Das Gleichgewicht der Geschichte(n)

Wir können nicht ohne Stereotypen und Vorurteile überleben. Sie bewahren uns davor, jede Erfahrung auf’s Neue machen zu müssen. (Es ist nichts weiter als ein Vorurteil, dass eine rot glühende Herdplatte auch heiß sein muss und ich mir daran die Finger verbrenne.) Wir müssen generalisieren um die Welt in ihrer Komplexität auch nur annähernd beschreiben, erklären und begreifen zu können. Dennoch müssen wir uns stets vergegenwärtigen, dass Stereotype und Vorurteile Reduzierungen sind, die wir ständig mit der Realität abgleichen müssen.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

»The problem with stereotypes is not that they are untrue but that they are incomplete«, sagt Chimamanda Adichie, eine Igbo-Schriftstellerin aus Nigeria, in ihrem beeindruckenden TED-Vortrag »The Danger of the Single Story«. Wenn wir es verabsäumen, unsere Vorurteile als mitunter notwendige Vereinfachungen zu begreifen, ja wenn diese Vorurteile und Stereotypen zur alleinig möglichen »Wahrheit« über eine Person, ein Land, ein Konzept werden, dann wird’s gefährlich. Wir sind dann in der Gefahr der »Single Story«, von der Adichie spricht. Wenn ich mir den politischen Diskurs in Südtirol ansehe, fallen mir viele »Single Stories« ein und ich bekomme Angst.

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Benno Kusstatscher Mo., 16.06.2014 - 09:24

Harald, man versteht nicht unbedingt, auf was Du genau anspielst. Die Parteipolitik - wie in Olivers Interpretation - wird es allein nicht sein. Ich schätze einmal, auch die Salto-Community darf sich angesprochen fühlen.

Mo., 16.06.2014 - 09:24 Permalink
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Harald Knoflach Mo., 16.06.2014 - 10:20

Antwort auf von Benno Kusstatscher

ich meine sowohl den parteipolitischen als auch den zivilgesellschaftlichen und vor allem den medialen diskurs. wenngleich wir nicht ohne stereotypisierung auskommen können, so bedarf es vor allem bei (gesellschafts)politischen themen der differenzierung, eines methodenmix aus induktion und deduktion. gleichzeitig müssen dererart gewonnene erkenntnisse ständig reflektiert werden - und gegebenenfalls müssen "erkenntnisse" über bord geworfen werden; sprich man kann, soll und muss seine meinung auch ändern dürfen, wenn neue überzeugende argumente vorgebracht werden. und genau das vermisse ich. in südtirol gibt es einen nahezu dogmatischen "meinungskatalog", der gebetsmühlenartig bedient werden muss und anhand dessen man kategorisiert wird.

Mo., 16.06.2014 - 10:20 Permalink
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Roland Kofler Mo., 16.06.2014 - 09:27

Die hier beschriebene Methode der Vorurteile wird in der Wissenschaftstheorie Induktion genannt. Man lernt aus dem Vorfall, pure Empirie.

Es braucht aber ein kreatives Modell, das den empirischen Bedingungen stand haelt um zu neuen Erkenntnissen zu gelangen: eine Deduktion neuer Eigenschaften aus dem Modell heraus.

So unterscheidet sich wohl das Vorurteil von der Sozialforschung.

Mo., 16.06.2014 - 09:27 Permalink