Politik | Neue Rechte

Rechte Einladung nach Südtirol

Jürgen Wirth Anderlan und zwei Mitstreiter treffen in Wien den Rechtsextremisten und Kopf der identitären Bewegung Martin Sellner. Er soll nach Südtirol kommen.
Rechte
Foto: Facebook
  • Sie stehen da wie alte Freunde. Links Martin Sellner, daneben Jürgen Wirth Anderlan. Flankiert von zwei jungen Kandidaten und Aktivisten der Liste JWA. Neben Sellner steht Martin Scheiber. Der junge St. Lorenzener Schütze war lange Zeit für die Südtiroler Freiheit politisch aktiv, doch vor den Landtagswahlen wechselte er zur Liste JWA. 
    Rechts außen steht Daniel Rella. Der Traminer Kaminkehrer kandidierte bei den Landtagswahlen 2023 auf dem vierten Listenplatz der Anderlan-Liste. Er ist es dann auch, der das Foto am Samstag auf seine Facebook-Seite stellte.
    Unter dem sarkastischen Text: „Ge-heim-Treffen in Wien mit Martin Sellner“ ist das Südtiroler Trio mit dem derzeit wohl umstrittensten Rechtsextremen Österreichs zu sehen. Ein Lächeln im Gesicht, so als wäre es ein Treffen unter alten Freunden.
    Jürgen Wirth Anderlan bestätigt gegenüber SALTO das Treffen. „Martin ist ein sehr interessanter Typ“, sagt der Landtagabgeordnete, „wir haben uns zu verschiedenen Themen ausgetauscht
    Und dann lässt Anderlan die politische Bombe platzen: „Er wird demnächst nach Südtirol kommen“.

  • Facebook-Post von Daniel Rella: Wiener Treffen mit Martin Sellner. Foto: Facebook
  • Kopf der Neuen Rechten

    Martin Sellner braucht wahrscheinlich nicht mehr vorgestellt werden. Der 35jährige Wiener war von 2015 bis 2023 der Sprecher der Identitären Bewegung Österreich und er gilt inzwischen als Galionsfigur der Neuen Rechten im gesamten deutschen Sprachraum. 
    In der österreichischen Neonazi-Szene großgeworden, vom Holocaustleugner Gottfried Küssel protegiert, wird Sellner 2006 erstmals polizeilich aktenkundig, weil er Hakenkreuz-Aufkleber an der Synagoge in seiner niederösterreichischen Heimatstadt Baden anbringt. Als Philosophie- und Jusstudent wird Sellner nicht nur Mitglied der schlagenden Wiener Burschenschaft Olympia sondern vor allem zum Gründer und Sprecher der Identitären Bewegung Österreichs (IBÖ). 
    Weil Ermittlungen ergaben, dass Sellner eine Spende des Christchurch-Attentäters Brenton Tarrant angenommen und diesen nach Wien eingeladen hatte, verhängten sowohl die britischen Behörden gegen ihn 2018 ein Einreiseverbot nach Großbritannien wie ein Jahr später auch die US-Behörden für die Vereinigten Staaten. In Österreich wurde Sellner wegen Terrorunterstützung, Verhetzung und der Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt. Verurteilt wurde er in den vergangenen Jahren aber nicht. 

  • Martin Sellner, Galionsfigur der Neuen Rechten: Soll demnächst nach Südtirol kommen. Foto: ZDF
  • In Deutschland wird derzeit ein Einreiseverbot gegen Martin Sellner öffentlich diskutiert. Der Anlass war das Treffen deutscher Rechter Ende November in einer Villa in Potsdam. Dort trat Martin Sellner als einer der Hauptredner auf und stellte seinen „Masterplan zur Remigration“ vor. Konkret: Die Vertreibung von Ausländern oder deutschen Staatsbürgern mit ausländischen Wurzeln.

  • Anderlans Remigration

    Genau das dürfte dann auch eines der Themen sein, in der sich die rechte Gedankenwelt Sellners und der JWA-Anhänger treffen. Erst vor einigen Wochen hat Jürgen Wirth Anderlan auf Facebook einen Beitrag zu diesem Thema gepostet.  

    „R E M I G R A T I O N, aber richtig! 
    Jährlich verlassen tausende Südtiroler unser Land, tausende Ausländer wandern ein. Während unsere eigenen Fachkräfte gehen, kommen unterqualifizierte Migranten, Kriminelle und Arbeitslose. Unser Sozialsystem blutet aus, unsere HEIMAT wird täglich FREMDER.
    Stoppen wir diese negative Entwicklung: Südtiroler heimholen, Ausländer rückführen!”

    Auch zu den verstärkten Militärstreifen kommentiert die Liste JWA:

    NEIN zum Militär in unseren Städten! REMIGRATION statt ÜBERWACHUNGS-STAAT!“

  • Anderlans Remigration: Nachhilfeunterricht beim Vater der Idee? Foto: JWA
  • Auffallend aber ist, dass der Kalterer Landtagsabgeordnete bisher das Treffen mit Martin Sellner lieber verschwiegen hat.
    Dafür postet Anderlan vor zwei Tagen einen kurzen Ausschnitt aus einer Rede, die er in Wien gehalten hat. Dazu den Text:

    „GEHEIMTREFFEN in Wien.  Gestern sprach Jürgen Wirth Anderlan in Wien vor Historikern, ORF-Korrespondenten und Chefredakteuren namhafter deutscher Zeitungen über Südtirol.”.

    Es war ein Vortrag über Südtirol, den Anderlan in einer von Ronald Schwarzer organisierten Donnerstags-Vortragsreihe in der Sala Terrena im Ferdinandihof gehalten hat.
    Am nächsten Abend haben wird uns dann mit Martin Sellner getroffen“, bestätigt Jürgen Wirth Anderlan auf Nachfrage.
    Berührungsängste mit dem Rechtsaußen gibt es keine. Ganz im Gegenteil. Martin Sellner wird für die Liste JWA demnächst nach Südirol kommen.
    Dann ist Rechtskunde angesagt.