Politik | Fall Vallazza

Deegs Fake Liste

Wohnbaulandesrätin Waltraud Deeg hat im Landtag jetzt eine Liste von angeblich 586 sogenannten Mikrozonen vorlegt. Es ist ein Fake zur Rettung von Manfred Vallazza.
Deegs Fakeliste
Foto: SALTO
Das Timing ist perfekt.
Am 30. Jänner soll in der SVP-Parteileitung über die Affäre Vallazza entschieden werden. Die Geschichte ist bekannt: Manfred Vallazza hat gleich dreimal das sogenannte Gadertaler System angewandt. Es ist eine bauernschlaue Konstruktion, mit der private Bauherren unter tatkräftiger Mithilfe der Gemeinde über den geförderten Wohnbau zu einem Eigenheim neben ihrem Elternhaus kommen und dafür auch noch vom Land einiges an Geld bekommen.
Nach Bekanntwerden der Affäre hat SVP-Obmann Philipp Achammer den Gadertaler Regionalassessor von allen Parteiämtern vorläufig suspendiert. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Vorermittlungen aufgenommen. Dabei dürfte gegen Vallazza persönlich kaum etwas Strafbares herauskommen. Auch weil die direkten Nutznießer dieser familiären Wohnbauförderung - sowohl die Schwester als auch der Cousin  von Manfred Vallazza - inzwischen den potenziellen Schaden an die Gemeinde Wengen zurückgezahlt haben.
Moralisch und politisch hingegen hat die Affäre Vallazza innerhalb der SVP-Basis für breiten Unmut gesorgt. Weil Manfred Vallazza bei den Landtagswahlen 2023 aber auf jeden Fall wieder antreten will, muss der SVP-Politiker so schnell wie möglichen diesen Makel loswerden.
 
 
Die zuständige Wohnbaulandesrätin Waltraud Deeg hatte bereits vor Jahren im Fall der Vallazza-Wohnbauzone im Wengener Weiher Cians alles getan, damit die Landesförderung ausgezahlt wird. Nach Informationen von Salto.bz ist das inzwischen auch im Ermittlungsakt der Bozner Staatsanwaltschaft zum Fall Vallazza dokumentiert.
Es ist eine Aktion, mit der man die Südtiroler Öffentlichkeit im wahrsten Sinne des Wortes für blöd verkauft.
Jetzt aber eilt die Pusterer SVP-Politikerin ihrem Parteikollegen erneut zur Hilfe. Es ist eine Aktion, mit der man die Südtiroler Öffentlichkeit im wahrsten Sinne des Wortes für blöd verkauft.
 

Die bestellte Liste

 
Manfred Vallazza hat von Anfang eine konsequente Verteidigungslinie gewählt. Der Gadertaler SVP-Politiker hat zum einen erklärt, er habe gegen kein Gesetz verstoßen - was formal gesehen stimmen mag. Und zum anderen meint Vallazza, dass er nur einen Trick angewandt habe, den man überall im Land anwende. Die Argumentation: Es gebe überall im Land unzählige Fälle solcher Mikrozonen. Schon damals fiel der Name der Gemeinde Brixen.
Der freiheitliche Landtagsabgeordnete Andreas Leiter-Reber hilft dem Gadertaler Nebenerwerbsbauern Manfred Vallazza manchmal beim Heumähen. Das hindert Leiter Reber nicht daran, zwei durchaus kritische Landtagsanfragen zum Fall Vallazza einzubringen.
So ist der freiheitliche Politiker der Behauptung nachgegangen, dass es dieses Spiel mit dem Mikrozonen nicht nur im Gadertal, sondern überall im Land gibt. In einer Anfrage hat der freiheitliche Obmann deshalb um die Aushändigung einer vollständigen Liste solcher Zonen gebeten, die in den vergangenen 15 Jahren vom Land gefördert wurden.
 
