Wirtschaft | Arbeit

Kluft zwischen Arm und Reich bleibt groß

Laut AFI-Barometer wird in Südtirol die Kluft zwischen Arm und Reich als groß wahrgenommen. Eine der Hauptursachen sei die nichtvorhandene angemessene Lohnpolitik.
Arbeit
Foto: Mohammad Danish;Pexels
  • Die im Juni 2024 vom Arbeitsförderinstitut AFI durchgeführte Studie zum Thema Verteilungsgerechtigkeit zeigt, wie wirtschaftliche Ungleichheiten von der Südtiroler Bevölkerung wahrgenommen werden. 8 von 10 Arbeitnehmer:innen schätzen die Kluft zwischen „Arm“ und „Reich“ in Südtirol als „groß“ (56 Prozent) bzw. „sehr groß“ (24 Prozent) ein. Nur 2 von 10 Befragten betrachten den Unterschied als unerheblich.

     

    „Ursachen, die tatsächlich auf lokaler Ebene korrigiert werden könnten.“

     

    Hauptursachen für die großen Unterschiede in der Gesellschaft seien laut Befragten die fehlgeleitete Lohnpolitik, gefolgt von der lokalen und nationalen Wirtschaftspolitik. Beides Faktoren, die nicht in der Hand der Arbeitnehmer selbst liegen. Weitere Gründe seien das persönliche Engagement am Arbeitsplatz, das Steuersystem oder die Folgen der Globalisierung. „Betrachtet man die Befragungsergebnisse in der Zeitreihe, so fällt auf, dass aktuell verstärkt Ursachen genannt werden, die nicht im Einflussbereich der Arbeitnehmer:innen liegen und die tatsächlich auf lokaler Ebene korrigiert werden könnten“, so AFI-Direktor Stefan Perini

    Auch zum Thema beruflicher Erfolg beantworteten Teilnehmer:innen Fragen. Dieser hänge nicht allein von Engagement und Fleiß ab, sondern auch weitere Aspekte würden eine wichtige Rolle spielen, so etwa die richtigen Beziehungen. Bezüglich Löhne gebe es ebenfalls noch Unzufriedenheit. 51 Prozent der Befragten sei „weniger“ bzw. „gar nicht“ zufrieden mit ihrem Gehalt im Vergleich zu den Lebenserhaltungskosten in Südtirol. „Für uns ist es die Bestätigung eines Alarmsignals und gleichzeitig eine Aufforderung, dem Phänomen genauer auf den Grund gehen zu müssen“, betont Perini.

  • AFI-Barometer: Die Kluft zwischen Arm und Reich wird von Südtirolern immer noch als groß wahrgenommen. Foto: AFI
Bild
Profil für Benutzer Factum Est
Factum Est

Wurde im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Leistungsverhältnis Deutschland-Italien erst dieser Tage veröffentlicht. Bezugnehmend auf Südtirol einmal Mehr die Auffälligkeit dass die Arbeitnehmer gezwungen werden fast umsonst zu arbeiten.

Fr., 09.08.2024 - 13:42 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Stereo Typ
Stereo Typ

"Eine der Hauptursachen sei die nichtvorhandene angemessene Lohnpolitik."
Warum reagiert die Politik nicht auf solche Studien? Das Ergebnis ist doch klar. Wenn Arbeitnehmer sogar um ihren Inflationsausgleich zittern müssen, ist wirklich keine Lohnpolitik vorhanden. Und warum macht die Landesregierung seit Jahren keine Lohnpolitik? Weil arbeitende Menschen und ihre Leistungen nicht wertgeschätzt werden, außer es handelt sich um Führungskräfte. Dahinter steckt eine arrogante, durchaus verächtliche Haltung. Menschen, die nicht viel verdienen und damit auch weniger finanziellen Spielraum in ihrem Leben haben, sind leichter zu regieren als Menschen, die einen angemessenen Lohn für ihre Arbeit bekommen und dementsprechend selbstbewusst und mitweilen auch fordernd auftreten.

Fr., 09.08.2024 - 16:09 Permalink

Ich muss es loswerden: Ich hasse im Prinzip Beiträge wie diese. Warum? Weil der "Titel" etwas als Fakt ausgibt was im Untertitel zur Wahrnehmung wird. Wahrnehmung und Fakt sind beileibe nicht das selbe.
Das Thema will ich natürlich keineswegs verharmlosen. Nur ist dieses Thema bald leidig. Die berüchtigte "Schere" war bereits in den 70-Jahren Thema. Also daran kann ich mich zumindest erinnern.
ÜBRIGENS: Dass es genau die Politik in der Hand hat das zu ändern ist offensichtlich. Allerdings müssen entsprechende steuerliche und rechtliche "Umschichtungen" von der Gesellschaft mitgetragen oder gefordert werden.

