Gesellschaft | Zeiten Wenden

... bevor die Zeit sich wendet

Wohnraum - Wohnkosten - Lebenskosten ... was kostet das LEBEN? Reichtum & Vermögen muss umgeschichtet werden. Ein Anstoß!
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Zusatzinfo: In gekürzter Form neulich auch als Gastbeitrag in der FF erschienen. Aufgrund der großen Resonanz kommt hier die Vollversion ... viel länger, aber amüsanter zu Lesen. 

Ich habe neulich geträumt. Oder war ich im Halbschlaf? Na ja, ich habe in letzter Zeit auch die eine oder andere Zeitung - bei gutem Licht und ohne Brille – durchgeblättert und Teile davon sogar gelesen. Und ich war ein kleinwenig auch im „Gesichtsbuch“ unterwegs. Dort wo ich und jede/r andere, meist unüberlegt und zu schnell, ihren braunen, grünen, scharfen oder süßen Senf in Form von Posts oder Kommentaren hinterlassen dürfen.
Dabei ist mir aufgefallen, dass das Thema Wohnen, Wohnraum, leistbares Wohnen, Spekulation, zugleich mit Flächenversiegelung, Kubatur, Immobilienpreisen und schlussendlich Inflation eines der aktuell großen Themen darstellt.
Wir lesen dabei von Herrn Dr. Hinteregger von der IDM, dass er mit viel Steuergeld Südtirol zum begehrenswertesten Lebensraum Europas machen möchte. Wir lesen von Menschen, die inflationsbedingt kaum mehr imstande sind ihre Mieten zu bezahlen oder von jenen (weniger) die Probleme bekommen ihre Raten für das Banken-finanzierte Eigenheim nicht mehr zu schultern.

Dazu darf auch vorausgeschickt werden, dass es aufgrund einer extrem gut gewachsenen und gut laufenden Wirtschaft, halbwegs guter Verwaltung und dem Fleiß der Bevölkerung dem Landl eigentlich ziemlich gut geht und es auch im Vergleich zu anderen Regionen ziemlich gut dasteht. Ganz zu schweigen von den meisten anderen Ländern auf dieser Welt, die von einem Standard wie dem unseren nur träumen können. Wir dürfen und müssen uns also schlicht und einfach bewusst sein, dass wir zu den Privilegierten auf dieser erdenen Kugel gehören.
Und genau darum müssen wir jetzt ganz genau hinschauen, um jenen kleineren Teil unserer Gemeinschaft nicht „hinten zu lassen“. 75% der „originalen“ Südtiroler verfügen über ein Eigenheim und viele davon auch über entsprechende Ressourcen, dieses problemlos halten zu können. Dem sogenannten Mittelstand geht es ebenfalls größtenteils gut und er wird nicht, wie oft behauptet, innerhalb weniger Jahre in die Armut abrutschen. Dem „Hochstand“ geht es besser als je zuvor. Er vermehrt seinen Reichtum wie noch nie in der Südtiroler Geschichte. Nur der „Unter- oder Niedrigstand“ könnte sich zum großen Problem entwickeln, wenn wir als Gesellschaft und Politik nicht endlich gegensteuern. Wenn er größer wird, entwickelt sich dieser zur Straßenmacht, der nicht anders kann als dem Mittel- und Hochstand anfangs ins Gewissen zu reden und danach ihm ordentlich auf die Finger zu hauen.

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ff-diegrossenzurkasse.png, von FF - KMR

WAS IST ZU TUN? 
Wenn wir uns die demogarfische Entwicklung mit zwei Augen und ohne Brille ansehen, dann müsste längst klar sein wo die Hebel angesetzt und die Register gezogen werden müssen. Und zwar jetzt und nicht erst wenn es zu spät ist!
Dass beispielsweise Reiche immer Reicher werden, liegt an der Steuergesetzgebung und an der Demografie. Reiche erben quasi zum Nulltarif weiteren Reichtum, während Arme kaum von armen Eltern und Verwandten erben können. Früher musste Reichtum & Besitz noch unter vielen Kindern aufgeteilt werden, während bereits heute und in Zukunft bald mehr Erbmasse als Erben zur Verfügung stehen.
Das bedeutet ganz klar, dass die Gesetzgebung und die Politik hier eingreifen muss! Mit dem Druck von uns.

- Die Erbschaftssteuer für richtig Wohlhabende muss in bisher unausgesprochene Höhen schnellen. Zu Gunsten (steuerliche Umschichtung) jener, die nichts haben. Es geht dabei nicht um die Wohnung der eigenen Kinder oder gar Enkel, sondern um beispielweise kinderlose Individuen, die bereits einen Hof, zwei Wohnungen, eine Villa am Gardasee oder Weingüter, Wiesen und Wälder ihr Eigen nennen. Oder auch noch Millionen auf dem Konto hier, in der Schweiz oder in Kenia liegen haben. Aus welchem gesellschaftlichen Sinn sollte dieses Individuum auch nur eine einzige Wohnung zum aktuellen Erbsteuersatz erhalten dürfen?
Gleiches gilt für diverse bereits überreiche Erbschleicher, die der alten kinderlosen Dame vor dem Ableben noch einen Gefallen tun, ihr ein Testament diktieren und ihr dann Haus, Wiese, Wald, Hof oder Villa abluchsen. Während vielleicht ein Neffe in der Romstraße trotz gutem Job kaum imstande ist die Miete zu bezahlen. Und sich niemals ein Eigenheim wird leisten können.

