Politisch motivierte Studie?
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Vor gut einer Woche (30. September) wurde an der Eurac Research eine Studie zu Diskriminierung und Alltagsrassismus von Lehrlingen vorgestellt. Diese wurde im Auftrag der Gewerkschaft AGB-CGIL am Center for Migration and Diversity der Eurac durchgeführt. Verantwortlich zeichneten Johanna Mitterhofer und Kseniia Obukhova (Designer Freelance).
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Wie es in der Presseaussendung heißt, wird über das Thema Lehrlinge und Diskriminierung zu wenig geredet. In ihrer rund 30 Seiten umfassenden Arbeit kommt Mitterhofer zur Erkenntnis, dass Alltagsrassismus, Mikroaggressionen und strukturelle Diskriminierung Teil des Schul- und Arbeitslebens der Lehrlinge sei, auch wenn die befragten Personen nur wenige explizite Vorfälle von Diskriminierung und Rassismus nennen. Weiters seien sich viele Lehrlinge nicht bewusst, dass bestimmte Erfahrungen, insbesondere Mikroaggressionen, als Diskriminierung oder Rassismus bezeichnet werden können und sollten. „Viele Lehrlinge kennen ihre Rechte und Pflichten nicht und wissen nicht, was Arbeitgeber dürfen und was nicht. Dadurch können sie leicht zu Opfern von ungerechter Behandlung oder Ausnutzung werden“, wird Mitterhofer in der Pressemitteilung zitiert. Für die Studie hat die Forscherin Fragebögen ausgewertet, die von Lehrlingen aus drei Südtiroler Berufsschulen ausgefüllt worden waren, Interviews mit Fachleuten aus den Bereichen Berufsbildung, Schule, Arbeit und Integration geführt und Workshops mit Lehrlingsklassen durchgeführt.
Studie: Lehrlinge, Diskriminierung und Alltagsrassismus in SüdtirolDie Datenerhebung zur Studie „Lehrlinge, Diskriminierung und Alltagsrassismus in Südtirol“ erfolgte von Dezember 2023 bis März 2024 mittels eines quantitativen Fragebogens, der von 60 Lehrlingen aus drei Südtiroler Berufsschulen ausgefüllt wurde, 13 teilstrukturierten Interviews mit Fachleuten aus den Bereichen Berufsbildung, Schule, Arbeit und Integration und zwei partizipativen Workshops mit Lehrlingsklassen. Der Fragebogen untersuchte die Erfahrungen von Lehrlingen während ihrer Ausbildung, ihre Zufriedenheit mit der Ausbildung, ihre Zukunftspläne und eventuelle Diskriminierungserfahrungen, während die Interviews auf die Herausforderungen bei der sozioberuflichen Integration von Lehrlingen, insbesondere jener mit Migrationshintergrund eingingen. In den zwei Workshops, die in Zusammenarbeit mit einer auf partizipative Methoden spezialisierten Designerin entwickelt wurden, reflektierten Forschende und Lehrlinge gemeinsam die Erfahrungen während der Lehrlingsausbildung – vom Arbeitsumfeld bis hin zu den Beziehungen zu Kollegen und Kolleginnen und Vorgesetzten – und vertieften anschließend die problematischen Aspekte, die dabei zutage traten: von niedrigen Löhnen und unflexiblen Arbeitszeiten bis hin zu Diskriminierung und Rassismus.
Schlag ins GesichtDie Studie wurde in den verschiedenen Südtiroler Medien aufgegriffen, wo zusammengefasst von einer substantiellen Diskriminierung von Lehrlingen mit ausländischen Wurzeln im Schulalltag und in der Arbeitswelt die Rede ist. Diese Darstellung bleibt jedoch nicht ohne Widerspruch. Dieter Zwerger, Generalsekretär der Freiheitlichen und Inhaber eines Handwerksbetriebes, bezeichnet die Eurac-Studie als Schlag ins Gesicht für die Handwerksbetriebe.
