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Umwelt | Fritto Misto

Der Gast stinkt nicht

Jede Krise ist eine Chance, heißt es. Vom Genussland zum Geruchsland.
Der Wasserpegel des Gardasees steht historisch tief, die Wehren müssen Wasser in Weiler karren, und dabei haben wir erst Februar. Wir haben ein Problem mit dem kostbaren Nass, oder besser, mit dem Mangel daran, das lässt sich nun nicht mehr leugnen, und daher ist es nur natürlich, dass der Direktor im Landesamt für nachhaltige Gewässernutzung mahnt, man müsse auch in Südtirol sorgsam mit Wasser umgehen.
Dass man nicht unnötig rumtortschen soll, das wissen wir ja, das lernt man ja schon im Kindergarten. Daher wendet sich besagter Direktor ganz explizit an einen Wasserverbraucher, der - Infinity Pool hier, Wellnessbereich da - einen eher lockeren Umgang mit dem wertvollen Gut pflegt: "Gerade der Tourismus muss Wege finden, damit der Spitzenverbrauch sinkt.“ Bämm! Das sitzt!
Warum machen wir unser Land nicht bloß zur begehrtesten nachhaltigen Region, sondern auch gleich zur begehrtesten olfaktorischen Destination? 
Muss sich das ein Wirtschaftszweig, der überwältigende 13 Prozent vom Südtiroler BIP generiert, sagen lassen? Den Gast verwöhnen und Wasser sparen, das geht nur bis zu einem bestimmten Punkt, meint denn auch der Hotelier Markus Huber im selben Bericht: "Wir dürfen uns nicht selbst belügen. Wir verlangen mittlerweile ganz hohe Preise. Der Gast bezahlt Luxus. Da können wir nicht ganz große Sprünge machen."
 
 
Zeitenwende, kann ich da nur sagen. Freilich, wenn man in hergebrachten Kategorien von Körperhygiene denkt, dann sind große Sprünge nicht drin, aber: Denken wir das Ganze mal neu, open your minds and noses, Südtiroler Touristiker*innen: Warum machen wir unser Land nicht bloß zur begehrtesten nachhaltigen Region, sondern auch gleich zur begehrtesten olfaktorischen Destination? „Wasch dich nicht, ich komme in drei Tagen!“, soll Napoleon seiner Josephine einst von einem Feldzug geschrieben haben, und vielleicht liegt hier der Punkt, an dem wir wagemutig ansetzen sollten: Make Body Odour Acceptable Again (MBOAA)! oder, besser: Make Body Odour Sexy Again (MBOSA)! Wir erwiesen damit nicht nur der Nachhaltigkeit, sondern möglicherweise auch dem Bevölkerungswachstum einen großen Dienst.
Dienstags und donnerstags (D wie Dusche) muss genügen,
Hotelier Huber scharwenzelt schüchtern ums Stinkethema herum, aber warum muss der Gast eigentlich täglich duschen? Dienstags und donnerstags (D wie Dusche) muss genügen, schweißtreibende Freizeitaktivitäten sind denn auch an diesen Wochentagen anzusetzen, an allen anderen sind weniger anstrengende, den BO im Zaum haltende Tätigkeiten vorzuziehen (z.B. spazieren gehen, Museum, etc.). Den Duftwolken im Speisesaal kann mit ätherischen Ölen, Parfum und Puder beigekommen werden, das hatten wir ja im Rokoko alles schon mal, und wer sich partout schmuddelig fühlt, der kann ja auf die Methode der alten Römer zurückgreifen und sich die Schmutzschicht mit Fett (Chance für Südtiroler Qualitätsprodukt) abspachteln lassen. Natürlich wäre der Anfang kritisch, ein ungewohntes Geruchserlebnis für unsere feinen, von Deo und Seife verwöhnten Näschen, aber mit der Zeit würden wir die herben Marker vielleicht sogar zu schätzen wissen.
 
 
In den Hotels könnten eigens ausgebildete Sommeliers eingesetzt werden (es gibt sie ja mittlerweile sogar für Brot und Äpfel, wieso also nicht für Body Odour?), die den stinkigsten und somit nachhaltigsten Gast ausfindig machen und prämieren, seine „überwältigende Moschusnote, im Abgang milchsäurig“ preisen (schmeichelndes Vokabular ist natürlich sehr wichtig) und die Urlaubswoche im nächsten Jahr geht dann aufs Haus. So schafft man Akzeptanz, die Leute würden sich drum reißen, die geruchsintensivsten zu sein. Den HGV (Hygiene geht vor) könnte man umbenennen in GHS (Geruchshotelerie Südtirol), es täten sich neue Wortfelder für dieses verschwurbelte, pseudo-elitären Fantasynaming für einstmalig traditionell-langweilig („Edelweiß“, „Schönblick“, etc.) getaufte Beherbergungsbetriebe auf: „Wir waren neulich im „Sudoris“, da sauniert man super!“ „Ach, wir bevorzugen das „Odorimus“, perfekt für Familien.“ „Das „Puzzolentia“ soll ja der neueste Geheimtipp sein!“
Das kriegen wir hin, der Gast ist ja König, und bei Ludwig XIV. hat sich ja auch niemand beklagt, obwohl sein Gestank legendär gewesen sein soll.
Damit der Gast sich nicht blöd und grausig vorkommt, müssen wir Natives natürlich mitziehen, aber das ist gewiss kein Problem, denn uns stinkt der Tourismus ja noch lange nicht, wie Heini Dorfer unlängst berichten konnte. Wir alle müssten also noch seltener duschen als die Gäste, damit wir mehr stinken und es schlussendlich niemandem mehr auffällt, wie schlecht alle riechen. Das kriegen wir hin, der Gast ist ja König, und bei Ludwig XIV. hat sich ja auch niemand beklagt, obwohl sein Gestank legendär gewesen sein soll. Pecunia non olet, und hospite olet drum auch nicht. Diese Transpiration äh Transformation schaffen wir! Zum Dank können uns die Hoteliers ja dann zur Massenwaschung Ganges-Style in die See Lodge laden, wenn die Saison vorbei ist. Aber wann ist die eigentlich vorbei?
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Dietmar Nußbaumer Mi., 22.02.2023 - 20:00

