Der 11. Februar 2013 war einer der aufregendsten und turbulentesten Tage meiner fast 20-jährigen Journalistenlaufbahn in Rom. Dabei war es ein Montag, an dem keine besonderen Ereignisse im Terminkalender vermerkt waren. Dann aber kam alles plötzlich ganz anders und der Tag hielt eine gewaltige Überraschung bereit, die die gesamte Weltpresse umgehend in Aufregung versetzte.
Im Vatikan hielt Papst Benedikt XVI eine routinemässige Ansprache an die Kardinäle - wie gewohnt auf lateinisch. Er schloss seine Rede mit folgenden kurzen Worten : „Declaro me ministeri episcopi Romae renuntiare.“
Unter den wenigen anwesenden Journalisten begriff nur eine sofort die sensationelle Tragweite dieser sechs Worte: die versierte Vatikan-Korrespondentin der italienischen Nachrichtenagentur Ansa, Giovanna Chirri, für die die Beherrschung des Lateinischen zu den erforderlichen Berufspflichten gehörte.
Als wenige Minuten später eine Ansa-Agenturmeldung den Rücktritt Ratzingers als Oberhaupt der katholischen Kirche ankündigte, war buchstäblich die Hölle los. Die Frage nach dem Zeitpunkt und den Ursachen für den überraschenden Schritt blieben zunächst unbeantwortet - eine Begründung hatte es ebenso wenig gegeben wie eine offizielle Verlautbarung des Heiligen Stuhls.
In Deutschland hielt man diese am Rosenmontag verkündete Erklärung zunächst für einen Faschingsscherz. Erstmals seit über 700 Jahren war ein Papst freiwillig zurückgetreten.
In den Tagen und Wochen danach wurden Befürchtungen laut, der Altpapst könne zum unliebsamen Gegenspieler des Neuen werden. Sogar der in kirchlichen Angelegenheiten stets äusserst versierte Vatikan-Sprecher Padre Federico Lombardi zeigte sich ratlos und sichtlich irritiert. Auch er sei von der Ankündigung völlig überrascht worden. Er versuchte in ersten Stellungnahmen, die aufgeregten Presseleute zu beschwichtigen: es werde im Kirchenstaat eben in Zukunft zwei Päpste geben, einen davon im Ruhestand.
Wenige Minuten nach der Agenturmeldung klingelte bei mir das Telefon: die Standard-Redaktion, der ORF und die Süddeutsche Zeitung stellten mir Fragen, auf die ich zunächst keine überzeugende Antwort wusste.
Wenige Minuten nach der brisanten Agenturmeldung klingelte bei mir das Telefon: die Standard-Redaktion, der ORF und die Süddeutsche Zeitung stellten mir Fragen zu einer Entscheidung, auf die ich keine Antwort wusste und die selbst vaticanisti mit jahrzehntelanger Erfahrung aus allen Wolken fallen liess.
Radio Vatikan wiederholte mit kirchenmusikalischer Untermalung alle 15 Minuten die Meldung vom Rücktritt - wie gewohnt ohne Hintergründe oder Kommentare.
Ratzingers nun mit 95 Jahren erfolgter Tod rückt den aus Bayern stammenden Papst erneut in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit - als diskussionswürdige Schlüsselfigur der jüngeren Kirchengeschichte - behaftet freilich mit dem Makel der Vertuschung homosexueller Übergriffe in der katholischen Kirche. Die reichte noch in seine Zeit als Erzbischof in München zurück.