Politik | Sanität

Vor dem Aus

Florian Zerzer hat nicht zeitgerecht um die Eintragung in das Landesverzeichnis für Generaldirektoren angesucht. Das heißt: Er muss am 15. Oktober gehen.
Florian Zerzer
Foto: LPA
When the music´s ist over“, singt Jim Morrison und dann „turn out the lights“. Dieser Song von „The Doors“ dürfte der Soundtrack sein, der Florian Zerzer in den nächsten Monaten in den Ohren klingt. Denn auch für den Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes ist die Musik schon bald vorbei. Zerzer wird am 15. Oktober oder spätestens 60 Tage später in seinem Büro die Lichter ausknipsen müssen.
Es ist eine absurde Geschichte, die so unglaublich scheint, dass sie von der Politik bisher offiziell nicht wahrgenommen wird. Dabei ist die Sachlage rechtlich völlig eindeutig.
Es ist eine absurde Geschichte, die so unglaublich scheint, dass sie von der Politik bisher offiziell nicht wahrgenommen wird. Dabei ist die Sachlage rechtlich völlig eindeutig.
Bis zum 2. Mai 2023 mussten Anwärter auf den Posten des Generaldirektors des Südtiroler Sanitätsbetriebes ihre Eintragung in das „Landesverzeichnis der Personen, die für die Ernennung zur Generaldirektorin/zum Generaldirektor des Sanitätsbetriebs geeignet sind“ beantragen. Diesen Termin hat Florian Zerzer aber verschlafen. Seine Eintragung ist am 9. September 2022 verfallen. Der Generaldirektor hätte sie jetzt für weitere vier Jahre erneuern müssen. Was er nach eigenen Angaben zu Salto.bz aber nicht getan hat.
Florian Zerzers fünfjähriger Auftrag als Generaldirektor endet damit mit 14. Oktober 2023. Eine unabdingbare Voraussetzung für eine Verlängerung seines Führungsauftrages ist aber die Eintragung in das Landesverzeichnis. Die Zerzer aber nicht mehr hat. Demnach kann die Landesregierung den amtierenden Generaldirektor nicht wiederbestätigen.
 „Die Sachlage ist glasklar, Florian Zerzer muss gehen“, sagen gleich zwei Verwaltungsjuristen, denen Salto.bz den Fall und die gesetzlichen Rahmenbedingungen vorgelegt hat.
 

Das Verzeichnis

 
Die gesetzlichen Bestimmungen sind eindeutig (siehe auch untenstehenden Kasten). 2017 hat man per Legislativ-Dekret in Italien ein nationales Register von Personen eingeführt, die die Voraussetzungen erfüllen, zum Generaldirektor eines Sanitätsbetriebes ernannt zu werden. Ähnlich wie bei den Berufungen in die Führungspositionen im Landesdienst muss die Politik aus diesem Verzeichnis schöpfen. Mit einem Unterschied: Berufungen von außen sind nicht möglich. Alle vier Jahre müssen die Anwärter bzw. auch jene, die den Job als Generaldirektor machen, diese Eintragung in das nationale Verzeichnis erneuern. Es ist eigentlich eine Formsache.
 
 
 
 
Fast gleichzeitig mit diesem nationalen Verzeichnis wurden Italienweit aber auch regionale Verzeichnisse eingeführt, die parallel zum nationalen Verzeichnis bestehen.
Südtirol hat mit dem Landesgesetzes vom 21. April 2017, Nr. 3, „Organisationsstruktur des Landesgesundheitsdienstes“ dieses eigene Landesverzeichnis geschaffen. Per Dekret des Landeshauptmannes hat man im Sommer 2017 dann eine Durchführungsverordnung erlassen, in der die genauen Voraussetzungen für die Eintragung festgelegt werden.
Während im nationalen Verzeichnis nur eine Dokumentenüberprüfung erfolgt, ist für das Südtiroler Verzeichnis eine fünfköpfige Bewertungskommission vorgesehen, die in einem Kolloquium die Kandidatinnen und Kandidaten anhört und für geeignet erklären muss.
Bei der Erstanwendung dieser Bestimmung wird eine Übergangsbestimmung angewandt. Jene Personen, die 2015 beim Auswahlverfahren um die Südtiroler Generaldirektion von der Kommission als geeignet erklärt wurden, werden von Amts wegen für vier Jahre in das neue Landesverzeichnis eingetragen.
 
