Korngulden, Laitkorn, Hornbrot
In der ARUNDA-Ausgabe Nr. 11 von 1980 beleuchtet Siegfried W. de Rachewiltz das Brot im südlichen Tirol. Inmitten der äußerst interessanten Beiträge ist mir ein faszinierendes Thema aufgefallen, das in der heutigen Zeit weitgehend in Vergessenheit geraten ist: Das Korn als Zahlungsmittel.
Kornähren sind ein beliebtes Motiv auf Münzen und Geldscheinen. Schon Kaiser Augustus prägte die bekannte Ährenmünze. Und wir haben alle vergessen, dass hierzulande vor nicht allzu vielen Jahren noch bestimmte Arbeiten mit Korn, Mehl oder Brot bezahlt wurden. Viele dieser Arbeiten haben einen sakralen Hintergrund. Priester, Mönche, Organisten, Vorbeter usw. wurden für ihre kirchlichen Dienste mit Getreide oder Brot entlohnt. Auch Dienstleistungen im bäuerlichen Umfeld wurden auf dieselbe Weise behandelt. Der Bauer hatte in der Regel sehr wenig Bargeld zur Verfügung und benutze deshalb Korn und Brot, um Dienste zu bezahlen. Saltner, Hirten, Waaler, aber auch Nachtwächter, Totengräber und Hebammen wurden auf diese Weise entlohnt.
Der Ursprung zahlreicher „Gibigkeiten“, wie sie vor allem für Kirche und Klöster üblich waren, gehen auf das Zehentrecht zurück und die „Zehentgarbe“ oder der „Zehentwein“ geben Zeugnis dazu ab. Diese Abgabepflichten waren zum Teil sogar grundbücherlich eingetragen und festgeschrieben. Auch war die Abgabe an das Widum zum Beispiel so geregelt, dass der einzelne Bauer jedes Jahr eine andere Getreideart ablieferte.
Der Korngulden war die Grundlage für die Berechnung des Waaler-Lohnes. Demnach entsprach ein Star Korn einem Gulden oder 60 Kreuzern. Der Lohn wurde im Verhältnis der „Wailn“ oder „Roadn“ berechnet, also für die jeweilige Bewässerungsdauer. Das Korn wurde um Maria Lichtmess eingesammelt. Dabei wurden auch die zusätzlichen Waalschichten und Dienste verrechnet.
Das Laitkorn hat einen ganz besonderen Hintergrund. Die Aufgaben des Mesners waren nicht in jedem Dorf gleich. Für seine Dienste wurde der Mesner aber weitgehend in Naturalien entlohnt. Ein besonderer Dienst an die bäuerliche Bevölkerung war das Wetterläuten. Dies war war von größter Wichtigkeit und hat sich deshalb auch vielerorts bis in die heutige Zeit erhalten. Durch die Elektrifizierung des Geläutes ist aber ein wesentlicher Bestandteil des Wetterläutens verloren gegangen, nämlich das Ausführen des „Wetterstroaches“. Diesen auszuführen verlangte vom Mesner viel Geschick und Kraft. Es galt dabei nach drei normalen Glockenklängen den Zugstrick zu stoppen, um so die Glocke kräftig anschlagen zu lassen und eine Pause einzusetzen. Dieser „Wetterstroach“ sollte die Wetterhexen erschrecken und ihnen die Luft zum Atmen nehmen.
Für diesen besonderen Dienst wurde der Mesner auch extra entlohnt. Gemäß Laitkorn-Liste erhielt er von jedem Bauern die bestimme Menge Korn. Die Weinbauern gaben Wein und wo kein Getreide mehr wuchs, wurde mit Erbsen bezahlt.
Das Hornbrot war der Lohn des Hirten und Senners. Es wurde nach der Anzahl der Hörner, sprich Rinder, die auf die Weide oder Alm getrieben wurden, berechnet.
In die Reihe der mit Naturalien entlohnten Dienstleistungen zählten letztlich auch die Dienste der Gemeindeboten, Förster, Pfänder, Zaunaufseher, Wegmacher und Feldhüter, sowie den Saltner im Weinberg.
Längst vergessene Zeiten und doch tut uns die Erinnerung daran gerade in Zeiten von überzogenen Managergehältern und ungerechter Entlohnung gut. Die Entlohnung in Form von Korn und Brot, Eiern, Speck und sonstigen Naturalien stellte beim Einsammeln nicht nur den Kontakt zwischen Dienstleister und Nutznießer dar, sondern auch die Würdigung und die Achtung vor der geleisteten Arbeit. Leben und leben lassen, war der Grundsatz, der dieser Art von direkter Entlohnung zu Grunde lag.
Ein sehr schöner Beitrag,
Ein sehr schöner Beitrag, Sebastian! Habe deinen Artikel mit großem Interesse gelesen.
Danke Lidia, bist eine der
Danke Lidia, bist eine der Wenigen. Leider!
Grosse Klasse. Alle Achtung.
Grosse Klasse. Alle Achtung. Interessantes Wissen spannend aufbereitet. (romantisierende Schlussfolgerung ist dann Geschmacksache).