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Post von Katia

Die Beweislage gegen Katia Tenti ist erdrückend. Die Ressortdirektorin hat den Text der 25-Millionen-Ausschreibung zwei Monate vor seiner Veröffentlichung an den Bauunternehmer Antonio Dalle Nogare weitergeleitet.

Fast acht Stunden lang durchsuchten die Beamten der Carabinierisondereinheit ROS am 25. April den Sitz des Bauunternehmens Dalle Nogare. Angeordnet wurde die Durchsuchung vom stellvertretenden Staatsanwalt Giancarlo Bramante. Es geht um eine Ermittlung in deren Zentrum ein Grund in der Reschenstraße und eine 25-Millionen-Euro-Ausschreibung des Wohnbauinstitutes (Wobi) stehen. Angelo und Antonio Dalle Nogare wird dabei Anstiftung zur Korruption vorgeworfen.
Wenige Tage später wiederholt sich die Durchsuchung in der Wohnung und in den Amtsräumen von Katia Tenti. Auch hier werden Dokumente und Computerdaten sichergestellt. Gegen die Ressortdirektorin und rechte Hand von Christian Tommasini wird formell im selben Fall wegen Amtsmissbrauch ermittelt.
Zwischen Katia Tenti und Antonio Dalle Nogare besteht seit längerem eine engere, private Bekanntschaft.

Gelöschter Server

Als die ROS-Leute an diesem Apriltag gegen 22 Uhr den Dalle-Nogare-Sitz verlassen, haben sie nicht nur Dokumente und Unterlagen beschlagnahmt, sondern auch die gesamte Daten des Firmenservers. Den Ermittler fällt auf, dass der Server Mitte März 2014 neu installiert worden war.
Die ROS-Beamten, die auf Terrorismusbekämpfung und organisierte Kriminalität spezialisiert sind, glauben nicht an Zufälle. Unerwartet kehren sie einen Tag später an den Firmensitz zurück. 
Bei einer neuerlichen Durchsuchung finden sie den alten Server auf einem Balkon. Der Datenträger wurde vollkommen gelöscht. Die Beamten können aber nachweisen, dass der Server am Tag zuvor noch bis spät in die Nacht am Stromnetz angeschlossen war.
Den EDV-Spezialisten der Sondereinheit gelingt es in den darauffolgenden Tagen die gesamten gelöschte Daten vom Server wiederherzustellen. Es ist brisantes Beweismaterial weit über den konkreten Wobi-Fall hinaus.

Ausschreibung auf Reisen

In diesem wiederhergestellten Datenmaterial gibt es aber auch ein Dokument, das Katia Tenti schwer belastet. Die Ermittler haben anhand von Zeugenbefragungen und weiteren Sicherstellung inzwischen den Weg des Dokuments rekonstruieren können.
Das Wobi und die Landesregierung beschließen im Frühsommer 2013 einen Wettbewerb für 100 Wohnungen in Bozen ausschreiben. Es geht dabei um einen Auftrag von 25 Millionen Euro. Das Unternehmen Dalle Nogare hatte sich zusammen mit Siegfried Unterberger bereits zwei Jahre zuvor den nötigen Grund gesichert und sich an einer ersten Wobi-Ausschreibung erfolglos beteiligt. 
Im Sommer 2013 entwirft der technische Direktor des Wobi Gianfranco Minotti einen ersten Entwurf des detaillierten Ausschreibungstextes. Minotti schickt den Entwurf zur Überprüfung an den zuständigen Leiter der Abteilung Wohnbau Wilhelm Palfrader. Von Palfrader geht der Entwurf dann auch an die Ressortdirektorin Katia Tenti. 
Zehn Monate später finden die ROS-Beamten diesen Entwurf aber auf dem wiederhergestellten Dalle-Nogare-Server. Das Dokument wurde im August 2013 dort gespeichert. Zudem stellt man den selben File auch auf einem Computerstick im Auto von Antonio Dalle Nogare sicher.
Katia Tenti hatte den Ausschreibungstext an ihre private Webmail geschickt und von dort auf den Computer des Bauunternehmers geladen.
Offiziell wird die Wobi-Ausschreibung erst zwei Monate später im Oktober 2013 veröffentlicht. Dabei gibt es einige Änderungen zum Entwurf. Die Ermittler gehen davon aus, dass diese im Auftrag des Bauunternehmers gemacht wurden.

