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Politik | Eiertreter*in

Der Wahlsinn

Ich fühle mich wie ein Filmtitel von Pedro Almodóvar: Frau am Rande des Nervenzusammenbruchs. Der Wahlsinn dieses Wahnkampfs muss schnell ein Ende haben. Meine Verwirrung hat einen Grund.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Monitor einer Videokamera
Foto: Daan Geurts on Unsplash.com
  • Früher war es leicht. Früher hat man die Adressen für die Wahlwerbung aus den Wählerlisten der Gemeinden kopiert und die Post hat den Rest erledigt. Si fa per dire. Irgendwie hat das mit der walschen Post ja nie so recht geklappt. Erinnern Sie sich? Am 5. April 2017 hat der LH ein Kooperationsabkommen unterzeichnet, damit das Kasblatt sechs Tage die Woche zugestellt wird - was in der Infografik der dazugehörigen Pressemitteilung noch einmal bildlich unterstrichen wurde. Gebracht hat es ... genau ... rein gar nichts. Im Gegenteil. Die Poste Italiane haben Corona zum Anlass genommen, um ihre Qualität und Schalterzeiten noch einmal ordentlich zurückzufahren. Täuscht der Eindruck, dass die noch mitten in der zweiten Pandemiewelle feststecken? Wäre ich Verschwörungstheoretiker:*In, würde ich sagen, dass der Arno sicher ein Geheimabkommen mitunterzeichnet hat, damit sich eben nichts ändert und das Schmierblatt der christlichen Brüder weiterhin drei Tage zu spät oder gar nicht zugestellt wird. Frei nach dem klingonischen Sprichwort: „bortaS bIr jablu'DI' reH QaQqu' nay'“, was übersetzt soviel heißt wie „Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird.“ Ich wette der Postwurfsendung mit meinem Konterfei und dem Wahlslogan: „Und wenn einer ein Arschloch ist, dann wird er ein Leben lang ein Arschloch bleiben“, wird es gleich ergehen. Toller Slogan, ich weiß. Leider nicht von mir, sondern von der politischen Konkurrenz geklaut. Wird sicher pünktlich zwei Tage nach dem Wahlsonntag zugestellt.
    Hinzu kommt die Privacy: Briefkastenwerbung für Schnäppchen im Supermarkt oder Gartenutensilien sind ja irgendwie ausgestorben, nachdem sich einige Empfänger beim Garante della privacy beschwert haben und er die Werbenden mit einigen 100.000 Euro Strafe eingedeckt hat. Wahlwerbung wurde aus diesem Zusenden ohne Zustimmung aber dezidiert ausgenommen - ein Schelm wer Böses dabei denkt - und deshalb ist es völlig legitim, dass sich die Parteien an den Wählerlisten vergreifen. Die Sache hat aber einen Haken. Wenn Sie, so wie ich, schon bei der letzten Wahl 2018 alle Parteien abgemahnt haben, die sich seinerzeit erdreistet haben den Briefkasten mit Papiermüll zu fluten, haben Sie jetzt den perfekten Hebel für deren Parteikasse. Da gehen dann einige Wahlkampfspenden - so es sie diesmal überhaupt noch geben sollte - nicht an die debilen Werbefuzzis, sondern als Strafzahlung an den Garante - bei dem ich sie anschwärzen werde.

  • Online

    Ob das der Grund für die Verlagerung Richtung Asoziale Medien ist? „Do mias mr eppes tian“, hat mein Spin-Doktor gemeint. Was? Natürlich habe ich einen Spin-Doktor. Hmm … in meinem Fall wohl eher mit zwei „n“ und offen gesagt, ist meiner lange nicht so attraktiv und umtriebig, wie die Spinn-Doktorin von dem, dessen Name ich niemals nenne. Wer das Buch vom Longhoretn dieses Portals unter der Wahrnehmungsgrenze über die Masken gelesen hat, weiß, dass ich damit die „Assessora“ meine; die mit der Boutique in der Bozner Silbergasse.
    Um ehrlich zu sein, handelt es sich bei meinem Medien-, Kommunikations-, Image- und Politik-Berater um meinen großen Laggl - der einzige in der Familie der einen Instantgramm-Account hat. Wegen Hochladen und so. Auf TickTock ist er auch und weil wir im Wahlkampf auch die Boomer, also die mittlerweile stärkste Bevölkerungsgruppe ansprechen wollen, hat er sich - nur für die Dauer des Wahnkrampfs – auch auf Gesichtsbuch.komm oder wie das heißt angemeldet. Dafür soll ich jetzt ein Imagevideo machen. Da drängt sich sofort unser Parteiname „Znicht & Zwider“ in den Vordergrund. Dieser ganze Videoscheiß ist mir so zwider, dass ich ganz znicht werde. „Liebe Südtirolerinnen und Südtiroler“, soll ich zur Begrüßung sagen. Das geht doch nicht! Da würde ich meine Regierungszeit mit einer glatten Lüge beginnen, bevor ich in Amt und Würden bin. „Teppete Tschurtschen und Tscheggl“, wäre das Nobelste was mir einfällt, wenn ich an meine Landsleute denke. „Bissgurn, blede Tschulle oder Lolli käme auch noch in Frage.
    Nach der Begrüßung wird es nicht besser. Ich habe zweimal nachgefragt, ob ich den Rollentext wirklich so aufsagen soll. Er hat nur genickt und gemeint, die Konkurrenz lügt ja auch wie gedruckt. Ah, daher kommt wohl das Wort „Lügenpresse“? Gemünzt auf das Jagdblatt stimmt das hundertpro. Ich schweife ab.