 
Ein solche Liste hatte Deeg bereits nach den kontroversen Diskussionen um Manfred Vallazza SVP-intern und auf Wunsch von SVP-Obmann Philipp Achammer angekündigt.
Am Dienstagnachmittag liefert die Wohnbaulandesrätin die Antwort auf die Leiter-Reber Anfrage. In einer langen Liste sind dort insgesamt 586 solcher "Mikrozonen" angeführt, die das Land gefördert hat.
Damit soll nicht nur belegt werden, dass Vallazzas Mikrozone bei weitem nicht die einzige im Land ist, sondern auch, dass es ein System gibt, das man in ganz Südtirol anwendet. Laut Deeg-Liste gibt es die meisten in Brixen - genauso wie bereits vor Monaten angekündigt -  mit angeblich 25 solcher Zonen. Gefolgt von Vallazzas Heimatgemeinde Wengen (14), Kastelruth (13), Ratschings (11), Ritten (9), Enneberg (9), Latsch (7) sowie Sarntal und Vahrn (je 6). 
Andreas Leiter Rebers Resümee: „Diese Auflistung macht deutlich, dass es sich nicht um ein System Gadertal handelt, sondern im Grunde ein System Südtirol ist“.
Damit soll bewiesen werden, dass der Fall Vallazza kein Einzelfall ist, sondern dass der SVP-Politiker nur das getan hat, was man überall in Südtirol macht.
Doch in Wirklichkeit ist das Ganze ein Fake, eine Augenauswischerei und eine geplante Aktion zur Reinwaschung von Manfred Vallazza.
 

Alternative Fakten

 
Dabei ist man durchaus geschickt vorgegangen. Denn rein formal hat Waltraud Deeg genau das geliefert, wonach sie gefragt wurde.
Andreas Leiter Reber hat Anfang November 2022 eine wirklich raffiniert gemachte Anfrage im Landtag eingereicht. Auf vier Seiten setzt er sich dabei in den Vorbemerkungen äußerst fundiert und kritisch mit dem trickreichen System der Mikrozonen auseinander.
Dann aber stellt der freiheitliche Landtagsabgeordnete drei konkrete Fragen:
 
Im Sinne von Artikel 109 der Geschäftsordnung des Südtiroler Landtages ersuche ich um die Auflistung aller Enteignungen, für welche das Land Südtirol in den letzten 15 Jahren die 50-prozentige Baulandfinanzierung für die Grundenteignung gewährt hat.
Ich ersuche dabei um Angabe der jeweiligen Gemeinden, Parzellen und die Art der Umwandlung, (Bauparzelle in Bauparzelle oder Grundparzelle in Bauparzelle), Flachen in m2, Besitzer bzw. Eigentümer bei der Enteignung, Höhe der gewährten Baulandfinanzierung, des Verhältnisses zwischen freier und geförderter/gebundener Fläche, der jeweiligen Erstkäufer der Bauparzellen und Immobilien und der heutigen Besitzer der Bauparzellen und Immobilien.
Welche der Erstkäufer sowie heutigen Besitzer der Immobilien haben einen Landesbeitrag in Form der Wohnbauförderung für den Kauf oder Neubau der Erstwohnung erhalten?
 
Auffallend ist: In den Fragen kommt das Wort „Mikrozonen“ nicht vor.
 
 
 
Genau das ist der Steilpass für Waltraud Deeg, jetzt öffentlich alternative Fakten zu liefern.
Denn die jetzt vorgelegte Liste ist nichts anderes als eine Auflistung aller Wohnbauzonen, die über die Baulandfinanzierung des Landes mitfinanziert wurde. Zusätzlich aufgebläht hat man das Zahlenwerk, indem man auch noch die Mehrwertsteuer-Rückerstattung für die Erweiterungszonen als eigene Posten aufgelistet hat. Obwohl des keine eigenen Zonen sind. Nur so aber kommt man auf die Zahl 586.
Der Großteil der 586 angeführten Zonen sind völlig normale Wohnbauzonen, die in der Regel auch Makro und nicht Mikro sind. So finden sich in der Liste etwa die Bozner Erweiterungszone „Kaiserau-Bivio“, wo über 370.000 Kubikmeter verbaut wurden, oder die sogenannten „Grieser Auer“, gemeint sind damit die Hochhäuser am Ende der Drususstraße. Vor allem aber gibt es hier nicht die Charakteristik, dass man ausschließlich an enge Verwandte zuweist (siehe untenstehenden Kasten).
Dass das keine Mikrozonen sind, dürfte selbst der Juristin Waltraud Deeg aufgefallen sein.
Dass das keine Mikrozonen sind, dürfte selbst der Juristin Waltraud Deeg aufgefallen sein.
Die Landesrätin beruft sich deshalb auf eine Formalie: Man habe das geliefert, was gefragt wurde.
 

