"Derfrogg und Gfundn"
Es gibt in nahezu jedem Fernsehgerät, das nicht viel älter als vierzig Jahre alt ist, ein winzig kleines elektronisches Bauteil, das es über die Jahrzehnte extrem hartnäckig geschafft hat, sich jeglicher technologischen Weiterentwicklung oder gar Abschaffung zu entziehen. Mit diesem Bauteil kann man den sogenannten "Videotext" empfangen, der Anfang der Achtzigerjahre eingeführt wurde und dieser anachronistische, grobpixelige Redaktionsdienst erfreut sich in bestimmten Kreisen offenbar noch immer einer gewissen Beliebtheit.
Denn manchmal sieht man einen Facebook Post, bei dem jemand einen Videotextinhalt direkt von seinem TV abfotografierte, um ihn dann anschließend via Handy oder wie auch immer im Internet zu veröffentlichen. Darauf muss man erst einmal kommen!
Die Anrufer bei "Derfrogg und Gfundn" würden dies sicherlich nie tun, denn Smartphone, Internet, aber auch Videotext oder nur Kleinanzeigen in der Lokalzeitung wären ihre Sache wohl eher nicht.
Es gibt beim Radio von RAI-Südtirol tatsächlich noch eine sehr schräge Retro-Sendung, die einem den Eindruck vermittelt, als ob einen eine Zeitmaschine direkt in die Ära der Volksempfänger zurückkatapultiert hätte.
Einmal in der Woche, an jedem Dienstagabend immer so ab ca. 18:05 Uhr können Zuhörer 90 Minuten lang bei "Derfrogg und Gfundn" live in der Sendung anrufen, um entweder etwas zu suchen, dieses dann gegen irgendetwas anderes zu tauschen oder auch einfach nur, um sich von etwas sehr Nervigem zu entledigen, was sie dann euphemistisch "Verschenken" nennen.
Die Anrufer werden zwar anonymisiert, das heißt ohne Nachnamen angesprochen, aber wenn "Frau Lucia aus Kortsch" vom Moderator begrüßt wird, um 200 Pfauentauben (was es nicht alles gibt!?) loszuwerden, dann dürfte jedem im Ort sofort klar sein, wer da gerade spricht, sofern sie Lucia nicht sowieso schon gleich an der Stimme erkannt haben.
Die Hörer sprechen allesamt breitesten Hardcore Dialekt und es kann gut sein, dass "Herr Alois aus Mals" gerade kaum verstehen konnte, welches Anliegen "Frau Cäcilie aus Luttach" dem Moderator vorgetragen hat. Denn beide leben - nach eigenem Empfinden - in völlig unterschiedlichen Lebenswelten, weil in weit voneinander entfernten Tälern und warten wohl schon einige Zeit darauf, dass der Herrgott sie irgendwann zu sich rufen möge.
Die Qualität mancher Telefonverbindungen hat nicht selten Nachkriegscharakter, wobei hier aber eher Weltkrieg I als Weltkrieg II gemeint ist, was aber wiederum mit den Geburtsjahrgängen der Zuhörerschaft korrelieren dürfte.
In den damaligen, längst vergangenen Zeiten des furchtbaren Mangels waren Tauschgeschäfte an der Tagesordnung und seinerzeit meistens überlebensnotwendig. Interessanterweise greift "Derfrogg und Gfundn" gerade dieses archaische Handelsprinzip des geldlosen Tausches wieder auf, denn bezahlt wird hier vorwiegend in Naturalien, jedoch niemals in Reichsmark, Lire oder gar Euro.
Gegen ein paar Gläser Honig, einen Sack Walnüsse oder einiger selbstbemalter Steine von Tante Hedwig gibt's dann eine gebrauchte Matratze, einen alten Holzofen oder den nostalgischen Rollator und man weiß bei der spontanen geldwerten Abwägung der Handelsbilanz, die sicherlich jeder zwangsläufig innerlich vollzieht, gerade nie, wer hier gerade wen übervorteilt.
Der Moderator Roland Leitner spricht mit einer wunderschönen Singsang-Stimme im feinen, sehr gut verständlichen Südtiroler Dialekt und er ist wahrlich mit einer himmlischen Engelsgeduld gesegnet. Ungefähr so, wie der barmherzige Altenpfleger in der seelsorgerischen Kommunikation mit seinen hochdementen Patienten in der Endstation. Er wird dabei nie laut oder ungehalten oder gar aufbrausend, wenn seine Anrufer ab und an die absurdesten Produktangaben in die Sprechmuschel fabulieren und dabei verfügt er über ein erstaunlich breites Allgemeinwissen.
