Politik | SVP

„Zwischen Palermo und Brenner“

Thomas Widmann hat vor 13 Monaten Arno Kompatscher offen Bestechlichkeit unterstellt. Jetzt tut er so, als gehe es nur um einen beleidigten Landeshauptmann.
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Foto: nn
„Langsam setzt sich aber die Wahrheit durch“, sagt Thomas Widmann im großen Dolomiten-Interview am vergangenen Samstag. Es ist ein Satz, den der Langzeit-Landesrat wahrscheinlich selbst glaubt.
Denn Widmanns Narrativ zuerst in der RAI-Fernsehsendung „Im Fokus“ und dann fast wortgleich im Interview mit seinem Hausblatt scheint konsequent.
Er habe mit der SAD-Affäre nichts zu tun, er habe sich in einem privaten Gespräch nur etwas salopp über den Landeshauptmann geäußert, und weil Arno Kompatscher immer noch beleidigt sei, dürfe Thomas Widmann jetzt nicht mehr auf der SVP-Liste für den Landtag kandidieren.
Was aber nicht geht, ist, dass wir in mehreren Gesprächen alles geklärt haben, der Landeshauptmann selbst gesagt hat, für ihn sei alles wieder in Ordnung und dann völlig anders gehandelt hat. Das passt nicht zusammen.“, beschreibt Widmann in den Dolomiten seinen Rauswurf.
Vergesslichkeit ist eine der (Un)Tugenden, die Politiker schamlos ausnutzen, wenn es darum geht, alternative Wahrheiten zu schaffen.
 
 
 
Denn es war nicht Widmanns Sager im Telefongespräch mit Ingemar Gatterer von der „Katastrophe Kompatscher“, der dazu führte, dass er als Landesrat zurücktreten musste, sondern sein Verhalten nach Bekanntwerden dieses verbalen Ausrutschers.
Ein Woche nach Erscheinen des Buches „Freunde im Edelweiss“ gibt Thomas Widmann im März 2022 dem Dolomiten-Chefredakteur Toni Ebner ein Interview, in dem er nicht nur erklärt, dass er seine Meinung nicht geändert habe, sondern auch einen Frontalangriff auf dem damaligen stellvertretenden SVP-Obmann Karl Zeller und indirekt auf Arno Kompatscher startet.
Wir erinnern uns: Rechtzeitig zum Erscheinungstermin des Buches hatte man den „SVP-Spendenskandal“ aus dem Zylinder gezaubert. Thomas Widmann gießt im damaligen Interview mit Ebner ordentlich Öl in Feuer. Er schürt dabei vor allem gegen Zeller, aber über die Bande auch gegen Kompatscher.
Dieses Interview ist der Beginn von Widmanns Ende als Landesrat. Vor allem aber legt der Bozner SVP-Politiker wenig später noch einmal nach. Und diesmal im offiziellen, institutionellen Rahmen.
 

Wasserträger Unterholzner

 
Der 4. April 2022 ist ein Montag. An diesem Tag findet eine Landtagssitzung statt, in der es um den Kompetenzentzug und den möglichen Rücktritt von Thomas Widmann als Landesrat geht.
Gespannt wartet die Öffentlichkeit darauf, was Thomas Widmann tun und sagen wird. Wird der SVP-Politiker im letzten Moment die Aussöhnung mit Kompatscher suchen?
Die Antwort auf diese Frage ist eine verbale Abrechnung Widmanns, wie sie der Südtiroler Landtag in den vergangenen zwei Jahrzehnten noch nicht erlebt hat.
 
 
 
Thomas Widmanns Frontalangriff ist dabei keine Kurzschlussreaktion, sondern er ist strategisch gut vorbereitet.
Wer Tore schießen will, braucht einen Mitspieler, der ihm die Bälle auflegt. An diesem Tag ist es Josef Unterholzner. Der Enzian-Landtagsabgeordnete stellt Thomas Widmann jene drei Fragen, die dieser für seine Generalabrechnung braucht.
 
  • Was haben die Parteispenden mit der SAD-Affäre zu tun?
  • Wieso wird mit Kanonenkugeln aus Meran auf Widmann geschossen?
  • Wieso wird nicht über die Abhörprotokolle zwischen Kompatscher und Silbernagl diskutiert, die es anscheinend gibt?
 

