Politik | Aus dem Blog von: Salt & Pepe

Ist Europa noch zu retten? (1)

Zum achten Mal finden am 25. Mai Wahlen zum Europaparlament statt, die ersten Wahlen, nachdem die EU in der Eurokrise knapp am Auseinanderbrechen vorbeischrammte. Lesen Sie hier den ersten Teil eines Gesprächs mit dem französischen Philosophen Étienne Balibar, der die Widersprüche der europäischen Integration immer wieder kritisiert hat, aber dabei stets für eine linke pro-europäische Position eintritt.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Herr Balibar, was hat die Eurokrise aus Europa gemacht? Ist Europa noch zu retten?

Die gegenwärtige Krise, die als globale Finanzkrise begann, und dann zu einer europäischen Banken- und Staatsschuldenkrise wurde, hat gezeigt, dass das europäische politische System nicht im Stande war und ist, auf die wirtschaftliche Herausforderung demokratisch zu reagieren. Im Gegenteil, die Europäische Kommission und die europäische Zentralbank versuchten und versuchen, eine Art von autoritärer Legitimität außerhalb demokratischer Prozesse zu erzeugen und ihre Politik durch eine Revolution von Oben durchzusetzen. Zu deren Auswirkungen gehören die institutionellen Widersprüche der EU, die riesigen Diskrepanzen zwischen den verschiedenen Ländern der EU, und nicht zuletzt die gravierenden sozialen Auswirkungen der Politik, mit der versucht wird, der Krise Herr zu werden. Diese haben schlussendlich auch eine moralische Dimension, nämlich die Delegitimierung der europäischen Institutionen und des europäischen Projekts, und eine tiefgehende Verunsicherung unter vielen Menschen in Europa. Das gilt nicht nur im Süden, sondern in ganz Europa, z.B. auch in Frankreich, was unter bestimmten Umständen zu extremen Auswüchsen führen kann. Dabei ist die Finanzkrise immer noch nicht wirklich vorbei, und weder in Europe noch auf globaler Ebene sind die Probleme, die zur Krise geführt haben, gelöst.

Durch die europäische Banken- und Staatsschuldenkrise haben sich die Gegensätze zwischen den EU-Ländern vergrößert, das Ansehen der EU ist vielerorten abgestürzt. Was bedeutet das für die Zukunft Europas?

Die zunehmende Ungleichheit und Spaltung zwischen den einzelnen Ländern ist einer der Widersprüche in der derzeitigen Verfasstheit der EU. Was früher die Teilung in Ost und West war, ist heute ein scharfer Abgrund zwischen Süd und Nord, zwischen Gläubigernationen und Schuldnerstaaten. Die Frage ist: Wie groß kann der Abgrund, das „Wohlstandsgefälle“ werden, ohne dass die EU auseinander bricht? Sogar Liberale wie Jürgen Habermas, obwohl er derzeit in vieler Hinsicht eine sehr progressive Rolle spielt, favorisieren ja die Idee eines Kerneuropas und eines peripheren Europas, was mit der EU, die wir derzeit haben, nicht zusammen geht. Man müsste Länder aus dem Euro ausschließen, um das durchzusetzen.

Sie diagnostizieren ein Legitimitätsdefizit der europäischen Institutionen. Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang das Krisenmanagement von Europäischer Kommission und Europäscierh Zentralbank ?

Ich bin Realist, und leugne nicht, dass es historische Situationen geben kann, wo in einem Ausnahmezustand eine Art von autoritärer Legitimität außerhalb demokratischer Prozesse entstehen kann. Das ist mehr oder weniger das, was die Europäische Kommission und die europäische Zentralbank seit mehreren Jahren versuchen: ihre Politik durch eine Art Revolution von Oben durchzusetzen. Allerdings glaube ich nicht, dass dies funktionieren wird, nachdem die öffentliche Meinung dies nicht länger unterstützt. Auch weil es nicht mit den Nationalgefühlen und dem Widerstand der verschiedenen Ländern zusammengeht, einschließlich in Deutschland. Ich glaube nicht, dass diese Widersprüche mit dem derzeitigen politischen Instrumentarium Europas aufgelöst werden können.

