Das heilige Hochamt der Beschwerde
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Zugegeben, die Brixner Dekadenz ist recht schnell voll und Künstlerische Leiterin Heiss zählte bei ihren Grußworten die rund zwei Dutzend Brixnerinnen und Brixner auf der Bühne mit. Im Kellerlokal wurde die Bühnenrückwand am Freitagabend mit Protestschildern mit Tagesaktualität ausgehängt. Rechts außen übrigens auch die Illustration Rocco Modugnos für SALTO.
Vielleicht auch weil die Luft im Keller immer ein endliches Gut ist - besonders wenn gelacht wird - war das erste Live-Set mit einer Dreiviertelstunde recht knapp. Ein Dreivierteljahr hingegen ist es her, dass man sich auf die Suche nach Mitgliedern machte. Aus rund 80 Mitgliedern kristallisierten sich folgende Namen heraus, in alphabetischer Reihung:
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Hanna Bizjak, Adolf Engl, Albin Flenger, Sibylle Franzinelli, Iris Gömann, Sabina Gschnitzer, Hildegard Haas, Caroline Kaneider, Christoph Kerschbaumer, Waltraud Klapfer, Waltraud Kofler-Engl, Marlies Lüdtke, Konrad Oberhuber, Ulrich Obojes, Verena Parschalk, Lorena Ruaz, Daniela Sequani, Barbara Springeth, Elisabeth Stauder, Carolin Unteregger, Ingvild Unterpertinger, Andreas Vale, Hanspeter Vikoler, Angelia Völser, Julia Vontavon, Markus Wiegele
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Unter der künstlerischen Leitung von Marion Feichter und mit der Unterstützung von (Co-)Songschreiber Daniel Hofstätter am Keyboard ging es auf die Bühne. Ideator des Projekts war Dekadenz Präsident Adolf Engl, der - laut Anna Heiss - das Projekt zur Bedingung gemacht hatte um sich wieder der Wahl zu stellen. Vorangegangen waren dem Bühnen-Debüt viel Arbeit, Stimmbildung und die Themensuche.
Das Lampenfieber konnte man nicht ganz abschalten, wenn einzelne Sänger oder Sprecher etwa einen Texthänger hatten, so kam sehr schnell das Kollektiv zu Hilfe und löste die Situation charmant. Hinter einem vorgehaltenen Protestschild werden verlegen lächelnd zwei Textzeilen weitergegeben, bei einem Freudschen Versprecher über sich selbst gelacht. Es „menschelte“ angenehm zwischen Publikum und Bühne und nach einem sakral gekleideten „Ma porzelana / Ma dio“, das als „Ode an den Fluch“ ein Gruß sein sollte, brannte die fehlende „Wohn - Bau - Förderung“ und allgemeine Teuerung, welche für manche bis in die Obdachlosigkeit führen, als rhythmischer Kanon zur Cowbell unter den Nägeln. Der Chor zeigte, dass er auch mit musikalisch spannenden Liedern gefüttert wurde und es gleichzeitig um Inhalte gehen kann. Im Sprechvortrag von Engl kamen Rechenbeispiele zwischen Wien und Südtirol zur Sprache.
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(c) SALTO
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Für den längeren zweiten Gesangsbeitrag räumten die Männer kurz den Bühnenraum und überließen ihn den Damen - im Gegensatz zu den Männern bilden sie einen Altersquerschnitt ab - die Bühne. Die Damen sangen vom Müssen, zwischen Familie und Arbeit und einer Vielfachbelastung bei der es auch noch schön auszuschauen gilt. Hohe Anforderung gibt es auch am Arbeitsplatz, sodass mit Butterstampfer gegen den Boden und fettem Beat vom Keyboard der Beschwerdechor seine Kündigung vorbringt und sich über leistungsorientierte Arbeitsplätze auslässt.
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Den Hauptprogrammpunkt und Mitmachteil des Abends widmete man dem „Heiligen Hochamt zum Hofburggarten zu Brixen“ in dem das Vehikel zur Verballhornung von Brunner, Heller und Tschurtschenthaler eine Messfeier sein sollte. Dafür zückte man Weihrauchfass und Faltblattzettel zum Mitsingen und Sprechen, die ans Publikum ausgeteilt werden sollten. Neben einer guten Parodie gab das auch den Vorteil, dass jede und jeder mitsingen konnte. Mit der schwärzesten Ironie und den bissigsten Texten erreichte der kurze Abend hier vielleicht seinen Höhepunkt.
Textblatt für den Abschlusssong des Brixner Beschwerdechors, der sich zu seinen nächsten, vielleicht auch überraschenden Auftritten noch bedeckt hält. Zu den Klängen von Gigi D’Agostinos „L’Amour toujours“ hat nun jeder sein Protestschild, unter anderem das wunderschöne „Lügen haben lange Bärte“, während man gemeinsam „Nazis verpisst euch, keiner vermisst euch“ schmettert und auf- und abhüpft. Nachdem ein Video einer „Umtextung“ des Diskoklassikers vor rund zwei Wochen für Aufsehen gesorgt hat, entschied man sich in Brixen, Gigi D’Agostinos Musik nicht den Rechten zu überlassen. Auf Sylt nicht und auch woanders nicht.
Toll! Nun hat es endlich…
Toll! Nun hat es endlich auch in Südtirol, zumindest in Brixen, einen Beschwerdechor.