Politik | Langkofel

„Alfreiders Nostalgiemärchen“

Die Grödner Initiative „Nosc Cunfin“ antwortet auf das Salto.bz-Interview mit Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider über den Langkofelscharte-Lift.
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AlfreiderDie Aufstiegsanlage ist schön, historisch, bedeutend, nostalgisch und wir sind stolz darauf.

Schönheit ist Geschmacksache. Warum sollte die Anlage für die Gegend so bedeutend sein? Sie ist nur 4 Sommermonate in Betrieb. Ist ausschließlich für Wanderer gedacht und wird ohne Landeszuschüsse (bis zu 75%) niemals wirtschaftlich arbeiten können. Ganz dem Leitsatz folgend: Der Steuerzahler wirds schon richten.

Ausserdem, hätten wir alle historischen und nostalgischen Aufstiegsanlagen bis heute aufbewahrt, gäbe es zu den bestehenden Anlagen weitere 20 Skilifte. Ein Ständerwald mit Kabelsalat würde Wolkensteins Landschaftsbild überspannen.

Alfreider: Die Seilbahn ist fester Bestandteil des kulturellen Erbes.

Der bestehende Lift ist schon lange nicht mehr in seinem Urzustand, deshalb auch nicht mehr als „Museumsstück“ geeignet. Er ist weder als Kulturdenkmal, noch anderwertig geschützt.

Egal ob die neue Bahn nach Ablauf der Konzession gebaut wird oder nicht, die alte Bahn muss so und so abgetragen werden weil sie den modernen Standards nicht mehr entspricht.  So die Aussage des jetzigen Konzessionsinhabers. Also könnte man die abmontierte Bahn immer noch, und ohne Widerspruch, in irgend einem Technikmuseum wieder aufbauen.

Eine modernisierung der Gondelbahn, wie von Herrn Alfreider angestrebt,  wäre ohnehin das Ende der „Nostalgie“, nicht zu schweigen vom „kulturellem Erbe“.

Alfreider: Die Bahn ist dank Südtiroler Pionieren entstanden und Teil unserer Geschichte. Davon sind wir (wir?) voll und ganz überzeugt.

Klar, die Bahn ist Teil unserer Geschichte. Über die heldenhaften Südtiroler Pioniere sind wir aber nicht so ganz überzeugt.

Schauen wir uns die Geschichte an und gehen zurück in die 50er Jahre:

Es ist nicht lange her und in Europa tobte noch der Zweite Weltkrieg. Aber bald begann der wirtschaftliche Wiederaufbau mit rasanten Schritten. Der Tourismus wuchs von Jahr zu Jahr. 1957 fuhren schon fast eine Million Kraftfahzeuge auf die enge und kurvenreiche Staatsstraße über den Brenner nach Italien.

Die Provinz Bozen unterstand der Region Trentino Tiroler Etschland und war politisch kaum entscheidungsfähig. Den Namen Südtirol durfte man, laut dem damals noch gültigen faschistischen Verbot, nicht verwenden.

Es war die Zeit wo in den Gemeindestuben (speziell in den ladinischen Gemeinden) italienische Gemeindesekretäre eingestellt wurden, die oftmals noch faschistisch gesinnt, die Vornamen der Neugeborenen ohne Zustimmung der Eltern, italienisiert in das Standesamt eintrugen.

Die Südtiroler Autonomie gab es bis dahin nur auf Papier, und wurde mit Füßen getreten.

Die mächtige Partei der Democrazia Cristiana zusammen mit der postfaschistischen Partei MSI wollten mit allen Mitteln, den italienischen Anteil der Südtiroler Bevökerung statistisch auf 51% zurechtrücken. Damals entstand, südlich von Bozen, europas größte Industriezone für Ersatzteile. Viele weitere Unternehmer aus ganz Italien wurden mit verlockenden Beiträgen ermutigt in Südtirol Fuß zu fassen.

 

Forcella del Sassolungo, Langkofelscharte

So kam es auch, dass trotz starker Proteste seitens der lokalen Bevölkerung, der Seilbahnunternehmer Bovio aus San Martino di Castrozza beschloss eine Seilbahn zur Langkofelscharte zu bauen. Ein Projekt von Ing. Ciucci aus Ancona wurde dann vom Seilbahnbauer Trojer aus Algund ausgeführt. Gegen die große Übermacht der Democrazia Cristiana in der Region konnte die damalige SVP geführte Landesregierung, nichts weiter tun als klein beigeben.

