Wirtschaft | Landtag

300 Euro pro Buch

Ohne Ausschreibung hat der Landtag für seine neue Publikation „Kunst im Südtiroler Landtag“ 90.000 Euro ausgegeben. Es ist nicht das einzige Projekt, bei dem man bewusst die 40.000-Euro-Grenze für Ausschreibungen umgeht.
Buchvorstellung
Foto: Südtiroler Landtag
  • Maria Elisabeth Rieder will eine Polemik nicht gelten lassen. „Es ist wirklich eine Publikation geworden, die inhaltlich und formal nicht nur hervorragend gemacht ist, sondern auch einen bleibenden Wert hat“, sagt die Team-K-Landtagsabgeordnet, die seit Jahren auch im Präsidium des Südtiroler Landtages sitzt.
    Pünktlich zum Tag der Autonomie, am 5. September, hat der Landtag das Buch „Kunst im Südtiroler Landtag“ präsentiert, in der die umfangreiche Kunstsammlung im Landtagsgebäude vorgestellt wird.
    Landtagspräsident Arnold Schuler unterstrich bei der Buchvorstellung: „Es ist für viele überraschend, dass es im Landtag eine Sammlung von mehr als 100 Kunstwerken gibt.“ Die Kunstwerke stammen hauptsächlich von Südtiroler Künstlerinnen und Künstlern, aber auch von solchen aus anderen Regionen und Ländern. Daneben gibt es eine Vielzahl von Arbeiten aus Murano-Glas sowie Fresken, wie das bedeutende Fresko des Malser Künstlers Karl Plattner im Sitzungssaal. „Diesen Bestand wollen wir der Öffentlichkeit mit diesem umfassenden Kunstband zugänglich machen“, erklärte der amtierende Landtagspräsident. 
    Um dieses künstlerische Erbe auch Besucherinnen und Besuchern aus dem Ausland näherzubringen, wurde die Publikation in einer hochwertigen Ausgabe im Format 26 x 30 cm mit Hardcover und Schuber nicht nur in den drei Landessprachen Deutsch, Italienisch und Ladinisch, sondern auch in Englisch verfasst.

  • Vorstellung der Publikation (mit Karin Della Torre, Markus Neuwirth und Landtagspräsident Arnold Schuler): Die Kosten wurden nicht genannt. Foto: Südtiroler Landtag
  • Schuler erinnerte daran, dass das Projekt vom ehemaligen Landtagspräsidenten Josef Noggler initiiert wurde. Bei der Realisierung der Publikation war dem Landtag die wissenschaftliche Aufarbeitung der Sammlung wichtig. Mit dieser Aufgabe wurden renommierte Fachleute betraut, denen der Landtagspräsident einen besonderen Dank aussprach: neben dem Projektkoordinator Othmar Thaler, der Kunsthistoriker und Universitätsprofessor Markus Neuwirth, der auch Herausgeber des Buches ist, die Landeskonservatorin Karin Dalla Torre, sowie der Historiker, Archivar und Ausstellungskurator Hannes Obermair, der freie Autor und Glaskunstexperte Mauro Sperandio und die Kunsthistorikerin Francesca Taverna.
    Was man bei der Vorstellung bewusst ausgespart, sind aber die Kosten für dieses Werk

  • Das Stückwerk

    Das Buch ist wirklich schön und aufwendig gemacht. Gedruckt wurden 300 Exemplare. Die Kosten dafür 88.074,40 Euro. Das sind also rund 300 Euro pro Buch. Ein nobles und treures Gastgeschenk aus dem Südtiroler Parlament. Rechnet man zudem die Stunden dazu, die das Personal des Landtages für diese Projekt gearbeitet hat – allen voran das Amt für Amt für Zeremoniell, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit – so dürfte man auf einen sechsstelligen Euro-Betrag kommen.

  • 17 verschiedene Vergaben: Dazu kommt noch der Druckauftrag um knapp 30.000 Euro. Foto: SALTO
  • Damit diese Kosten nicht allzu sehr in Auge fallen, hat man das gesamte Projekt in 17 verschiedene Aufträge gestückelt, die vom September 2022 bis Juli 2024 direkt vergeben wurden. Alle Vergaben wurden dabei über das öffentliche Ausschreibungsportal des Landes gemacht. Eine Gesamtabrechnung wurde nur im Landtagspräsidium vorgelegt.

  • 80.000 Euro für Athesia

    Am 5. März 2024 hat der Südtiroler Landtag in Direktvergabe einen 2-Jahres-Vertrag zur „Veröffentlichung von Personal- und Beileidsanzeigen in der Tageszeitung Dolomiten“ abgeschlossen. Der Zuschlag erfolgte um 39.015 Euro.
    Genau vier Tage zuvor wurde bereits ein deckungsgleicher Zwei-Jahresvertrag zur „Veröffentlichung von Personal- und Beileidsanzeigen in der Tageszeitung Alto Adige“ vergeben. Auch hier liegt der Kostenpunkt bei 39.044,80 Euro.
    Es ist natürlich nur ein Zufall, dass die Vergabesummen knapp unterhalb der Ausschreibungsgrenze von 40.000 Euro liegen. Nur so können diese Aufträge als Regiearbeiten direkt vergeben werden.
    Das Geschäft mit dem Tod und dem Personal funktioniert für den Ebner-Verlag. Beide Verträge wurden mit Unternehmen des Athesia-Konzerns abgeschlossen. 

  • Für diese Vorgangsweise gibt es einen einfachen Hintergrund: Damit hat man die 40.000 Euro-Grenze, ab der Aufträge öffentlich ausgeschrieben werden müssen, bewusst umschifft. Was durchaus zum Instrumentarium des Landestages gehört (siehe obenstehenden Kasten).

... wird aber mit der stets betonten Sparsamkeit + "sehr" sorgfältigem Wirtschaften, den eigenen Bediensteten in den unteren Rängen, bei den Spitälern, Altersheimen + Büros vom Teller gespart!

Di., 10.09.2024 - 21:49 Permalink