Politik | Verkehr

Tanto Fumo?

Seit Monaten kursiert bei den A22-Anrainern ein Schreckens-Szenario: die Sanierung der Luegbrücke und der damit verbundene unweigerliche Verkehrs-Gau. Alles nur Show?
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Foto: Salto.bz
Im Wipptalerhof an der Autobahn in Trins hat heute (26. Jänner) eine Pressekonferenz stattgefunden, die auf großes mediales Echo gestoßen ist. Die wichtigsten Medienvertreter aus Süd- und Nordtirol waren gekommen, um sich die Stellungnahmen von Florian Riedl, Obmann des Planungsverbandes Wipptal und Landtagsabgeordneter der Volkspartei, Karl Mühlsteiger, Bürgermeister der Gemeinde Gries am Brenner, und des Tiroler Unternehmers Thomas Nocker zur Verkehrssituation auf der Brennerautobahn A13 anzuhören.
 
 
Das Wipptal wird im Verkehr ersticken!
 
 
Ebenfalls anwesend waren die Präsidentin der Bezirksgemeinschaft Wipptal, Monika Reinthaler, Sterzings Bürgermeister Peter Volgger und der Präsident des Südtiroler Gemeindeverbandes Andreas Schatzer. Allerdings fiel auf, dass Robert Renzler, langjähriger Generalsekretär des Österreichischen Alpenvereins und Transitsprecher von Gries am Brenner, wie auch Martin Alber, Bürgermeister der Gemeinde Brenner, fehlten. Beide waren maßgeblich an der Ausarbeitung des Strategiepapieres für den Brennerkorridor, dessen Forderungen heute vorgestellt wurden, beteiligt. Im vergangenen September haben sich Alber wie auch Renzler auf der Kundgebung in Gossensaß vehement für eine Verkehrsreduzierung entlang der Brennerroute eingesetzt. Bereits damals war das Schreckgespenst der Sanierung der Luegbrücke und die damit angeblich einhergehende Einschränkung der Verkehrsströme auf eine Fahrspur (sowohl in nördlicher wie in südlicher Richtung sollte während der mehrjährigen Sanierungsarbeiten der Verkehr nur mehr auf einer Fahrspur möglich sein) das alles beherrschende Thema. „Das Wipptal wird im Verkehr ersticken!“, hieß es, und Forderungen nach einem Abfahrtsverbot von der A22 wurden laut.
 

Gebundene Hände

 

Florian Riedl wies eingangs eindringlich auf die zahlreichen Beschlüsse und Willensbekundungen hin, die in den vergangenen Jahren sowohl in Tirol wie auch im Rahmen des Dreier-Landtages getroffen worden sind. „Papiere sind schön und nett, nur wird sich bei den derzeitigen Verkehrszahlen jeder ausmalen können, was im Wipptal passieren wird, wenn eine mögliche einspurige Befahrbarkeit im Raum steht“, formulierte Riedl vorsichtig, erklärte die Sanierung der Luegbrücke zum „europäischen Problem“ und betonte, dass den Verantwortlichen die Zeit davonlaufe. Denn die Belastungen auf das niederrangige Verkehrsnetz bzw. die Wirtschaftstreibenden, deren Betriebe in dieser Region angesiedelt sind, seien nicht einmal ansatzweise vorstellbar. Deshalb habe man ein Strategiepapier ausgearbeitet, in welchem unter anderem gefordert wird, dass das hochrangige Straßennetz nicht weiter ausgebaut werden dürfe, die Lenkung des gesamten Durchzugsverkehrs von Nord- und Mitteleuropa nach Italien und zurück gemeinsam mit Österreich und Bayern unter Einbindung und Einführung eines einheitlichen Leitsystems und einer Verkehrslenkungs-App erfolgen müsse und der Halbstunden-Takts des Personennahverkehrs durchgehend auf der Linie Trient-Innsbruck – auch nachts – eingeführt werden müsse.
 