Bei bestimmten Preiskategorien könnten sich die Gäste ja mit Mineralwasser waschen. Scherz beiseite, es gibt auch technische Lösungen, wassersparende Duschköpfe z.B., auch für Privathaushalte interessant (oder eben auf Expeditionsmodus umschalten: Fällt die Socke von den Maschen, musst du dir die Füße waschen! Besonders fein, für die Füße, im kalten Bachl).

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Marina Rubatscher Mi., 22.02.2023 - 20:34

Penetrant blumiger Text passend zur „Fritto misto“-Kolumne. Es fehlt lediglich noch der derbe Hinweis, wie wir einige von uns überzeugen könnten, bei der persönlichen Hygiene im Genuss des so ersparten Wasserkonsums zu kommen. Stinklangweilig, immer & überall die Besten sein zu wollen!

Mi., 22.02.2023 - 20:34 Permalink
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Klemens Riegler Mi., 22.02.2023 - 22:36

WASSER wird, wenn es so weitergeht, wohl zum Weißen Gold in flüssiger Form. Noch ist es allerdings zu billig. Wenn keins mehr da ist, wird sich auch das ändern.
Wenn Trinkwasser das 10fache kostet, wird vielleicht nur mehr D D S S geduscht und längst bekannte Einsparmaßnahmen adaptiert.

P.s.; Und "gutes Trinkwasser" wird es dann selbst in Alpenregionen nicht mehr geben. Wobei die Gastronomie eh lieber Flaschenwasser verkauft :-)

Mi., 22.02.2023 - 22:36 Permalink
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Lollo Rosso Mi., 22.02.2023 - 22:51

"Südtirol ist - Gott sei Dank - in einer Lage, in der wir noch genug Wasser haben" sagt der zitierte Hotelier im oben genannten Bericht. Umso mehr ein Grund, sorgsam damit umzugehen. Die Zeit der Wellnesswelten sollte bald vorbei sein. Schon nur aus Respekt der Bevölkerung gegenüber.

Mi., 22.02.2023 - 22:51 Permalink
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△rtim post Do., 23.02.2023 - 10:00

Erinnert an jene guten alten Zeiten, die nie gab, als man auf Bussen nach Tirol oder Schenna Schweißabsonderung ... vor allem in Verbindung mit 4711 Echt Kölnisch Wasser roch.

Do., 23.02.2023 - 10:00 Permalink
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Johann Georg B… Do., 23.02.2023 - 11:05

Hört sich an wie ein Aprilscherz.
Wasser ist zum waschen da.
Wenn eine Quelle Wasser bring, kann es nur für kurze Zeit gespeichert werden, wenn das Wasser nicht verbraucht wird, fliest es in den natürlichen Kreislauf zurück. Wasser welches durch duschen, schwimmen verunreinigt wird, gelangt in die Kläranlagen und wird gereinigt und wird wieder in den natürlichen Kreislauf zugeführt,also das Wasser ist nicht verloren, nicht desto trotz sollte mit Trinkwasser sorgfälltig umgegangen werden.
Wir brauchen die Landwirtschaft,den Tourismus.

Do., 23.02.2023 - 11:05 Permalink
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Stefan S So., 26.02.2023 - 10:10

Antwort auf von Johann Georg B…

"Wasser welches durch duschen, schwimmen verunreinigt wird, gelangt in die Kläranlagen und wird gereinigt und wird wieder in den natürlichen Kreislauf zugeführt,also das Wasser ist nicht verloren"
Ein Trugschluß da wir jahrtausend alte Grundwasserreserven verbrauchen welche in dieser Menge und Güte nicht ersetzbar sind.
Außerdem verunreinigen wir unsere Kreisläufe durch chemische Nanopartikel welche nicht mehr filterbar sind.
Aktuelles Bsp
https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2023-02/pfas-giftige-chemikalien-deut…
Und wer sich grundsätzlich mit dem Thema Wasser befassen will dem empfehle ich diese Doku
https://www.prisma.de/mediathek/zdfinfo/terra-x/das-zeitalter-des-mensc…

So., 26.02.2023 - 10:10 Permalink