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Tanti auguri, Nanni!

Der Komponist Franco Piersanti sprach mit Salto über seine Musik für frühe und neuere Kinofilme. Über große Komponisten und wichtige Regisseure. Und über Nanni Moretti.
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Foto: Salto.bz

salto.bz: Was verschlägt Sie in diese Berggegend, mit Blick auf Latemar und Rosengarten?

Franco Piersanti: Ich war früher sehr oft mit meinen Freunden in Südtirol. Wir waren damals alle so um die 20 Jahre alt. Ich war körperlich sehr fit, in den Bergen, an den Felsen. Das war sehr lustig. Dann kam ich viele Jahre nicht nach Südtirol. Aber seit ein paar Jahren bin ich wieder regelmäßig hier. Ich kann hier gut arbeiten, mit den Bergen vor dem Bildschirm. Ich denke, ich werde bald wiederkommen. Allerdings nicht zur Hauptsaison.

Der 19. August 2023 ist der Geburtstag von Nanni Moretti. Er wird 70 Jahre alt. Sie haben viel Musik für seine Filme komponiert…

Ja, heute ist ein wichtiger Tag, Nanni wird 70. Ich sage dazu: Endlich! Ich bin ja drei Jahre älter als er. Es ist eine schöne Erinnerung an die Jahre 1974/75, als wir uns kennenlernten, als er den Film Io sono un autarchico drehte. Unser Kennenlernen, das war purer Zufall, ein Abend bei Freunden, wobei ich gebeten wurde ausgewählte Musik zu präsentieren. Dieser Abend, dieser Zufall hat dann mein Leben verändert. Ich empfinde gegenüber Nanni enorme Dankbarkeit, auch für die Freundschaft die daraus entstanden ist. Über ihn kam ich zum Film, zum Kino. Es haben sich viele Möglichkeiten ergeben. Bis heute. Ich halte ihn für einen ausgezeichneten Regisseur. Eine besondere Persönlichkeit.

Nanni Moretti hatte privat, über seine ehemalige Frau, beste Kontakte in ansehnliche Kreise großer Komponisten. Wie hoch war sein Anspruch an Sie, an die Musik für seine Filme?

Silvia, seine Frau, war die Tochter des Komponisten Luigi Nono und der Tochter des Komponisten Arnold Schönberg. Das war natürlich von Bedeutung. Und vielleicht auch Grund, dass er auch auf die Musik besonders achtete.
 

Ich hatte eigentlich immer das Glück Musik für Filme zu schreiben, die ich auch ohne Filme gern geschrieben hätte.


Wie frei waren Sie beim Komponieren?

Frei ist man immer. Wenn ein Regisseur weiß was er möchte, es dir aber nicht genau erklären kann, dich dann mit einbezieht und du dann letztendlich der bist, der die Musik zu Ende schreibt... So ist das eben. Auch wenn einmal etwas abgelehnt wird, man komponiert dann eben was Neues. Es braucht natürlich auch Vertrauen. Ein Regisseur lebt in seinen Film, über die von ihm ausgewählte Musik, für die von ihm erdachte Welt.

Das Komponieren von Filmmusik ist sehr speziell. Sie untermalt vorgefertigte Bilder, das macht sie manchmal nebensächlich, manchmal hauptsächlich…

Das ist das Schöne dabei. Die Musik alleine, das ist die eine Sache, aber die Musik und die dazu montierten Bilder – abgesehen von den Längen-Einschränkungen – das ist eine andere, eine feine Sache. Im Kino ist es dann ohnehin immer so, dass Dinge entstehen, die manchmal nicht vorgesehen waren.

Sie waren Mitte der 1970er Jahre auch Assistent des großen Komponisten Nino Rota…

Ich habe für Nino Rota in den Jahren 1975 bis 1977/78 gearbeitet. Ich machte vor allem das Geschäftliche. Auch er hat viel – neben zahlreichen anderen Kompositionen – für das Kino komponiert. Vor allem für das Kino der Nachkriegsjahre bis zu seinem Tod 1979. Seine letzte Arbeit war für den Film Prova d’orchestra von Federico Fellini, der ebenfalls 1979 in die Kinos kam. 