Für die Grödner ist der Langkofel nicht nur ein Wahrzeichen sondern auch heilig. Den Bau der Seilbahn zum Herzen des Langkofels empfand man damals als Entweihung, zumal die geologische Beschaffenheit der Hochgebirgslandschaft erheblichen Felsaushub, Betonguss und Felssicherung verlangte.

Die Behauptung, dass Südtiroler Pioniere den Korblift erbaut hätten, stimmt so nicht. Er wurde den Grödnern regelrecht auferzwungen. Wahrlich kein Ruhmesblatt.

Alfreider: Ein historisches Werk abbauen, das es seit immer gibt, das so gut in die Umwelt und Gesellschaft integriert ist, das geht gar nicht. Ich bin sogar dagegen, etwas abzubauen, was bereits existiert.

Ein historisches Werk das es seit immer gibt, kann wohl nur von Gott erschaffen sein. Dass es noch nie in Frage gestellt wurde, möge es Gott verzeihen, ist schlichtweg falsch.

Wie kann man eine neue Beton-Bergstation, die viermal so groß ist wie die bestehende, gut integriert in die Umwelt bauen? Gut Intergriert in die Gesellschaft hingegen, könnte man einen schönen Wanderweg zur Langkofelscharte bauen, solange er nicht durch das bekannte Naturdenkmal Steinerne Stadt führt, dort wurde nämlich der ursprünglich schöne Weg zu einer art Autobahn verschlimmbessert.

Grundeigentümer an der Talstation ist der CAI (Club Alpino Italiano) und hat sich kürzlich nicht nur für den Rückbau der bestehenden Bergbahn ausgesprochen, nein, sie haben den Rückbau regelrecht gefordert.

Nein Herr Alfreider, etwas abbauen was bereits existiert muss nicht falsch sein. Wenn man bestimmte Lehren daraus gezogen hat darf man dem Schöpfer gerne ein Stück Natur zurückgeben.

Alfreider: Wir wollen dass diese Konzession unbedingt mit den gleichen Zugeständnissen wie in den letzten Jahrzehnten weiterläuft. Alles andere geht uns nichts an.

Wir danken dem Landesrat Alfreider für seine Offenheit und respektieren seine Meinung. Wir können daraus schlussfolgern dass er die Konzession weder abschaffen noch neu ausschreiben will.

Alfreider, auf die Frage ob es für das Konzessionärsunternehmen Piz de Sella Spa des Marzola noch wirtschaftlich sei, eine so alte Anlage zu erhalten: „Dies ist ein weiteres Thema, das ausgehend von der Argumentation der Konzessionäre angegangen werden muss. Die wirtschaftlichen Überlegungen sind berechtigt und verschiedene Szenarien sind möglich. Den Rückbau einer bestehenden, umweltschonenden Anlage, die Teil des Gebiets ist und von der Gemeinschaft seit jeher als Pionierarbeit angesehen wird, würde ich angesichts dieses Szenarios als Verlust empfinden.“

Wir entnehmen daraus Bedenken und Unsicherheit. Eigentlich kein Problem, das ist menschlich. Vielleicht ist es auch ein Einsehen und er hätte das Thema lieber mit Gegnern und Befürwortern vorher abgesprochen. Informiert sein ist immer noch das beste Mittel für eine guten Politiker. Dadurch hätte er sich in den Medien einige peinliche Aussagen ersparen können. Wie so oft in der Politik, kommt nach langer Rede am Ende immer nur der kurze Sinn: „Alles bleibt beim Alten und wir machen weiter wie bisher“

Die Gruppe Nosc Cunfin ist parteipolitisch neutral und für Gespräche mit allen politischen Parteien bereit. Wir hoffen dass die Aussagen Alfreiders nur seine persönliche Meinung widerspiegelt und nicht die der gesamten SVP. Schade dass ausgerechnet ein SVPler, und dazu noch Ladiner, die Geschichte unserer Heimat entweder nicht kennt oder leugnet. Dafür aber die Spekulanten-Lobbys unterstützt.

Nichtsdestotrotz, eines ist ganz sicher, wenn man die Langkofelscharte zu Fuß erklimmt dann ist der dortige Panoramablick 1000 mal wertvoller als wenn dieser mit einer Gondelfahrt für ein paar Euro erkauft wird.

