Chronik | Autonomie

Vaterland gerettet?

Kein Grund zum Jubel, aber die Schäfchen sind im Trockenen: Premier Renzis Verfassungsreform hat den Senat passiert. Auch dank Südtirols Senatoren.

Und er hat es doch noch geschafft: Matteo Renzi hat seine Verfassungsreform noch vor der Sommerpause durch den Senat gebracht. So laut wie der Premier jubelte man in der Brennerstraße darüber am Freitag zwar nicht. Denn: „Die Ausrichtung dieser Reform ist zentralistisch und daher grundsätzlich problematisch zu bewerten“, erklärte SVP-Parteiobmann Philipp Achammer nach der Abstimmung im Senat. Nichtsdestotrotz wird der erste Schritt in Richtung Entmachtung der Regionen und des Senats auch in der Südtiroler Volkspartei gefeiert.

„Vaterland gerettet“ lautet einmal mehr der Refrain, der hinter dem ausdrücklichen Dank Achammers an die drei Südtiroler Senatoren steht. Durch ihren „konsequenten Einsatz“ sollte die künftige Reform zumindest laut aktuellem Stand ohne direkte Auswirkungen an Südtirol vorübergehen. Ausnahme von der Beschneidung der regionalen Kompetenzen, Verankerung des Prinzips des Einvernehmens bei Änderungen am Autonomiestatut, Sicherung einer überproportionalen Vertretung Südtirols im neuen Senat, erstmalige Anführung des deutschen Namens der Autonomen Provinz Bozen/Südtirols in der Verfassung und Beibehaltung der Zuständigkeit von Kammer und Senat für Angelegenheiten der sprachlichen Minderheiten: Das ist die ansehnliche Trophäe mit der Karl Zeller, Hans Berger und Francesco Palermo aus der ersten Schlacht für den Umbau Italiens heimkehren.

Der Preis dafür? Drei der insgesamt 183 Stimmen, mit denen Renzis zentralistische Reform am Freitag ihre erste Hürde nahm, stammen von den Südtiroler Föderalismus-Befürwortern. Ein Widerspruch, der auch Karl Zeller bewusst ist. Obwohl die Reform ingesamt in die falsche Richtung gehe: „Politik heißt immer auch die beste Alternative zu wählen“, rechtfertigt er sein Stimmverhalten.  „Wenn wir gegen die Reform gestimmt hätten, wären wir mit anderen Regionen gleichgeschaltet worden und uns wäre nur mehr ein internationaler Protest gegen eine Verletzung des Pariser Vertrages möglich gewesen.“  Ganz auf der Linie des SVP-Granden auch Senatskollege Francesco Palermo: „Bei unseren Bemühungen ist uns ein starker autonomiefeindlicher Wind entgegengeweht“, wird er in einer SVP-Aussendung zitiert. „Es gilt, so schnell als möglich unsere Autonomie durch eine Änderung des Autonomiestatutes zu stärken“, so Palermo.

Ob der Schaden für Südtirols Autonomie damit tatsächlich abgewendet wurde, wie Parteiobmann Achammer betont? Noch hat die Reform und somit auch die Zugeständnisse an Südtirol weitere parlamentarische Hürden zu nehmen. Doch selbst wenn alles so läuft, wie es Matteo Renzi und die drei Südtiroler Senatoren geplant haben: Wie gut gebettet ist eine Autonomie in einem Zentralstaat? Eine Frage, die Alt-Senator Oskar Peterlini erst kürzlich auf salto.bz aufgeworfen hatte. „Lasst Euch nicht mit Autonomiezuckerlen abspeisen“, hatte er seine Nachfolger im Senat davor gewarnt, der Verfassungsreform zuzustimmen oder sie „auch nur passiv zu dulden“.  Gehört wurde er nicht. Zu Recht? Die Zukunft wird es zeigen. 

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Willy Pöder Sa., 09.08.2014 - 06:42

"(...) Senat passiert. Auch dank Südtirols Senatoren." Wenn oben abgebildetes Resultat zutrifft, dann waren die Stimmen der drei Südtiroler Senatoren für die Verabschiedung der Reform in erster Lesung keineswegs von besonderer Bedeutung, geschweige denn dafür ausschlaggebend.

Sa., 09.08.2014 - 06:42 Permalink
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gorgias Sa., 09.08.2014 - 09:35

Antwort auf von Willy Pöder

Die Kammer muss auch beschlussfähig sein. Wenn man bededenkt dass der Senat im Moment sammt Senatoren auf Lebenszeit 320 Mitglieder hat, so braucht es mindestens die Anwesenheit von 160 Personen. Ausschlaggebend sind die 3 Südtiroler Senatoren immer noch nicht, aber in einem Land, wo die Mehrheiten dahinschmelzen können 3 mehr auf Reseve nie schlecht sein. Außerdem hat dies auch mehr politischen Charakter, wenn die die Politiker die die Bevölkerung der Autonomen Provinz repräsentieren zustimmen, so ist das ein Zeichen der Zusimmung für die Regierung Renzi.

Sa., 09.08.2014 - 09:35 Permalink