Gesellschaft | Energie

Europas teuerster Strom

Dem Verbraucherschutzverein Robin zufolge ist Südtirols Strom der teuerste in ganz Europa. Aus diesem Grund gibt der Verein Ratschläge für Energiekunden.
Strom
Foto: Pexels/Miguel Á. Padriñán
  • In einer Presseaussendung wettert der Verbraucherschutzverein Robin über die Strompreise in Südtirol. Was Verbraucherschützer seit Jahrzehnten predigen würden, sei nun durch das Vergleichsportal Verivox bestätigt (APA und Rai Südtirol haben berichtet), ja sogar übertroffen worden. In Italien und somit auch in Südtirol würden nicht nur Spitzenstrompreise herrschen, im ersten Quartal 2024 seien die Strompreise für Haushaltskunden europaweit sogar auf Platz eins. Dies sei besonders bedenklich, da der Strom in Südtirol aus Wasserkraft gewonnen wird, einer wertvollen Gemeinressource. Trotzdem würden den Südtiroler Familien Spitzenpreise abverlangt, anstatt von den autonomen Gestaltungsmöglichkeiten des Autonomiestatuts Gebrauch zu machen. Ein zentrales Problem sei die undurchsichtige Darstellung der Strompreise. Anders als bei Produkten im Supermarkt, die nach Einheitspreisen ausgezeichnet sind, fehlt es im Strommarkt an vergleichbaren Standards. Trotz der Bemühungen, die Stromrechnung mit der sogenannten „zusammenfassenden Stromrechnung“ transparenter zu gestalten, bleibe die Energierechnung für die meisten ein unverständliches Dokument. Sie sei jedoch der erste Schritt, um den tatsächlichen Verbrauch zu verstehen und zu beurteilen, ob man den Strom- und Gasvertrag oder den Anbieter wechseln sollte. Aktuelle Zahlen würden das Ausmaß der Problematik verdeutlichen. Im geschützten Markt, wo die Preise staatlich durch die Aufsichtsbehörde Arera reguliert sind, seien Verbraucher im zweiten Trimester 2024 mit einem Durchschnittspreis von 20,24 Cent pro Kilowattstunde (kWh) konfrontiert. Im Gegensatz dazu biete der freie Markt, der vermeintlich mehr Wettbewerb ermöglichen sollte, jedoch durchwegs höhere Preise.

  • Folgende Tipps gibt Robin den Verbrauchern:

    1. Einheitspreisvergleich: Verbraucher sollten nach dem Preis pro Einheit für Strom und Gas (Cent pro Kilowattstunde, kWh oder Euro/m3) vorgehen, um verschiedene Angebote vergleichbar zu machen. Dazu braucht nur die Gesamtsumme der laufenden Stromrechnungen durch den Verbrauch (kWh) dividiert werden (ohne die Fernsehgebühr).

    2. Der Stromtarif im geschützten Markt setzt sich aus Energiekosten, Kosten der Dienste des Verteilernetzes/Zählerverwaltung, allgemeinen Systemkosten sowie Steuern zusammen. Auf dem freien Markt werden meistens nur die Energiekosten, oft unvollständig, angeführt. Der Rest wird häufig ausgeklammert. Im geschützten Markt beträgt der Energiepreis 12,209 Cent/kWh.

    3. Die Wahl des Stromtarifs ist entscheidend für Einsparungen: Je höher die kWh-Kosten, desto mehr muss man für Strom bezahlen.

    4. Es ist möglich, im freien Strommarkt einen Strompreis zu vereinbaren, der fix bleibt oder variabel ist (an einen Index gebunden – meistens PUN). Bei Verträgen mit Fixpreis handelt es sich um solche, bei denen der Preis für die Energiekomponente für einen bestimmten Zeitraum, mindestens jedoch für 12 Monate, festgelegt wird. Bei Verträgen mit variablem Preis handelt es sich um jene, bei denen sich der Preis für die Energiekomponente in bestimmten Zeitabständen automatisch an die Entwicklung eines Indexes oder eines Referenzpreises anpasst, der in der Regel die Preisschwankungen auf den Großhandelsmärkten widerspiegelt.

    5. Achtung auf die verschiedenen Boni: oft dienen sie nur als Köder.

  • Walther Andreaus, Geschäftsführer des Verbraucherschutzvereins Robin, betont die Dringlichkeit einer transparenten und fairen Strommarktpolitik. Er fordert die Aufsichtsbehörde Arera und die Stromverkäufer auf, bei ihren Vergleichen die Kosten pro Einheit transparent zu gestalten und damit den Verbrauchern eine informierte Entscheidungsgrundlage zu bieten. Trotz der Möglichkeit einer einfachen Gesetzesänderung zur Verbesserung der Markttransparenz bleibe die Politik untätig. Diese Untätigkeit benachteilige Familien, Haushalte und Betriebe in Südtirol. Leider schaue hier auch die Landespolitik nur zu und nehme ihre Kompetenzen durch das Autonomiestatut nicht wahr. Neben der Verwaltung der Stromkonzessionen lasse diese nämlich auch eine autonome Gestaltung der Strompreise zu, wie Gutachten namhafter Professoren bestätigen würden. Doch die letzten Landesregierungen hätten die Stromkunden lieber dem komplett intransparenten und gierigen Strommarkt ausgesetzt.