Unlautere Machschaften

 
Thomas Widmanns Antworten lassen sich im offiziellen Wortprotokoll des Landtags nachlesen.
 
Die zwei an mich gerichteten Fragen: Warum jetzt? Und warum schießt man aus Meran mit Kanonenkugeln?
Zu Frage 1: Ich habe es lange selbst nicht verstanden, aber ich habe – intern ist es mittlerweile bekannt und es wurde oft in den Medien geschrieben, also kann ich es auch hier sagen – oft Fragen gestellt, kritische Fragen gestellt, Positionen in Frage gestellt und offensichtlich zu viel.
Wie gesagt worden ist, wenn ein hoher Funktionär in der Partei Spenden für den Wahlkampf sammelt, überhaupt keine Frage, dann gehört das zur Funktion dazu. Wenn aber in der gleichen Funktion als Anwalt diese Unternehmen, die Spenden gegeben haben, sogenannte PPP-Modelle in die Landesregierung einbringen, das heißt Public-Private-Partnership-Projekte, dann soll das das Land billiger bekommen und der Unternehmer auf jeden Fall Geld verdienen. Auf jeden Fall sind natürlich Interessen dabei.
Wenn das in die Regierung kommt und dort der gleiche Anwalt Vertrauensanwalt des obersten Entscheidungsträgers ist, gleichzeitig guter Bekannter, ebenfalls vom Vizepräsidenten, und auch noch im Land in diesen Abteilungen Berater ist, dann denke ich einfach, dass das ein Interessenskonflikt ist, der in keiner Provinz Italiens länger dauern könnte.
 
 
Wenn das in die Regierung kommt und dort der gleiche Anwalt Vertrauensanwalt des obersten Entscheidungsträgers ist, dann denke ich einfach, dass das ein Interessenskonflikt ist, der in keiner Provinz Italiens länger dauern könnte.“
 
 
..[...].. Und das habe ich sehr oft intern angesprochen. Man kann mir sagen, es ist nie an die Öffentlichkeit gedrungen, aber offensichtlich haben dann ganz eindeutig … und hier gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen meinen Wortmeldungen intern kritischer Natur und einseitig gezielten Berichten über mich. In der SAD-Affäre bin ich reine Randfigur. Zweitens: In meinem Bereich gibt es ein sogenanntes PPP-Modell, das Cura-Projekt. Ich bin zuständig, mitzuständig in dem Bereich, es geht um das Krankenhaus Meran. Ich bin drei Jahre lang in meiner Zuständigkeit als Landesrat nie kontaktiert worden, weder vom Berater Karl Zeller noch von der Unternehmergruppe aus Meran. Wie es dann in die Regierung gekommen ist, hat es geheißen, das ist nie publik geworden, praktisch die Privaten, die 93 Millionen Euro beantragt haben, 24 Millionen Euro sind Risikoeinschätzung, das ist eine Formel, die unter Umständen von den Privaten zu tragen sind, allerdings der Durchschnitt zwischen Palermo und dem Brenner, also wahrscheinlich nicht in dieser Größenordnung dann effektiv anfallen. Das Land zahlt 76 Millionen Euro und meine Wenigkeit hat gesagt, ich finde das schwierig, ob der Rechnungshof, … usw.
Ich kann nur sagen, danach ist wirklich das Schießen auf mich von diesen gewissen Medien eindeutig stärker geworden. Das ist einfach so. ..[…]..
Was aber schon ist, ist, dass ein Verdacht sich mir aufdrängt, dass über interne kritische Fragen in internen Gremien sich so ein Feuer von gewissen Medien eröffnet, das gibt schon zu denken.“
 
Inzwischen ist der angebliche SVP-Spendenskandal begraben. Auch das PPP-Modell Cura, von dem Thomas Widmann in dieser Rede spricht, soll nicht mehr umgesetzt werden.
Was bleibt, ist Thomas Widmann, der dem Landeshauptmann und SVP-Spitzenkandidaten im Landtag öffenlich unlautere Machenschaften vorwirft.
Und der jetzt so tut, als sei er das unschuldige Opfer eines beleidigten Kompatscher.
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Johannes A. Mo., 15.05.2023 - 07:32

Aber wieso soll Widmann wegen einer Kritik (unter der Gürtellinie) nicht mehr antreten dürfen, eine wie Pamer, die dem Obmann sogar Inkompetenz vorwarf, jedoch schon?

