Gesellschaft | Gastbeitrag

„Wir haben Fehler gemacht“

Gesundheitslandesrat Hubert Messner über die Corona-Pandemie und was man seiner Meinung nach richtig und falsch gemacht hat, sowie die zukünftigen Herausforderungen.
Messner, SVP
Foto: Seehauserfoto
  • Ich bin mit Ihren Einschätzungen an und für sich einverstanden und Sie haben Recht ergebnisoffene Debatten haben gefehlt. Wir sehen nun die unmittelbaren Auswirkungen.
    In Ihrer ausführlichen Prämisse zur Einsetzung einer unabhängigen Fachkommission zur faktenbezogenen Aufarbeitung der Corona-Pandemie beziehen Sie sich auf die Vorgangsweise der österreichischen Bundesregierung, die die Österreichische Akademie der Wissenschaft unter Einbindung eines breiten Bürgerdialogs mit der Aufarbeitung der Corona Pandemie beauftragte.
    Der Bericht wurde Ende Dezember 2023 vorgestellt und ich kann vieles davon teilen. Ich selbst habe in nicht verdächtigen Zeiten, schon am 29.02.2023, nach einer Reflektion im Rahmen meiner Long-Covid Erkrankung öffentlich eine explizite Aufarbeitung der Covid 19 Pandemie angesprochen und angemahnt.

     

    „Wir haben dabei vieles gut gemacht, aber auch vieles nicht so gut.“

     

    Aber lassen Sie bitte mich auch ein paar allgemeine Bemerkungen zur Pandemie sagen.
    Die Pandemie ist wie ein Tsunami über uns hereingebrochen. Niemand war darauf vorbereitet!!
    Eine weltweite Pandemie dieses Ausmaßes haben selbst Experten nicht kommen sehen. 
    Wir haben dabei vieles gut gemacht, aber auch vieles nicht so gut.
    Wir als Politiker, Wissenschaftler, Mediziner, Epidemiologen, Statistiker etc. haben, ganz allgemein gesehen, dabei Fehler gemacht, was aber nur jetzt im Nachhinein erkennbar ist, aber nicht in der damaligen akuten Entscheidungsfindung, besonders auch durch den Zeitdruck, der bei den Entscheidungen gegeben war. Extreme Situationen erfordern extreme Entscheidungen.

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  • „Wir als Politiker, Wissenschaftler, Mediziner, Epidemiologen, Statistiker etc. haben, ganz allgemein gesehen, dabei Fehler gemacht.“

     

    Wir haben:

     

    • Die Dynamik dieses Virus zunächst vollkommen unterschätzt und nicht wahrgenommen.
    • Die Krise zunächst nur als eine rein medizinische definiert und den Druck auf die Krankenhäuser und Intensivstationen nicht erwartet.
    • Widersprüchliche Information durch die vielen selbsternannten Epidemiologen über Print-Medien, sozialen Medien und in den vielen Talkshows verbreitet. Das war neben der Pandemie eine wahre „Infodemie“.
    • Das Kommunikationsverhalten- bzw. die Kommunikationsstrategien  der Politik waren oft widersprüchlich und verschieden von Regionen bzw. Ländern..
    • Mangel an Krisenmanagement, besonders in der ersten Welle (z. B. Tests, um ein Ende des Tunnels zu sehen, um restriktive Maßnahmen zu verhindern) mit vielen Fehlschlägen bzw. Korrekturen. 
    • Alte Pandemiepläne lagen  verstaubt in den Schubladen
    • Lockdowns, Quarantäne, Schulschließungen, Reisebeschränkungen, Maskenpflicht waren (ersteres sollte eigentlich das allerletzte Mittel sein ) in der ersten Phase angemessen aufgrund der fehlenden Masken, Schutzanzüge, Probleme mit den Tests bzw. Verfügbarkeit von Reagenzien und fehlenden Ressourcen in den Laboratorien.
  • Der Hintergrund