Die eigentlichen Mikrozonen

 
Aber nicht alle wollen innerhalb der SVP bei diesem Schmierentheater mitspielen. Der Bauassessor der an den Pranger gestellten Gemeinde Brixen, Andreas Jungmann, wehrt sich. „Die Definition einer Mikrozone ist eigentlich nicht genau festgelegt, in meinen Augen sind das Kleinstzonen und bei der Gemeinde Brixen handelt es sich um keine einzige Kleinstzone“, sagt Jungmann am Mittwoch zur RAI-Journalistin Nina Schröder. Der Brixner SVP-Stadtrat gegenüber RAI-Südtirol:Also wir sprechen hier von Zonen bis zu 10.000 Kubikmetern im geförderten Wohnbau. Hier kann man nicht von Mikrozonen sprechen.“
 
 
Dabei weiß man nicht nur im Deeg-Ressort, was Mikrozonen sind und was mit dem Gadertaler System gemeint ist.
Das sind Wohnbauzonen, die unter 1.000 Quadratmeter groß sind, wo bis zu 1.500 Kubikmeter - also maximal drei Wohnungen - errichtet werden und der Besitzer meistens die gesamte Fläche dem geförderten Wohnbau abtritt.
In der jetzt von Landesrätin Deeg vorgelegten Liste finden sich auch diese Mikrozonen. Zwei solcher Zonen finden sich in der Vinschger Gemeinde Laas, je eine Mikrozone wurde in den Gemeinden Kastelruth, Latsch, Feldthurns, Ahrntal, Mals, Martell, Moos in Passeier, Percha, Terenten und Tiers ausgewiesen.
In der Gadertaler Gemeinde Enneberg sind es gleich vier Minizonen. Deutlich an erster Stelle liegt aber Wengen. In der Gadertaler Heimatgemeinde von Manfred Vallazza finden sich in der Deeg Liste ganze 10 solcher Mikrozonen. Demnach führt Wengen eindeutig diese Aufstellung an. Insgesamt gibt es kaum mehr als 30 solcher Mikrozonen in ganz Südtirol.
 
 
Wobei eines besonders auffällt: In der Deeg-Liste werden für die Gemeinde Wengen insgesamt 14 Erweiterungszonen angeführt (dazugezählt werden in der Liste auch noch die Mehrwertsteuer-Rückerstattungen), die vom Land gefördert wurden. Salto.bz liegt aber eine detaillierte Liste vor, in der es seit 2005 24 geförderte Zonen für die Gemeinde Wengen sind. Diese Liste liegt auch in den Akten der Staatsanwaltschaft auf.
In der Deeg-Liste sind auch die zwei geförderten Mikrozonen „Cians“ und „Plalac 3“ aufgeführt. Beide Zonen wurden auf Gründen von Manfred Vallazza und dessen Vater ausgewiesen und engen Verwandten zugewiesen. Die dritte ausgewiesene Mikrozone der Vallazza-Familie „Cians 3“ - Auslöser der Affäre - fehlt hingegen. Denn hier hat das Amt für Wohnbauförderung eine Landesfinanzierung verhindert.
Liest man die Liste richtig, ist sie eine eindeutige Bestätigung des Gadertaler Systems.
Aber anscheinend lassen inzwischen auch Donald Trump und seine alternativen Fakten in diesem Land grüßen.
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Josef Fulterer Do., 12.01.2023 - 06:00

Von allen Fällen Schlaumaiern die M I S S-bräuchlich die liebe Verwandschaft versorgt / bzw. "die Erbschaft damit ausgestaltet haben," sind die ausbezahlten Beiträge "Wert-berichtigt" zurück zu fordern und Jenen auszuzahlen, die wegen fehlender Geldmittel, "nicht bearbeitet werden konnten."

Do., 12.01.2023 - 06:00 Permalink
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Helga Plankensteiner Do., 12.01.2023 - 08:30

Leider ist es nun aber so, dass die Zahl der angeblichen 586 Mikrozonen bereits gestern in allen Medien zu finden war und die breite Öffentlichkeit durch diese konzertierte Aktion bewusst fehlinformiert wird. Die Klar- bzw. Richtigstellungen wird keiner mehr wahrnehmen.

Do., 12.01.2023 - 08:30 Permalink
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Peter Gasser Do., 12.01.2023 - 09:17

Krass: da wird viel Zeit aufgewendet, um im vollen Bewusstsein der eigentlichen Sachlage eine irreführende Liste zur Irreführung der Bürger zu erstellen.

