Umwelt | Nachhaltigkeit

Mehr Schutz für Biotope?

Das Land will künftig Biotope ankaufen, die besonders geschützt werden müssen. Eine Million Euro pro Jahr soll dafür locker gemacht werden. Doch wie sinnvoll ist das? SALTO hat beim Nachhaltigkeits-Experten Philipp Nagel nachgefragt.
Hier beim Biotop-Schild beginnt der Steig zum Wangener Bach
Foto: Oswald Stimpfl
  • Vor Kurzem wurden die Kriterien zum Ankauf von Biotopen genehmigt. Laut dem Nachhaltigkeitsexperten Philipp Nagel ein Schritt in die richtige Richtung.

  • Landesrat Peter Brunner: „Angekauft werden können Gebiete, die aufgrund ihrer besonderen Merkmale und natürlichen Gegebenheiten eines besonderen Schutzes bedürfen.“ Foto: Seehauserfoto

    „Angekauft werden können Gebiete, die aufgrund ihrer besonderen Merkmale und natürlichen Gegebenheiten eines besonderen Schutzes bedürfen“, so der zuständige Landesrat Peter Brunner. Dieser Schutz solle durch den Erwerb des Eigentums an besagten Gebieten bestmöglich gewährleistet werden. Das Budget von einer Million Euro steht jährlich für den Ankauf von Biotopen zur Verfügung. Ein Gutachten des Landesamtes für Natur verifiziert die Anwesenheit dieser Kriterien. Stehen mehrere Flächen zur Auswahl, wird der größtmögliche ökologische Mehrwert als entscheidendes Kriterium herangezogen. Bereits im Jahr 2020 wurden das Biotop „Englisch Moos“ in Naturns und eine Fläche im Schilfgürtel am Kalterer See angekauft. Die Gebiete mit einer Gesamtfläche von 4,36 Hektar brachten die Zahl, der im Besitz des Landes stehenden Biotope, auf 20. Insgesamt gibt es 242 Biotope in Südtirol.

  • Ein Biotop (griech.: bios = Leben, topos = Ort) ist ein natürlicher Lebensraum, der eine bestimmte Lebensgemeinschaft beherbergt und durch verschiedene Standortfaktoren wie beispielsweise Klima, Boden, Nutzung geprägt wird.

  • Ein für den Ankauf geeignetes Gebiet muss folgende Kriterien aufweisen:

    • Einen durch das Naturschutzgesetz geschützten Lebensraum darstellen oder gemäß der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) oder der Vogelschutzrichtlinie der EU geschützte Fauna und Flora beherbergen
    • Unmittelbare Angrenzung an ein bestehendes Schutzgebiet (Biotop, Naturpark, Naturdenkmal) und Eignung als Pufferzone für das Schutzgebiet oder potenziell ökologisch wertvollen Lebensraum darstellen
    • Natürliches und ökologisch wichtiges Element des Schutzgebietsnetzes im Sinne der FFH-Richtlinie oder durch Renaturierung in einen geeigneten Lebensraum umwandelbar.

     

  • Optimistische Aussichten

    Philipp Nagel: „Es sieht so aus, als würde die Landesregierung anfangen, den Klimaplan ernst zu nehmen.“ Foto: Xing

    Dieser Beschluss wird von Philipp Nagel als guter Schritt in Richtung nachhaltige Zukunft gewertet. Nagel ist ehemaliger Direktionsassistent der Abteilung Landwirtschaft der Autonomen Provinz Bozen und nun Umwelt- und Nachhaltigkeitsberater der Firma Systent GmbH. Trotz des positiven Ansatzes bewahrt dieser Beschluss jedoch nur bereits geschützte Gebiete und vernachlässigt die „großen ökologischen Druckstellen“. Dass das Land Biotope ankauft, erachtet der Experte als positiv, jedoch werde das Budget von einer Million Euro im Jahr nicht ausreichen, um großflächige Veränderungen in die Wege zu leiten. Die Monotonie der Lebensräume in den landwirtschaftlich genutzten Talsohlen Südtirols gefährde die Artenvielfalt, weshalb es deutlich sinnvoller wäre, Korridore zwischen geschützten Gebieten zu schaffen und Biotope nicht abzugrenzen. Als ein Beispiel von vielen führt er das Biotop Falschauer in Lana an. Dieses sei durch viel befahrene Straßen abgekapselt und lasse daher kaum Entfaltung für Flora und Fauna zu. Auch wenn die vorgesehenen Mittel seiner Einschätzung nach nicht genügen, ist Nagel positiv gestimmt: „Es sieht so aus, als würde die Landesregierung anfangen, den Klimaplan ernst zu nehmen.“

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Franz Pattis Do., 03.10.2024 - 00:13