In der Krise hat sich Europa als brutale Maschine der Strukturanpassung erwiesen: In Griechenland, Italien, Spanien, sogar in Frankreich wird im Namen Europas umstrukturiert, privatisiert, werden Löhne gekürzt, Sozialleistungen beschnitten, Arbeitnehmerrechte wegreformiert...

Ja, natürlich, aber das ist nur eine Seite der Medaille. Und wenn Sie ausschließlich auf diese eine Seite blicken, dann landen Sie unmittelbar bei dem sehr verbreiteten Anti-Europäismus, der  - auf verstörende Weise – von Leuten auf der radikalen Linken und radikalen Rechten geteilt wird. Wir sollten diesen Aspekt - die EU als neoliberale Strukturanpassungsmaschine - auf keinen Fall verleugnen, aber wir müssen ihn in einen größeren Zusammenhang setzen, und die europäische Integration als historischen Prozess betrachten, um ihre inneren Widersprüche zu sehen.

Was ist für Sie das Gefährliche an einer derart ‚einseitigen‘ Europakritik?

Ich bestehe auf der Wichtigkeit einer globalen Perspektive, und weigere mich, mich zwischen dem blinden Verfechten des europäischen Projekts, vor allem wie es sich derzeit entwickelt, und einer rein anti-europäischen Position entscheiden zu müssen. Letztere spielt im Endeffekt dem Nationalismus in die Hände, den es heute in allen Ländern Europas gibt, und der eigentlich nur selbstzerstörerische Wirkung haben kann. Der Ausweg ist, darauf zu bestehen, dass es Alternativen gibt. Nun kann man sagen, dass diese Alternativen, die ich aufzeichne, sehr hypothetisch sind, oder davon abhängen, dass sich die sozialen und politischen Kräfteverhältnisse in Europa ändern, was im Moment nicht sehr wahrscheinlich ist. Und natürlich ist meine Sicht der Dinge eher pessimistisch, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass die Krise sich nicht verschlimmern wird.

Was halten Sie von Vorschlägen, die EU wieder zurückzubauen, den Euro zu verlassen?

Ich glaube, dass die europäische Integration zumindest teilweise unumkehrbar ist, wegen der wechselseitigen Abhängigkeiten der verschiedenen Länder, ihrer Gesellschaften und Wirtschaften, weshalb ich sogenannte „souveränistische“, oder nationalistische Positionen für vollkommen abstrakt und ideologisch halte. Andrerseits ist mir natürlich klar, dass die EU als transnationales Gefüge trotzdem auseinanderbrechen kann. Nichts ist in völlig unerschütterlicher Form gebaut. Ich möchte einen Vergleich bemühen, der vielleicht auf den ersten Blick lächerlich wirkt, und zwar der zwischen Sowjetunion und Europäischer Union: Die SU und die EU sind nunmal die zwei Beispiele für transnationale Gefüge in Europa,  die zu der Geschichte des 20. Jahrhunderts gehören. Beide wurden um ein ökonomisches Dogma herum aufgebaut, das wie ein politischer Mythos funktionierte: Im Fall der SU war das die Planwirtschaft, im Fall der EU ist es das neoliberale Dogma des allmächtigen Marktes ohne Beschränkungen. In beiden Fällen wurde und wird das ökonomische Dogma blind angewandt, was zu krisenhaften politischen Auswirkungen führt. Der Vergleich zeigt, wie schwierig es ist, eine supranationale politische Einheit aufzubauen, und dass, wenn ein zumindest teilweise irreversibler Einigungsprozess einmal vollzogen wurde, ein Kollaps zu katastrophalen Situationen führen kann.