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Martin Sitzmann Di., 07.05.2024 - 13:12

Wenn das alles stimmt, ist es echt starker Tobak!
Im Grunde kann man die Spitzenstrompreise also als eine Zusatzsteuer sehen, die den Südtiroler*innen abgepresst wird, um die öffentlichen Gebäude mit Gratisstrom zu versorgen. So bleibt im Landeshaushalt dann mehr Geld für andere Zwecke übrig, Beiträge an Lobbys, Finanzierung von privaten Seilbahnprojekten, usw.

Di., 07.05.2024 - 13:12 Permalink
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Peter Gasser Di., 07.05.2024 - 14:05

Antwort auf von Martin Sitzmann

Wir müssen ja auch DAS alles bezahlen (bitte auf dem Link nach unten scrollen):

https://www.alperiagroup.eu/de/alperia-green-gas

in Türkei (!), Indien, China (!!), Vietnam, Brasilien, Namibia, usw. und all die Baustellen, Besuche und Verweilzeiten samt Kosten dort... das muss über den Strompreis der Südtiroler bezahlt werden, und natürlich das Gas, wohl noch immer aus Russland... irre einfach nur irre, anstatt uns einfach nur den heimischen Wasserkraft-Strom (ohne Gas und Greenwashing) zu Produktionskosten zu schicken (verkaufen ist auch falsch: der heimische Strom gehört ja uns).

Di., 07.05.2024 - 14:05 Permalink
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Robert Zagler Di., 07.05.2024 - 14:18

...es ist eine Schande für die Südtiroler Landesregierung!
...eine Gesellschaft Alperia die zu 100% in öffentlicher Hand ist, sozusagen uns Steuerzahlern gehört, frisst ihre eigenen Kinder!

Di., 07.05.2024 - 14:18 Permalink
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Günther Stocker Di., 07.05.2024 - 14:44

Ein Hoch auf unseren einzigen und wahren Landestata!!
Gut gemacht!
Da braucht man auch als Politpensionàr ein paar Beratervertràge von Verwandten und Bekannten!!

Weiter so SVP!!

Di., 07.05.2024 - 14:44 Permalink
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Gianguido Piani Di., 07.05.2024 - 18:26

Über den Strommarkt für Kleinkunden habe ich vor einigen Monaten diesen Beitrag im Fatto Quotidiano veröffentlicht https://www.ilfattoquotidiano.it/2023/12/12/bollette-in-ue-il-mercato-t…
Sonst ist es leider (und zum Teil: zum Glück) so, dass die Spielregel auf EU-Ebene bestimmt werden. Dafür oder dagegen kann Südtirol wenig tun. Italien und Südtirol könnten jedoch die bestehenden Regeln für den eigenen Vorteil optimal einsetzen. Tun sie aber nicht.
Der nächste Schlag kommt mit den Energiegemeinschaften. Ein wunderbares Geschäft für die Stromriesen, eine gesalzene Note für die Endkunden. Vor allem für diejenigen, die keine Gemeinschaft bilden.

Di., 07.05.2024 - 18:26 Permalink
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Stefan S Di., 07.05.2024 - 20:02

Antwort auf von Gianguido Piani

"wunderbares Geschäft für die Stromriesen" nicht nur für die weil die Stromriesen teilweise staatlich bzw. aus ehemals staatlichen Gesellschaften entstanden sind und Papa Staat traditionel kräftig mitverdient. Der ganze Energiesektor ist eine riesige Gelddruckmaschine deren Infrastruktur mit Steuergelder finanziert wird und die Gewinne immer mehr privatisiert werden. Habe einige Bekannte welche bei einem der 4 größten Energieversorger in D beschäftigt sind. Schlaraffenland

Di., 07.05.2024 - 20:02 Permalink
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Salto User
Meinhard Ploner Di., 07.05.2024 - 20:17

Die Datengrundlage von Verivox ist leider Schrott. Verivox zieht die Daten von globalpetrolprices.com, wo für September 2023 ein Strompreis in Italien von 42.5 cent angegeben wird. Der Strom-Index war im September auf 11.6 cent (PUN; Quelle: GSE), und mit üblichen Aufschlägen (Steuer, Transport) steht auf meiner Rechnung für Q3-2023:

Durchschnittspreis für Energiekosten: 0,17 €/kWh
Durchschnittspreis der Rechnung: 0,25 €/kWh

So gesehen löst sich dieser Artikel in Luft auf.

Di., 07.05.2024 - 20:17 Permalink
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Salto User
nobody Do., 09.05.2024 - 22:32

Bitte eine Liste mit den Strompreisen verschiedener Anbieter, inklusive Lieferung und Verwaltung. Es ist ein offenes Geheimnis, dass hier das Land Extraeinnahmen schürft. Mit den nackten Zahlen will aber niemand herausrücken. Ähnliches gilt bei Müll und Wasser, wo die Gemeinden auch noch zusätzliche Einnahmen lukrieren.

Do., 09.05.2024 - 22:32 Permalink