Politischer Skandal

Dass der Teilnehmer eines öffentlichen Wettbewerbs bei dem es um 25 Millionen Euro geht bereits zwei Monate vor Bekanntgabe den Ausschreibungstext bekommt, dürfte ein klarer Fall von Wettbewerbsverzerrung sein. Zudem scheint hinter dieser Art der Weitergabe von Insiderinformationen und vertraulichen Amtsdokumenten zwischen Tenti und Dalle Nogare ein System zu steht.
So konnten die Ermittler ebenfalls dokumentieren, dass im Dezember 2013 die Ressortdirektorin in demselben Fall ein amtliches Rechtsgutachten, das für die Gemeinde Bozen bestimmt war, bereits vorab an Antonio Dalle Nogare schickte. Der elektronische Postweg war dabei sehr ähnlich.
Trotzdem hält Christian Tommasini weiterhin an seiner höchsten Beamtin und rechten Hand fest, so als wäre nichts gewesen. Katia Tenti ist weiterhin als Ressortdirektorin tätig und erlaubt sich in diese Rolle ihr unterstellte Beamte nach oder vor den Anhörungen durch die Ermittler zu zitieren.
Das ist keine Straftat. Aber ein handfester, politischer Skandal.

 

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Willy Pöder Do., 26.06.2014 - 07:38

Wieviele faule Kartoffeln liegen denn noch unter überdüngter Landeserde begraben? Die Frau Katia sollte schleunigst ihr Büro räumen, und ihr Boss politischerseits, Christian Tommasini, sollte daraus ebenso die Konsequenzen ziehen. Warten wirs ab, wie und ob der Präsident der Autonomen Provinz Bozen, Arno Kompatscher, seinen infizierten Stall desinfiziert. Die G'schicht von "all dem nichts gewusst zu haben", kann nicht jedesmal neu aufgelegt werden, jedenfalls reicht sie für eine Entschuldung nicht aus.

Do., 26.06.2014 - 07:38 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Do., 26.06.2014 - 10:17

Ich bin EDV-Techniker aber es braucht doch fürs Drucken auch ein digitale Form oder? Das Drucken an sich wird auch digitale spuren hinterlassen, wie wahrscheinlich schon das Öffnen der Datei selbst (ich will stark hoffen das solche Dokumente nur mit Passwort aufrufbar sind).

Do., 26.06.2014 - 10:17 Permalink
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Willy Pöder Fr., 27.06.2014 - 08:27

Die Rai-Südtirol macht einen ziemlich verschlafenen Eindruck. Das muss man zumindest für "Presseschau" feststellen. Erst heute, dem 27. Juni, ist man auf den Artikel explosiven Inhalts aus der Feder des Gatterer-Preisträgers, Christoph Franceschini, auf salto.bz eingegangen. Dabei stand der Beitrag (Post von Katia) schon gestern in aller Herrgottsfrühe im Netz. Wen kümmerts schon! Bedenke: Wenn die Rai Südtirol im Blätterwald blättert, dann ist da kein Wald, sondern lediglich ein ausgedörrter Medienbaum von wenig Blättern. Und das bei 20 Mill. Euro, die jährlich vom Sender aus unserem Steuertopf abgesaugt werden. Dazu treffend: Heuer soll ja das Jahr von besonders stech- und blautsaugenden Mücken sein - und der Tag der Inkontinenz überdies. Dieser schließt die öffentlichen Haushalte mit ein.

Fr., 27.06.2014 - 08:27 Permalink