Politik | Vor Gericht

„Zuerst sollte er sich entschuldigen“

50.000 Euro, das verlangen Rita Mattei und ihr Verteidiger für den beleidigenden Facebook-Post den Jürgen Wirth Anderlan 2022 veröffentlichte. Bis dato gibt es weder ein Gerichtsurteil noch eine private Lösung zwischen den Politikern.
Rita Mattei
Foto: facebook/Rita Mattei
  • Heute fand eine weitere Verhandlung in der „Vogelnest-Causa“ zwischen Rita Mattei und Jürgen Wirth Anderlan statt. Das Ergebnis wird Anfang Dezember erwartet, die Richterin rät den beiden jedoch, die Angelegenheit außergerichtlich zu klären. Dies gestaltet sich jedoch schwierig, zumal sich die Kriegsparteien nicht ganz einig über den Hergang eines Annäherungsversuchs und einer damit verbundenen möglichen Lösung sind.

  • Die Hintergründe

    Bereits seit zwei Jahren hängt der Haussegen zwischen den beiden Südtiroler Politikern schief. Der Prozess geht, wie könnte es anders sein, auf die Corona-Pandemie zurück. 2022 hatte sich die damalige Landtagspräsidentin Rita Mattei hinter die Landeshauptmänner Arno Kompatscher und Maurizio Fugatti gestellt, nachdem diese Drohbriefe unter anderem mit Schusspatronen zugeschickt wurden. Auch die Tageszeitung „Alto Adige“ erhielt einen solchen Brief. Die Täter sah Mattei klar in der No Vax-Szene. Der Kopf dieser Bewegung in Südtirol ist zweifelsohne Jürgen Wirth Anderlan. Der bärtige Charakterkopf sieht sich auch selbst als diesen und wollte Matteis Anschuldigungen deshalb nicht auf sich sitzen lassen. In einem Facebook-Beitrag machte der (mittlerweile) Landtagsabgeordnete Anspielungen auf Matteis Frisur, nannte sie die „Präsidentin der Vogelnester“ und stellte sich die Frage, ob „der Lockenstab zu heiß oder das Blondierungsmittel zu hoch konzentriert“ gewesen waren. Die einstige Präsidentin des Landtags fühlte sich zutiefst beleidigt, zumal Anderlan sie nicht in ihrem Amt als Politikerin, sondern auf persönlicher Ebene insultiert habe. Die Folge: Die Lega-Politikerin erstattete Anzeige gegen den ehemaligen Schützenkommandanten und forderte 50.000 Euro Schadensersatz wegen übler Nachrede und Verleumdung. So weit, so klar.

  • Uneinigkeit über eine mögliche Lösung

    Ab hier beginnen sich die Schilderungen der beiden Politiker zu trennen. Im Januar des laufenden Jahres 2024 hielten die beiden eine Aussprache, bei der Wirth Anderlan Mattei angeboten haben soll, das ganze außergerichtlich zu klären. Mattei erinnert sich, dass sie dem Kalterer damals gesagt habe, dass er gerne ein Angebot an ihren Anwalt senden könne. „Seit diesem Zeitpunkt haben weder ich noch mein Anwalt etwas von ihm gehört“, so die ehemalige Landtagspräsidentin. Anderlan schildert das ganze etwas anders: „Ich habe Mattei damals angeboten, eine gewisse Summe für einen sozialen Zweck zu spenden, wenn sie die Anklage fallen lässt. Von meinem Anwalt habe ich dann aber erfahren, dass sie und ihr Verteidiger 10.000 Euro verlangen, also ging der Prozess weiter.“ Mattei bestätigt das Angebot der Spende dementiert jedoch, dass ihr Anwalt jemals Geld von der anderen Partei verlangt hat.
    „Er hat sich bis heute noch nicht einmal bei mir entschuldigt“, äußert sie empört. Sie sei nicht abgeneigt, eine außergerichtliche Lösung zu finden, doch zuvor sollte sich Wirth Anderlan erst entschuldigen, dann könne man weitersprechen.

  • Jürgen Wirth Anderlan: „Von meinem Anwalt habe ich dann aber gehört, dass sie 10.000 Euro für sich will, also ging der Prozess weiter.“ Foto: JWA
  • Vertagt bis Anfang Dezember

    Wie eingangs erwähnt, fand heute eine erneute Verhandlung statt. Mattei selbst war nicht anwesend, Anderlan hingegen schon. „Auch die Richterin hat uns geraten, die Angelegenheit privat zu klären“, so Wirth Anderlan. Er wolle sich nun mit seinem Anwalt Nicola Canestrini beraten und gegebenenfalls ein (weiteres) Angebot an Mattei und ihren Anwalt Angelo Polo richten. Die gerichtlichen Verhandlungen wurden derweilen bis Anfang Dezember vertagt, dann wird eine Entscheidung erwartet. Mattei verlangt weiterhin 50.000 Euro Schadensersatz, während die Staatsanwaltschaft eine Summe von 1.000 Euro angesetzt hat. 
    Mattei unterstreicht aber, dass es ihr nicht ums Geld ginge, sondern vielmehr darum, gegen die, in ihren Augen schwerwiegenden Beleidigungen vorzugehen. Der endgültige Preis, den Wirth Anderlan für seine Aussagen zahlen muss, liegt also im Ermessen der Richterin Elsa Vesco und wird voraussichtlich am dritten Dezember verkündet – sofern sich die beiden Streitparteien in der Zwischenzeit nicht außergerichtlich einigen.