Vom AFI erwarte ich mir hingegen ganz andere "Studien", die als Ergebnisse Fakten präsentieren; z.B. wie es wirklich aussieht und zwar auf der Basis des Gesamtvermögens - heruntergebrochen auf das einzelne Individuum. Im Sinne von, wenn ich groß erbe und somit ein gutes Polster habe, dann tue ich mich mit 1.700 € Gehalt leichter als der Kollege mit 3 Kindern in Miete. Oder wenn ich mir momentan nur den 5er-BMW anstatt den 7er leisten kann, bin ich noch lange nicht arm.

@AFI 2
... Welche Antwort ist auf eine Frage wie diese zu erwarten: Glauben sie, dass Ihr Gehalt zu niedrig ist? Jede Antwort ist Meinung, Empfinden ... Wahrnehmung. Das würde ich ebenfalls als UMFRAGE und nicht als Studie bezeichnen.
... Eine STUDIE über die effektive Vermögenssituation würde hingegen die Wahrheit, also faktische Daten, an die Oberfläche bringen. Keine einfache Aufgabe freilich 😅
DAS wäre dann die Basis für politisches Vorgehen und rechtliche Entscheidungen. "Wahrnehmungs-Studien" sind diesbezüglich Futter für Populismus und fördern die Unzufriedenheit.

Sa., 10.08.2024 - 22:03 Permalink

Eine große Kluft zwischen Arm und Reich ist an sich kein Problem. Problematisch wird es, wenn die Armen nicht mehr auskommen. Objektiv betrachtet ist es aber zumindest bis vor einigen Jahren so gewesen, dass selbst die Ärmsten von heute reicher sind, als es die Ärmsten vor 10 oder 20 Jahren waren.
Sachen wie Elektrizität, Kühlschränke, fließendes warmes Wasser, Sanitäranlagen im Haus etc. waren in den 60ern in Südtirol keine Selbstverständlicheit. Heute haben de facto auch die Ärmsten Flachbildschirme, Handys und alle oben genannten Annehmlichkeiten.

Daher sollten wir in gewisser Hinsicht die Kirche im Dorf lassen und nicht zu viel sudern.

Andererseits sehe ich sehr wohl Umverteilungstendenzen von unten nach oben, doch diese sind bei genauerer Betrachtung meist politisch orchestriert. Ich denke da z.B. an Subventionen und den durch die Geldpolitik ausgelösten Cantillon-Effekt, der staatsnahe Opportunisten und staatskapitalistische, korporatistische Konzerne zu Profiteuren dieser Umverteilung macht, weswegen Lobbyarbeit auch so attraktiv und lukrativ ist.
Leider beschäftigen sich die meisten Leute nur mit Symptombekämpfung, anstatt die Ursachen anzugehen.

So., 11.08.2024 - 18:45 Permalink

Das kommt drauf an, wie genau du Staatskapitalismus definierst. Genau genommen ist eine Firma in Privateigentum staatskapitalistisch, die z.B. wie auch immer zu einer staatlich vergebenen Lizenz gekommen ist, die ihnen ein Monopol verschafft. In Südtirol gibt es auch zahlreiche solcher Beispiele.

Auch die Medizin ist letztlich staatskapitalistisch aufgebaut. Bis vor einigen Monaten hat noch fast jeder Patient einen Covidtest bekommen, weil Ärzte diesen gut mit der Kassa abrechnen konnten. Seit die Patienten das wieder privat zahlen müssen (ca 15€), macht kaum ein Patient mehr diese Tests.

So werden Gelder umverteilt - in der Regel vom Steuerzahler zu eben genannten Staatskapitalisten.

Mo., 12.08.2024 - 06:13 Permalink

Die Begrifflichkeit "Staatskapitalismus" stammt aus dem Sozialismus oder manche schreiben dies heutzutage auch China und ähnlich geführten Staaten zu.
In Europa gehört das von Ihnen angesprochene zur Grundversorgung des Staates, wie z. B. Infrastruktur, Gesundheitsversorgung, Agrarpolitik und soziale Sicherheit. Weitere oder weiter reichende Leistungen der vor gen. werden Transferleistungen genannt.
Mit Kapitalismus hat dies alles wenig gemein.

Mo., 12.08.2024 - 16:17 Permalink

Zu den Armen gehören heute ein großer Teil der Rentner, weil die Lebenshaltungskosten nicht angepasst werden oder nur zu einem geringen Teil. Und politisch kümmert sich niemand darum, um da etwas zu ändern.
Als alter Mensch bist/wirst du erst dann wargenommen, wenn du Therapie oder Pflege brauchst. Um einem angepassten Lebensstandart kümmert sich politisch niemand. Aber auch die Rentergewerkschaften und Seniorenverbände wirken lahmarschig oder haben schon die Hoffung aufgegeben.

Mo., 12.08.2024 - 10:30 Permalink