Steuergelder für Filmmillionäre
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Vor Kurzem ließ der Südtiroler Wirtschaftsdienstleister IDM stolz über eine Pressemitteilung vermelden, dass die Fortsetzung des „Klassikers des Action Kinos“ Cliffhanger wiederum in Südtirol gedreht wird. Bereits vor 32 Jahren mussten die Dolomiten als Filmkulisse für den Blockbuster mit Sylvester Stallone in der Titelrolle herhalten. An den Kassen spielte der Streifen mehr als 255 Millionen Dollar ein, das Privatvermögen des Hollywood-Schauspielers, der mit „Rocky“ weltberühmt wurde, wird auf über 375 Millionen Euro geschätzt.
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Südtirol lässt sich den zweiten Teil des Action-Spaßes über die Filmförderung der IDM 400.000 Euro kosten, wie im Vorwort einer Landtagsanfrage von Alex Ploner zu lesen ist. Darin will der Team K-Abgeordnete wissen, welche Strategie die IDM-Filmförderung mit der finanziellen Unterstützung eines Hollywood-Blockbusters wie Cliffhanger 2 verfolgt. „Einerseits bin ich ein Befürworter der Filmförderung und hatte als Event-Dienstleister in der Vergangenheit auch beruflich damit zu tun“, so Ploner. Allerdings müsse man sich die Frage stellen, ob es Sinn mache, dass die IDM ausgerechnet einen Hollywood-Blockbuster à la Cliffhanger 2 fördern will. Zum einen handle es sich nicht um Schauspieler und Produktionen, die gefördert werden müssten, da sie selbst über genügend finanzielle Mittel verfügten, zum anderen sei nicht klar, was man sich von einer derartigen Förderung verspreche. „Haben wir nichts aus der Filmserie ‚Un passo dal cielo‘ gelernt, die enorme Auswirkungen auf den Pragser Wildsee, die Umgebung und die dortigen Bewohner hatte? Brauchen wir diese Werbung – brauchen wir Filmtourismus?“, wird Ploner deutlich und erklärt, dass es seiner Ansicht nach ein Umdenken brauche.
„Haben wir nichts aus der Filmserie ‚Un passo dal cielo‘ gelernt?“
Denn man habe sehr lange gebraucht, um ein Besucher-Management am Pragser Wildsee einzuführen bzw. die Besucherströme in den Griff zu kriegen und auch für die Dolomiten müsse ein solches Reglement wohl angedacht werden. „Weiß man, was man hier tut? Oder klopft man sich zufrieden auf die Schulter, weil man Cliffhanger 2 nach Südtirol geholt hat?“ Auch diese Fragen müsse man sich stellen, so Ploner, denn ob infolge einer derartigen Großproduktion wie beispielsweise beim Film „Everest“ tatsächlich der vielzitierte Südtiroleffekt bzw. Regionaleffekt eintrete, sei fraglich.
Sechs Millionen Euro seien im Haushalt für die Filmförderung vorgesehen, auf der anderen Seite würden lokale Kunstschaffende, Vereine und Veranstalter mit kleinen Häppchen abgespeist, kritisiert Ploner. „Wenn schon geklotzt wird, dann soll es auch in die richtige Richtung gehen, sprich: für junge Südtiroler, die in der Kreativbranche tätig sind“, betont der Team K-Abgeordnete und verlangt von der Landesregierung Auskunft darüber, wie die IDM die Investition von öffentlichen Geldern in die kommerzielle Filmindustrie mit Millionenumsätzen rechtfertigt, anstatt diese in die Förderung der Filmkunst und in kreative junge Südtiroler Talente zu investieren.
Meine Hochachtung Hett…
Meine Hochachtung Hett Ploner, daß Sie sich Zeit nehmen und Mühe geben solchen grotesken Auswüchsen der "Südtiroler Kulturförderung" und überhaupt der großklotzigen,
undifferenzierten Förderungspolitik unseres Landes nachzugehen.
Die Fragen sind mehr als…
Die Fragen sind mehr als berechtigt.
Südtirol hätte bei Gott…
Südtirol hätte bei Gott reichlich eigene Baustellen + sollte der pummelwitzigen IDM bei der Millionärsfütterung etwas genauer auf die Finger sehen.
Bravo Herr Ploner!
Bravo Herr Ploner!
Nur gerechtigkeitshalber…
Nur gerechtigkeitshalber muss hier folgendes hinzugefügt werden:
- Nur weil der Rocky für vielleicht 4 Minuten in den Dolomiten-Klippen herumhängen wird, und das kaum jemand erfahren wird, dürfte sich der Werbeeffekt für "Südtirol" (zum Glück) in Grenzen halten.