Laut Zwerger handle es sich bei dieser Arbeit um eine politisch motivierte Studie mit vorgegebenem Ausgang. „Es wurde krampfhaft nach Beweisen für angebliche Diskriminierungen ausländischer Lehrlinge gesucht, was bei genauerem Durchlesen nicht gelungen ist, aber strikt behauptet wird“, so der Freiheitliche Generalsekretär, der seinerseits eine Abwertung der Lehrlinge in der Studie erkennen will. Laut Studie seien sich die Lehrlinge nämlich nicht bewusst, dass bestimmte Erfahrungen, insbesondere Mikroaggressionen, als Diskriminierung oder Rassismus bezeichnet werden können und sollten. „Die Devise scheint demnach zu sein, dass Lehrlinge zwar zu einem großen Prozentsatz angeben, nicht diskriminiert zu werden, ihnen aber von der EURAC die Mündigkeit, Diskriminierungen zu erkennen, abgesprochen wird. Diese Abwertung der Lehrlinge stellt jedoch deren wahre Diskriminierung dar“, so Zwerger. Den Geist der Studie spiegle auch die Aussage wider: „Dadurch, dass der Begriff ‚Diskriminierung‘ viele Definitionen hat, gibt es viel Raum für Interpretation.“ Laut Zwerger entlarvten sich die Autoren damit selbst. „Es wird so lange gesucht und interpretiert, bis man zum gewünschten Ergebnis kommt.“ Versteckt zwischen wissenschaftlichen Theorien würde auch bei dieser Studie irgendwann die „Katze aus dem Sack gelassen, wenn das Versagen des Schulsystems sowie der von uns Freiheitlichen wiederholt thematisierten mangelnde Willen zur Integration besonders von Seiten der Eltern einfach den Betrieben in die Schuhe geschoben wird“. Besonders sauer stößt dem Freiheitlichen die in der Studie zitierten Aussage „Vielleicht sollten es die Unternehmen selbst sein, die diese jungen Leute dazu drängen, etwas zu tun. Aber manchmal denke ich, dass es ihnen recht ist, dass sie nicht alles verstehen“ auf. „Dies sind zwei ungeheuerliche Aussagen, welche die Leidtragenden, sprich Betriebe, deren Lehrlinge schlecht unterrichtet wurden und daher sprachlich Schwierigkeiten haben, zu Profiteuren machen, welchen es sogar recht sein soll, dass ihre Angestellten sie nicht verstehen. Allein dieser Satz entlarvt die Studie als bewusste Verunglimpfung der Südtiroler Handwerksbetriebe und als ideologisch gefärbte Schein-Studie, welche die Handwerker öffentlich vorführt, anstatt ihnen zu danken, dass sie tagtäglich gelebte Integration betreiben. Das können und werden wir Freiheitlichen nicht stillschweigend akzeptieren“, wettert Zwerger, der weiters die Behauptung kritisiert, dass die meisten Betriebe nicht an der schulischen Ausbildung interessiert seien.
„Wir haben in Südtirol viele gute Wissenschaftler und viele gute wissenschaftliche Studien. Die hier genannte gehört definitiv nicht dazu.“
„Betriebe suchen sehr wohl die Kooperation mit den Berufsschulen. Zudem gehen sämtliche Schulbesuche in den Mittelschulen sowie Betriebsbesichtigungen für Mittelschüler und -schülerinnen ausnahmslos von den Betrieben aus. Ich selbst gehöre seit Jahren zu den Organisatoren dieser Aktivitäten in meiner Heimatgemeinde Kaltern. Wenn man also aus politischer Motivation Südtirols Handwerksbetriebe in ein schlechtes Licht rücken will, so rufe ich die Autoren dieser Studie auf, dies im privaten Rahmen oder in einer politischen Partei zu machen. Ein absolutes Unding ist es jedoch, dieses Ansinnen unter dem Deckmantel der Wissenschaft mit öffentlichen Geldern finanzieren zu lassen. Wir haben in Südtirol viele gute Wissenschaftler und viele gute wissenschaftliche Studien. Die hier genannte gehört definitiv nicht dazu.“
Es ist also laut Ihnen alles…
Es ist also laut Ihnen alles in bester Ordnung, Herr Zwerger.
Die Bösen sind immer die Anderen.
Laut dem Untertitel dieses…
Laut dem Untertitel dieses Artikels geht es in der Studie um den Rassismus von Lehrlingen und nicht gegen Lehrlinge. Das ist natürlich etwas seltsam und wirft die Frage auf, ob der Rest des Artikels, oder gar die betreffende Studie, ebenso oberflächlich verfasst wurde.
Antwort auf Laut dem Untertitel dieses… von Hartmuth Staffler
Die Reaktion auf meinen…
Die Reaktion auf meinen Kommentar ist sehr schnell erfolgt. Gratulation.
Es ist wirklich…
Es ist wirklich bemerkenswert, wie oft Diskriminierung von manchen Menschen gewisser Parteien gar nicht wahrgenommen oder sogar als selbstverständlich hingenommen wird.
Ähnlich verhält es sich mit der Direktorin der Goethe-Schule, die es offenbar einfach nicht begreifen kann.
Wenn wir in Zukunft eine Gesellschaft anstreben, in der die zweite oder dritte Generation von Einwanderern integriert und friedlich zusammenlebt, und nicht – wie in vielen europäischen Ländern – am Rand der Gesellschaft lebt, dann müssen wir jetzt die richtigen Weichen stellen.