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Benno Kusstatscher Sa., 03.05.2014 - 20:41

Europa wird schon zu retten sein. Du beziehst Dich auf EU, nehme ich an. Danke für das interessante Interview. Voggenhubers Beitrag in der TT ist ein weiterer Puzzlestein zum Verständnis, was gerade schiefläuft und warum.
http://www.tt.com/politik/8331777-91/wir-die-b%C3%BCrger-europas.csp
Eigentlich dreht sich das Unbehagen moistens um den Rat. Dass Balibar die Kommission und Zentralbank in die Mitte der Überlegung stellt, ist nachvollziehbar, klingt für mich nach Symptombekämpfung, anstatt dem Übel auf den Grund zu gehen.

Sa., 03.05.2014 - 20:41 Permalink
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salt & pepe So., 04.05.2014 - 09:07

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Lieber Benno, klar, Europa als geographische Einheit wird uns wohl noch eine Weile erhalten bleiben, aber Europa als politisches Projekt, als überstaatlicher Zusammenschluss von Nationalstaaten, der mehr ist als eine bloße Zollunion oder Freihandelszone, steht auf der Kippe.
Glaube nicht, dass Balibar die EZB und Kommission als Verursacher der Krise, oder des Demokratiedefizits sieht, eher umgekehrt: Gerade weil die EU-Mitgliedsstaaten nicht im stande waren, im Augenblick der (Staatsschulden-)Krise überzeugend und effektiv zu handeln, und weil die demokratische gewählten EU-Organe (EU-Parlament) nicht die Macht und Mittel haben, um überzeugend und effektiv zu handeln, kam am Ende die 'Lösung' der Krise von EZB und Kommission. Im Grunde war es Draghi als Präsident der EZB, und seine Ansage, alles tun zu werden um den Euro zu rettten, (durch OMT), der die Staatsschuldenkrise großteils beendet hat, durch eine Simulation von Solidarität (wie Habermas das nannte), also durch das Versprechen, Ländern wie Griechenland, Portugal, Spanien, Italien Halt zu geben, wenn sie ihn denn benötigen. Man könnte sagen, so machen das Zentralbanken halt, wenn's wo brennt. Allerdings kam und kommt die 'Rettung' stets mit den schlimmsten Sparzwängen im Doppelpack, mit Lohnkürzungen, Rentenkürzungen, Liberalisierung, Einsparungen beim Sozialstaat, Steuersenkungen für Unternehmen, alles, versteht sich, um die betreffenden Staaten wieder 'wettbewerbsfähig' zu machen.
Dem Rat (also den Regierenden der EU) war es am Ende wahrscheinlich ganz recht, dass sie, durch die brutale Rettung durch Draghi und Kommission, aus dem Schneider waren; sie haben versagt, aber dann hat jemand anderes das durchgezogen, was viele von ihnen genauso gefordert hätten.

So., 04.05.2014 - 09:07 Permalink
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Benno Kusstatscher So., 04.05.2014 - 09:37

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Ich kann mich erinnern, wie die EZB die Mitgliedsländer fast täglich dazu aufgefordert hat, endlich zu handeln. Die EZB hat selber immer gesagt, weder die Aufgabe einer politischen Funktion zu haben, noch haben zu wollen. Als dann monatelang nicht gehandelt wurde, hat Draghi irgendwann mit diesem Sager die Notbremse gezogen und damit meines Erachtens in einem Vakuum Verantwortung gezeigt.
Der "Sparzwang" kam doch in erster Linie von den Geberländern und vom IWF, wobei letzterer eine eigene Diskusion Wert wäre. Die Kommission ist mit ihren Schutzschild- und Bankenaufsichtsvorschlägen von den Mitgliedsländern lächerlich gemacht worden. Was letztendlich passiert ist ( oder nicht passiert ist ) ist mir nicht bekannt, weil hinter verschlossenen Türen vom Rat gebastelt.
Ich lasse mir gerne widersprechen...

