Gesellschaft | Inklusion

Integration in Südtirol gescheitert?

Autistischen Kindern und Jugendlichen wird der Zugang zu einem Freizeitpark verweigert. Diese Meldung schlug nicht nur bei vielen Eltern hohe Wellen.
Rollstuhl
Foto: Jon Tyson/Unsplash
  • Immer wieder werde das Leben betroffener Familien durch solche Aktionen erschwert, obwohl die Themen Integration und Inklusion von Personen mit Beeinträchtigung ein zentrales Thema aktueller Debatten sein dürften. Lucia Russo, Mitglied der Bürgerliste Pfitsch, weiß aus eigener Erfahrung zu berichten, dass sich solche Aktionen immer noch häufen. „Ein Vater erzählt, dass sein Sohn im Durchschnitt dreimal pro Woche bereits gegen 9.30 Uhr von der Schule abgeholt werden muss. Begründung der Schule: zu unruhig“, so Russo. Weitere konkrete Beispiele von Eltern würden bezeugen, wie schwierig sich der Alltag oftmals herausstelle. 

    Auch Elisabeth Fulterer, Gemeinderätin des Team K in Brixen, drückte ihr Bedauern über den jüngsten Vorfall im Freizeitpark aus. Unsere Gesellschaft sei in einem Wahn der Perfektion gefangen, wo Personen, die nicht in dieses Schema passen, ausgeschlossen würden, betont Fulterer. Politik und öffentliche Verwaltung seien bezüglich Fragen der Inklusion besonders gefordert. „Reicht es nicht aus, dass diese Familien schon so vieles anpacken müssen? Sollte es nicht eigentlich so sein, dass alle Menschen offener und sensibler sein sollten?”, so Russo und Fulterer. 

     

    „Auch diese Kinder und Jugendlichen haben ein Recht auf ein gleichwertiges Leben wie alle anderen.

     

    Die Landtagsabgeordneten Franz Ploner und Alex Ploner betonten ebenfalls, dass Beispiele von Freizeitparks, in denen Inklusion zusammen mit der Lebenshilfe gefördert werden, als Vorbilder gelten sollten. „Auch diese Kinder und Jugendlichen mit Beeinträchtigung haben Begabungen und ein Recht auf ein gleichwertiges Leben wie alle anderen“, so Franz und Alex Ploner. „Wichtig ist aber eine fortlaufende Sensibilisierung, Information und Weiterbildung in diesem Bereich“

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Salto User
Oliver Hopfgartner Fr., 02.08.2024 - 23:59

Ein sehr schwieriges Thema.
Inklusion ist wichtig. Allerdings muss auch die Frage erlaubt sein, wie weit Inklusion gehen muss. Inklusion und Integration muss sich zwangsläufig auch nach den Stärken und Schwächen des jeweiligen Menschen richten. Ist es Ableismus, wenn man sagt, dass ein Bürger ab einem Gewissen Grad der Einschränkung nicht dazu geeignet ist, Landeshauptmann zu werden? Definitiv nicht!

Integration und Inklusion bedeutet, jedem Menschen die Möglichkeit zu geben, sich nach seinen Möglichkeiten zu entfalten. Das impliziert aber auch, dass es Grenzen gibt. Ist es wirklich sinnvoll, wenn man einen Menschen mit Behinderung dazu zwingt, in einem Gymnasium zu sitzen, wo er das Buch verkehrt hält und offensichtlich mit vielen Inhalten überfordert ist? Oder wäre es manchmal vielleicht besser, wenn diese Person in einem Betrieb arbeitet und dort Hilfstätigkeiten ausübt und wirklich in einem Team integriert ist?

