Gesellschaft | Migration
Aufnahmezentrum in Meran schließt
Foto: Salto.bz
Die Hitze des Tages lässt langsam nach und die Arbeiter kehren zurück. Sie kommen zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Roller und interessieren sich nicht für mich. Sie leben in dem alten Arbeiterheim neben dem Bahnhof in Meran, das während der Flüchtlingskrise 2015 eröffnet wurde. Ich will mit ihnen sprechen. Sie fragen, wieso sie ihre Heimat verlassen haben - mit dem Risiko auf dem Fluchtweg ihr Leben zu verlieren.
Nun warten sie in dem Aufnahmezentrum für geflüchtete Menschen auf den Ausgang ihres Asylverfahrens. Laut dem italienischen Gesetz können sie gleich nach der Antragstellung für Asyl eine reguläre Arbeit aufnehmen, in Deutschland etwa ist das wesentlich komplizierter. Doch ein Arbeitsplatz garantiert noch keinen Wohnraum.
Ich werde für einige Zeit auf der Straße leben, im Winter werde ich vielleicht erfrieren.
Das Aufnahmezentrum für geflüchtete Menschen soll mit Ende Juni geschlossen werden, da sich die Räumlichkeiten laut den Technikern des Landes nicht mehr eignen. In der von Volontarius und River Equipe betriebenen Struktur leben rund 40 Menschen. Sie sollen nach Eppan in ein derzeit geschlossenes Aufnahmezentrum gebracht werden, das aus einer Reihe von Wohncontainern besteht.
Für jene mit Arbeit ist der anstehende Umzug ein Problem: "Unter den untergebrachten Personen sind 16 Menschen, die in Meran und Umgebung eine feste Anstellung gefunden haben. Für letztere besteht die Gefahr, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren, weil sie nicht jeden Tag von Eppan nach Meran fahren können", erklärt die Grünen Gemeinderätin Marlene Messner.
Einer von ihnen ist bereit, mit mir zu sprechen. Der junge Mann aus Gambia kam vor vier Jahren nach Italien, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. In Naturns arbeitet er in der Speckfabrik Recla. Da er seinen Arbeitsplatz nicht verlieren möchte, wird er nicht nach Eppan umsiedeln. "Die Wohnsituation ist für Migrant*innen sehr schwierig. Sie sagen, sie wollen die Wohnung an Einheimische vergeben oder sie verlangen den Vorweis eines unbefristeten Arbeitsvertrags", so der Gambier, der anonym bleiben möchte. "Ich werde für einige Zeit auf der Straße leben, im Winter werde ich vielleicht erfrieren."
Einmal dort angelangt, ist ein 'normales' Leben schwer möglich.
Sein Landskollege im Aufnahmezentrum hat mehr Glück: Er hat vor zwei Wochen als Küchenhilfe eine Arbeit auf einer Alm im Ultental gefunden, dort kann er auch schlafen. "Es gefällt mir sehr gut und ich möchte Koch werden." Er lebt seit zwei Jahren in der Struktur, zuvor war er in Leifers und Bozen untergebracht. Seinen Asylantrag hat er im Jahr 2017 gestellt, als er in Italien angekommen ist. Diese Woche informierte ihn sein Anwalt darüber, dass er seine Aufenthaltsgenehmigung erhalten hat.
Laut der Südtiroler Caritas ist der private Wohnungsmarkt für Flüchtlinge oft eine unüberwindbare Hürde. "Ohne Hilfe droht diesen Menschen ein Leben auf der Straße. Einmal dort angelangt, ist ein 'normales' Leben schwer möglich", teilt sie auf ihrer Webseite mit.
Wer ein Zimmer oder eine Wohnung an Flüchtlinge vermieten will, kann sich an die Caritas wenden. Sie vermittelt zwischen Vermieter*in und der geflüchteten Person und steht ihnen auch nach dem Unterschreiben des Mietvertrages beratend zur Seite.
Bitte anmelden um zu kommentieren
warum renoviert man nicht
warum renoviert man nicht (vielleicht sogar gemeinsam mit den Bewohnern) das Gebäude oder reisst es ab und baut etwas kostengünstiges (z.B. Tiny houses) neu, um endlich diskriminierungsfreie Wohnmöglichkeiten in der zweitgrößten Stadt Südtirols zu haben? Warum engagieren sich nicht die Arbeitgeber als Referenz bei den Vermietern? Warum werden nicht die diskriminierenden Vermieter bestraft? Warum wird den Medien, welche solche illegalen Anzeigen ("nur an Einheimische") nicht die Presseförderung gestrichen?
Ihr Kommentar stimmt
Ihr Kommentar stimmt nachdenklich. Ich finde es in diesem Fall eher schade, dass es anscheinend nicht möglich ist in Meran, dass man sich innerhalb der Parteien die im Gemeinderat sitzen, über entsprechende Entwicklungen informiert, sondern es vorzieht auch noch zu sagen, dass schon was gemacht wurde bevor die anderen Parteien überhaupt wussten, dass die Struktur geschlossen werden soll. Und genau DAS ist eines der großen Probleme, die die Politik bei uns hat: Anstatt miteinander zu reden und gemeinsam an einem Strang zu ziehen, finden es die meisten nach wie vor wichtig das eigene Polit-Süppchen zu kochen um am Ende möglichst gut dazustehen (wo manchmal eine Mail mit den wichtigsten Infos an alle die’s betrifft reichen würde…)…
Sie haben insofern Recht,
Sie haben insofern Recht, Herr Bauer, dass mein Kommentar in diesem Fall nicht exklusiv Ihnen (und Ihrer Partei), sondern allen politischen Vertretern galt (so hätte ich wohl nicht unter Ihrem Kommentar direkt schreiben sollen, mea culpa). Wenn Sie aber weiter oben schreiben „…noch bevor die Grünen in Meran überhaupt von der Schließung der Struktur wussten…“, dann stellt sich mir eben die Frage, wie das sein kann, dass - laut Artikel - weder die betroffenen Bewohner, noch ein Gemeinderatsmitglied anscheinend nichts von der Lösung wissen.
Antwort auf Sie haben insofern Recht, von Kath Floe
*das „nichts“ im letzten Satz
*das „nichts“ im letzten Satz ist reingerutscht und sollte hier natürlich nicht stehen