Politik | Plose

Wie neutral ist Florian Mussner?

Kritik an Mobilitätslandesrat Florian Mussner: Wie neutral ist die Landesregierung beim Brixner Seilbahnprojekt?

Information oder Beeinflussung der mit Spannung erwarteten Volksbefragung zur Plose-Seilbahn am 21. September? Darum dreht sich die Polemik um eine für Donnerstag Vormittag einberufene Pressekonferenz von Mobilitätslandesrat Florian Mussner in Brixen. Der will den BrixnerInnen laut Einladung erklären, wie das Brixner Bahnhohsareal nach dem Übergang an das Land in ein „modernes Mobilitätszentrum“ und ein den Anforderungen entsprechenden Verkehrsknotenpunkt umgewandelt werden soll.

„Mehr als unangebracht“, poltert das Bürgerkomitee ProALTvor. Dort sieht man die kurz vor der Volksbefragung angesetzte Pressekonferenz als klare Parteinahme für ein Seilbahnprojekt ab Bahnhof. Eine Sichtweise, die auch die drei grünen Landtagsabgeordneten Hans Heiss, Brigitte Foppa und Riccardo Dello Sbarba  teilen.  „Mussners PR-Kampagne stellt sich in den Dienst der Seilbahnbefürworter und gibt klar zu verstehen, welches Votum die Landesregierung wünscht“, kritisieren sie. Eine solche Parteinahme widerspreche nicht nur dem Respekt vor der Gemeindeautonomie, sondern strafe auch Erklärungen von Landeshauptmann Arno Kompatscher Lügen. Der habe erst kürzlich in der Monatszeitung „Brixner“ erklärt, dass es ihm nicht zustehe, die Brixner Volksabstimmung zu beeinflussen. „Der Auftritt von Landesrat Mussner durchbricht dagegen in bester Durnwalder-Tradition vor Volksabstimmungen die vorgebliche Neutralität der Landesregierung“, so die Kritik der Grünen.

Wenig Verständnis haben dafür die Befürworter der Bahnhofs-Lösung: Offenbar haben Grüne und ProALTvor Angst davor, dass sich die Bürger ausführlich informieren, bevor sie am 21. September bei der Volksabstimmung zur Plose-Seilbahn über die Zukunft ihres Hausbergs entscheiden werden“, kontert  Markus Huber, einer der drei Sprecher des Bürgerkomitees PRO Seilbahn Brixen. Dort sieht man eine Information über das Entwicklungspotential des Bahnhofs als wichtige Voraussetzung, um in mehr als zwei Wochen eine gute Entscheidung treffen zu können.

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Willy Pöder Do., 04.09.2014 - 08:50

Die Frage: "Wie neutral ist die Landesregierung beim Brixener Seilbahnprojekt", stellt sich gar nicht, nachdem man weiß, dass Thomas Widmann, Wirtschaftsminister in der alten Provinzregierung, der Initiative sozusagen Pate gestanden hat. Er vertrat seinen Standpunkt, und das musste ihm auch gestattet sein. Komisch ist lediglich, dass er in Bruneck - im Gegenteil zu Brixen - nicht für dieselbe Lösung eintrat, obschon die Argumente dieselben waren und der Anschluss an den Hauptbahnhof vergleichsweise unproblematischer gewesen wäre, als er es in Brixen ist.
Nein, man baute die Anbindung zum Kronplatz weitab des Stadtbahnhofes in Percha. Warum: Weil es die Kronplatz AG so wollte. Dass in Percha der Bedarf eines Zugbahnhofes bestand, wird mittlerweile von der Tatsache widerlegt, dass zwischen der Ortschaft und Bruneck (trotz Eisenbahn) mittlerweile ein Citybus-Dienst eingerichtet wurde. Nicht bedeutungsvoller ist der neue Bahnhof in Vierschach für die Ortsbevölkerung dort. Ihn wollte die Sextner Dolomiten AG.
Ergo wurden die beiden neuen Bahnhöfe, die zusammen in etwa 5 Millionen Euro kosten, nicht wegen der jeweils dort ansässigen Menschen gebaut, sondern allein im Interesse der beiden Skigebiete (Helm und Kronplatz). Wer was anderes sagt, verkennt die Wahrheit oder sagt die Unwahrheit. Das ist ärgerlich und kompromittiert die Glaubwürdigkeit in die Politiker.