Man sollte sich die Situationen genau anschauen, bevor man jemandem Ableismus vorwirft. Integration und Inklusion sind erstrebenswerte Ziele, allerdings ist auch die Frage berechtigt, ob diese Ziele um jeden Preis verfolgt werden müssen.
Dreht doch die Perspektive mal um: Ist es wirklich so problematisch, wenn ein Freizeitpark Menschen mit Epilepsieneigung nicht in gewisse Bereiche des Freizeitparks lässt, in denen Licht- und Lärmreize epileptische Anfälle begünstigen können?
Ist es unverständlich, wenn sich Schüler die lernen wollen gestört fühlen, wenn der Unterricht ständig gestört wird?
Wenn jemandem Inklusion wichtig ist, dann muss er halt nach Lösungen für solche Konfliktpotenziale suchen. Das ist nicht einfach und erfordert Verständnis und Entgegenkommen von allen Beteiligten. Dafür gibt es keine Patentrezepte, denn das Spektrum des Einschränkungsgrad kann selbst bei ein und derselben Diagnose stark variieren. Es gibt Menschen mit Trisomie 21, die schwere Pflegefälle sind. Andere Menschen mit dieser Diagnose sind erwerbstätig und leben vollkommen selbstständig - selbstständiger als so manch "normaler" 30-Jähriger in Hotel Mama. Diese Unterschieden muss man auch beim Thema Inklusion berücksichtigen. Es ist eben nicht immer dasselbe Maß an Integration und Inklusion möglich.

Fr., 02.08.2024 - 23:59 Permalink
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K V Sa., 03.08.2024 - 07:34

Antwort auf von Oliver Hopfgartner

Wenn man für beeinträchtigte Menschen den Zugang zu Institutionen oder die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben einschränkt, besteht die Gefahr, dass die Institutionen aus Kostengründen und aus Bequemlichkeit eine Teilhabe ablehnen. Niemand zwingt jemanden ins Gymnasium, höchstens die Eltern wollen es nicht einsehen, dass es bessere Wege für ihr Kind gibt.

Sa., 03.08.2024 - 07:34 Permalink
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Alexandra Kienzl Sa., 03.08.2024 - 08:43

Antwort auf von Oliver Hopfgartner

"Das Buch verkehrt hält", geht's noch? Wieder mal das übliche Getrolle, kann nur den Kopf schütteln über so viel Überheblichkeit und Ignoranz. Kann nur wünschen, selber immer fit und voll leistungsfähig zu bleiben, damit man nie in die Situation kommt, ausgegrenzt zu werden. Niemand wird sein Kind bewusst in ein Umfeld versetzen, in dem es sich nicht wohlfühlt und sich nicht entfalten kann.

Sa., 03.08.2024 - 08:43 Permalink
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Salto User
Oliver Hopfgartner Sa., 03.08.2024 - 09:32

Antwort auf von Alexandra Kienzl

Das ist nicht erfunden, sondern wahr. Besagter Junge war Klassenkamerad von einem guten Freund von mir und meiner damaligen Freundin. Meine Kollegen haben sich auch nicht abschätzig über ihn geäußert, sondern eher die Eltern kritisiert, eben weil dieses Setting so absurd war.

Eltern können auch mal betriebsblind sein, gerade deswegen erfordert Inklusion eben auch Ehrlichkeit. Fordern ist gut, überfordern schadet hingegen.

Das gilt nicht nur für Inklusion. Bei Kindern, deren Eltern sie jedes Jahr in vier Tennis- oder Eishockeycamps schicken, obwohl sie nicht besonders talentiert sind, ist es doch dasselbe.

Insofern trolle ich hier nicht, sondern weise darauf hin, dass die Grenze zwischen Fördern, fordern und überfordern sehr individuell ist. Ich denke du bezeichnest mich nur als Troll, weil du deine Vorurteile auf mich projezierst, ohne mir zuzuhören.

