Politik | SVP

Der Erdrutsch

Die SVP fährt fast überall im Land zweistellige Verluste ein. Die Wählerinnen und Wähler haben die Regierungspartei so abgestraft, wie noch nie. Ein Überblick.
SVP
Foto: Othmar Seehauser
  • Es ist ein Watschen. Arno Kompatscher und Philipp Achammer werden diese Landtagswahl kaum mehr schönreden können. Denn noch vor Ende der Stimmenauszählung ist klar, dass die SVP eine schwere Wahlniederlage einstecken muss. 
    Das Endergebnis dürfte am Ende unter der 35-Prozent-Marke liegen. Das heißt man verliert rund 8 Prozent der Wählerstimmen. 

    Die Stimmenverluste sind dabei gleichmäßig über das gesamte Land verteilt. Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen und Gemeinden wo die Volkspartei ihrer Stimmen halten konnte.

     

     

  • Über 20 Prozent weniger

    In mehreren Südtiroler Gemeinden ist es zu einem wahren Erdrutsch gekommen. So etwa hat die SVP in Ulten ein Minus von 25,53 Prozentpunkten eingefahren. Das heißt sie hat bei diesem Wahlgang mehr als ein Viertel ihrer Stimmen verloren. Ähnliche Abstürze erlebte die SVP in Moos im Passeier (- 22.52%), Schnals (-22,36%), Schluderns (-22,20%), Martell (-21,56%), in Taufers im Münstertal (-20,91%) oder in Sexten (-20,27%). Auch im Sarntal, wo der SVP-Landtagsabgeordnete Franz Locher daheim ist, steht ein Verlust von 20,13 Prozentpunkten an. Dass man auch in Wengen, der Heimatgemeinde des SVP-Regionalassessors Manfred Vallazza einen Verlust von 20,18 Prozentpunkten hinnehmen muss, sagt Einiges über die Krisenbewältigung unterm Edelweiss aus.

  • Die zweistelligen Verluste

    Arno Kompatscher & Philipp Achammer:: Watschen für die Regierungspartei. Foto: Othmar Seehauser

    Zwischen 20 und 15 Prozentpunkte hat die SVP aber auch in St. Pankraz (-18,63%), St. Martin in Thurn (-17,05%), Riffian (-16.94%), Tirol  (-16,46%), Aldein (-16,39%), Mölten (-16,12%), Terenten (-16,12%), Toblach (-15,93%), St. Ulrich (-15,68%), Prad (-15,13%) oder in der Gemeinde Brenner mit minus 15,12 Prozentpunkten verloren.

    Zwischen 15 und 10 Prozentpunkte hat die Südtiroler Regierungspartei in Ahrntal (-14,73%), Graun (-14,66%), Partschins (-14,56), Wolkenstein (-14,34%), Sand in Taufers (-14,29%), St. Christina (-14,13%), Barbian (-13,57%), Prags (-13,52%), St. Lorenzen (-13,37%), Kurtatsch (-12,98%), Tiers (-12,38%), Percha (-12,11%), Tscherms (-11,82%), Kastelruth (-11,73%), Deutschnofen (-11.35%) Innichen (-11.30%), Pfatten (-10,60%), Villnöss (-10,59%), Rasen-Antholz (-10,29), Montan (-10,15%) oder Karneid (-10,01%) eingebüßt.

     

    In 9 Gemeinden hat die SVP über 20 Prozentpunkte verloren, in weiteren elf Gemeinden über 15 Prozent.

