Politik | EU

Abkehr vom Green Deal?

Der ehemalige EZB-Präsident Draghi hat kürzlich seinen Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit der EU vorgestellt. Wird damit die Abkehr vom Green Deal hin zu einer „industriellen Aufrüstung“ eingeläutet? „Nein“, sagt Herbert Dorfmann, „ganz im Gegenteil.“
Herbert Dorfmann
Foto: Zuaglost
  • Vor gut einer Woche (17. September) hat Mario Draghi, ehemaliger Präsident der Europäischen Zentralbank und italienischer Ministerpräsident, im Auftrag von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen seine Ideen für die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit vorgestellt. Die EU müsse sich, so Draghi, dabei auf drei entscheidende Themen konzentrieren: die Innovationslücke zu den USA und China schließen, einen gemeinsamen Plan entwickeln, um das Ziel der Dekarbonisierung mit einer höheren Wettbewerbsfähigkeit zu verbinden, und die Sicherheit Europas stärken und seine Abhängigkeit von ausländischen Wirtschaftsmächten verringern. 

     

  • Rund 800 Milliarden

    Mario Draghi: Der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank und italienische Ministerpräsident hat vor einer Woche seinen Bericht zur Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit vorgestellt. Foto: governo.it

    Um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, sei eine jährliche Finanzierung von 750 bis 800 Milliarden Euro notwendig. Die Mittel dafür sollten zum einen von privaten Investoren kommen, zum anderen aus der Ausgabe neuer gemeinsamer Schuldtitel, vor allem wenn es um die Finanzierung gemeinsamer Projekte geht. In der anschließenden Debatte war unter anderem von einem Kurswechsel die Rede, den die EU-Wirtschaft dringend benötige. So sollte sich die EU auf den Wettbewerb und die Innovation in den Schlüsselindustrien konzentrieren, kombiniert mit mehr öffentlichen und privaten Investitionen in den sozialen, grünen und digitalen Wandel. Einige Abgeordnete forderten allerdings auch mehr Souveränität und freiere Märkte. Sie erklärten, dass der Kampf gegen den Klimawandel die EU-Wirtschaft hemmen würde. Diese Argumentation stieß wiederum auf die Kiritik jener, die überzeugt davon sind, dass Wachstum mit sauberen, innovativen Technologien und sozialen Investitionen vereinbar sei. Ist das Draghi-Papier nun die Kehrtwende in der europäischen Wirtschaftspolitik? Wie EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann auf Nachfrage von SALTO erklärt, sei es kein Zufall, dass der Bericht gerade jetzt veröffentlicht wurde. Die Präsentation fiel praktisch mit der Ernennung der neuen Kommissionsmitglieder bzw. mit dem Beginn der neuen Amtszeit von Kommissionspräsidentin von der Leyen zusammen. Auch habe von der Leyen letztens mehrfach betont, dass dieser Bericht gewissermaßen als Leitlinie für ihre Arbeit in den kommenden Jahren dienen soll. 

  • EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann: „Die große politische Mitte des Parlaments äußerte durchwegs ihre Zustimmung zu diesem Bericht.“ Foto: Seehauserfoto
  • „Die große politische Mitte des Parlaments äußerte durchwegs ihre Zustimmung zu diesem Bericht. Natürlich interpretiert jeder Abgeordnete das Dokument aus seiner Perspektive und pickt sich sozusagen die für ihn relevantesten Aussagen heraus“, sagt Dorfmann. Im Bericht seien aber auch viele Aspekte enthalten, die im Interesse des „links-grünen Spektrum“ seien, wie beispielsweise das Thema öffentliche Verschuldung und Investitionen in grüne Technologien. „Insofern ist der Bericht nicht nur Ausdruck der liberalen Wirtschaftsausrichtung, sondern im Gegenteil: Der Bericht zeigt uns, wie wir unseren Wohlstand und den Sozialstaat erhalten können“, so der EU-Parlamentarier. Angesprochen auf einen der zentralen Punkte – die Abkehr von den fossilen Energien – erklärt Dorfmann, dass dies nicht notwendigerweise höhere Kosten für die Endverbraucher zur Folge haben müsse. „Bereits heute sind viele nachhaltige Energieformen, wie Wind- und Sonnenenergie, in der Produktion günstiger als die Gewinnung von Energie aus fossilen Brennstoffen“, so Dorfmann. Insofern müsse das Ziel darin liegen, die Produktion nachhaltiger Energien auszubauen und damit den Preis zu senken. 

