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Die Privilegien des Rechnungshofes

Der Sanitätsbetrieb hat mit dem Rechnungshof eine Vereinbarung abgeschlossen, die den dortigen Angestellten eine Vorzugsschiene beim Vorsorgescreening einräumt.
Krankenhaus
Foto: Pixabay
  • Der Hausarzt traut seinen Augen nicht: „Wenn jetzt schon der Rechnungshof so agiert, dann gute Nacht“. Auch eine renommierte Kollegin sieht das so. „Das ist eine enorme Bevorzugung für das Personal des Rechnungshofs der Provinz Bozen“, sagt die Ärztin und fügt bewusst eine rhetorische Frage hinzu: „ Es wäre interessant zu wissen, wer das letztendlich bezahlt, wahrscheinlich der Steuerzahler“.
    Seit einigen Tagen herrscht Aufregung unter den Südtiroler Allgemeinmedizinern. Der Grund ist ein Rundschreiben des Direktor des Amtes für Grund- und wohnortnahe Betreuung, Stefan Dejaco. Dejaco hat am Dienstag an Südtirols Gemeinde- und Basisärzte eine „Vereinbarung zwischen dem Südtiroler Sanitätsbetrieb und dem Rechnungshof“ verschickt, die für Südtirol – und darüber hinaus – einmalig sein dürfte. 
    In der Kurzversion zusammengefasst: Das Personal der Kontrollsektion des regionalen Rechnungshofes erhält eine amtliche Vorzugsschiene bei allen Vorsorgeuntersuchungen. Dabei wird nicht nur ein besonders umfangreiches Paket an Vorsorgescreenings angeboten, sondern es wird den Bediensteten des Rechnungshofes auch amtlich zugesichert, dass sie innerhalb von 60 Tagen einen termin erhalten und zudem alle Untersuchungen an einen Tag durchführen können
    Damit wird klar, dass es der Beginn einer Zweiklassenmedizin ist: Während Normalsterbliche auf manche Vorsorgeuntersuchungen bis zu einem Jahr warten, kommen die Mitarbeiter des Rechnungshofes zu einer per Konvention festgelegten Vorzugsbehandlung. Nicht nur in der öffentlichen Sanität, sondern auch in den vertragsgebundenen privaten Einrichtungen. 

  • Foto: upi
  • „Ausgerechnet jene, die die Ausgaben der Südtiroler Sanität von Amts wegen beaufsichtigen und kontrollieren sollen, werden damit bevorzugt behandelt.“ 

     

    Es ist ein Präzedenzfall, der zudem mehr als nur ein Geschmäckle hat. Ausgerechnet jene, die die Ausgaben der Südtiroler Sanität von Amts wegen beaufsichtigen und kontrollieren sollen, werden damit bevorzugt behandelt. 
    Ein Schelm, wer dabei Böses denkt.

  • Die Vorzugsschiene

    Am 9. Mai 2024 hat das Führungsgremium des Sanitätsbetriebes auf Vorschlag von Generaldirektor Christian Kofler die Vereinbarung mit dem Rechnungshof „für die Erbringung von Vorsorgepaketen zugunsten der Bediensteten der Sektion Bozen genehmigt“. Nach Informationen von SALTO haben die Vorbereitungsarbeiten für diese Vereinbarung aber bereits im vergangene Herbst, noch in der Ägide des Kofler-Vorgängers Florian Zerzer, begonnen.
    Im Beschluss heißt es: „Nach Einsichtnahme in den Antrag des Rechnungshofs, Sektion Bozen vom 7.12.2023 für die Erbringung von Leistungen im Bereich der Vorsorge und der Früherkennung schwerer Krankheiten zugunsten des Personals des Rechnungshofs mit dem Ziel, eine Verbesserung der Lebensqualität und des Wohlbefindens der Bediensteten zu gewährleisten, wie in den Rechtsakten des Rechnungshofs über den ergänzenden Welfare vorgesehen ist und in der beigefügten Vereinbarung, wesentlicher Bestandteil des gegenständlichen Beschlusses, zum Ausdruck kommt“.

  • Deckblatt der Vereinbarung: Untersuchungen innerhalb von 60 Tagen. Foto: SALTO
  • Die ausgearbeitete Vereinbarung liest sich dann wie eine Art Weihnachtsgeschenk. Denn das angebotene Paket geht vom Vorsorgescreening auf Prostatatumor (Mann), Brustkrebs (Frau), Lungenkrebs, über Dickdarmkrebs und Gebärmutterhalskrebs bis hin zur Überprüfung des kardiovaskulären Risikos. Insgesamt werden 35 verschiedene Untersuchungen angeboten.
    Beigelegt ist der Konvention eine eigenes Antragsformular „Verschreibung Paket der Screening-Gesundheitsvorsorge“, das benutzt werden muss.  Bei der Vormerkung muss zudem der Betreff „Vormerkung Rechnungshof“ angegeben werden. 
    Der Sanitätsbetrieb verpflichtet sich mit der Vereinbarung, die Anfrage der Angestellten des Rechnungshofs unverzüglich zu bearbeiten, die Termine jeder einzelnen angeforderten Leistung durch Kontakt mit dem Begünstigten selbst bis zur Bestätigung der Termine/Zugänge zu planen, die Inanspruchnahme der angeführten Visiten und Untersuchungen innerhalb von 60 Arbeitstagen zu gewährleisten und in den ausgestellten Rechnungen die tatsächlich erbrachten Leistungen und die entsprechenden, vom Begünstigten selbst bezahlten Beträge anzugeben, um die Rückerstattungsverfahren des Rechnungshofes zu erleichtern.
    Damit wird auch klar, wer diese Vorzugsbehandlung bezahlt.