So., 04.05.2014 - 09:37 Permalink
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salt & pepe So., 04.05.2014 - 16:07

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Lieber Benno,
genau wie du sagst, die Europäische Zentralbank hat "in einem Vakuum Verantwortung" übernommen. Da liegt der Hase im Pfeffer, denn demokratisch ist genau das eben nicht; die EZB ist eben nicht vom Volk gewählt. Das heißt, die wesentliche Politik zur 'Lösung' der Euro-Staatsschuldenkrise kam von einem nicht demokratisch legitimierten Gremium.
Die Sache ist sogar noch schärfer, denn Draghi und die EZB haben einen nicht unwesentlichen Anteil am Abtritt Berlusconis... Sie haben, auf dem Höhepunkt der Krise, sich für einige Tage beim Kauf italienischer Anleihen auffallend zurückgehalten, was Berlusconi den Rest gegeben hat, und Monti erst ermöglicht hat. Unterlassene Hilfeleistung der EZB; zum Meucheln braucht man heutzutage keinen Dolch mehr im Gewand, sondern bloß "lo spread", der mindestens ebenso spitz ist. (Siehe http://www.forbes.com/sites/karlwhelan/2012/07/22/the-secret-tool-dragh…)
Undemokratischer geht fast nicht mehr, im Endeffekt hat die EZB beschlossen, dass Berlusconi nicht mehr tragbar war (Bei aller Verachtung vor dem testosterongesteuerten Westentaschennapoleon.)

So., 04.05.2014 - 16:07 Permalink
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Benno Kusstatscher So., 04.05.2014 - 17:15

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Wenn Berlusconis Regierung funktioniert hätte, hätte Draghi keinen Hebel gehabt. Wenn der Rat seinen Krisenmanagementjob gemacht hätte, hätte die EZB nicht einspringen müssen. Wir dürfen uns gerne alle ausmalen, wie es mit Berlusconi, Italien und der EU weitergegangen wäre, wenn Draghi nicht Politik gespielt hätte. Genug des Konjunktivs: nicht die Architektur der EU oder des Euros sind das Problem, sondern die nationalen Lobbyismen, die indirekt den internationalen Tor und Riegel öffnen. Auch ein Berlusconi hat nicht gegen Draghi und Barroso gewettert, sondern immer gegen Merkel und co. Ich will hier der Merkel nichts vorwerfen, es war Schröder, der die Stabilitätskriterien mit Füßen getreten und die Europäische Integration ausgebremst hatte (die Bedingung für den Euro war). Aber es ist irgendwo dort der Knoten, der wieder gelöst werden muss. Und eine starke, demokratisch gewählte Kommission ist die beste Chance dazu.

So., 04.05.2014 - 17:15 Permalink
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Benno Kusstatscher Mo., 05.05.2014 - 01:13

Antwort auf von andrew_catalan…

Ich weiß nicht, wie Du von EU auf Verbrechen kommst. Solch "zufällige" Rhetorik kennt man. Man kann genauso wenig leugnen, dass das Britische und das Italienische System sich ähneln, schließlich haben ja beide zwei Kammern. Was für eine Argumentationslogik! Ich finde die ganze Vergleicherei nicht kindisch, sondern bestenfalls überflüssig. Ehrlich gesagt macht es mir aber Angst, wie in einem Atemzug von EU über Hitler zu Mao leichtfertig mit Begriffen herumgeschleudert wird. Lass uns über die EU reden ( die übrigens kein Staat ist) und nicht mit diabolischen Anspielungen koketieren.

Mo., 05.05.2014 - 01:13 Permalink
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Benno Kusstatscher Mo., 05.05.2014 - 09:11

Antwort auf von andrew_catalan…

Parlament stärken: Einverstanden. EU-weite Listen: haben wir die nicht schon? Es sind doch die nationalen Parteien, die nicht bereit sind, sich darauf einzulassen ( siehe Voggenhuber Beitrag). Schwächung Kommision: bin ich mir nicht sicher. Mehr Legimitation und mehr Kontrolle ja. Subsidiare, regionale, föderative Aufstellung des Rates: die Idee gefällt, aber das bist Du einen Schritt in die postnationale Welt voraus. Die Rolle der Nationalstaaten kann man (noch) nicht ausblenden und wohl auch nicht undemokratisch entmündigen. Wie führt also der Weg dorthin?

