOs haben  heftig gegen die Entscheidung der Regierung protestiert und zivilen Ungeorsam angekündigt - von Sea Eye bis zu Ärzte ohne Grenzen. Emergency verwies darauf, dass 2022 fast 1400 Migraten im Mittelmeer ertunken seien.
Die Schriftstellerin Caterina Bonvicini, die drei Wochen auf der Ocean Viking unterwegs war, appellierte an Piantedosi: "Ministero, venga con noi in mare e ci aiuti a decidere chi deve vivere o morire."
Für die Regierung wesentlich unangenehmer als die Polemik der Seenotretter  ist freilich die scharfe Kritik der italienischen Bischofskonferenz: "E´ paradossale che uno strumento che in questi anni è stato di sicurezza per almeno il 10 per cento delle persone che sono sbarcate nel nostro paese - cioè le navi delle ONG,- sia considerato uno strumento di insicurezza", so Erzbischof Giancarlo Perego, Vorsitzender  der zuständigen Kommission der Bischofskonferenz.
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Manfred Klotz Fr., 30.12.2022 - 13:32

Das Gesetz verletzt das Internationale Seerecht und wird mit Sicherheit gekippt, aber in der Zwischenzeit erlebt die Anhängerschaft der rechtsextremen Regierung einen Orgasmus. Der Aufprall auf dem Boden der Realität wird dann besonders hart.

Fr., 30.12.2022 - 13:32 Permalink
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alfred frei Fr., 30.12.2022 - 13:55

"es geht vom Rückenmark ins Gehirn, dann wirst du blöde" - un dann bist du irgendwann bei Salvini, fast eine Gesetzmäßigkeit, oder ?

Fr., 30.12.2022 - 13:55 Permalink
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Karl Trojer Sa., 31.12.2022 - 10:06

Helfern die Rettung von Ertrinkenden zu verwehren, ist MORD !
Die Verantwortlichen für diese Missetat sollten von der UNO und ihrem Gericht verurteilt werden.

Sa., 31.12.2022 - 10:06 Permalink
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Herta Abram Mo., 02.01.2023 - 10:04

Antwort auf von Ida Heller

Fazit: Fluchtursachen mindern könnte gehen mit einem längerfristigen Umdenken im Umgang mit Fluchtursachen. z. B.: Die Auswirkungen globaler Lieferketten, postkoloniale Abhängigkeiten, und die Klimakrise zwingen immer mehr Menschen im globalen Süden dazu, ihre Heimat zu verlassen.- Für diese Fluchtursachen müsste Europa Verantwortung übernehmen.

Mo., 02.01.2023 - 10:04 Permalink
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Herta Abram Mo., 02.01.2023 - 10:06

Antwort auf von Ida Heller

Fazit: Fluchtursachen mindern könnte gehen mit einem längerfristigen Umdenken im Umgang mit Fluchtursachen. z. B.: Die Auswirkungen globaler Lieferketten, postkoloniale Abhängigkeiten, und die Klimakrise zwingen immer mehr Menschen im globalen Süden dazu, ihre Heimat zu verlassen.- Für diese Fluchtursachen müsste Europa Verantwortung übernehmen.

Mo., 02.01.2023 - 10:06 Permalink
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Herta Abram Mo., 02.01.2023 - 10:07

Antwort auf von Ida Heller

Fazit: Fluchtursachen mindern könnte gehen mit einem längerfristigen Umdenken im Umgang mit Fluchtursachen. z. B.: Die Auswirkungen globaler Lieferketten, postkoloniale Abhängigkeiten, und die Klimakrise zwingen immer mehr Menschen im globalen Süden dazu, ihre Heimat zu verlassen.- Für diese Fluchtursachen müsste Europa Verantwortung übernehmen.

Mo., 02.01.2023 - 10:07 Permalink
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Stefan S Mo., 02.01.2023 - 10:42

Antwort auf von Herta Abram

"Für diese Fluchtursachen müsste Europa Verantwortung übernehmen."
Absolut richtig aber anstatt die Ursachen abzustellen und den betroffenen Ländern Hilfe zur Selbsthilfe zu ermöglichen beutet man Sie weiter aus wie z. B. mit hoch subventionierten Agrarprodukte aus der EU. Die Symptome zu mildern und dabei die Ursachen auszublenden ist mittel und langfristig der falsche Weg.

Mo., 02.01.2023 - 10:42 Permalink
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Johannes Engl So., 01.01.2023 - 19:47

Diese Vorschriften sind für einen zivilisierten Staat unwürdig.
Das einzige was in meinen Augen eine gewisse Logik hat ist die Vorschrift, dass die Flagge des Schiffes entscheidet, in welchem Staat die Geretteten Zuflucht finden bzw. wo sie dann Asyl beantragen können.

So., 01.01.2023 - 19:47 Permalink
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Manfred Klotz Mo., 02.01.2023 - 07:23

Antwort auf von Johannes Engl

Diese "Logik" verletzt aber die verschiedenen Abkommen zur Rettung auf See (UNCLOS, SAR, SOLAS) und das Abkommen Dublin III (Grundlage dafür ist die Bestimmung, dass derjenige Mitgliedstaat, in dem eine geflüchtete Person erstmals europäisches Territorium betritt, das Asylverfahren durchführen muss, ganz egal in welches Land der Flüchtling dann überstellt wird).
Ich verstehe tatsächlich nicht, wie die Regierung Meloni glauben kann, mit den erlassenen Bestimmungen durchzukommen. M.E. ist das nur ein Zuckerle zum Vertrösten der eigenen "blutrünstigen" Wähler. Wenn sich die Bestimmungen in Luft auflösen - und das werden sie - wird Meloni das entweder unter den Teppich kehren oder der EU die Schuld geben und damit den Anti-europäischen Kurs, den sie zurzeit etwas abgelegt hat, um keine Schwierigkeiten mit der EU zu bekommen, wieder hervorkramen.

Mo., 02.01.2023 - 07:23 Permalink
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Stefan S Mo., 02.01.2023 - 10:34

Antwort auf von Manfred Klotz

"der EU die Schuld geben und damit den Anti-europäischen Kurs, den sie zurzeit etwas abgelegt hat, um keine Schwierigkeiten mit der EU zu bekommen, wieder hervorkramen."
Das wird erst kurz vor Auflösung der jetzigen Regierung passieren. Italien und vor allem diese Regierung hängt voll am EU Subventionstropf. Grundsätzlich nicht gut aber in diesem Fall erstmal zu begrüßen weil Meloni nur kleine Brötchen backen kann.

Mo., 02.01.2023 - 10:34 Permalink