    Am Donnerstag wurde im Landtag ein Antrag des Team K zur Einsetzung einer unabhängigen Fachkommission zur faktenbezogenen Aufarbeitung der Corona-Pandemie behandelt. Der Beschlussantrag, der von den Grünen, dem PD und der Freien Fraktion von Andreas Leiter-Reber mitunterzeichnet wurde, zielte auf ein detaillierte Aufarbeitung der Vorfälle in der Pandemiezeit in der Sanität aber auch in den Altersheimen ab. Zudem sollten die rarbeiteten Ergebnisse einer öffentlichen Diskussion zugänglich gemacht werden.
    Der Beschlussantrag wurde vom Landtag mit 9 Ja, 19 Nein und 6 Enthaltungen abgelehnt. Der Grund dafür: Die Landesregierung und die SVP wollen von sich aus eine unabhängige Fachkommission zur Erstellung einer sozialwissenschaftlichen Studie einsetzen.
    In der Landtagsdebatte machte der Neoantologe und Gesundheitslandesrat Hubert Messner diese „Anmerkungen zur Pandemie“. 

  • Foto: MDD
  • „Das Kommunikationsverhalten- bzw. die Kommunikationsstrategien  der Politik waren oft widersprüchlich und verschieden von Regionen bzw. Ländern.“

     

    • Das Ziel der Maßnahmen war nur auf die Zahl der Infizierten, auf die Auslastung der Intensivbetten, Todesfälle und auf die Bewahrung des Gesundheitssystems ausgerichtet und nicht zu sehr auf soziale, psychologische, bildungspolitische und wirtschaftliche Aspekte. 
    • Die Spaltung der Gesellschaft durch die verschiedenen Maßnahmen, die eigentlich demokratisch legitimiert und gesellschaftlich akzeptabel sein sollten war die Folge.

       

    Aber was hat funktioniert:

    • Das Gesundheitswesen gelangte an seine Grenzen, hat aber standgehalten mit der immensen Widerstandsfähigkeit, besonders der Resilienz der Mitarbeiter auf allen Ebenen
    • Neue Covidstationen wurden aus dem Boden gestampft
    • Ressourcen wurden gebündelt, Informationen ausgetauscht, Netzwerke aufgebaut unabhängig von sanitätspolitischen Vorgaben
    • Testzentren wurden aufgebaut, Massentestungen organisiert und durchgeführt Impfkampagnen gestartet und Impfzentren auf- und ausgebaut

     

    Was haben wir gelernt:

    • Gutes Kommunikationsmanagement, transparente Informationen sind enorm wichtig
      Selbstverantwortung dem Virus gegenüber, um die persönliche Freiheit zu erhalten
      Wieder Normalität einbringen , die Impfung dabei als individuellen Schutz annehmen.

     

    Was müssen wir in Zukunft machen:

    Eine kritische Aufarbeitung dieser Krise auf allen Ebenen (politischer, gesundheitlicher, sozialer, psychologischer, bildungspolitischer, wirtschaftlicher) und die Bewertung der vergangenen Entscheidungen und Maßnahmen sind unbedingt notwendig, wie auch Antworten auf die verschiedene Fragestellungen:
    Waren die verschiedenen Maßnahmen angemessen? 
    Was sind die psychischen, sozialen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen Folgen ? 
    Diese müssen in zukünftige Planung miteinbezogen werden!
    Waren die Lockdowns notwendig? 
    Bildungsnachteile und wirtschaftliche Schäden waren sicherlich die Folge davon.

  • Foto: Unsplash
  • Aber das Tragen von FFP2 Masken, die AHA Regeln  und die Impfungen haben die Todesfälle sicherlich reduziert 
    In Zukunft müssen wir uns besser organisieren, und zwar braucht es auf allen Ebenen einen Krisenstab; die Zusammenarbeit Politik/ Wissenschaft muss gegeben sein
    Das Gesundheitspersonal müsste aufgestockt und die Hausärzte in die Krisenvorbereitung miteinbezogen werden
    Die Digitalisierung und das Datenmanagement im Gesundheitswesen muss vorangetrieben werden
    Lagerhaltung für Masken und andere Schutzkleidung in jeder Region; große Testkapazitäten.
    Überregionale und übernationale Zusammenarbeit in einem gemeinsamen Europa. Im Fokus steht aber jetzt das Lernen für zukünftige gesamtgesellschaftliche und politische Herausforderungen.