Wirtschaft | Hintergrund

Gebremste Athesia

Die Athesia versucht seit Jahren die absolute Aktienmehrheit in der Brennercom AG zu bekommen. Arno Kompatscher macht diesem Plan jetzt einen Strich durch die Rechnung.

Michl Ebner ist nervös. Der Grund für die Aufregung des Handelskammerpräsidenten ist ein zweifacher. Zum einen hat die Landesregierung beschlossen, die vier Gesellschaften EOS, SMG, TIS und BLS zusammenzuschließen. Damit muss der Handelskammerpräsident das Filetstück aus seinem institutionellen Portefeuille abgeben. Denn mit einer Abtrennung der EOS verliert die Handelskammer nicht nur viel Geld, sondern ihr Präsident auch mächtig an Einfluss in der Südtiroler Wirtschaft. Im neuen Omnibusgesetz, das demnächst im Landtag behandelt wird, soll diese Zusammenlegung gesetzlich verankert werden.
Arno Kompatscher hat in dieses Gesetz aber einen weiteren Artikel schreiben lassen, der Michl Ebner noch nervöser macht. Denn diesmal geht es nicht um seinen Stand als Handelskammerpräsident, sondern der Passus betrifft Michl Ebner als Privatunternehmer. Es sind wenige Zeilen die einem ehrgeizigem Plan, den Ebner und die Athesia seit Jahren verfolgen, einen Strich durch die Rechnung machen.

Der Passus

Das Gesetz trägt den offiziellen Titel „Änderungen zu Landesgesetzen in den Bereichen Steuerrecht, Vermögen, Handel, Handwerk, Tourismus, Gastgewerbeordnung, Forschung und Innovation, Förderung der Wirtschaft“. Eingebracht von Landeshauptmann Arno Kompatscher heißt es in dem Omnibus-Gesetz in Artikel 3:

Die Landesregierung ist ermächtigt, Aktien oder Anteile von Kapitalgesellschaften, an denen das Land bereits eine Beteiligung hält, an eine andere Gesellschaft abzutreten, um dem gemeinsamen Interesse der öffentlichen Gesellschafter sowie den Bedürfnissen der Allgemeinheit nachzukommen.

Paul Köllensperger (5 Stelle) und Hans Heiss (Grüne) kritisieren diesen Passus öffentlich. Für die beiden Oppositionsparteien ist es ein Freibrief für die Landesregierung mit den öffentlichen Anteilen zu spekulieren.
In Wirklichkeit hat diese Bestimmung aber einen ganz anderen Hintergrund. Und dieser lässt sich an einer Gesellschaft festmachen: Der Brennercom AG.

Die 
Vorgeschichte

1999 gründet das Land – damals noch unter Landesrat Alois Kofler – das Telekommunikationsunternehmen Brennercom AG. Mehrheitseigner ist das Land. Dazu kommen eine Reihe von öffentlichen und privaten Minderheitsaktionären. Jahrelang schreibt man rote Zahlen, und das Land zahlt die Zeche. Gleichzeitig schaut der Mehrheitseigner Land aber auch zu, wie der ehemalige Kofler-Referent und amtierende Brennercom-Generaldirektor Karl Manfredi zum zweitgrößten Aktionär in der eigenen Gesellschaft aufsteigt. Manfredis „KM Invest“ hält jahrelang über neun Prozent der Brennercom-Aktien.
Zwischen 2007 und 2009 ändern sich die Besitzverhältnisse in der Brennercom AG aber nachhaltig. Karl Manfredi verlegt seine KM Invest nach Innsbruck, und wenig später kauft Michl Ebner die Gesellschaft. 2008 steigen nicht nur die Sparkasse und der Raiffeisenverband aus der Brennercom aus, sondern auch Land und Gemeinde Bozen entscheiden, einen Teil der Beteiligungen abzugeben.
Das Land gibt schließlich von seinen 64,64 Prozent – etwas mehr als 22 Prozent – an die Athesia-Tochter KM Invest ab. Der Kaufpreis: 10,7 Millionen Euro. Zudem kauft die Athesia um rund 1,3 Millionen Euro auch die Anteile der Gemeinde Bozen. Weil sich das Ebner-Unternehmen aber auch noch die Anteile anderer ehemaliger Aktionäre sichert, wird die Athesia-Gruppe schon bald zum größten Brennercom-Aktionär.

