Politik | Meran

„Von den Grünen aufgewiegelt“

Haben die Meraner Grünen dazu beigetragen, dass gegen das Wohnbau-Projekt in der 1. Mai-Straße Rekurs eingereicht wird? So lautet zumindest der Vorwurf seitens der SVP.
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Foto: Grüne / Liste Rösch
  • Der Vorwurf, den der SVP-Gemeinderat Reinhard Bauer auf seiner Facebook- und Instagram-Seite gegen die Meraner Grünen erhebt, ist harter Tobak: Aufwiegelei und Verbreitung von Fake News. 

  • SVP-Gemeinderat Reinhard Bauer: „Ärgerlich ist, dass einige Personen in der Zone wohl von den Meraner Grünen aufgewiegelt wurden." Foto: Reinhard Bauer

    So schreibt der Kommunal-Politiker in seiner Stellungnahme: „Es ist bedauerlich, dass es scheinbar normal ist, Einzelinteressen über das Gemeinwohl zu stellen!“ Mit einem Rekurs wurde ein Bauprojekt angefochten, mit welchem Familien sowie Senioren leistbarer Wohnraum zur Verfügung gestellt hätte werden können. Diese seien nun jedoch die Leidtragenden. „Ärgerlich ist, dass einige Personen in der Zone wohl von den Meraner Grünen aufgewiegelt wurden. Es wurden vermeintliche ‚Bürgerbeteiligungsaktionen‘ in Bars organisiert, um teilweise Fake News zu verbreiten und um gegen die Stadtregierung zu wettern. Dabei wurden falsche Behauptungen aufgestellt. Wie die Planung einer „Autobahn“ als Ringstraße oder eine übermäßige Steigerung der Baudichte. Das leistbare Wohnen, die zwei Wohnbaugenossenschaften und die 40 Seniorenwohnungen wurden verschwiegen“, so Bauer.

  • Doch was hat den SVP-Gemeinderat so in Rage versetzt? Zur Vorgeschichte: Am 16. Mai des vergangenen Jahres hat die Stadtregierung von Meran einige Änderungen am Flächenwidmungsplan im Bereich der 1. Mai-Straße beschlossen. Geplant war, das 4.600 Quadratmeter große Areal in der 1.-Mai-Straße, das sich im Besitz der Gemeinde befindet, zu verkaufen, um es zu sanieren, aufzuwerten und neue Wohnungen für Familien und ältere Menschen zu bauen. Damit wollte man der wachsenden Nachfrage nach leistbarem Wohnraum nachkommen. 

  • 37 Einwände

    Die Bauleitplanänderung sorgte in der Folge bei einigen Anrainern für Bedenken sodass 37 Einwände eingingen, unter anderem auch von der Grünen Landtagsabgeordneten Madeleine Rohrer, die zu dieser Zeit für die Grünen/Liste Rösch im Meraner Gemeinderat saß. Die Einwände sind ein Konglomerat an Ängsten und Befürchten, die von einer Zunahme der Verkehrs- und Lärmbelästigung bis hin zu einer Befürchtung vor einer „zunehmenden Ghettoisierung der Zone, die bereits aufgrund der Nomaden spürbar ist“ reichen. Insbesondere den Bewohnern des Kondominiums „La Pace“, die schließlich Rekurs gegen das Vorhaben eingereicht haben, dürfte die geplante Enteignung von rund 50 Quadratmeter ihres Gartens sauer aufgestoßen sein, welcher zugunsten der Straße geopfert werden müsste. Obwohl es im darauffolgenden Juni zu einem Treffen zwischen dem Stadtrat und Vertretern des Stadtviertelkomitees gekommen ist, ist es offenbar nicht gelungen, bestehende Zweifel aus dem Weg zu räumen. Denn was den Gesprächsaustausch betrifft, waren die Grünen offenbar schneller und auch wirksamer. 