  • „Prävention macht sich bezahlt“

    Der Sanitätsbetrieb hat diese Konvention mit lokalen Sektion des Rechnungshofes abgeschlossen, weil es grundsätzlich im Interesse aller ist, wenn Institutionen Präventionsmaßnahmen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Wege leiten“, erklärt der Südtiroler Sanitätsbetrieb auf Nachfrage von SALTO.
    Weiter heißt es in der Sabes-Stellungnahme:

    Prävention macht sich bezahlt, weil diese weit weniger kostet als die Akutbehandlung. Zudem möchten wir darauf hinweisen, dass sämtliche Leistungen, die im Rahmen dieser Konvention erbracht werden, gegen Bezahlung erfolgen; das heißt, sie werden im Rahmen der Tarife als Selbstzahler erbracht und gehen daher nicht zu Lasten des Südtiroler Sanitätsbetriebes. Diese Vorsorgeleistungen sind in ganz Italien für das Personal des Rechnungshofes in eigenen Zusatzabkommen zu den Kollektivverträgen vorgesehen.

  • Sabes-Direktion: „Kosten gehen nicht zu Lasten des Südtiroler Sanitätsbetriebes“ Foto: Seehauserfoto
  • Nach Informationen von SALTO gibt es diese staatlichen Vorgaben seit über vier Jahren und sie gelten für den gesamten öffentlichen Dienst. Warum man das Ganze bisher in Südtirol ausschließlich für den Rechnungshof umgesetzt hat, bleibt ein Geheimnis des Glaubens.
    Auch innerhalb der Südtiroler Ärzteschaft wundert man sich über die Vorzugsschiene. Zudem beanstanden die Allgemeinärzte, dass  – wie eigentlich vorgesehen – weder die Ärztekammer noch die Gewerkschaften über diese Vorzugsschiene für den Rechnungshof vorab informiert wurden. 
    So etwas habe ich noch nie erlebt“ sagt ein Gemeindearzt, der seit über 40 Jahren seinen Dienst tut.

Vorsorge ist wichtig und gut und kann auch von Arbeitgebern bezahlt werden. Nur die 60-Tage Garantie für einen Termin und die Zusammenlegung von Untersuchungsterminen ist aufgrund der langen Wartezeiten im Gesundheitswesen unzulässig. Sollte dringend vom Rechnungshof überprüft werden!

Mi., 15.05.2024 - 12:22 Permalink

cui prodest? schau, schau...
ich kann es nicht verstehen (oder doch, aber ich bin eben ein Schelm): warum bleiben wieder einmal jene "fregiert", die es sicherlich notwendiger hätten und jene, die eigentlich schön im Warmen sitzen bekommen weitere Privilegien?
Ich empfehle dem Personal des Rechnungshofes, diese Sonderbehandlung nicht in Anspruch zu nehmen. Ich würde mich darüber schämen.
Was sagt der Herr Landesrat dazu?

Mi., 15.05.2024 - 13:04 Permalink
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Factum Est

Für die Angestellten der Sabes kommt es nur Alle 2 Jahre bis zur Betriebsärztin. Und dort wird nur der Fragebogen abgearbeitet und dann die vorhergehende Visite mit dem Austausch des Datums versehen. Bei Nachfrage heisst es „man sei sowieso im Rückstand“.

Mi., 15.05.2024 - 13:21 Permalink

Das nennt man dann Interessenkonflikt.
Wenn das so ist, könnte jede interessierte Gruppe Vereinbarungen mit der Sanität abschließen, so z.B. könnte der HGV oder der Bauernbund für seine Mitglieder eine Betreuungsvorzugsschiene mit der Sanität vereinbaren.
.... man denke diese Geschichte weiter ...
Man kann es fast nicht fassen.

Mi., 15.05.2024 - 14:06 Permalink

Nachdem es für eine Vereinbarung mindestens zwei Parteien braucht und zumindest die Sanität in "Südtiroler Hand" ist, sollte diese umgehend diese Vereinbarung rückgängig machen, sonst wird man den Verdacht nicht los, dass diese Vereinbarung von der Landesregierung goutiert wird und das wäre dann ein veritabler Skandal. Es würde bedeuten, dass die Landesregierung nur für bestimmte Gruppen arbeiten würde.

Mi., 15.05.2024 - 14:16 Permalink

Iatz geahts ober bold nimmer dümmer!
Richtig so! Die SVP Wähler sollten so langsam verstehen dass man sie nur bei den E..rn nimmt!

Weiter so!!
Vielleicht werden einige Schafe dann so langsam misstrauisch!

Mi., 15.05.2024 - 18:48 Permalink
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Salto User
nobody

Und dann wundert sich die SVP noch, dass es Leute gibt, die lieber einen JWA wählen. Das ist doch wohl eine Ungeheuerlichkeit. Ist so etwas rechtlich haltbar?

Mi., 15.05.2024 - 22:58 Permalink

Einen JWA zu wählen ist eher ein Zeichen für vollkommenes Fehlen geistiger Kompetenz. Lassen wir seine als Vertreter einer Institution inakzeptable Art mal außen vor und beschränken uns auf Sachliches: Er hat kein Programm, keine konkreten Vorschläge, keine Ahnung der grundlegendsten Verfahren in der Verwaltung, keine Ahnung von einem Haushalt - übrigens alles Aspekte, die er selbst zugibt . Wenn das eine Alternative sein soll, dann muss man sich eher fragen, ob man damit das Leben der Puppenspieler nicht erleichtert.

Do., 16.05.2024 - 06:43 Permalink