Umwelt | Verkehr

Durchgehend 30 Km/h in Bozen?

Im Gespräch mit Herrn Alois Burger, Konsumentenvertreter der CGIL, besprechen wir das Thema einer durchgehenden 30er Zone für Bozen.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Verkehr am Bozner Verdiplatz
Foto: Seehauserfoto
  • SALTO: In Bologna wurde in den meisten Straßen eine 30 Km/h Obergrenze eingeführt. Wissen Sie darüber genaueres?

    Alois Burger: Von Bologna darf man sich nicht allzu viel erwarten. Es ist kurz in Kraft getreten, aber durch ein Ministerialdekret der Lega wurde verfügt, dass diese Obergrenze nicht durchgeführt wird. In Rovereto gibt es seit Jahren schon die 30 Km/h. Da beschwert sich kein Mensch. Man müsste sich vergleichsweise die Statistiken anschauen, was das für Verkehrsunfälle und/oder Verletzte bedeutet. Leider bin ich noch zu keinen genaueren Daten oder Statistiken von Rovereto gekommen. 


    Was halten Sie von der Begrenzung auf 30 Km/h in der Stadt Bozen?

    In Bozen ist die Situation so. Ich habe mit mehreren Politikern und Polizisten gesprochen. In Bozen gibt es drei verschiedene Geschwindigkeitslimits. Mit 30, 40 oder 50 Km/h. Das ist meines Erachtens schon prinzipiell ein Fehler. Im Auto muss man, was die Limits angeht schon aufpassen und sich konzentrieren. Fährt man zu schnell oder zu langsam und früher oder später heißt es Strafe zahlen, weil man einmal nicht aufgepasst hat. Ganz zu schweigen vom Verkehr um einen herum. Eine allgemeine Verkehrseinschränkung zur Sicherheit der Bürger und der Verkehrsteilnehmer wäre die sinnvollste Lösung meines Erachtens, ansonsten sind wir aufgeschmissen.
     

    In Bologna war die Rede davon, dieses Limit hauptsächlich in Zonen mit Schulen, Kindergärten oder ähnlichem einzuführen. Wie stellen Sie sich das vor?

    Eines sind die Umwelteinflüsse und eines die allgemeine Sicherheit. Aber wenn wir beide Probleme in einer Handlung angehen möchten, dann wäre die allgemeine 30er Zone bestimmt ein guter Ansatz.

  • Alois Burger: CGIL Konsumentenvertreter Foto: CGIL

    Welche Vor- und Nachteile sehen Sie bei diesem Vorhaben?

    Die Vorteile sind ganz klar. Je höher die Geschwindigkeit, desto höher das Risiko. Das ist eine einfache Milchmädchenrechnung. Je schneller gefahren wird, umso schneller passieren Unfälle und somit auch Schäden und Kosten auf körperlicher und materieller Ebene. Auch die Versicherungen sichern sich durch immer höher werdende Polizzen ab, wenn Verkehrsunfälle und Sachschäden zunehmen.

     

    Sie sehen also nur Vorteile für die Obergrenze 30 Km/h?

    Es gibt nur Vorteile! Nachteile gibt es keine, da auch die Teilnehmer im Straßenverkehr so in realistischer Zeit an ihr Ziel gelangen, sich nicht unnötig stressen und andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr bringen.

     

    Welche Veränderungen müssten dafür in Bozen vorgenommen werden?

    Ganz einfach. Die CGIL hat zwar noch nicht entschieden, ob wir als Gewerkschaftsbund dieses Vorhaben offiziell unterstützen, aber wenn wir uns die Daten der Statistiken anschauen, wie viele Verkehrsunfälle und zugehörige Verletzte in den letzten 10 Jahren NUR in der Gemeinde Bozen stattgefunden haben, dann stehen einem die Haare zu Berge. Jeder normale Mensch müsste mir zustimmen, dass wir so etwas nicht akzeptieren dürfen. Logisch, jeder der für die absolute Freiheit ist, wird diese Erkenntnis nicht haben. Aber es wäre ein Schritt in die richtige Richtung.
     