     

    „Der einzige Bereich, in dem Europa heute weltweit führend ist, ist der Bereich der grünen Technologien.“

     

    Den Kritikern der Energiewende zufolge ist der „grüne“ Strom vor allem dann billig, wenn die Sonne scheint und der Wind weht – fehlt die Unterstützung durch Mutter Natur und es herrscht Flaute bzw. scheint die Sonne nicht, muss teurer Kohle- und Atom-Strom zugekauft werden. „Genau, das ist das Problem. Der Draghi-Bericht fordert allerdings nicht die Rücknahme der Energiewende oder die Abwicklung des Green-Deals, sondern das genaue Gegenteil“, erläutert Dorfmann und betont: „Der einzige Bereich, in dem Europa heute weltweit führend ist, ist der Bereich der grünen Technologien. Hier verfügen wir über einen wichtigen Wettbewerbsvorteil gegenüber allen anderen Playern auf dem Markt.“ Diesen Wettbewerbsvorteil und den Wissensvorsprung dürfe man jedoch nicht verspielen. Somit bestehe die Herausforderung darin, die „grünen“ Energien konstant verfügbar und damit günstiger zu machen. Gelingen soll dies mit dem Ausbau der Speicherkapazitäten, erklärt Dorfmann mit Verweis auf Südtirol und die derzeitige Diskussion über den Bau von Pumpspeicherkraftwerken. „Wenn man mehr nachhaltige Energie will – und nicht in Spitzenzeiten teure fossile Energie zukaufen will – dann wird man auf solche Speichertechnologien setzen müssen“, ist Dorfmann überzeugt. 

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Christian I Mo., 23.09.2024 - 14:25

Draghi é quello che non ne ha azzeccata una sui grandi temi degli ultimi anni; ricordo in particolare le previsioni sul crollo economico della Russia... E nonostante ció c'é ancora gente che pende dalle sue labbra. Possibile che non ci sia gente piú preparata in Europa??

Mo., 23.09.2024 - 14:25 Permalink
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Andrea Terrigno Mo., 23.09.2024 - 15:46

...immer wieder dieselben dahergebrabbelten und nachgeplapperten Klugscheizereien...
noch nie daran gedacht, dass es besser sei, wenn jede*r weniger, dafür alle genug hätten, ihr profitgeilen Machtuhren? Bitte beim letzten Wort h und u vertauschen.

Mo., 23.09.2024 - 15:46 Permalink
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Paul Tasser Di., 24.09.2024 - 08:32

Zitat: jeder weniger dafür alle genug....
Das klingt so gut und einleuchtend, wie das aber zu erreichen ist, vermag ich mir nicht vorzustellen. Vielleicht können Sie mir(uns) das nachreichen,würde mich sehr interessieren.

Di., 24.09.2024 - 08:32 Permalink
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Josef Fulterer Do., 26.09.2024 - 06:47

Die NEO-LIBERALE ASRICHTUNG vom Dorfmann + den weiteren -e d l e n- Strathegen in der EU, hat bereits zuviel UNHEIL angerichtet!
"Eine neue WERT-ORDNUNG," in der auch "die viele unbezahlte Arbeit," die derzeit von den ALLER-OBERSTEN gefordert wird, um noch mehr Geld ein-zu-sacken, "muss dringend eingeführt werden!"

Do., 26.09.2024 - 06:47 Permalink