 
 
 
 
Weitere Forderungen betrafen die Schaffung einer Koordinierungsstelle auf Ebene der Euregio, mit welcher vor allem die interne Kommunikation und Zusammenarbeit verbessert werden soll, sowie auf Südtiroler Seite die Einrichtung eines LKW-Fahrverbots abseits der Autobahn ausgenommen Ziel- und Quellverkehr. „Wir können nicht mehr tun, als zu warnen und auf die Situation hinweisen“, so Riedl. Trenkwalder wie auch Volgger und Schatzer erklärten, dass die Verkehrssituation im Wipptal und Eisacktal mittlerweile unerträglich geworden ist. Letzterer nutzte zudem die Gelegenheit, um Werbung für das Slot-System der Südtiroler Landesregierung zu machen, mit welcher die Brennerautobahn buchbar gemacht werden sollte.
 

Einspurig oder zweispurig?

 
Der Grieser Bürgermeister Karl Mühlsteiger legte sich aggressiv ins Zeug, ließ kein gutes Haar an der österreichischen Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität, Leonore Gewessler (ihre Vorgangsweise sei primitiv und inkompetent), und an der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft Asfinag. Eine Tunnellösung habe man bereits Anfang der 2000er Jahre diskutiert, die Asfinag habe jedoch geschlafen und bis zum allerletzten Moment gewartet, um Druck auf die Gemeinden auszuüben bzw. wie Mühlsteiger es nannte: „die gelebte Spielerei der Asfinag, die immer wieder versuche den Gemeinden den Schwarzen Peter zuzuschieben“ – womit er wohl auch Recht haben mag.
 
 
 
Während für Mühlsteiger die einspurige Befahrbarkeit jedoch bereits Fakt zu sein scheint, ruderte Riedl wieder zurück und erklärte, dass aus einem Gespräch mit den Technikern hervorgegangen sei, dass grundsätzlich auch eine zweispurige Befahrbarkeit gewährleistet werden könnte, und zwar, wenn die Verkehrsführung gewechselt wird bzw. die Lkw nicht mehr auf der Außenspur verkehren, sondern auf der Innenspur. „Statisch wäre es möglich, die Zweispurigkeit aufrecht zu erhalten und wir fordern dies auch“, so Riedl, der betonte, dass es im Prinzip eine Frage des Verkehrsmanagements sei.
 
 
Statisch wäre es möglich, die Zweispurigkeit aufrecht zu erhalten und wir fordern dies auch.
 
 
Also alles nur Show? Sind die Hiobsbotschaften von einer möglichen Einspurigkeit nichts weiter als Drohgebärden, um die Tunnellösung endgültig vom Tisch zu fegen und die Wipptaler Gemeinden zum Einlenken zu bewegen? Keine europäische Angelegenheit, sondern ein Machtkampf zwischen der Asfinag und den Gemeinden des nördlichen Wipptales? Der Verdacht liegt nahe und die Frage steht im Raum, ob die Asfinag wirklich einen Verkehrs-Gau riskieren kann, der europäische Dimensionen erreichen könnte, wenn die Statiker ihr Placet für eine zweispurige Befahrbarkeit geben? Steht der Verkehr, wäre die zweite Verkehrsspur (auf Druck der Politik) vermutlich schneller wieder offen, als die Wipptaler dies bemerken würden. Und falls nicht, gibt es immer noch die Möglichkeit, Kleinflugplätze in Erreichbarkeit der Tourismusdestination Südtirol zu errichten. Für betuchte Gäste sicher eine interessante Alternative.

Da die Brennerautobahn viele Kilometer auf Brücken verläuft ist sie besonderen Belastungen durch schwere LKWs ausgesetzt (auch weil diese außen fahren). Mit zunehmendem Alter werden Sanierungen häufiger notwendig werden (siehe Morandi-Brücke). Höchste Zeit also, den Schwerverkehr auf die Schiene zu bringen und den BBT fertigzustellen.

Do., 26.01.2023 - 21:17 Permalink