Mo., 05.05.2014 - 09:11 Permalink
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Benno Kusstatscher Mo., 05.05.2014 - 12:56

Antwort auf von andrew_catalan…

Oliver, lass uns die Dinge auseinanderhalten. Es ist wohl kaum Aufgabe der Institution der EU, Parteien zu installieren. Solange die nationalen Parteien mit Slogans wie „Volle Kraft für Österreich“ antreten, muss man sich nicht wundern, wenn es gesamteuropäisch keine Entsprechung für solches Wahlprogramm gibt. Dass in dem Kontext es ausgerechnet die destruktiven Kräfte sind, die sich europaweit finden, ist ein trauriges Absurdum: „lasst uns gemeinsam gegeneinander arbeiten“. Trotzdem ist es ein Beweis, dass sich finde, wer denn will.
Kontingente und lokal unterschiedliche Prozenthürden sind doch Ausdruck von Subsidiarität. Auch finde ich nichts Falsches an dem Fraktionsgedanken. Konkreter: Ob die Euregio einen gemeinsamen Kandidaten nach Brüssel schickt, oder ob eine vom südlichen und einer vom nördlichen Teil nach Brüssel kommt, um dort zu koalieren, ist mir einerlei. Wählern steht es frei, Ideen oder lokale Interessensvertreter zu wählen.
Ich denke auch nicht, dass die EU ein Staat im klassischen Sinne werden soll, aber die unsaubere Doppelmacht, hier die EU, dort die Nationalstaaten, hat sich ja als nichtfunktionierend herausgestellt. Ein Referenzmodell, was denn die EU werden soll, gibt es noch nicht, aber genau, das ist die Frage, der wir unsere Energie widmen sollten. Eine der Kernfragen ist dir Rollenverteilung zwischen Brüssel/Straßburg, den Nationalstaaten und den Regionen. Da bist Du (bis jetzt) auch sehr vage geblieben. Die ausgebremste Integration hat darauf noch keine Antworten gefunden und hat Katalonien, Schottland und co kein vernünftiges Angebot zu machen. Dass wir im Jahre 2014 noch in Kategorien Sezession vs. Nationalstaaterhalt denken (müssen), zeigt, dass wir ohne Architekten unterwegs sind. Europafeindlichkeit ist populär; destruktiv und national sind wieder hipp. Und wir, wir unterhalten uns über Parallelitäten zur CCCP und unsere Ohnmacht gegenüber Freihandelszonen, anstatt zu fordern (und zu wählen), was wir wirklich wollen. „Unsere“ drei Kandidaten (Brugger, Dorfmann, Leitner) haben sich bis jetzt jedenfalls in Sachen Bürgernähe, Transparenz und konkreten Ideen sehr zurückgehalten. Wer glaubt, es reicht am 15.Mai im Kolpinghaus einmal an einem einzigen Abend das bessere Make-up als die anderen beiden zu tragen, der hat sich schön getäuscht.
Wer nach Europa gewählt werden möchte, muss Konkretes bringen und es konkret kommunizieren. Es gibt in unserem Wahlkreis auch andere Kandidaten.

Mo., 05.05.2014 - 12:56 Permalink
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Benno Kusstatscher Mo., 05.05.2014 - 14:30

