Gesellschaft | Jugendgewalt

Vorbeugen statt Abschieben

Mehr Gewaltprävention: Jugendkriminalität ist in Südtirol jüngst in aller Munde. Auch die Grünen und der PD äußern sich am heutigen Donnerstag zur Thematik.
Spiegelung Pfütze
Foto: Pixabay
  • Die Berichte zu den jüngsten Gewalttaten in Südtirol lassen im Wahlkampffieber politische Vertreter:innen, vor allem die des rechten Lagers, medienwirksam drastische Maßnahmen (höhere Strafen, Abschiebung, Straflager etc.) fordern, so die Grünen in einer Presseausendung. Dabei treten auch zutiefst rassistische und menschenverachtende Ansichten zu Tage, wenn alle Gewalttäter in einen Topf geworfen und zu nicht Asylberechtigten und/oder kriminellen ausländischen Jugendlichen erklärt werden, obschon es sich bei den Tätern vielfach um Kinder mit Migrationsbiografie in der zweiten Generation oder gar Südtiroler:innen selbst handelt.

    Die Liste Rösch-Grüne verurteilt mit Entschiedenheit die Gewalttaten der Jugendlichen und teilt die Forderung nach verstärkten Interventionsmaßnahmen, fordert aber auch dazu auf, sich im Ton und in den Aussagen zu mäßigen, die Ursachen der Jugendgewalt mit den zuständigen Einrichtungen der Sozial- und Jugendarbeit zu untersuchen und zu bekämpfen und verstärkt auf Präventionsmaßnahmen zu setzen.

    Der Grünen-Gemeinderat Andrea Rossi meint: „Die Verstärkung der Ordnungskräfte an sogenannten Hotspots oder der Einsatz von Videoüberwachungssystemen führen oft nur zu einer Verlagerung der Gewalttaten und lösen das Problem nicht an den Wurzeln.“ Benötigt würden vielmehr verstärkte Bemühungen um Integration, Räume für Jugendliche und finanzielle Mittel für Streetworker und Dienste, die Jugendliche unterstützen.

    In einem Dringlichkeitsantrag hatte die Liste Rösch Grüne am 28. März dieses Jahres die Stadtregierung aufgefordert, Körperschaften und Dienste in den Gemeinderat einzuladen, welche in Meran anhand von Projekten und Interventionen mit Jugendlichen in herausfordernden Situationen arbeiten. Gemeinderätin Julia Dalsant: „Wir fordern dazu auf, der Absichtserklärung endlich Taten folgen zu lassen und die Anhörung der Vereine und Dienste aufgrund der jüngsten Ereignisse in einer der nächsten Gemeinderatssitzung vorzusehen". Es gehe darum, mit den Expert:innen zu überprüfen, was bereits passiere, welche Herausforderungen zu bewältigen seien und welche Verbesserungsmaßnahmen zielführend seien.

    Die Grüne Marlene Messner betont, dass die gesamte Gesellschaft Verantwortung übernehmen müsse. „Jugendliche werden nicht über Nacht zu Gewalttätern und die erhöhte Gewaltbelastung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist nicht das Ergebnis ihrer ethnischen Zugehörigkeit. Eine Rolle spielt der Bildungshintergrund, erlebte Benachteiligung und auch schlechtere Zukunftsperspektiven.“ Die Institution Familie spiele dabei eine große Rolle. Dort sollten Kinder elementare Gefühle wie Sicherheit, Geborgenheit, Liebe, Respekt oder Hilfsbereitschaft erfahren.  Unsichere frühkindliche Bindungen und familiäre Gewalterfahrungen gehen vor allem bei den Buben häufig mit aggressivem Verhalten einher. Bei Jugendlichen ist dagegen der Einfluss Gleichaltriger am relevantesten, Interventionsmaßnahmen von Seiten Erwachsener sind sehr schwierig.

    Die Liste Rösch-Grüne ist davon überzeugt, dass Gewaltpräventionsprogramme ein gesamtgesellschaftliches Anliegen sein müssen und man den erweiterten sozialen Kontext (wie die Rolle von Politik und Verwaltung, die Rolle der Medien, die Attraktivität der Stadtviertel, gesellschaftliche Notlagen) in den Blick nehmen müsse. Dabei sei eine Politik gefordert, die über Amtszeiten hinaus denkt, gleiche Chancen und Rechte für alle Bürger:innen garantiert und soziale Ungleichheiten systematisch zu bekämpfen versucht.

    Phänomene der Jugendkriminalität wie gewalttätige Überfälle durch Banden junger Hooligans, wie sie in Meran nur allzu oft vorkommen, seien absolut untragbar, schreibt auch der PD von Meran.

    Die Ursache für diese Verhaltensweisen der Jugendlichen, die oft Kinder von Neuzuwanderern, liegen laut einer Presseaussendung sehr wahrscheinlich darin, dass sie sich nicht in die Gesellschaft eingegliedert fühlen. Dies kann zu Gefühlen der Isolation und oft auch zu Perspektivlosigkeit führen. Das offenkundig gewalttätige und störende Verhalten dieser Jugendlichen entspricht wahrscheinlich dem Wunsch, zu zeigen, dass sie wie ihre Altersgenossen existieren und dass sie und ihre Kultur das Recht haben akzeptiert zu werden. Die Überwindung dieser psychologischen Belastung erfordert jedoch pädagogisch-kulturelle Maßnahmen auf mehreren Ebenen, zum Beispiel in der Schule. Außerdem benötigt es Aufmerksamkeit und Fürsorge für die Familien der Jugendlichen. Letztlich müssen Initiativen der gegenseitigen Annäherung zwischen den verschiedenen Kulturen auf den Weg gebracht werden.

    Weiters heißt es: Trotzdem müssen die Täter identifiziert und Sanktionen gegen sie ergriffen werden, die neben der Bestrafung vor allem einen erzieherischen Zweck haben sollten. Es müssen alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden, wie z. B. eine wirksamere Überwachung durch die Polizei oder der Einsatz von Abschreckungs- und Kontrollsystemen.

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Manfred Klotz Fr., 06.10.2023 - 07:23

Antwort auf von Tania

Dazu müssen Sie vorher zunächst den Status der Person kennen, die abgeschoben werden soll und das ist nur das erste der Probleme. Wenn es sich um Jugendliche handelt ist gut möglich, dass diese die italienische Staatsbürgerschaft besitzen, wohin sollen sie dann abgeschoben werden?

Fr., 06.10.2023 - 07:23 Permalink