Sie haben bis heute für über 160 Filme die Musik komponiert. Nachdem alles mit dem Film "Io sono un autarchico" losging, wie ging es dann weiter?

In dieser Zeit war alles sehr politisch, alles war auch stark studentisch geprägt. Nach Io sono un autarchico folgte 1977 Morettis Ecce Bombo. Bis Mitte der 1880er Jahre machte ich dann ein Dutzend weitere Filme.
 

Il Caimano: Nach dem Moretti-Film "Bianca" (1984) folgte eine über 20 Jahre andauernden Pause zwischen Moretti und Piersanti. Piersanti komponierte erst wieder die Filmmusik für "Il Caimano" (2006). Und dann auch für die neueren Moretti-Streifen "Habemus Papam" (2011), "Mia madre" (2015), "Tre piani" (2021) und "Il sol dell’avvenire" (2023) / Quelle: Sacher Film

 

Auch mit Gianni Amelio… 

Gianni Amelio lernte ich 1981 kennen. Ich machte die Musik für seinen Film Colpire al cuore, dem damals wichtigsten Film zum Terrorismus dieser Jahre. Ich erinnere mich an die Filmfestspiele von Venedig, an die Premiere dieses Films, da bekamen wir beim Abendessen die Information vom Attentat auf Carlo Alberto Dalla Chiesa in Palermo.
Für den nächsten Film von Amelio mache ich übrigens auch die Musik. Die Dreharbeiten beginnen im September 2023. Gedreht wird im Veneto und es geht um den 1. Weltkrieg.

In die 1980er Jahre fällt auch eine Zusammenarbeit mit der Regisseurin Margarethe von Trotta…

Ja, das war für den Film Fürchten und Lieben über drei Schwestern. Es war eine wunderbare Zusammenarbeit. Ich hatte eigentlich immer das Glück Musik für Filme zu schreiben, die ich auch ohne Filme gern geschrieben hätte. Sicher, es waren viele Filme – das sogenannten Autorenkino –, wo du die Realität stark spürst. Wie eben auch bei Gianni Amelio und Nanni Moretti.
 

Ich habe dieses Instrument studiert und spielte es eigentlich bis ich Nanni Moretti kennengelernt habe. Danach hatte ich keine Zeit mehr.


Wie ist Ihre Herangehensweise an einen Film, für welchen Sie die Musik schreiben sollen?

Das ist unterschiedlich. Am Anfang steht aber meist ein lockeres Gespräch zwischen dem Regisseur und mir. Der Regisseur erzählt dir seinen Film und du weißt dann ungefähr, wohin du dich bewegen kannst.

Sie haben viele Jahre den Kontrabass gespielt. Spielen Sie ihn noch?

Nein. Ich habe dieses Instrument studiert und spielte es eigentlich bis ich Nanni Moretti kennengelernt habe. Danach hatte ich keine Zeit mehr.

Welche Geburtstagswünsche schicken Sie von hier aus an den vor 70 Jahren in Südtirol geborenen Nanni Moretti? 

Tanti auguri, Nanni! Per il futuro e ancora tanti anni.

 

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Autarker Geburtstagsglückwunsch: Franco Piersanti komponiert sowohl für Kino- und Fernsehfilme, Theater, Ballett, als auch Orchester- und Kammermusik. Seit dem Film "Io sono uno autarcicho" (1976) von Nanni Moretti, komponierte er die Filmmusik für über 160 Filme. / Foto: Salto.bz


 

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Pasqualino Imbemba Di., 22.08.2023 - 09:21

Nanni Moretti wurde übrigens in Bruneck geboren. Ich war schon überrascht - und dann wieder doch nicht -, festzustellen, dass das bisher gar nicht aufgegriffen wurde.

Di., 22.08.2023 - 09:21 Permalink