- Reichtum & Vermögen muss zudem neu berechnet, eingestuft und versteuert werden. Grundsätzlich sollten Millionen- und Milliardenerträge nicht zur Gänze mit Abschreibungen und Investitionen ausgeglichen werden dürfen. Das anscheinend nötige Wachstum hat längst seine Grenzen erreicht und ist prinzipiell zu überdenken. Ganz im Sinne eines Dr. Harald Pechlaner, der kürzlich auf der Generalversammlung des SWR (vor der versammelten Wirtschaftselite des Landes) meinte: „Wirtschaftspolitik ist Sozialpolitik“. Wenn Wachstum auf dem Rücken der Allgemeinheit und zu Lasten von Beschäftigten, der Natur und des Klimas passiert, dann ist das nicht Enkel-tauglich.

- Die Steuergesetzgebung muss in ganz Europa, in Italien und somit auch in Südtirol in einigen Sektoren einen Paradigmenwechsel erfahren oder einer Revision unterzogen werden. Etwa die Redereien (meist superreiche Eigentümer, die in gewissen Ländern auch Oligarchen genannt werden), die so gut wie keine Steuern auf ihre Millionenerträge abführen müssen. Legal versteht sich. Dazu darf notiert werden, dass die diesbezüglichen Griechischen Oligarchen-Familien über mehr Vermögen verfügen als ganz Griechenland Schulden hat. Auch die weltweit aktiven italienischen Mafia-Unternehmen könnten laut einiger Berechnungen fast die Hälfte der italienischen Staatsschulden „übernehmen“ … mit der Portokasse!
Ähnlich geht es der Landwirtschaft. Sie zahlt so gut wie keine Steuern und beteiligt sich somit ebenfalls nicht an den Kosten des Sozialstaates, sondern lebt sogar davon (Subventions-System). Auch hier geht es nicht um den Berg- oder kleinen Milchbauer, sehr wohl aber um jene die aufgrund der guten Wirtschaftslage Millionenbeträge umsetzen und die Erträge so gut wie steuerfrei einlochen dürfen. Wobei auch das dann im landwirtschaftlichen Sektor zu Übernahmen kleinerer und größerer Höfe und Betriebe führt.
Hier ist ganz klar die komplette Gleichstellung aller Kategorien nicht nur ein Gebot der Stunde sondern eine politische und gesellschaftliche Pflicht.
Auch der „Geschlossene Hof“ ist radikal zu überdenken. (Salto und Franceschini thematisieren seit Jahren) Ein Verkauf an Investoren oder Nicht-Landwirte ist „grundzipiell“ zu unterbinden. Und die Vererbungsmechanismen zumindest zu überdenken. Ebenso wie der „Urlaub auf dem Bauernhof“, wenn er das nicht wirklich ist. Wo bleiben bei diesen Tabu´s SBB + HGV?

- Immobilien in Südtirol. Womit ich wieder beim eingangs erwähnten Dr. Hinteregger wäre. Wenn Südtirol mit Steuergeld zum begehrtesten Lebensraum Europas gemacht werden soll, dann muss man sich auch bewusst sein, dass sich das ein Großteil der Bewohner dieses Landes nicht leisten wird können. Die Immobilienpreise zählen zu den höchsten in ganz Europa und können, wenn so begehrt, nur mehr in absolut unbezahlbare Höhen schnellen. Auf gesetzlicher Ebene muss zudem sofort der bereits in den 70er- und 80er-Jahren geprägte Ausdruck „Ausverkauf der Heimat“ unterbunden werden. Investoren oder Vermögenden aus dem Ausland muss es untersagt sein, Immobilien und Grundstücke, oder auch Gastronomiebetriebe (Rosa Alpina - Hubertus) und Höfe (Wangen) zu kaufen oder zu ersteigern. Siehe dazu auch die Initiative etwa in Leutasch bei Seefeld in Nordtirol oder auf der anderen Seite Elon im Wunderland
Touristische Zweitwohnsitze die nur 2 Wochen im Jahr bewohnt werden, müssen so extrem besteuert werden, dass es sich absolut nicht mehr lohnt diese zu halten. Auch das alles würde zur Beruhigung der Marktpreise und Wohnraumnot führen. Den diesbezüglichen Aufschrei der Immobilienmakler-Branche dürfen wir seelenruhig überhören. Ebenso wie jenen der Verkäufer, die vom Saudi, Russen oder Deutschen einfach nur einige Prozent mehr einsacken und vielleicht als Zugabe oben drauf einige Bitcoin oder ein schönes Handkofferle mit USD-Scheinen untergeschoben bekommen.

Mit den Einkünften aus all diesen Maßnahmen könnte diametral gegenüber die Wohnbauförderung und auch der soziale Wohnbau befeuert und finanziert werden. Ohne die eh schon fleißigen Steuerzahler weiter zu belasten. Wobei in erster Linie jene profitieren müssen, die den Einstieg in die „Besitzerklasse“ hinkriegen müssen, damit sie später den Sozialstaat nicht aushungern. Und weniger jene Hotel-, Unternehmer- oder Bauernkinder, die in 10 Jahren sowieso Hotel, Haus oder Hof vom Opa erben.
Ebenso darf unbewohnte Wohnfläche und ungenutzte Gebäudekubatur nicht aus spekulativer Motivation rentabel sein. Und zwar wieder aus zweierlei Gründen: Wohnungsmarkt und Bodenressourcen … also klimarelevant. 

p.s.; mit Absicht & Laune übrigens nicht gegendert. Auch weil größtenteils das männliche Gen für die Problematik zuständig ist.