Wirtschaft | Milchwirtschaft

„Niemand ausgeschlossen“

Vor 5 Jahren haben sich die Südtiroler Sennereien mit der flächenbezogenen Milchwirtschaft zur Nachhaltigkeit bekannt. Offenbar mit Erfolg, denn in Sterzing ist die Milchmenge sogar gestiegen.
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Foto: Salto.bz
  • Im Jahr 2018 haben die Südtiroler Milchgenossenschaften eine Neu-Ausrichtung vorgenommen und auf die flächenbezogene Milchwirtschaft umgestellt. Mit dieser Entscheidung wurde die Zahl der Großvieheinheiten an die Fläche gebunden, die vom jeweiligen Betrieb bewirtschaftet wird. Unterstützung fanden die Milchgenossenschaften in der Politik. Arnold Schuler, seinerzeit Landesrat für Land- und Forstwirtschaft, sah die Hinwendung zur Qualität und dem Bekenntnis zur praktizierten Nachhaltigkeit und einer optimierten Kreislaufwirtschaft als einzig gangbaren Weg. Die in der Werbung erzählten „Geschichten“ müssten wahr, einzigartig und authentisch sein, um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Somit habe man sich bei der Neu-Ausrichtung der Milchwirtschaft vor allem an den Konsumentenwünschen orientiert. Doch was bedeutete das konkret für den Bauern bzw. das Genossenschaftsmitglied? Großviehbetriebe, die mehr Tiere hatten als verfügbare Flächen, mussten entweder den Viehbestand abbauen oder Flächen dazupachten bzw. kaufen. Als Berechnungsbasis verwenden die Milchgenossenschaften die Richtlinie des Landes über den zulässigen GVE-Besatz, der für den Gewässerschutz und für einige Förderbeihilfen zum Tragen kommen. Konkret bedeutet das, dass bis inklusive 1.250 Höhenmeter maximal 2,5 Großvieheinheiten (GVE) pro Hektar Netto-Futterfläche erlaubt sind, über 1.250 m bis inklusive 1.500 m 2,2 GVE, über 1.500 m bis inklusive 1.800 m 2 GVE und über 1.800 m 1,8 GVE. 

  • Arnold Schuler: Der ehemalige Landesrat für Landwirtschaft ist ein großer Verfechter der flächenbezogenen Milchwirtschaft. Die in der Werbung erzählten Geschichten müssten wahr, einzigartig und authentisch sein, um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Foto: Asp
  • „Sämtliche Mitglieder haben sich angepasst“

    Für den Fall, dass der GVE-Besatz pro Hektar überschritten wird, sollten Vertragsstrafen in Kraft treten, die jeder Milchhof nach seinem Ermessen festsetzen konnte. Im Falle des Milchhofes Sterzing wurde noch ein weiterer Passus in das Statut aufgenommen, und zwar sollten nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren jene ausgeschlossen werden, die sich nicht in Ordnung bringen wollten oder konnten. Wie berichtet, sind einige Mitglieder vor rund eineinhalb Jahren freiwillig ausgetreten und liefern seitdem ihre Milch in den oberitalienischen Raum. Der Ausschluss eines Mitgliedes ist bis dato allerdings nicht notwendig geworden, wie Rainer Marschall, Geschäftsführer des Milchhofes Sterzing, auf Nachfrage von SALTO erklärt und betont: „Sämtliche Mitglieder unserer Genossenschaft haben sich der Regelung angepasst – somit musste niemand ausgeschlossen werden.“ Regelmäßig würden Kontrollen durchgeführt und bisher habe man keine Abweichungen feststellen können. Ob nun der Viehbestand verkleinert wird oder Felder hinzugekauft bzw. hinzugepachtet werden, liege im Verantwortungsbereich der Betriebsinhaber. 

     

     „Die Genossenschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine bestmögliche Wertschöpfung zu erzielen, die dazu dient, unsere schöne Landschaft und unsere Berglandwirtschaft zu erhalten.“

     

    Zu einem Abbau des Viehbestandes ist es aber offenbar nicht gekommen, denn wie Marschall erklärt, steigen die Milchanlieferungen seit einigen Monaten an. Insofern habe die Einführung der flächenbezogenen Milchwirtschaft keine Nachteile gebracht, sondern im Gegenteil, habe man dadurch das Markenversprechen – auf eine extensive und schonende Form der Berglandwirtschaft zu setzen – mehr als erfüllen können. „Die Genossenschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine bestmögliche Wertschöpfung zu erzielen, die dazu dient, unsere schöne Landschaft und unsere Berglandwirtschaft zu erhalten“, so Marschall. Vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitsthematik liege man damit absolut im Trend. Auch die Stimmung unter den Mitgliedern sei sehr positiv, was wohl auch daran liegt, dass heuer – so wie auch bei allen anderen Sennereien – gute Milchauszahlungspreise ausgeschüttet werden können. 

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Ludwig Gruber Mi., 06.03.2024 - 10:03

Fachlich betrachtet hat es einen Grund, warum bei Biobetrieben max 2,0 GVE (Großvieheinheiten) pro Hektar erlaubt sind. Die so anfallende Düngermenge wirkt durchschnittlich halbwegs stimmig auf die nachhaltige Ertragskraft der Futterfläche und entspricht den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft.
2,5 GVE ist eh schon eine großzügig gesetzte Grenze, die einen wesentlichen Zukauf von Kraftfuttermitteln und damit hohe Milchleistungen ermöglicht.
Diese Kraftfuttermittel sind natürlich nur bestenfalls aus europäischer Intensivlandwirtschaft (mit Glyphosat & Co).

Mi., 06.03.2024 - 10:03 Permalink
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Günther Stocker Mi., 06.03.2024 - 10:15

Die Milchmenge steigt in den letzten Monaten - hoffentlich auch der Auszahlungspreis.

Wir haben hier wieder ein gutes Beispiel dass es mehr Mut zu grossen Veränderungen braucht.

Wie viel Milch wird eigentlich aus dem Zukauf von Futter - "Kraftfutter" erzeugt?

Mi., 06.03.2024 - 10:15 Permalink