- Alle Fördergeldempfänger müssen 150% der erhaltenen Summe wieder in Südtirol ausgeben. Will heißen: Südtirol zahlt in diesem Fall 400.000€ und die Filmproduzenten müssen dann 600.000 in Südtirol ausgeben. Davon profitiert eine inzwischen doch stabile und sehr gewachsene Filmszene (von der Kostümbildnerin, über Fahrer, Kameraleute, Betreuerinnen, bis zum Elektriker und der Schminklady ...) sowie Hotels, Gasthäuser, Catering- und viele andere Dienstleister, Vermieter von Immobilien, Südtiroler Filmproduzenten ... bis zur Tankstelle.
- sofern der Beitrag an "klimaschonend produziert" gekoppelt wäre (ich denke das ist jetzt Voraussetzung ... hoffentlich), wäre das auch ein kleiner Beitrag in die richtige Richtung.
- Filmförderungen gibt es nicht nur in Südtirol, sondern in mittlerweile sehr vielen schönen oder speziellen Regionen in Europas. Jeder Wienerwald- oder Bodensee-Krimi wird von der jeweiligen Region gefördert und gesponsert 😜
- Der "neue" Filmszene Südtirols (also die effektiven Mitarbeiter, Techniker und studierten Kameraleute, Tontechniker, Maskenbildner, Regieassistenten, Produktionssekretäre usw.) erhält sonst kaum bis keine direkten Förderungen. Alle anderen Sektoren (vom Hotelier über den Landwirt bis zum Handwerker ...) kriegt ja ebenfalls Förderungen. Hier funktionierte es eben über Umweg-Verkehr.
- Die meisten Mitarbeiter bei einem Film erhalten übrigens sehr gute Monatslöhne (allerdings für teils 80-Stunden-Wochen) und sind regulär INPS- und INAIL-versichert. Mit Busta-Paga. Also kommt auch dort ein Steuer-Teil wieder "retour". Die anderen Sektoren hausieren ja auch immer mit solch schwindeligen Argumenten 😅 ... also dürfen es die Film-Kreativen auch tun.
- Ich schreib das hier nur, weil sich bisher kein anderer Kommentator in dieser Richtung "ver"tippt hat ... gerechtigkeitshalber.
p.s. ob CLIFHANGER die richtige IDM-Wahl war, steht natürlich auf einem anderen Blattl.
Und ob diese US-Filmemacher (produzieren in der Regel echt sauteuer) vielleicht noch weit mehr als 600.000€ in Südtirol ausgeben, weiß zumindest ich nicht.
Antwort auf Nur gerechtigkeitshalber… von Klemens Riegler
Und dann kann es sein dass…
Und dann kann es sein dass Stallone Europa gar nicht sieht weil die ganzen Szenen von Experten gedoubelt werden weil Silvester ohnehin an Höhenangst leidet.
Aber Unrecht hat er Herr…
Aber Unrecht hat er Herr Ploner nicht wenn er meint, lokale Filmideen müssen sich stärker strecken als auswärtige, allein schon vom bürokratischen Aufwand her, da auch dieser Mehrwert (150%) erzeugt werden will. Ich selber stelle mir manchmal bei Fördergeldern die Frage, wieso man was von Außen nach Innen reinholen will, anstatt das Innen zu fördern und dann nach Außen zu gehen.
Bevor man auf die…
Bevor man auf die Filmförderung schießt, sollte man sich informieren, wie diese eigentlich funktioniert und was ihre Aufgaben sind. Die IDM-Filmcommission ist, wie die meisten anderen öffentlichen Filmförderungen in Europa, als Wirtschaftsinvestition konzipiert. Das Fördergeld dient dazu, dass ein Teil der Produktion am Filmstandort Südtirol hergestellt wird. Laut Gesetz müssen hierzulande 150% der Fördersumme im Land ausgegeben werden, im Jahr 2023 wurde aber tatsächlich über 330% der von der IDM Filmcommission investierten Fördersumme in Südtirol ausgegeben, zuzüglich mehrerer Millionen Euro an Steuerbeiträgen. Das Geld wird also nicht in Sylvester Stallones Taschen fließen, sondern in Honorare und Löhne Südtiroler Filmschaffender, in Dienstleistungen Südtiroler Firmen (darunter filmspezifische Dienstleistungsunternehmen sowie weitere, die Dreharbeiten unterstützende Unternehmen), usw. und schließlich in Form von Steuergeldern in den Wohlstand der Südtiroler Öffentlichkeit.
Mithilfe der Förderung (die wie gesagt eigentlich eine Investition ist!) wird also sichergestellt, dass Menschen und Unternehmen in Südtirol von ihrer hochspezialisierten Arbeit beim Film leben können und letztendlich mit ihrem Fachwissen auch den nativ Südtiroler Filmprojekten zur Verfügung stehen.
Wer die Förderergebnisse der letzten Jahre anschaut, sieht, dass zahlreiche aus Südtirol heraus entstandene Projekte in der Vorbereitung und Umsetzung von der Filmcommission gefördert wurden. Diese müssen dabei den hohen internationalen Produktionsstandards entsprechen.