Antwort auf von opa1950

@opa1950
Ich hätte einen Vorschlag für den Naturschutz-Landesrat Peter Brunner:
er könnte mit dieser Million Euro der Firma PROGRESS den Brixner Auwald abkaufen und diese drei Hektar dann als Biotop ausweisen! So wie es die Umweltgruppe Eisacktal Hyla bereits im Juni 2018 in einer Presseaussendung gefordert hat, siehe vorletzter Absatz:
https://www.dropbox.com/scl/fi/5no3dx2ycgxvotb3r8zb2/UG_Eisacktal_Brief…
oder:
https://www.umwelt.bz.it/aktuelles/neuigkeiten/archiv/ug-eisacktal-offe…
NB. Die Firma PROGRESS hat 2019 den Auwald in der Brixner Industriezone dem Vinzentinum abgekauft und möchte an der Stelle dieses sehr wertvollen Vogelhabitats und CO2 Speichers ein neues BETON-Gebäude bauen! In Zeiten des rasanten Klimawandels ist dieses Vorhaben übrigens ein regelrechtes Umweltverbrechen!!!
Apropo: der Brixner Auwald würde auch das im obigen Pressetext genannte dritte Kriterium für den Ankauf eines Biotopes erfüllen und zwar jenes der Renaturierung. Mit einem unterirdischen Rohr zum nahen Eisack hin könnte der Wald wieder mit Wasser versorgt werden damit typische Auen-Pflanzen sich wieder vermehrt ausbreiten können. Und bei Hochwasser könnte das Rohr einfach geschlossen werden!
Zudem entspricht der Brixner Auwald auch dem Schlusssatz des zweiten Biotop-Ankaufskriteriums, nämlich: „potenziell ökologisch wertvollen Lebensraum darstellen“ bzw. ganz im Sinne der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) und der Vogelschutzrichtlinie der EU. Details dazu auch im obigen link der Presseaussendung der Umweltgruppe Eisacktal Hyla….

Do., 03.10.2024 - 00:13 Permalink
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Salto User
opa1950 Do., 03.10.2024 - 06:22

Finde ihre Idee gut. Vielleicht möchte aber Brunner als ehemaliger Bürgermeister von Brixen ,damit seine kleine Schuld an dem Debakel wieder gutmachen. War es nicht Brunner der mit der Progress und der Kirche "Muser " seiner Zeit
an den Verhandlungen teilgenommen hat?

Do., 03.10.2024 - 06:22 Permalink
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Gregor Beikircher Do., 03.10.2024 - 10:06

Der Brixner Auwald konnte als solcher und auch als Trinkwasserreserve-Speicher bis vor wenigen Jahren, als plötzlich die Progress-Group das Areal vom Vinzentinum abkaufte, erhalten werden. Das Areal wurde allerdings in den letzten Jahren völlig vernachlässigt, zwischen Industriegebäuden und Straßen eingezwängt und wurde von jeglicher Wasserzufuhr abgetrennt.
Da im Industriegebiet in nächster Nähe brache Produktionsflächen vorhanden sind, könnte die Landesverwaltung den Auwald wiederum als natürliches Gut ankaufen und der Naturrierung zuführen. Es erfüllt alle natürlichen Grundlagen eines kleinen Ökosystems und stellt zusammen mit dem an der anderen Flussseite etwas nördlicher gelegenen Biotop Millanderer Au die ideale Voraussetzung der Renaturierung, wie diese kürzlich vom europäischen Parlament beschlossen worden ist.
Es ist völlig unverständlich, wie vor wenigen Jahren eine "Hyla" (Vorstand der Umweltgruppe Eisacktal) der Vorgangsweise zustimmen konnte, dieses letzte Fleckchen Auwald einem Betonwerk zu widmen mit dem Versprechen, auf der anderen Seite eine weit kleinere Fläche dem Millanderer Biotop zuzuführen, welche erst nach Jahrzehnten der Regenierung vielleicht bzw. eher nie den Auwald dieseits ersetzen könnte.
Jetzt wäre die Zeit gekommen, wo der Auwald wirklich wiederum dem ursprünglichen Zustand zugeführt werden könnte und zusammen mit der Erweiterung des Millander Biotops einen idealen Aufenthaltsort der nur mehr seltenen Tier- und Pflanzenarten der Roten Liste sein könnte und zudem ein notwendiges Areal für Rückhaltung von übermäßigen Wassermassen bei Überflutungen darstellen kann.
Hier kann sich die Landesverwaltung und die Gemeinde beweisen, wieviel ihr dieser notwendige Schutz wert ist. Als Ökologe und Erdwissenschaftler rufe ich dringend zu diesem Vorgehen auf, wenn wir noch einiges an natürlichem Geleichgewicht erhalten wollen.

Do., 03.10.2024 - 10:06 Permalink
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Felix von Wohlgemuth Do., 03.10.2024 - 17:54

Nur damit ich es verstehe: Ein Biotop ist ja bereits streng geschützt und als Eigentümer kann ich damit eigentlich rein gar nichts machen....und jetzt wird ein Programm aufgelegt, um eine (im ökonomischen Sinne) wertlose Liegenschaft den jeweiligen Eigentümern abzukaufen? Da werden sich einige aber freuen.....

Do., 03.10.2024 - 17:54 Permalink
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Josef Fulterer Di., 08.10.2024 - 07:10

1.- Bach begradigen ...
2.- dadurch frei gesetzte Kultur-Gründe um ein Butterbrot verteilen ...
3.- die Kultur-Gründe zum Marktpreis wieder RENATURIEREN ..., ist schwerer Seh-Fehler von politischer Weitsicht ...

Di., 08.10.2024 - 07:10 Permalink