Ich hatte mal einen blinden Patienten, dessen Eltern nicht wollte, dass er ein Studium anfängt. Inzwischen hat er den Bachelor abgeschlossen. Ich bin der erste, der sagt, dass es wichtig ist, Menschen mit Behinderungen zu unterstützen. Wenn ich sage, dass Inklusion aber nicht um jeden Preis erzwungen werden sollte, widerpricht das diesem Gedanken nicht. Ich bin also klar für inklusive Modelle und dagegen, Menschen mit Behinderung in Sondereinrichtungen abzuschieben. Die Inklusion muss sich aber wie gesagt auch an den Gegebenheiten orientieren. Du solltest also die Kirche im Dorf lassen.

Sa., 03.08.2024 - 09:32 Permalink
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Alexandra Kienzl Sa., 03.08.2024 - 09:52

Antwort auf von Oliver Hopfgartner

Mein Guter, diese Fälle wird es geben, sie sind aber mit Sicherheit die Ausnahme. Deine Kommentare zeigen, dass du nicht die geringste Ahnung hast, wie der Alltag von Familien mit beeinträchtigtem Kind aussehen, wofür wir kämpfen müssen (Selbstverständlichkeiten, ganz sicher nicht die Aufnahme in die Eliteschule), mit welchen Vorurteilen wir Tag für Tag konfrontiert werden, die du mit deinen unqualifizierten Äußerungen noch schürst. Worüber man nichts weiß, dazu soll man schweigen: Gelingt mir auch nicht immer, aber ich versuche es zumindest (oder frage bei jemandem nach, der sich auskennt, bevor ich mich äußere). Und Eltern dürfen ihre Kinder zum Glück in so viele Tenniscamps schicken wie sie wollen, nicht jeder hat den Anspruch, dass da ein Sinner rauskommen muss. Manchmal geht's einfach nur um den Spaß, das Mitmachen. Nimm mal die leistungsorientierte Brille ab, es gibt auch noch Anderes im Leben. Ganz bestimmt hat auch der Mitschüler deines Kollegen etwas in diesem Setting gelernt, aber wenn man nur das verkehrte Buch (shocking!) sieht, entgeht einem das natürlich.

Sa., 03.08.2024 - 09:52 Permalink
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Salto User
Oliver Hopfgartner Sa., 03.08.2024 - 10:34

Antwort auf von Alexandra Kienzl

In einer Sache hast du Recht: ich kann mir nicht vorstellen, wie der Alltag von Familien mit beeinträchtigten Kindern ausschaut und maße mir diesbezüglich auch kein Urteil an.

Umgekehrt sollte man aber auch aufpassen, bevor man Anderen Ableismus oder Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung oder deren Angehörigen vorwirft.

Das verkehrte Buch ist nicht der Grund für meine Kritik, sondern ein Symptom für ein Kind, das von seinen Eltern aus falsch verstandener Inklusion zur Teilnahme an Gymnasialunterricht gezwungen wurde. Er war massiv überfordert und hat darunter gelitten.

Ich denke wir sind uns einig darin, dass das ein Szenario ist, wie es eben NICHT sein sollte.

Mir geht es auch nicht un Leistungsorientiertheit, sondern um Wertschätzung. Ein Mensch mit Behinderung kann sich vielseitig einbringen. Ziel von Inklusion sollte es sein, dies zu ermöglichen.

Sa., 03.08.2024 - 10:34 Permalink
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K V Sa., 03.08.2024 - 11:34

Zum Titel: Integration in Südtirol gescheitert?
Es gibt noch viele Baustellen auf diesem Gebiet, keine Frage. Vorbildlich der Kampf der Eltern gegen die Missstände in den letzten Wochen. Besonders bei der Arbeitsintegration gibt es noch viel zu tun. Allerdings gibt es meines Wissens kaum ein Land wo Inklusion schon so weit fortgeschritten ist wie bei uns. Insbesondere Ö und D sind diesbezüglich noch viel weiter hinten und vor allem die schulische Inklusion in Südtirol wird von diesen Ländern als Vorzeigemodell betrachtet.

Sa., 03.08.2024 - 11:34 Permalink