    „Als junge Mami weiß ich …“ Jo, sein mr gonz nohret! Sieht man ja im Video, dass meine besten Jahre schon lange hinter mir liegen. „Junge Mami.“ Ich entblöde mich ja gern … also nach einem Tetra Pak „In vino veritas“ meine ich, aber nicht wenn ich stocknüchtern bin und die Hämorrhoidensalbe so lala meine morgendlichen Augenringe geglättet hat. Mir würde eine Publikumsbeschimpfung nach Peter Handke viel mehr liegen: Ihr seid die dümmsten Wahlschafe auf Gottes weiter Flur! Habt nach 75 Jahren nicht geschnallt haben, dass man statt des Edelscheiß auch was anderes ankreuzen darf. Beispielsweise den Bettfetzer von „Znicht & Zwider“.
    Meine bessere Hälfte war noch mehr entrüstet. „Als junge Vati weiß ich ...“, hatte ihr unser Regisseur-Kameramann-Cutter ins Drehbuch geschrieben. „Vati? Wenn, dann bin ich eine „Tate“ oder „Tatta“; für die scheintoten Wähler mit einem Fuß im Grab gerne auch eine „Vouto“; aber ganz bestimmt keine „Vati“, so eine piefkische“, hat sie gemault. Ich habe dann versucht zu vermitteln und klargemacht, dass unsere Message weniger am gegenderten Terminus selbst scheitern könnte, als unserer gleichgeschlechtlichen Beziehung. Dass die Tschurtschen und Tscheggl möglicherweise Vorbehalte haben könnten, gegen eine lesbische Landeshauptmännin. Deshalb hütet sich ja der schwule Landtagsabgeordnete vor einem „Coming out“; könnte seine Wähler am rechts-rechten Rand verschrecken.

  • Offline

    Haben Sie's gemerkt? Ich habe „Message“ statt „Botschaft“ verwendet. Ich weiß, ist unverzeihlich, aber da geht zuweilen meine Vatersprache mit mir durch. Es soll ja vor allem unter den Werbeheinis welche geben, die sich darauf was einbilden, wenn sie ganz polyglott die Weltsprache Englisch in ihre Sätze weben. Der CEO unseres Vorzeige-Bergssport-Bekleidungs-und-Ausrüstungs-Unternehmens fällt mir da spontan ein. „Recruitment innerhalb 12.00 Uhr.“ „Let's rock Corona!“ „Ok. Also war ich gut in der forcast …:-))“, sind einige der Sätze aus den Abhörprotokollen, die mir aufgefallen sind. Das wäre ein Spinn-Doktor für meine Bewegung! Einer mit richtig Power!
    Warte mal! Hat der nicht einen „English Day“ eingeführt, als er noch völlig überbezahlter Marketingdirektor der SMG war? Ich glaube es war Mittwoch, nein Donnerstag. Genau! Da mussten die armen Gitschen an der Rezeption sich den ganzen Tag mit ihrem Pidgin-English abmühen. „Wälkom ät Ess-Em-Gie“, wurdest du da mit breitestem Südtiroler Akzent begrüßt. So zumindest wurde es mir kolportiert. Ich hatte ja jahrelang diese Phantasie: Ich liefere eine Übersetzung für einen Kunden ab, als justament der CEO himself leichtfüßig die Treppe heruntergehoppst kommt. Um die Sprachkenntnisse - vor allem für die neuen Märkte - aufzupolieren, würde man im der SMG an einem Tag in der Woche ausschließlich Englisch als Verkehrssprache verwenden, erklärt er dir dann. Stichwort für deinen Sager: Angesichts dieser geballten Ladung an Fremdsprachenkenntnis im Haus, werde man als Übersetzerin wohl bald arbeitslos am Hungertuch nagen - im breitesten Liverpooler Dialekt, wie ihn ein „Scouser“ aus der Scottie Road allenfalls mit seiner Tochter sprechen würde. Und hinterfotzig wie du als Halb-Südtirolerin nun einmal bist, textest du ihn weiter zu, schnell, eng und darauf bedacht möglichst viele Ausdrücke zu gebrauchen, die nur in der Metropolregion Merseyside verwendet werden. Sozusagen ein Prettauer im hintersten Psaier. Und gleichzeitig schaust du interessiert zu, wie der CEO interessiert zu schaut und versucht den Eindruck zu erwecken, er würde dein Englisch verstehen - obwohl du eigentlich sofort angefangen hast ihn zu beschimpfen: Dass er und alle anderen nassforschen Managertypen mit ihrem ganzen Elan und Tatkraft nichts anderes sind, als Hundewelpen mit ADHS, die noch keine Impulskontrolle gelernt haben. Dass du seinen ganzen Laden hier verabscheust und dass es keine 279.000-Euro-Leistung ist, einen Haufen Steuergeld für Fernsehwerbung auf Pro7 zu verschleudern. Die Werbespots für's „Genussland“ waren noch bescherter als alles, was für die Wahl 2023 über den Bildschirm flimmert.