    Welche Schritte müssten dafür eingeleitet werden?

    Bozen könnte eine relativ verkehrsberuhigte Stadt werden, mit relativ wenig Unfällen. Das wäre meine Vorstellung. Denn so wie es bisher geht, soll und kann es nicht weitergehen. Letztes Jahr um diese Zeit war ich auf der Galileo-Galilei-Straße unterwegs und bin den Radweg entlanggefahren und der Verkehr kam mir entgegen. Ein Lieferauto ist mit Vollgas auf eine Lichtsäule, vor meiner Nase gefahren und der 10 Meter hohe Masten ist vor mir auf den Radweg gekracht. Wenn ich eine Minute früher dort gewesen wäre, würden wir das Interview hier nicht führen. Und er hatte einen Totalschaden. Es ist heute nicht mehr möglich diese grenzenlose Freiheit der Geschwindigkeit auf der Straße zuzulassen, da es zu viele Risikofaktoren für alle Beteiligten gibt. Wir müssen auf langer Sicht darauf aus sein, eine verkehrsberuhigte Gemeinde Bozen zu entwickeln. Im besten Fall ein verkehrsberuhigtes Südtirol, damit wir die Unfälle, Verletzte und Todesfälle minimieren können. Aktuell werden in Südtirol 700 Personen pro Tag eingeliefert. Nicht nur aus dem Verkehr, aber trotzdem ist das eine beträchtliche Anzahl.


    Wie glauben Sie wird es mit diesem Vorhaben weitergehen?

    Leider denke ich, dass die politische Mehrheit fehlt und alles so weiter geht wie bisher. Das ist mein Eindruck. Wenn einzelne Leute sich nicht auf die Hinterfüße stellen und den wahren Problemen ins Gesicht blicken und Lösungsansätze finden und umsetzen, dann sehe ich schwarz. Wir hatten in Bozen 2022 1.240 Verkehrsunfälle und davon 640 Verletze in nur einem Jahr, nur in der Stadt Bozen. Wie kann man so etwas akzeptieren? Da müssen konkrete Entscheidungen getroffen werden.

    Es gibt vorläufig keine andere Lösung um die Sicherheit aller in einer Stadt wie Bozen mehr zu gewährleisten als eine durchgehende 30er Zone. Natürlich könnte man dem mit Radarkontrollen nachgehen, aber auch das ist auf allen Straßen einfach nicht möglich. Man muss die Bürger soweit bringen, dass sie selbst verstehen, dass es nicht anders geht, wenn wir unser Sozialsystem halbwegs aufrecht erhalten wollen.


    Gibt es Ansätze um die Bevölkerung darüber aufzuklären und um Missmut entgegenzuwirken?

    Es liegt an der Bewusstseinsbildung jedes einzelnen Stadtbürgers. Wenn die Mehrheit der Gemeindeväter und Stadtbürger mit dieser Idee einverstanden ist und ihre Vorteile, also weniger Verkehrsunfälle, Verletzte oder Tote erkennen, dann werden wir uns auch entsprechend verhalten. Wenn wir als Gesellschaft die absolute Freiheit wollen, dann werden wir sehen wo und das hinbringt.


    Könnte man Maßnahmen ergreifen, um richtig aufzuklären?

    Das ist vor allem Thema der Medien. Wie sie es auslegen und für die Leser und Hörer interpretieren. Die Message muss lauten: Je schneller, desto schlimmer. Risiken und auch nachwirkende Kosten steigen damit und machen in einer Zone wie Bozen einfach keinen Sinn. Alle müssen ihren Beitrag leisten. Die Gemeindepolitiker, die Landespolitiker, die die Entscheidungen treffen, die Konsumenten und die Verkehrsteilnehmer natürlich.