Im absolutistischen Königreich des Möchtegernkaisers Kompatscher der I und seinem treu ergebenen Hofschreiberling Franceschini ist wohl alles möglich.

Mo., 15.05.2023 - 07:32 Permalink
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rotaderga Mo., 15.05.2023 - 08:44

Für Südtirol ergibt sich immer mehr das Bild, dass "Streit Hähne" ihre persönlichen Animositäten zum Schaden des Südtiroler Gesamtbildes in höchsten Gremien austragen.
Südtirol sollte sich für die kommenden Wahlen auf politische Vertreter mit Professionalität und höheren moralischen Tugenden sowie gesellschaftspolitischem Verantwortungsbewusstsein vorbereiten und ausnahmslos alle Beteiligten der letzten Auffälligkeiten ignorieren.
War auch jemand unschuldig verwickelt so sollte die Unfähigkeit sich zu distanzieren nicht mit Wählerstimmen nochmals honoriert werden.

Mo., 15.05.2023 - 08:44 Permalink
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Sebastian Felderer Mo., 15.05.2023 - 13:39

Dieser Kommentar wurde entfernt, weil er gegen die Netiquette (und jeglichen Anstand) verstößt. Über evtl. weitere Maßnahmen wird beraten.

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Mo., 15.05.2023 - 13:39 Permalink
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Hannes Theiner Do., 18.05.2023 - 10:16

Zitat aus dem Artikel: "„Was aber nicht geht, ist, dass wir in mehreren Gesprächen alles geklärt haben, der Landeshauptmann selbst gesagt hat, für ihn sei alles wieder in Ordnung und dann völlig anders gehandelt hat. Das passt nicht zusammen.“, beschreibt Widmann in den Dolomiten seinen Rauswurf.
Vergesslichkeit ist eine der (Un)Tugenden, die Politiker schamlos ausnutzen, wenn es darum geht, alternative Wahrheiten zu schaffen."

Herr Franceschini versucht dann im weiteren Verlauf des Artikels zu beschreiben warum obengenanntes Zitat von Herrn Widmann nicht den Tatsachen entspreche. Dabei ist es aber Herr Franceschini selbst der "alternative Wahrheiten" schafft. Er versucht die Argumentation, dass Kompatscher ja im Recht sei beleidigt mit Widmann zu sein, weil Widmann in der Landtagssitzung in der es um seinen Rauswurf geht, schlecht über Kompatscher spricht.

Jetzt im Nachhinein zu argumentieren, dass Kompatscher ja im Recht war Widmann rauszuschmeißen, weil Widmann bei/nach seinem Rauswurf schlecht über ihn gesprochen hat, widerspricht jeder logischen Argumentation und tut so also ob die zeitliche Abfolge irrelevant sein.

Do., 18.05.2023 - 10:16 Permalink
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△rtim post Sa., 20.05.2023 - 10:29

Dass Widmann eine eigene Liste aufstellt, ist nicht sehr realistisch. Widmann müsste sich dafür ja selbst beweisen ohne sich der Partei zu bedienen.
Vielleicht sollte man hierzulande auch endlich mal, wie andernorts, aus so viel Frust im Lande, Lust machen: musikalischer Beschwerdechor mit der Parole „Pudel dich auf“
Vgl.a: https://www.tagesspiegel.de/kultur/berliner-beschwerdechor-mit-der-paro…

Sa., 20.05.2023 - 10:29 Permalink
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Martin Tarshito Sa., 20.05.2023 - 12:58

Antwort auf von △rtim post

Ich finde das Szenario als wahrscheinlich; wenn diese Einheitspartei zerbrechen sollte, wäre das nur ein lang schon fälliger Schritt hin zu mehr Demokratie.

Zumindest hätten die Südtiroler eine annähernd ähnliche Wahl zwischen zwei oder drei Präsidentschaftskandidaten (LH), was in Russland, Türkei und selbst Iran zumindest der Fall ist.

Sa., 20.05.2023 - 12:58 Permalink