Vom Filmfund des Landes Bayern erhält "Cliffhanger" übrigens 2 Millionen Euro, weitere Millionen werden möglicherweise aus Österreich kommen, auch hier, wie in Südtirol, um sicherzustellen, dass die dortige Filmindustrie in dieses Projekt involviert wird.
Der von Alex Ploner zitierte Hollywood-Streifen "Everest" wurde teilweise in Südtirol gedreht, allerdings ohne hiesige Förderinvestitionen. Dadurch waren die Produzent*innen frei, Personal und Dienstleistungen von anderswo zu importieren und vergleichsweise deutlich weniger Geld im Land zu lassen. Zu einem Touristenstrom hat dieser Film meines Wissens nicht geführt.
Dass Südtiroler Kunst- und Kulturschaffende von den entsprechenden Stellen auch ohne Regionaleffekt gefördert, sowie vonseiten des Filmfunds in kulturell hochwertige Südtiroler Filmprojekte investiert werden soll, ist klar, dies steht aber nicht im Widerspruch zur besagten Investition.
Georg Zeller - Ko-Präsident des Filmschaffenden-Verbandes FAS
Antwort auf Bevor man auf die… von Georg Zeller
Lassen wir uns nicht vom…
Lassen wir uns nicht vom UMSATZZAHLEN blenden.
330% der Fördersumne wurde also in der Vergangenheit in Südtirol ausgegeben. Im Falle von Cliffhanger (Beitrag 400.000) sind das 400.000x 3.3 =
> 1.320.000 Euro Umsatz.
400.000 / 1.320.000 = 30.3% Förderungen für diesen Umsatz.
Wenn die Filmschaffenden in Südtirol noch auf wackeligen Beinen stehen, werden sie auch kaum Gewinn machen und somit auch kaum Steuern zahlen.
Nehmen wir an, ein Südtiroler Unternehmen erhält einen Auftrag über Euro 1.320.000 und stellt die Waren in Südtirol her. Wenn es nun vom Land auch einen Zuschuss von 30% verlangen würde der Geschäftsführer würde für verrückt erklärt werden.
Über den Umsatz, der in Südtirol mit den Filmen erwirtschaftet wird, lässt sich die Förderung niemals rechtfertigen.
Ich habe kein Problem damit, dass der neue Zweig "Filmschaffende" unterstützt wird. Die 400.000 sind also eine Investition in einen neuen Sektor.
Man kann das neue Business aber nicht auf Dauer mit 30% unterstützen.
Wie wird es aussehen, wenn die Fördermittel reduziert würden oder ganz wegfallen? Hat dann der Sektor in Südtirol eine Zukunft? Wenn man jetzt schon absehen kann, dass das nicht der Fall sein wird, dann ist das Geld sehr schlecht investiert
Antwort auf Lassen wir uns nicht vom… von Johannes Engl
Es geht nicht nur um…
Es geht nicht nur um Umsatzzahlen, sondern auch um Steuereinnahmen fürs Land. Selbst wenn man die niedrigsten Steuersätze anwenden würde (aber es gibt natürlich auch florierende Film-Unternehmer und viel Beschäftigte), käme bei Berechnung von Mehrwertsteuer (zT 10%, zT 22%), Einkommenssteuer, INPS usw auf die effektiven Ausgaben in Südtirol (2023=330% der Fördersumme) unterm Strich ein Plus in den Taschen des Landes heraus. Diese Steuern werden im Laufe des Steuerjahres von den Unternehmen und Arbeitnehmer*innen eingezahlt, während ein Teil der Auszahlung der Fördersumme meist erst viel später erfolgt.
Diese Steuereinnahmen werden nur hier generiert, wenn das Film-Projekt in Südtirol "gefördert" und umgesetzt wird, ansonsten verdient eben eine andere Region in Europa daran.
Auch angemerkt werden muss, dass die, durch den von der Filmcommission eingeforderten "Südtirol-Effekt" zusätzlich generierten Anteile des Budgets (das an Südtiroler Unternehmer und Beschäftigte ausgegeben wird!) "von außen" ins Land geholt werden. Ein Teil davon ist meist Geld aus Rom (Tax-Credit), der Rest kommt von internationalen Film-Vertriebsfirmen, Fernsehsendern, Produzenten usw.
Wenn man die erheblichen…
Wenn man die erheblichen Summen der Südtiroler Filmförderung als eine Art Sozialhilfe für die vielen arbeitslosen Filmschaffenden in Südtirol sieht, dann muss man dem Herrn Zeller beinahe Recht geben.
Antwort auf Wenn man die erheblichen… von Hartmuth Staffler
Leider schlecht gelesen Herr…
Leider schlecht gelesen Herr Staffler, steuerpflichtige Honorare und Löhne bekommt, wer in der Filmindustrie oft 12-14 Stunden täglich arbeitet. Schönen Sonntag noch!