 
 
Das sind: Florian Zerzer, Irene Pechlaner und der damals amtierende Generaldirektor Thomas Schael. Zwei Jahre später kommt noch Christian Kofler dazu.
Der langjährige Personalchef und amtierende Direktor der Abteilung „Gesundheitsleistungen und wohnortnahe Versorgung“ im Sanitätsbetrieb hat sich 2020 in das nationale Verzeichnis für Generaldirektoren eintragen lassen. Wer dort eingetragen ist, kann auch um die Eintragung in das Landesverzeichnis ansuchen. In diesem Fall gibt es keine Prüfung durch die Bewertungskommission, sondern diese Anwärter und Anwärterinnen müssen dann in das Verzeichnis aufgenommen werden. So steht es im Landesgesetz.
 

Zerzers Fehler

 
Diese Eintragung gilt für vier Jahre. Dann muss sie erneuert werden. Während die Eintragung von Christian Kofler noch bis zum 26. November 2024 gilt, ist jene des Trios Pechlaner, Schael und Zerzer am 17. September 2022 verfallen.
Laut Landesgesetz müssen alle drei um eine Neueintragung ansuchen. Der im Gesetz festgelegte Termin dafür ist der 2. Mai, 12 Uhr.
Doch bis zu diesem Stichtag hat nur Thomas Schael seinen Antrag hinterlegt. Die Bozner Bezirksdirektorin Irene Pechlaner hat Salto.bz bestätigt, bewusst die Eintragung nicht verlängert zu haben. Während Florian Zerzer keinen Antrag eingereicht hat. Er dürfte den Termin verschlafen haben.
 
 
Noch am Mittwochabend erklärt Florian Zerzer gegenüber Salto.bz, dass er als amtierender Generaldirektor von Amtswegen in das Verzeichnis eingetragen werde. Doch damit ist der Manager auf dem Holzweg.
Noch am Mittwochabend erklärt Florian Zerzer gegenüber Salto.bz, dass er als amtierender Generaldirektor von Amtswegen in das Verzeichnis eingetragen werde. Doch damit ist der Manager auf dem Holzweg.
Denn weder im Landesgesetz noch in der Durchführungsverordnung steht ein Wort davon. Vor allem aber widerspricht diese Interpretation jeder gängigen Praxis.
Thomas Schael ist derzeit Generaldirektor des Sanitätsbetriebes „ASL2 Lanciano Vasto Chieti” in den Abruzzen. Er ist nicht nur in das nationale und das Südtiroler Landesverzeichnis eingetragen, sondern auch in das Regionalverzeichnis der Abruzzen. „Diese Eintragung verfällt im September und ich muss sie laut Gesetz erneuern, obwohl ich als Generaldirektor im Amt bin“, sagt Thomas Schael. Schael sagt zu Salto.bz offen, dass er ein konkretes Interesse am Posten des Generaldirektors im Südtiroler Sanitätsbetrieb habe. Thomas Schael: „Natürlich bin ich bereit nach Südtirol zurückzukommen“.
 

In der Sackgasse

 
Florian Zerzer und die Landesregierung stecken damit aber in einer Sackgasse.
Man könnte zwar versuchen mit einer Gesetzesänderung oder einem Dekret die Bestimmungen auf den Kopf zu stellen und eine Ausnahmebestimmung einführen, mit der man den amtierenden Generaldirektor rettet.
Doch jeder weiß, dass diese politische Sanierung vor Gericht, nicht haltbar ist. „Ich würde dann sofort Rekurs einlegen“, meint Thomas Schael.
 
 
Die Politik hat bereits einmal für Florian Zerzer die geltenen Gesetze bis auf Äußerste gedehnt.
 
Zudem hat die Politik bereits einmal für Florian Zerzer die geltenen Gesetze bis auf Äußerste gedehnt. Als Voraussetzung für die Eintragung in das Landesverzeichnis der Generaldirektoren ist auch die Bescheinigung über eine Management-Ausbildung im Gesundheitsbereich vorgesehen. Doch diese konnte Florian Zerzer bei seiner Berufung und Eintragung im Herbst 2018 nicht vorweisen.
Deshalb hat man in die Durchführungsverordnung des Landes einen Passus geschrieben, der es erlaubt, dass „der Nachweis über die Management- Ausbildung auch innerhalb von 18 Monaten ab Einreichen des Eintragungsantrags nachgereicht werden kann“. Florian Zerzer hat diese Ausbildung dann in Mailand in dieser Zeit auch absolviert.
Eine zweite solche, politische Rettungsaktion wird jetzt aber kaum mehr umsetzbar sein. Vor dem Hintergrund der Ermittlungen in der Maskenaffäre und einer wahrscheinlichen Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft noch vor den Landtagswahlen wäre dieser Schachzug nicht die beste Wahlwerbung.