Antwort auf von andrew_catalan…

Oliver, mein "vage" bezog sich (rein) auf die Rollenverteilung zwischen EU-Organen, Staaten und Regionen. Du schreibst jetzt: "Die Nationalstaaten dienen dabei den Mikroregionen im jeweiligen Gebiet als Austauschsplattform, um die gemeinsamen Interessen innerhalb der Union zu vertreten.", somit hätten wir eine Funktion definiert. Ich wage zu bezweifeln, dass Südtirol als Mikroregion Masse genug hat, um irgendwie wahrgenommen zu warden, aber in dem Punkt stehe ich sowieso allein, wie es scheint. Auch denke ich, dass wir als Makroregion in manchen Fallen Italien sehen, in manchen Österreich, in manchen vielleicht den Süddeutschen Raum, in den meisten Fallen aber tendenziell den Alpenraum. Warum sollten sich die Mikroregionen ihre Allianzen und Koalitionen nicht frei und dynamisch wählen dürfen? Warum sollten sich die "Spanischen" Basken mit Madrid und nicht mit den "Französischen" Basken austauschplattformen?
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Ich bleibe dabei, wir haben kein Konzept für den Rückbau der Nationalstaaten, das mit deren Ego vereinbar wäre. Auch kann ich mir nicht vorstellen, dass es ein Konzept gibt, das über alle Europäischen Zonen übergestülpt werden kann. Viel zu unterschiedlich sind die Nationenwahrnehmungen, und das ist gut so. Schließlich sind wir als Europa stolz auf unsere verschiedenen Kulturen. Aber irgendwo müssen wir anfangen, wenn wir uns nicht im Status Quo einbetonieren wollen. Der Dorfmann hat bestimmt eine Idee! Oder der Leitner? Oder doch die Piraten?

Mo., 05.05.2014 - 14:30 Permalink
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Lupo Cattivo Mo., 05.05.2014 - 01:54

Im Falle der EU müsste man von einer demokratisch nicht legitimierten Rätediktatur sprechen, denn die Entscheidungen der EU fallen in Komitees, Räten und Kommissionen. Der ursprüngliche Name war die EG, die jedoch derart vorbelastet war mit negativen Assoziationen, wie z.B. Milchseen, Butterberge, Subventionsbetrug u.s.w., so dass aus der EG die EU wurde. Der Name klingt größer und besser, Europäische Union klingt so ähnlich wie USA, jedoch das Grundgerüst der EG besteht weiterhin und wurde nie abgeschafft, es erfolgt lediglich eine Namensänderung. Demokratie war nie Ziel der Initiatoren der Gemeinschaft. Jean Monnet, einer der Gründungsväter der Europäischen Union, sagte ganz offen: Ich hasse Demokratie! Sie ist total unbequem.

Und Jacques Delors, der frühere Präsident der EG-Kommission hat schon vor fast 20 Jahren formuliert: „Wenn wir es demokratisch gemacht hätten, wären wir gar nicht so weit gekommen.“
Leider ist es so dass, die neue europaradikale Propaganda implementiert gezielt eine gefährliche Stimmung zur Gründung des neuen EU-Großreiches: “Wer nicht bedingungslos und vollumfänglich mitmacht, ist dagegen”.

Mo., 05.05.2014 - 01:54 Permalink
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salt & pepe Mo., 05.05.2014 - 07:41

Antwort auf von Lupo Cattivo

Oder so: http://www.spreeblick.com/2010/03/09/die-hohe-kunst-des-schiefen-vergle…
Vergleichen kann man tatsächlich alles, die Frage ist nur, wie produktive oder interessant ist, was wir dabei erfahren.
Balibars ursprünglicher Vergleich von SU und EU hatte ja nicht den Sinn zu sagen, die EU sei wie die SU das Reich des Bösen und müsse deswegen mit Interkontinentalraketen bedroht werden, oder beide hätten Gulags und seien ununterscheidbar, sondern: Es sind zwei Beispiele für politische Einheiten, bei denen Teilstaaten einen Teil ihrer Kompetenzen an eine gemeinsame höhere Ebene abgeben, und der einmal passierte Einigungsprozess eben nicht mehr so leicht rückgängig gemacht werden kann, sondern es ziemliche Verwerfungen produzieren kann, wenn das wieder auseinanderbricht... Zweitens, das ökonomische Dogma, ist, lieber Oliver, eben keine Tatsachenbeschreibung wie gewirtschaftet wird, sondern ein Leitbild, dem man sich unterwirft, und das nicht mehr kritisch hinterfragt wird... gemein, gewiss, aber doch auch treffend.