    Es ist nie zu diesem Aufeinandertreffen gekommen. Er hat sich über den Brenner verpisst. Und leider ist dieser Brain Drain Jahre später zurückgekommen. Hätte man „forcasten“ können: Lieber König im eigenen Land als Bettler auf der ganzen Welt. Wissen Sie was? Den CEO melde ich beim Verein Deutsche Sprache e. V.  als „Sprachpanscher des Jahres“ an. Deren erste Preisträgerin war 1997 Jil Sander, Modeschöpferin aus Hamburg, mit den verhunzten Sätzen: „Ich habe vielleicht etwas Weltverbesserndes. Mein Leben ist eine giving-story. Ich habe verstanden, daß man contemporary sein muss, das future-Denken haben muss. Meine Idee war, die hand-tailored-Geschichte mit neuen Technologien zu verbinden. Und für den Erfolg war mein coordinated concept entscheidend, die Idee, dass man viele Teile einer collection miteinander combinen kann. Aber die audience hat das alles von Anfang an auch supported.“
    Die audience im Sanitätsbetrieb hat auch total supported als der mountain-fashion-tailor seine „Protection collection“ Made-in-China angeboten hat.

  • Inline

    Ach, hätte ich nur ein Quäntchen seines Charisma - der Werbespot fürs Netz wäre in null Komma Josef abgedreht. Um zu wissen, wie man es auf keinen Fall machen soll, wollte ich mir als abschreckendes Beispiel die Instantgramm-Filmchen der Mutterpartei ansehen. Am peinlichsten von der ganzen Truppe finde ich ja die Wally - so wollte ich es auf keinen Fall machen. Was soll ich sagen. Keine Wally im Instantgramm-Kanal - aber dafür: „5 Fragen an Sebastian Kurz.“ Apropos, die Edelwaisen hatten auch mal so einen Wunderwuzzi. Dann wurde er Obmann und Landesrat. Ist ihm nicht gut bekommen. Hat sich barbapapamäßig in einen Barbapapa verwandelt: „Ra-Ru-Rick, Barbatrick!“ Auf jeden Fall, war nach den Südtiroler-Verbands-Partei-Videos für drei Tage an keinen Dreh zu denken - die Lachfalten waren unmöglich aus meinem Gesicht zu bügeln. Morgen aber soll gedreht werden. Großes Ehrenwort.
    Und was, wenn mich keiner sehen will? Bis zum Wahltag nur 63 Aufrufe und kein einziger Like? Einfach geblockt!? Wenn alle so handeln wie ich, ist meine Kandidatur im Arsch. Habe mir neulich auf Youtube meine tägliche Dosis Katzenvideos reingezogen und sah gerade einer Ragdoll mit Iris-Heterochromie zu, wie sie mit ihren Pfoten einen Frühstückstisch abräumte und Tasse für Tasse über die Tischkanne … als plötzlich der Spot der Gelben aufpoppte. 4, 3, 2, 1 … Werbung überspringen. Klick. Das mit den Tassen und der Zuckerdose ging munter weiter, bis die Fellnase die volle Joghurtschale entdeckt hatte und … schon wieder dieser „Das Team“-Spot. Der selbe schnöde Streifen, den Sie auch auf der Website des Team K finden. Von einem Hochzeitsfilmer mit wackliger Handkamera auf einer Almhütte abgenudelt. Untermalt mit langweiligem Fahrstuhlgedudel. Beim Kölle würde ich als Begleitmusik sofort zu Bachs „Ave Maria“-Konserve greifen - so salbungsvoll wie der immer auftritt. Mit so einem Kreativunfall gewinnt man keine Wahlen. Zusätzlich zu den Werbeblocker AdBlocker, Ghostery und uBlock, hat mir der Laggl jetzt noch AdBlocker for YouTube™ zu meinem Firefox Browser hinzugefügt. Nie mehr Internetwerbung. Wer jetzt um meine Stimme buhlen will, muss zum guten alten Papier zurückgreifen. Damit kann ich was anfangen, denn der Winter steht vor der Tür und die Diavolina sind wegen der gestiegenen Inflation unbezahlbar geworden.

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Hanno Zerhol Sa., 14.10.2023 - 20:53

Ich finds amüsant und intelligent, aber auch zu persönlich. Da werden private Sachen ausgetragen. Ausserdem würde mich interessieren was der vouto wählt.

Sa., 14.10.2023 - 20:53 Permalink