Leitner scheint ein exzellenter Kenner vieler regionaltypischer Erzeugnisse, sei es handwerklicher, landwirtschaftlicher oder technischer Art zu sein. Da die Anrufer verständlicherweise oft aufgeregt sind und meist nicht so recht wissen, was sie sagen sollen, hilft er oft unterstützend bei den Produkterklärungen oder Tauschbegehren und manchmal dichtet er auch einfach etwas dazu, wenn's denn hilft.
Ab und zu rufen Zuhörer an, und beschweren sich zunächst recht angesäuert darüber, dass sie schon "so oft" die Nummer des RAI-Hörertelefons wählen mussten, bis sie "endlich" durchkamen. Und während sie sich so wehleidig beklagen, erscheint einem im eigenen Kopfkino ein schwarzer Wählscheibenapparat des Haustelefons aus den Sechzigerjahren, an dem sich wohl gerade eine bedauernswerte, hochbetagte Seniorin den Zeigefinger wund gewählt haben muss.
Vielleicht kommen solche furchtbaren kriegerischen Chaoszeiten - wie seinerzeit - ja irgendwann wieder, mag sich die Kaiser- und Führertreue Hörerschaft von "Derfrogg und Gfundn" möglicherweise hin und wieder fragen? Diese ganz schlimmen Zeiten, in denen Münzen und Scheine von heute auf morgen schlagartig ihren Wert verlieren können, was sie ja alles schon einmal erlebt hatten!
Und dann wären sie plötzlich die Kings in der Südtiroler Provinz, denn sie sind schon längst Profis beim bargeldlosen Tauschhandel und die Jungen werden dann ganz schön blöd durch die Finger schauen.
Denn die kennen ja noch nicht einmal Videotext!
Wieso rufen Sie denn nicht
Wieso rufen Sie denn nicht bei dieser Sendung "Derfrogg und Gfundn" an, um Hilfe bei Ihrer offenbar doch sehr tief liegenden und andauernder Selbstablehnung, dem internalisierten und externalisierten Südtirol-Hass, zu erhalten?
Antwort auf Wieso rufen Sie denn nicht von △rtim post
Ich hätte da vielleicht…
Ich hätte da vielleicht etwas für den offenbar unterbeschäftigten Herrn: er könnte z.B. warme Suppen an Bedürftige austeilen und weniger seichten Schmarrn in diesem Forum zum Besten geben.
Dorfrogg & Gfundn ist Kult,
Dorfrogg & Gfundn ist Kult, ein Klassiker und Renner schon beim Sender Bozen, der längst RAI-Südtirol heißt. Egal ob nun von Roland Leitner, einer Kollegin oder eines Kollegen moderiert ... das ist eben nix für Zuagroaßte, die nicht wissen wo, der Herr Luis aus Fochina herkommt oder die einen Teldra nicht von einem Puschtra, geschweige denn von einem Sarner, unterscheiden können. Und zum Glück versteht der Herr Giovanni va Matan den Herrn Toni va St. Liacht. Außer die Frau Rosa aus Liachtaberg will an Notscher uniwerdn und fragt den Herrn Leitner Roland ob sie bei dieser Gelegenheit nicht ihre Tota in Tartsch und ihre Basl in Tarsch grüßen dürfe.
Wobei ein Zuagroaßer auch niemals verstehen dürfte dass ein Oachkatzl (auch Oachale oder Aachakatzl) nichts mit Oacha (Völser Aicha) am Hut hat. Ebensowenig wird ein Piefke oder Striezi verstehen was im Vinschgau mit einem Plall gemeint ist und wie gut plentana Friegl oder ein Ahrntaler Ribbla schmecken kann.
Er wird auch nicht verstehen was der Herr Leopold verscherbeln möchte wenn er von Schlemme, Schliete, Schlepp, Voglssteige, Schwetta, Segnes, Bretterkua oder von Surponzn spricht. Zach & zwiedr gell?