     

  • Rettungsanker im Süden

    Manfred Mayr: Zugewinne nur in seiner Gemeinde. Foto: Facebook/Manfred Mayr

    Es gibt kaum Gemeinden, in denen die SVP ihre Stimmen halten oder gar verbessern konnte. Mit zwei Ausnahmen. In Kurtinig trat Bürgermeister Manfred Mayr auf der SVP-Liste an. Mayr wird zwar nicht in den Landtag einziehen, doch seine Gemeinde ist jene mit dem größten Zugewinn für die SVP. In Kurtinig erreicht die Volkspartei ein Plus von 7,81 Prozentpunkten. 
    Ebenso mehr Stimmen hat die SVP in Leifers geschafft. Dort erreichte man ein Plus von 0,61 Prozentpunkten. 
    Im Vergleich zu den Landtagswahlen hat die SVP in allen Bezirken Südtirol verloren. Am größten sind die Verluste im Vinschgau. Dort hat man 15,8 Prozentpunkte verloren. Im Bezirk Salten-Schlern sind es 13,02 Prozentpunkte weniger. Im Pustertal sind es minus 11,82 Prozentpunkte und im Burggrafenamt minus 10,18 Prozent. Im Wipptal gibt es eine Minus von 5,09 Prozentpunkten. Auch im Eisacktal halten sich die Verluste mit minus 5.02% in Grenzen.
    Am besten abgeschnitten hat die SVP im Überetsch-Unterland mit einem Minus von 3,24 Prozent und die Landeshauptstadt Bozen mit minus 0,18 Prozent.

  • Starke Newcomer

    Neueinsteiger Hubert Messner: Hinter Kompatscher auf Platz 2 Foto: Verlagsgruppe Random House

    Es stehen zwar noch 17 Sektionen bei der Auszählung der Vorzugsstimmen aus, es zeichnet sich ein klarer Trend ab. Landeshauptmann Arno Kompatscher liegt wie absehbar unangefochten in Front. Er dürfte aber sein Stimmenergebnis von 2018 aber nicht erreichen. Derzeit steht ein Minus von über 13.000 Stimmen zu buche.
    Die große Überraschung aber ist der Mann auf dem zweiten Platz des SVP-Rankings. Der Neueinsteiger und unabhängige Kandidat auf der SVP-Liste Hubert Messner hat alle arrivierten SVP-Politiker hinter sich gelassen. Messner wird hinter Kompatscher auf dem zweiten Platz der SVP-Vorzugsstimmen landen.
    Erst danach kommt Philipp Achammer. Der SVP-Obmann verliert die meisten Vorzugsstimmen und wird sein persönlichen Stimmenergebnis halbieren. Hinter Achammer dann zwei weitere Newcomer: Peter Brunner und Rosmarie Pamer.  

  • ueinsteiger Rosmarie Pamer: Meistgewählte Frau auf der SVP-Liste. Foto: privat

    Pamer könnte auf der Zielgeraden zwar noch von Daniel Alfreider überholt werden, doch sie dürfte die meistgewählte Frau auf der SVP-Liste bleiben. Erst hinter Alfreider folgt die amtierende Landeshauptmannstellvertreterin Waltraud Deeg. Auch sie muss große Stimmenverluste hinnehmen. 
    Gleich hinter Deeg dann der nächste Neueinsteiger: Luis Walcher. Der Bozner Vizebürgermeister hat sogar Landesrat Arnold Schuler und Franz Locher hinter sich gelassen. Schuler verliert ebenso wie Achammer und Kompatscher einen beträchtlichen Teil seiner Vorzugsstimmen. Am Ende werden es rund 11.000 Stimmen weniger sein.

    Landesrätin Maria Hochgruber-Kuenzer wird wohl kaum mehr dem neuen Landtag angehören.

  • Um die verbliebenen Plätze in der SVP-Fraktion kämpfen derzeit noch  Josef Noggler, Magdalena Amhof, Gabrielle Morandell und Harald Stauder. Die amtierenden Landtagsabgeordneten Helmuth Renzler, Manfred Vallazza und Helmut Tauber werden mit großen Wahrscheinlichkeit den Einzug in den Landtag nicht mehr schaffen. 
    Noch dramatischer abgestürzt ist Maria Hochgruber-Kuenzer. Die amtierende Landesrätin wird wohl kaum mehr dem neuen Landtag angehören.