Do., 12.01.2023 - 09:17 Permalink
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Herta Abram Do., 12.01.2023 - 09:56

"In einer Situation geschwächter, stagnierender Einkommen und wachsender Armut, verschärft durch den Schraubstock von Energiekrise und Inflation, wirken Vorzugsspuren und Schlaubergereien, die lange als Kavaliersdelikte durchgingen, doppelt verwerflich....
....An erster Stelle der Tagesordnung steht die überfällige innere Erneuerung - in in der Führungsetage, im Mittelbau, aber auch an der Basis, personell, strukturell, mit einem Programm und Strategien, die dem Verantwortungsdruck der Gegenwart und nahen Zukunft gerecht werden....
- Auszug: Die Blüten der Macht; Hans Heiss

Do., 12.01.2023 - 09:56 Permalink
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Salto User
Günther Alois … Do., 12.01.2023 - 18:24

Frau Deeg,ihre Blüten der Macht nehmen in letzter Zeit fragwürdige Dinge an.Für wie "naiv" halten sie eigentlich das Südtiroler Volk? Ist ihnen tatsächlich nichts mehr zu blöd?

Do., 12.01.2023 - 18:24 Permalink
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Attento Lettore Fr., 13.01.2023 - 10:37

Herr Franceschini, Ihr timing ist aber auch nicht schlecht. Um nicht zugeben zu müssen dass sie mit Ihren Artikeln zu weit ausholen ist danach immer alles fake (z.B. Knoll und Deeg, beide Listen)??!! Könnte es nicht sein dass die Leute langsam verstehen dass sie manchen Politikern mit Ihrem Schreiben nur schaden wollen und in den Dreck ziehen während sie andere immer wieder beschützen und schönreden (z.B. LH Arno)?? Journalistische Objektivität? - Gibt’s kaum von ihrer Seite..

Fr., 13.01.2023 - 10:37 Permalink
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Gregor Beikircher Sa., 14.01.2023 - 17:30

Antwort auf von Attento Lettore

Werter 'ATTENTO LETTORE'
Sie scheinen laut ihrer Stellungnahme, die Sie hier darlegen, wohl auch zu jenen zu gehören, die alles solange herumzudrehen versuchen, bis dass der Leser oder Hörer nur mehr "Bahnhof" verstehen sollte und den eigentlichen Manipulator gar nicht mehr erfassen soll. Sie decken jene Macher, welche die eigentlichen "Dreckskerle" sind und versuchen jene in den Dreck zu ziehen bzw. ihnen die "Objektivität" abzusprechen, die das hinterlistige Tun offenlegen. Das ist typisches Verhalten heutiger Macherstrukturen in der Regierungsriege, die nur auf ihren eigenen Vorteil schauen und dabei den Schaden, welchen sie verursachen, zu verschleiern versuchen. Das nennen Sie dann wahrscheinlich "offenes Aufarbeiten in der Partei".

Sa., 14.01.2023 - 17:30 Permalink
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Klemens Riegler So., 15.01.2023 - 10:37

Antwort auf von Attento Lettore

Lieber Attento Lettore: Wer Dreck am Stecken hat, darf, soll und muss durch den Dreck gezogen werden. Und wenn (z.B. LH Arno) keinen Dreck am Stecken hat, dann soll er auch nicht durch den Dreck müssen.
Ich bin auch nicht mit allen Entscheidungen des LH + Landesregierung einverstanden. Aber Entscheidungen sind nicht immer Dreck und müssen in einer Demokratie akzeptiert werden. Bzw. ist es Aufgabe der Gesellschaft (inkl. Opposition) darauf einzuwirken, dass Entscheidungen nachhaltig (Scheißwort), oder sinnvoll für uns und die Nachwelt sind.

So., 15.01.2023 - 10:37 Permalink
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Johannes Engl So., 15.01.2023 - 21:15

Auch wenn sich mehrere schlaumeierhaft Vorteile verschaffen würden: Unrecht bleibt Unrecht. Erst recht für einen Abgeorneten im Südtiroler Landtag, der vorgibt, berufsmäßig das Allgemeininteresse im Fokus zu haben. Aus dieser Vernebelungsaktion wird hoffentlich nichts.

So., 15.01.2023 - 21:15 Permalink