Ebners Plan

Heute hält die KM Invest 30,76 Prozent und die Athesia Druck GmbH 17,58 Prozent an der Brennercom. Damit kommt die Athesia-Gruppe auf insgesamt 48,34 Prozent. Während das Land Südtirol nur mehr 42,35 Prozent an der Brennercom hält.
Schon von Anfang an war klar, dass das Ziel der Athesia die absolute Mehrheit in der Telekommunikationsgesellschaft ist, die inzwischen beachtliche Gewinne einfährt. Diese Mehrheit sollte Michl Ebner auch bekommen.
Zweimal im Mai 2010 und dann im Mai 2013 hat die Landesregierung beschlossen die gesamten Aktien zu verkaufen. Beide Ausschreibungen gingen am Ende aber leer aus. Der Grund dafür ist einfach. Das Aktienpaket des Landes kostet um die 21 Millionen Euro. Michl Ebner und die Athesia wollen diesen Preis aber nicht zahlen.
Ob man 90 Prozent oder 50,01 Prozent in einer Aktiengesellschaft hält, ändert vom Einfluss kaum etwas. Wer die absolute Mehrheit hat bestimmt. Und das ist das Ziel von Michl Ebner.
Die Athesia versucht deshalb seit Jahren einen Plan umzusetzen, der weit billiger ist als der Kauf der Landesanteile.
Athesia nahm bereits vor drei Jahren Kontakt mit den beiden Brennercom-Kleinaktionären Stadtwerke Brixen (1,74 %) und Brennerautobahn AG (2,71 %) auf. Michl Ebner bot den beiden Unternehmen rund das Doppelte des Marktpreises der Brennercom-Aktie. Auch das ist legitim. Denn in allen Unternehmen wird zur Erreichung der absoluten Mehrheit durchaus eine Art Bonus verlangt.
Die Rechnung ist einfach. Mit den Aktienpaketen der beiden oder auch nur mit einem der beiden Kleinaktionäre kommt die Athesia auf über 50 Prozent der Brennercom-Anteile. Hätte Michl Ebner damit auch die Aktien der Brixner Stadtwerke und der Autobahn AG deutlich überzahlt, die Übernahme wäre aber auf jeden Fall billiger als der Kauf der Landesanteile.
Ebner versucht so das Land auszubremsen. Vor zwei Jahren scheiterte der Plan aber. Als die beiden Kleinaktionäre bereit waren auf das Angebot der Athesia einzusteigen, bekam die Landesregierung von der Aktion Wind. Es war Landeshauptmann Luis Durnwalder, der den Verkauf im allerletzten Moment stoppte, um einen finanziellen Schaden für das Land abzuwenden.
Land, Autobahn und Stadtwerke Brixen vereinbarten daraufhin, den Aktienverkauf abzustimmen. Das heißt: keine Alleingänge mehr und ein gemeinsames Vorgehen beim Verkauf der Brennercom-Aktien

Kompatschers Konter

Arno Kompatscher kennt die Übernahmegelüste der Athesia. Michl Ebner hat Kompatscher, als dieser noch Präsident des Gemeindeverbandes war, für die Einkaufstour einspannen wollen. Ein vergebliches Unterfangen. Trotzdem hat man aus dem Hause Ebner vor der Wahl und nach der Wahl zum Landeshauptmann mehrmals Arno Kompatscher nahegelegt, die Sache im Sinne des mächtigen Medienkonzerns endlich zu regeln.
Doch Kompatscher denkt nicht daran. Ganz im Gegenteil. Weil der Landeshauptmann weiß, dass der Druck auf die Kleinaktionäre in Zukunft noch steigen wird, will er jetzt die Abmachung zwischen Land, Autobahn und Stadtwerke Brixen auf eine neue, noch sichere Stufe stellen.
Die Brennercom-Aktien dieser drei öffentlichen Körperschaften sollen in einer eigenen gemeinsamen Gesellschaft zusammengefasst werden. Das ist der Hintegrund des Artikel 3 im Omnibusgesetz. Mit dieser gesetzlichen Regelung wird eine feindliche Übernahme in der Brennercom unmöglich.
Der Traum der Athesia, mit wenig Geld zur Aktienmehrheit zu kommen, ist dann vorbei.
Deshalb ist Michl Ebner nervös.

 

 

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Willy Pöder Mo., 04.08.2014 - 19:56

Es ist schon sehr bemerkenswert, dass all die energetischen Taktierereien hinter den Kulissen sich unbemerkt an den Journalisten der Athesia-Medien vorbeimugeln konnten. Oder wusste man doch davon und schrieb nicht nur darüber!?

Mo., 04.08.2014 - 19:56 Permalink
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Sebastian Felderer Mo., 11.08.2014 - 07:14

Nur wer diese Fakten kennt, kann die Südtiroler Politik in etwa verstehen lernen. Es ist ein Skandal, was sich eine Politiker-Familie in Südtirol und auch darüber hinaus leisten kann. Von stol, über den Klerus bis hin zur Landesregierung, alles in einer Hand. Wahlwerbung, Handelskammer, Frauenpolitik, nichts wird dem Zufall überlassen, sogar mit der Todesanzeige wird noch gutes Geld verdient. Südtirol, wahrlich ein Paradies! Zumindest für Nimmersatte.

Mo., 11.08.2014 - 07:14 Permalink