In diesem Sinne: Machen wir einen Schritt zurück, die Natur wird uns dafür belohnen.

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m s Do., 20.07.2023 - 22:57

Ich fände es gut wenn die Seilbahn abgebaut wird. Da oben ist eh schon wenig Platz und die 08/15 Touristen die nicht im Stande sind die paar 100 Höhenmeter zu Fuß raufzugehen und teilweise nicht bergtauglich, sollten besser gar nicht da rauf. Aber vielleicht ist das zukünftig ja auch noch im driving experience Paket des Safety Parks enthalten,
#Nachhalliger Dolomitengenuss ;-)

Do., 20.07.2023 - 22:57 Permalink
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Dietmar Nußbaumer Do., 20.07.2023 - 23:00

Wahlkrampf von Seiten Alfreiders, damit er die Stimmen der Grödner sammelt (um nicht missverstanden zu werden). Billiger geht's kaum noch.

Do., 20.07.2023 - 23:00 Permalink
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Hirs Hirs Do., 20.07.2023 - 23:25

Man darf sich in Bezug auf Natur und Umweltschutz vom Alfreider nichts erwarten. Es lässt sich lieber vor Baustellen fotografieren, die Berge sind nicht seine Welt. Beispielhaft ist sein Widerwille irgendwelche Form von Verkehrsreduzierung auf den Pässen voranzutreiben. Außer ein paar teure Kameras aufzustellen um Autos zu zählen ist in den letzten 5 Jahren NICHTS passiert und er wird in Zukunft auch nichts unternehmen.
Schade!

Do., 20.07.2023 - 23:25 Permalink
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Salto User
Günther Alois … Fr., 21.07.2023 - 07:43

Alfreider,hören sie auf Wahlwerbung zu betreiben! Sie sind mit ihren "diktatorischen" Ansichten nicht mehr tragbar in Südtirol.Wo leben sie eigentlich?

Fr., 21.07.2023 - 07:43 Permalink
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Stefan S Fr., 21.07.2023 - 13:03

"Nichtsdestotrotz, eines ist ganz sicher, wenn man die Langkofelscharte zu Fuß erklimmt dann ist der dortige Panoramablick 1000 mal wertvoller als wenn dieser mit einer Gondelfahrt für ein paar Euro erkauft wird."
Damit ist alles gesagt :-)

Fr., 21.07.2023 - 13:03 Permalink
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Genius Universalis Do., 27.07.2023 - 14:41

Ich wäre einem Rückbau gar nicht so abgeneigt, muss ich sagen. Genau in einem solchen Fall wäre es einmal ein Experiment wert, schauen was passiert. Klar, dem Konzessionär müsste die Konzession in diesem Fall abgelöst werden, aber das würde sich alles regeln lassen. Auch die Idee mit dem schönen Wanderweg, der es vielen Menschen (nicht nur Bergfexen) ermöglicht, die Scharte zu erreichen, finde ich gut. Dass aber jeder, der irgendwo in irgendwas investiert, wo er sein Geld und Vermögen einsetzt und riskiert (natürlich alles legal) immer abschätzig als Spekulant abzustempeln, finde ich absolut inakzeptabel und disqualifizierend seitens aller möglichen Umweltorganisationen.

Do., 27.07.2023 - 14:41 Permalink
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Genius Universalis Do., 03.08.2023 - 22:50

Antwort auf von Josef Fulterer

Na na, kommen Sie wieder a bissl runter. Eine Konzession, die seit Jahrzehnten besteht, ist ein "diritto pregresso" und muss respektiert werden - bei Privaten als auch bei Liftbetreibern (die keine Kriminellen sind, wie hier allzu viele praktisch behaupten). Öffentliche Beiträge für Wirtschaftstätigkeit sind genauso wie jene für Landwirtschaft, Vereine und gewisse Privatinitiativen vom Gesetz geregelt. Hier stellen sich für meinen Geschmack, viel zu viele über das Gesetz, nur weil sie eine vorgefertigte (und voreingenommene) Meinung zu gewissen Themen haben.

Do., 03.08.2023 - 22:50 Permalink
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Profil für Benutzer Herta Abram
Herta Abram Mo., 07.08.2023 - 14:40

https://www.rainews.it/tgr/tagesschau/articoli/2023/08/langkofel-und-sa…

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