  • Das Bauprojekt sieht eine Partnerschaft zwischen öffentlichen und privaten Einrichtungen vor. Dafür möchte die Gemeinde das Grundstück mit zugehöriger Kubatur - allerdings ohne jenen Teil, der den Genossenschaften vorbehalten ist - an ein Unternehmen verkaufen, das die Bauarbeiten übernehmen soll. Auf dem Gelände könnten drei bis vier Gebäude mit insgesamt 80 Wohnungen entstehen: Eines oder zwei für ältere Menschen, eines für Wohnungsbaugenossenschaften und eines für den freien Markt mit preisgebundenen Wohnungen. Der Index der Baumassendichte wurde von 3,5 auf 5 Kubikmeter pro Quadratmeter erhöht, um landwirtschaftliche Grünflächen vor zukünftigen Umwidmungen zu bewahren. Um das Verkehrsnetz im Viertel Maria Himmelfahrt zu verbessern, sollte zudem eine Verbindungsstraße zwischen der 1. Mai-Straße und Postgranzstraße gebaut werden. Diese sollte über eine Trasse führen, die bereits zu 90 Prozent der Gemeinde gehört. Wie es in einer Pressemitteilung seitens der Stadtregierung seinerzeit heiß, sollte der Durchführungsplan unter Beteiligung der Anwohner erstellt werden. 

    Foto: Gemeinde Meran
  • Julia Dalsant, Faktionssprecherin der Grünen im Meraner Gemeinderat: „Die Bevölkerung zu informieren, wäre eigentlich die Aufgabe des Stadtrates gewesen – vor allem, wenn es um Enteignungen geht.“ Foto: Grüne / Liste Rösch

    Wie Fraktionssprecherin der Grünen, Julia Dalsant, auf Nachfrage von SALTO erklärt, habe man sich zehn Tage nach Veröffentlichung des Beschlusses zur Flächenumwidmung an die Anrainer bzw. das Stadtviertelkomitee Maria Himmelfahrt gewandt und erfahren, dass diese von den geplanten Änderungen nicht informiert worden waren. So luden sie Ende Mai 2023 die Interessierten zu einem Austausch in einer Bar im Maria Himmelfahrt-Viertel ein. „Die Bevölkerung zu informieren, wäre eigentlich die Aufgabe des Stadtrates gewesen – vor allem, wenn es um Enteignungen geht“, meint Dalsant. Das Problem habe im Wesentlichen darin bestanden, dass die Stadtregierung vorab die Anrainer nicht einbezogen habe, denn diese hätten nichts gegen die Aufwertung dieser Zone und die Errichtung von neuen Wohnungen – ganz im Gegenteil würden sich viele wünschen, dass neue Wohneinheiten entstehen, zumal diese Pläne bereits seit Längerem in der Schublade liegen. „Die Situation wäre nicht derart eskaliert, hätte man es geschafft, die Anrainer mitzunehmen bzw. ihnen zu erklären, was und weshalb es gebaut wird“, ist Dalsant überzeugt und erklärt, dass dies nach der Standseilbahn ein weiteres Beispiel dafür sei, was passiere, wenn man die Bedenken der Menschen nicht ernst nimmt. 

     

    „Die Situation wäre nicht derart eskaliert, hätte man es geschafft, die Anrainer mitzunehmen bzw. ihnen zu erklären, was und weshalb es gebaut wird.“

     

    Was den Vorwurf seitens des SVP-Gemeinderates Reinhard Bauer betrifft, man habe Fake News verbreitet, so betont Dalsant, dass niemand vom Bau einer Autobahn gesprochen habe. Zudem habe man die Bevölkerung nicht aufgewiegelt, sondern im Gegenteil, die Arbeit der Stadtregierung übernommen und die dort lebenden Menschen in einer Bürgerversammlung informiert. „Die Leute waren dankbar, dass ihnen jemand erklärt hat, was geplant ist“, so Dalsant. Insofern seien diese Vorwürfe lächerlich, „besser wäre es, wenn man die Menschen nicht für dumm verkaufen würde!“ Nun wird sich jedoch das Gericht mit dem Projekt befassen müssen, was zu erheblichen Verzögerungen führen wird.