Mo., 05.05.2014 - 07:41 Permalink
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gorgias Mo., 05.05.2014 - 20:13

In einem unregulierten Markt gibt es keinen Verbraucherschutz, keine Abgasnormen, keine Sicherheitsbestimmungen am Arbeitsplatz und keine allgemeingültigen Gesetze weil es kein Machtmonopol des Staates gibt.
Das diese Chancengleichheit in kürzester Zeit zu einer extremen Ungleichheit kommen würde, weil minimale Vorteile schamlos ausgenutzt liegt nahe.
Dass in der EU und in den USA über verschiedene Subventionen und Steuererleichterungen große Konzerne zu Ungunsten der Allgemeinheit profitieren kann ich dir gerne zustimmen, dass ein Szenario mit einem radikal freien Markt aber der Schritt zum Besseren sein soll bezweifle ich vehement.

Mo., 05.05.2014 - 20:13 Permalink
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Lupo Cattivo Mo., 05.05.2014 - 22:41

EU-Wahl 2014 – Wer zieht wirklich die Fäden der Politmarionetten?
von Heiko Schrang E-Mail 16.04.14 16:51:32

"Normalerweise schützt eine Verfassung die Bürger vor den Politikern. Sie schränkt ein, was Politiker zwischen Wahlen beschließen könnten. Die EU-Verfassung und der Vertrag von Lissabon sind anders. Da werden die Politiker vor dem Einfluss der Wähler geschützt." ("New name - Same content", Jens-Peter Bonde, Mitglied des Europäischen Parlaments Seite 17)

2014 wird mal wieder ein Jahr, wo das Prinzip von Brot und Spiele greift. Zum einen laufen dieses Jahr Jogis Jungs bei der Fußball-WM auf und können gewiss sein, dass sie vollste Aufmerksamkeit erhalten. Zum anderen sieht man derzeit überall in den Straßen Plakate, wo die Politdarsteller zur EU-Wahl aufrufen und das Gefühl vermittelt werden soll, der Bürger könnte etwas mitentscheiden.

Horst Seehofer hat am 20.05.2010 in der Sendung „Pelzig“ es so formuliert: „Diejenigen, die entscheiden sind nicht gewählt und diejenigen, die gewählt werden, haben nichts zu entscheiden.“ Womit er Recht hat. Die EU-Abgeordneten sind nichts weiter als Statisten in einem viel größeren Spiel, wo andere die Fäden ziehen.

Die Wahlschäfchen dürfen alle vier Jahre die Farbe ihres Zaunes, der sie umgibt, wählen, Damit wird ihnen das Gefühl gegeben, sie hätten ja selbst entschieden. Der Zaun, der sie umgibt, bleibt immer derselbe. Gebaut wurde er von den Strippenziehern, die seit vielen Jahren bereits im Hintergrund die Fäden der Politpuppen ziehen. Politisch links und politisch rechts sind dabei auch nur zwei Seiten ein- und derselben Medaille, gegossen in derselben Hexenschmiede. Mehr in dem gerade erschienen Hörbuch „Die Jahrhundertlüge, die nur Insider kennen“, Sprecher, der bekannte Schauspieler Horst Janson. http://www.macht-steuert-wissen.de/shop/hoerbuch.php

Mittlerweile ist Informierten bekannt, dass eine geheime Nebenregierung in Brüssel existiert, und zwar den ERT („European Round Table of Industrialists“), gegründet von 17 führenden europäischen Industriellen, die einen massiven Einfluss auf die Geschehnisse in der EU hatte und immer noch hat. Der "Guardian", die liberale englische Zeitung, hat es einmal so formuliert, die Kommission sei "im eisernen Griff" des Round Table. Übrigens wurde diese geheime Nebenregierung, schon 1983 gegründet und zwar vom Fiat-Chef Agnelli.

