Wirtschaft | Salto Paper

Slow Tourism als Alternative?

Nicht dem nächsten Rekord nachjagen, sondern innehalten und sich fragen, wie alle mitgenommen werden können: die Vision eines langsamen Tourismus in Pfitsch.
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Foto: Tourismusgenossenschaft Sterzing-Pfitsch-Freienfeld.
Es gibt sie noch: die touristisch unerschlossenen Gebiete in Südtirol. Eines davon ist das „verschlafene“ Pfitscher Hochtal. Über gerade einmal 1.000 Betten verfügt die Gemeinde Pfitsch – rund ein Zehntel der im Wipptal verfügbaren Betten. Neben 19 gastgewerblichen Betrieben, die vor allem im 1- und 2-Sterne-Segment tätig sind, gibt es 26 nicht-gastgewerbliche Betriebe. Während die Privatzimmervermietung in den vergangenen drei Jahrzehnten stark abgenommen hat, erfuhr Urlaub am Bauernhof vermehrten Zuspruch. Dass das „verschlafene“ Tal geradezu prädestiniert für den Trend des „Slow Tourism“ ist, haben die Gemeindeverwaltung und die Tourismusgenossenschaft Sterzing-Pfitsch-Freienfeld längst erkannt. „Slow Tourism ist ein Ansatz, der häufig als Alternative zum konventionellen Massentourismus verwendet wird“, erklärt Stefan Gufler, Bürgermeister der Gemeinde Pfitsch. Mit diesem Begriff wird ein „langsamerer“, bewussterer und nachhaltigerer Tourismus-Stil beschrieben. „Besonders für das Pfitschtal ist es wichtig, nachhaltig zu handeln, da die sensible Kultur- und Naturlandschaft maßgeblich zur Identität des Tales beiträgt und daher geschützt werden muss“, ist der Bürgermeister überzeugt. 
 
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Bislang wenig entwickeltes Pfitschtal: "Verstärkten Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Tourismus" (Foto:  Tourismusgenossenschaft Sterzing-Pfitsch-Freienfeld)
 
 
 
Im Rahmen verschiedener Gespräche habe man im nachhaltigen und naturnahen Tourismus für das bislang wenig entwickelte Pfitschtal ein großes Potential ausmachen können. Vor allem in der verstärkten Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Tourismus und im Ermöglichen von echten Naturerlebnissen sollte sich das Tal engagieren. „Der Wunsch von Urlauber*innen, das permanente Grundrauschen des Alltags auszuschalten, lässt die Sehnsucht nach Orten wachsen, an denen man als Mensch in der Natur wieder durchatmen kann. Das kommt dem Pfitschtal zugute“, erklärt Gufler. Vor diesem Hintergrund sollten neue Strukturen bereits jetzt nachhaltig etabliert werden, um mögliche Konflikte in der Zukunft zu vermeiden. Das Pfitschtal soll mit seiner Ökologie und Kultur noch für viele weitere Generationen erhalten bleiben. 
 
Gufler, Stefan
Bürgermeister Stefan Gufler: "Konzepte zur Nutzung und Revitalisierung alter Gebäude entwickeln, um das kulturelle Erbe des Tals zu bewahren“.
 
 
 
Als Vorbild einer nachhaltigen touristischen Entwicklung dient dabei das Villgratental in Osttirol, das ähnlich wie das Pfitschtal bergbäuerlich geprägt ist. Auch dort spielt das Thema Nachhaltigkeit eine große Rolle. „Ein wichtiger Aspekt könnte die Förderung und Nutzung regionaler Produkte sein. Wie in Villgraten könnte man auch in Pfitsch einen Fokus auf die Vermarktung von regionalen Produkten legen, um lokale Unternehmen und Handwerker zu unterstützen und die Wertschöpfung innerhalb des Tals zu erhöhen. Ein weiterer Ansatzpunkt könnte die Nachnutzung alter Bauernhöfe und Gebäude sein. Wie in Villgraten könnten auch in Pfitsch Konzepte zur Nutzung und Revitalisierung alter Gebäude entwickelt werden, um das kulturelle Erbe des Tals zu bewahren“, zeigt sich der Bürgermeister der Gemeinde Pfitsch überzeugt.

Der Wunsch von Urlaubern, das permanente Grundrauschen des Alltags auszuschalten, lässt die Sehnsucht nach Orten wachsen, an denen man als Mensch in der Natur wieder durchatmen kann. Das kommt dem Pfitschtal zugute.“


 
Nach seiner Zukunftsvision für das Tal gefragt, erklärt der Bürgermeister, dass das Hochtal nicht nur als touristische Destination in Form eines Reisezieles, sondern als umfassende Region auch für die Bevölkerung selbst weiterentwickelt und verbessert werden sollte. „Selbstverständlich gilt es auch, das touristische Potential vor Ort zu nutzen. Genauso wichtig ist es aber, das Tal in erster Linie für seine Bewohner*innen selbst attraktiv und nachhaltig zu entwickeln, um Pfitsch zu einem in erster Linie etwas bekannteren und vor allem zu einem begehrten Lebens-, Arbeits- und Urlaubsraum zu entwickeln“, so Gufler.
 
Astrid Tötsch ist SALTO-Redakteurin.