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Thomas Unterwinkler Mo., 23.10.2023 - 03:06

Mein vorläufiges Fazit:
- SVP-Verluste erwartbar, einerseits aufgrund des (europaweit feststellbaren) Trends, Regierungsparteien in der derzeitigen Krisensituation abzustrafen, andererseits aufgrund der parteiinternen Streitigkeiten und der Widmann-Abspaltung;
- Vorzugsstimmenverteilung innerhalb der SVP stärkt den LH;
- deutschsprachige Rechtspopulisten im Aufwind, aber aufgrund der Zersplitterung wahrscheinlich kein nennenswerter Einfluss;
- Stimmen von der Lega zu den FdI aufgrund der gesamtstaatlichen Stimmungslage keine Überraschung; insgesamt kein überragendes Ergebnis der italienischen Rechtsparteien;
- es zeichnet sich eine sehr komplizierte Regierungsbildung ab;
- Prognose: bei den nächsten Landtagswahlen werden Widmann, JWA und Vita entweder nicht mehr antreten oder den Einzug in den Landtag nicht mehr schaffen.

Mo., 23.10.2023 - 03:06 Permalink
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Josef Fulterer Mo., 23.10.2023 - 07:06

Die Klungelei von Achammer mit dem Widmann 2018, die schwächliche Besetzung mehrerer Landesregierungs-Posten und die Partei-internen Rempeleien, haben der SVP die vorher-sehbaren + "reichlich verdienten Verluste eingebracht."

Mo., 23.10.2023 - 07:06 Permalink
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△rtim post Mo., 23.10.2023 - 10:09

Das ist wohl nicht nur eine klare Zurückweisung der Infamie aus Arroganz und Gier, sondern auch eine Absage der Normalisierung und Anschlussfähigkeit mit den national-rechtsextremen Brüdern Italiens.
Mit 13 Mandaten kann die SVP in Dankbarkeit eigentlich geschlossen demütig knieend nach Maria Weißenstein wallfahren.
Realistisch ist: Kompatschers neue Regierung wird im Kotau gegenüber Meloni mutmaßich wohl aus SVP (13) den national-rechtsextremen Brüdern Italiens (2), Lega (1), [evt.Civica (1)] und Freiheitliche (2) bestehen. Die Liste Widmann (1) hat da dann wohl eher die Funktion, die Regierung von außen zu unterstützen indem sie z.B. Widmann zum (Vize-) Landtagspräsidenten macht.

Mo., 23.10.2023 - 10:09 Permalink
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Stereo Typ Mo., 23.10.2023 - 11:31

Erdrutsch gilt nicht für Kompatscher. Er hat recht gut abgeschnitten. Er hat bei weitem die meisten Stimmen bekommen. Und einige seiner Leute in den Landtag gebracht. Seriosität und Ausgeglichenheit zahlen sich also doch noch aus.

Mo., 23.10.2023 - 11:31 Permalink
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Franz Ladinser Mo., 23.10.2023 - 14:14

Ein Wahlausgang der mich persönlich freut. Hochmut und Freundschaftsdienste der SVP-Mandatare wurden Abgestraft. Ich hoffe, dass ungeliebte Projekte wie die westliche Einfahrt von Innichen ins Wanken geraten - oder - die nächsten Wahlen kommen bestimmt.

Mo., 23.10.2023 - 14:14 Permalink
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Factum Est Mo., 23.10.2023 - 22:17

Man hat und wird weiterhin einen Achammer von Demut und nicht zwangsläufig am Amt des Parteiobmann kleben. Stimmt ist auch kein monetäres. Er hat aber bereits seit Jahren entdeckt dass in der Politik das Gehalt sehr gut ist, sowie man Kontakte knüpfen kann die Ihm weitere Wge offen stehen. Soll heissen: Philipp mach dich vom Acker.

Mo., 23.10.2023 - 22:17 Permalink