Ich habe den Beitrag des
Ich habe den Beitrag des Herrn Dierstein (er möge mir verzeihen, dass ich bei Nennung seines Namens immer an meinen Nierenstein denken muss) eigentlich ganz unterhaltsam gefunden, aber dann ist mir doch sauer aufgestoßen, dass er gegen Schluss seines ironisch-humorvollen Beitrages den Hörern dieser kuriosen Sendung von RAI-Südtirol "Kaiser- und Führertreue" bescheinigt. Das mit dem Kaiser kann man noch durchgehen lassen, immerhin ist unser Kaiser Karl ja selig gesprochen worden und hat daher Anspruch auf eine gewisse Treue. Unseren biederen Radiohörern "Führertreue" zu unterstellen, ist aber eine Gemeinheit, die man dem Autor postwendend selbst an den Hals werfen kann. Der "Führer", der er hier bemüht, hat die Südtiroler aus tiefstem Herzen verachtet. Eine interessante Gemeinsamkeit.
Antwort auf Ich habe den Beitrag des von Hartmuth Staffler
Ich finde es überhaupt nicht
Ich finde es überhaupt nicht unterhaltsam, eher sehr von oben herab, und manchmal auch boshaft. Wenn Herr Dierstein unsere Dialekte nicht versteht, soll er es doch einfach lassen oder lernen, oder Bayern1 hören.
Antwort auf Ich finde es überhaupt nicht von Manfred Gasser
Für Herrn Dierstein war die
Für Herrn Dierstein war die Sendung "Derfrogg und Gfundn" eine willkommene Gelegenheit, um seine bekannte Avversion gegen Südtirol wieder einmal deutlich zu artikulieren. Allerdings muss man zugeben, dass die RAI es mit dieser Primitivsendung dem Herrn Dierstein sehr leicht gemacht hat. Unverzeihlich bleibt aber seine Behauptung, die Hörer dieser Sendung seien "führertreu". Die pauschale Bezichtigung der Hörer einer Sendung, die zwar peinlich, aber in keiner Weise politisch ist, als Nazis, kann so nicht akzeptiert werden. Für diese Entgleisung sollte sich der Herr Dierstein entschuldigen, ansonsten gerät er in Verdacht, selbst allzu sehr dem Führer treu zu sein, der bekanntlich die Südtiroler zutiefst verachtet hat. Das scheint sich zu wiederholen.
Antwort auf Für Herrn Dierstein war die von Hartmuth Staffler
Bei wem soll ich mich denn
Bei wem soll ich mich denn entschuldigen, Herr Staffler? Bei den 85 % Südtirolern, die damals in den Vierzigerjahren für Hitler gestimmt haben? Wenn ich Leopold Steurer, den ich überaus schätze, folge, was ich auch sehr gerne tue, dann sollten diejenigen sich bei uns Demokraten entschuldigen und nicht umgekehrt.
Antwort auf Bei wem soll ich mich denn von Harry Dierstein
Sie sollten sich bei den
Sie sollten sich bei den heutigen RAI-Südtirol-Hörern entschuldigen, die sie als führertreu bezeichnet haben. Bei den Optanten von damals brauchen sie sich nicht mehr zu entschuldigen, die sind fast alle schon gestorben. Eine von mir sehr geschätzte, heute 105jährige Dame, war übrigens Dableiberin, aus gutem Grund, weil sie eine Anstellung hatte, wärenz die meisten Optanten nicht aus Gründen der Ideologie, sondern der Existenzsicherung optierten. Die Optanten pauschal als führertreu zu bezeichnen, ist daher haarsträubender Unsinn und ebenso falsch, als wenn man die Dableiber als mussolinitreu bezeichnen würde.
Antwort auf Bei wem soll ich mich denn von Harry Dierstein
Ob der Steurer erfreut…
Ob der Steurer erfreut darüber ist, dass Sie ihn schätzen und ihm folgen?
Antwort auf Ich finde es überhaupt nicht von Manfred Gasser
Bravo Manfred Gasser!…
Bravo Manfred Gasser! Dialekte haben übrigens manchmal auch den Zweck, dass nicht jeder Dahergelaufene versteht was "Dosige" sich so zu sagen haben.
Der Südtiroler versucht seit
Der Südtiroler versucht seit Jahrzehnten auf den (Bundes)Deutschen mit seinem Hochdeutschen seine Heimat zu erklären. Nun da Deutschland Multikulturell durchwandert ist, sollte ein Dierstein auch das verschiedene tirolerische Wort verstehen.
Gscheid-Haferln gibs überall…
Gscheid-Haferln gibs überall.
Mancherorts sogar als Exportschlager.
Ober mir Südtiroler hobm schun manches überlebt.