Bereits 3 Jahre danach, 1986, wurde mit der einheitlichen Europäischen Akte das Bündnis zwischen EG-Kommission und ERT (also der Macht der Konzerne) beschlossen, was bei der zunehmenden Zentralisierung West-Europas eine wichtige Rolle spielte. Ein Jahr zuvor hatte der ERT beispielsweise gefordert, den Binnenmarkt durch einen Einheitswährung zu vervollständigen.

Was wenigen bekannt ist, im Frühjahr 1991 veröffentlichte der ERT einen konkreten Fahrplan für eine Europäische Währungsunion, diese wiederum hatte eine auffallende Ähnlichkeit mit dem im Dezember 1991 geschlossenen Maastricht-Vertrag. Mit anderen Worten Helmut Kohl und sein französischer Kollege Mitterand waren nur die Darsteller auf der Bühne, die das vom ERT vorgegebene Stück herunterspielten.

Der ERT gilt als Zentralkomitee der EU-Großindustrie. Das System läuft nach dem Muster ab: Brüssel reguliert, zertifiziert, privatisiert, und wer davon profitiert sind nicht die Bürger, sondern die Industrie. Das Zauberwort hieß jahrelang Binnenmarkt.

Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang die personellen Überschneidungen des ERT und der geheimnisumwitterten Bilderberg-Gruppe. Im Steuerungskomitee der Bilderberg-Gruppe saßen immer wieder ERT-Leute. Wer also in der Politik eine steile Karriere machen wollte, der musste auf eine Einladung zu einer dieser Treffen hoffen, um dann nach dem Motto zu agieren, „Dessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing!“.

Es ist an der Zeit, dass die, die dieses lächerliche Spiel durchschaut haben, dieses Wissen mit all denen teilen, die noch nicht erwacht sind.

Mit besten Grüßen

Heiko Schrang

Der bekannte Schauspieler Horst Janson hat das Hörbuch gesprochen, für das Buch, an welches sich kein Verlag traute. http://www.macht-steuert-wissen.de/shop/hoerbuch.php

Das Buch „Die Jahrhundertlüge, die nur Insider kennen“ ist jetzt auch als eBook erhältlich. http://www.macht-steuert-wissen.de/shop/kaufen.php

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P.S.: Ich erhebe keinen Anspruch auf Absolutheit für den Inhalt, da er lediglich meine subjektive Betrachtungsweise wiedergibt und jeder sich seinen Teil daraus herausziehen kann, um dies mit seinem Weltbild abzugleichen. Weitere Anregungen auch in unserem Newsletterarchiv unter www.macht-steuert-wissen.de

Mo., 05.05.2014 - 22:41 Permalink
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gorgias Di., 06.05.2014 - 05:23

Was aber dem Begriff Neo-Liberlismus angeht, so sollte man sich bewußt sein, dass dieser verschlampt und verhunzt wurde. Was meint man damit? Die Theorien der 30er Jahre oder den Kampfbegriff der ab den 90er Jahren erst recht prominent wurde? Auch ist weiter zu unterscheiden was in der Praxis der staatlichen Wirtschaftspolitik unter diesem Etikett immer noch hausieren geht. Das was in den Zeiten des Monetarimus bis jetzt gemacht wurde ist kaum Marktradikal. Ich würde provokant und überspitzt sagen, es Kapitalismus für die Armen und Kommunismus für die Reichen.
So wie Balibar den Begriff neoliberal anwendet ist er ein Kampfbegriff der Linken und in seiner Bedeutung verschwommen. Leider übergeht auch er damit die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis des Neo-Liberalismus. Genau dort wo man als Intellektueller am besten mit Kritik ansetzen könnte. Eigentlich ein Armutszeugnis, denn Philosophen sollten Begriffe klären und sie nicht weiter unreflektiert in ihrer verschwommenen Bedeutung anwenden.

Di., 06.05.2014 - 05:23 Permalink