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Gesellschaft | kalašnikov&valeriana

Frauenrechte im Landtag

„Popcorn raus-Diwanien-Comedy-Serie anschauen“, „Auswanderfantasien“ oder „Zorn-Tatendrang“?
  • Seit den Landtagswahlen schwanke ich hin und her zwischen „Popcorn raus-Diwanien-Comedy-Serie anschauen“, „Auswanderfantasien“ und „Zorn-Tatendrang“. Ich gebe zu, die zwei letzten Gemütszustände dominieren. Der sich abzeichnende Rechtsruck wurde schon von zig Fachleuten beschrieben, da mag sich die kürzlich veröffentlichte Regierungserklärung noch so beschwichtigend lesen, aber „il lupo perde il pelo ma non il vizio“. Was bedeutet das hinsichtlich der Frauenrechte und im weiteren Sinne für eine gerechtere Gesellschaft? 

    Immerhin sitzen in diesem neuen Landtag Menschen wie Jürgen Wirth Anderlan. Ihm steht in Kürze eine Gerichtsverhandlung bevor, weil er in einem Social-Post die Landtagspräsidentin Rita Mattei auf ihre Frisur reduziert und beleidigt hat. Hätte er dasselbe mit einem der Landtagsabgeordneten gemacht? Tatsache ist, er hat es nicht. Und wie Brigitte Foppa es nicht besser zum Ausdruck bringen konnte: „Wer mit Frisuren argumentiert, hat keine politischen Argumente“. Sie hat wahrhaftig ausreichend Erfahrung mit der Abwertung von Frauen in der Politik aufgrund von Äußerlichkeiten und auch mit sexualisierten Kommentaren.

    Nah bei Wirth Anderlan sitzt Ulli Mair, nun auch im Landtag. Erinnert ihr euch an den Beschlussantrag der Freiheitlichen von 2021? Titel: Generisches Maskulinum als Richtschnur für die öffentliche Verwaltung. Ziel: im Kampf gegen die „Genderideologie“ die Entscheidung von 2016 rückgängig zu machen, Frauen in amtlichen Schreiben ausdrücklich anzusprechen, also eine geschlechtergerechte Sprache zu verwenden. Geht’s noch mittelalterlicher?

    Immerhin sind die zwei in guter Gesellschaft von zahlreichen Vertreter:innen der SVP, die 2020 gegen einen Beschlussantrag der Grünen zur Präventionsarbeit in den Schulen gegen Gewalt an Frauen gewählt haben. Da sind unter anderem Waltraud Deeg, Philipp Achhammer, Daniel Alfreider, Arnold Schuler, Magdalena Amhof. Und natürlich Franz Locher, bekannt für seine sexistischen „Ausrutscher“ im Landtag. Der Landehauptmann hat an jener Abstimmung, übrigens, gar nicht erst teilgenommen. Die Genannten stehen nicht alleine da: Wie viele Politiker:innen äußern sich öffentlich zwar gegen Gewalt an Frauen und stimmen im Anschluss gegen konkrete Maßnahmen in dem Bereich?

    Die restlichen Koalitionspartner zeichnen sich auch nicht gerade durch eine progressive Weltanschauung aus. Da wäre die Lega: Vor gerade mal einem Jahr sollte Giuliano Vettorato als Landeshauptmannstellvertreter an einer umstrittenen Tagung zur „natürlichen Familie” teilnehmen. Bereit dazu, sein Amt zu instrumentalisieren und unter dem Titel „Wird man noch Mama und Papa sagen dürfen?” die frauenfeindliche Organisation Pro Vita zu unterstützen. Wie wird sich der neue Landtagsabgeordnete da positionieren?

    Und dann sind da noch die Fratelli: Ach so wichtig für unsere Autonomie, weil an der Regierung in Rom, sorgen sie auf nationaler Ebene immer wieder für Bauchweh. „Dobbiamo aiutare le istituzioni, il Vaticano, le associazioni, la maternità a diventare di nuovo cool. Dobbiamo fare sì che le ragazze di 18/20 anni vogliano sposarsi e vogliano mettere al mondo una famiglia”, meinte kürzlich die Parlamentarierin Lavinia Mennuni. Auch die größte sorella ließ in den letzten Tagen die Mutterschaft hochleben und unterstrich die Vereinbarkeit von Karriere und Familie, während sie nebenbei beim Haushaltsgesetz sämtliche steuerrechtlichen Begünstigungen für Unternehmen, die Frauen anstellen, gestrichen hat. Die Rolle der Frauen in unserer Gesellschaft ist für die Fratelli eine rein biologische und im stereotypen Sinne des „Dio, Patria e famiglia”, auch bei den Vertreter:innen in Südtirol. 

    Einzeln genommen sind die vielen recht unspektakulär daherkommenden Äußerungen unserer Politiker:innen einfach nur peinlich und zum Fremdschämen. Als Ganzes betrachtet, zeugen sie von Hinterhalt, Rückwärtsgewandtheit und Backlash, ja Regression (auch) im Bereich der Frauenrechte - eine Tendenz, die sich schon seit einigen Jahren abzeichnet, immer diffuser wird und bereits konkrete misogyne Auswirkungen auf unser aller Alltag hat. 

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Salto User
nobody Mo., 15.01.2024 - 20:11

Frauenrechte fangen beim Gehalt an und hören bei der Rente auf. Das ganze Blabla nützt nichts, wenn die Kasse nicht stimmt. Geschwätz von den Frauen, die sich gut versorgt haben. Der Entgelt ist auch Zeichen von Respekt. Frauen werden vom Staat zu wenig unterstützt. Das sind die wirklichen Themen, der Rest ist billiges Blabla, lenkt nur vom Wesentlichen ab. Wenn die Kohle stimmt, dann erst sollten die weniger wichtigen Dinge angegangen werden. Vom Gendern kann niemand satt werden und sich eine gerechte Rente erwarten.

Mo., 15.01.2024 - 20:11 Permalink