Do., 04.09.2014 - 08:50 Permalink
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pérvasion Do., 04.09.2014 - 09:33

Ganz egal wie man zur Abstimmung steht ist die Forderung nach Neutralität wohl fehl am Platz: In der Schweiz ist es üblich, dass Bundes- und Kantonsregierungen eine Abstimmungsempfehlung abgeben. In Schottland ist First Minister Alex Salmond einer der größten Wahlkämpfer für die Unabhängigkeit. Auch Premier Cameron »mischt sich« in die schottische Entscheidung ein und kämpft »mit jeder Pore« seines Körpers für den Fortbestand der Union. Nur in Südtirol sollen wir päpstlicher sein, als der Papst?

Do., 04.09.2014 - 09:33 Permalink
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Christoph Moar Do., 04.09.2014 - 15:09

Antwort auf von pérvasion

Ich glaube, das hat nichts mit päpstlicher als der Papst zu tun, sondern es müsste darum gehen, von wem eine Empfehlung abgegeben wird: Bundes- und Kantonsregierungen in der Schweiz geben wohl Wahlempfehlungen für Dinge, die auf Bundes- oder Kantonsebene angesiedelt sind. Sie werden vermutlich keine Wahlempfehlung abgeben für Dinge, die subsidiär an kleinere Verwaltungseinheiten delegiert sind. Dito gilt für Cameron, er wird sich wohlweislich nicht "einmischen" in Dingen, die auf kommunaler Ebene gelagert sind.

Will heissen: wenn eine Wahlempfehlung, dann von dem Gremium, in dessen Kompetenzbereich das Projekt liegt. Und ich glaube, bei Bauleitplanänderungen ist das der Gemeinderat und nicht die Landesregierung?

Do., 04.09.2014 - 15:09 Permalink
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pérvasion Do., 04.09.2014 - 15:56

Antwort auf von Christoph Moar

Die Zuständigkeiten bei Bauleitplanänderungen überschneiden sich. Zudem geht es hier nicht nur (im engen Sinn) um eine BLP-Änderung, sondern auch (im weiteren Sinn) um den öffentlichen Nahverkehr. In der Fragestellung ist ja auch eine Option mit der Verbesserung der Busverbindungen enthalten. Und dafür ist größtenteils das Land zuständig... mal ganz davon abgesehen, dass das Land auch einen erheblichen Teil der Seilbahn finanzieren würde.

Do., 04.09.2014 - 15:56 Permalink
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Christoph Moar Do., 04.09.2014 - 16:09

Antwort auf von pérvasion

Very well. Der Stein des Anstosses ist zwar der Überflug der Stadt und das Projekt an sich, aber natürlich können wir die Busverbindungen mit in die Argumentation nehmen, wenn es dafür hilft, dass das Land einer lokalen Körperschaft dreinreden kann ;) Die Finanzierung ist dabei wirklich völlig irrelevant, wir haben ständig Projekte in den Gemeinden wo 90% der Finanzierung vom Land kommt, und trotzdem entscheidet einzig und allein die lokale Körperschaft, das ist das Prinzip der Subsidiarität das Du sehr gut kennst.

Aber, im Ernst: ich halte mich als Klausner total aus der Diskussion raus, denn in der Tat betrifft das die Brixner, die haben mit den Nachteilen zu leben und müssen das Projekt gutheissen. Ich werde nicht zur Abstimmung gefragt, und das ist auch gut so. Genauso handhabt das auch Kompatscher, ohne mich mit ihm auf eine Stufe stellen zu wollen. Mir geht es nur Dich darauf aufmerksam zu machen, dass die Redakteurin genau darauf hingewiesen hat: es geht darum, dass eine Landesverwaltung (ich ziehe die Parallele zu der von Dir meistens kritisch betrachteten Zentralregierung) sich in Dinge einmischt, die subsidiär an eine Lokalkörperschaft delegiert sind. Das darf aus meiner Sicht zurecht kritisiert werden.

Do., 04.09.2014 - 16:09 Permalink
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pérvasion Do., 04.09.2014 - 16:39

Antwort auf von Christoph Moar

Glaub mir, wenn sich die Zentralregierung in Rom darauf beschränken würde, Empfehlungen zu Projekten abzugeben, die sie erheblichenteils finanziert, die Entscheidung letztendlich aber zu 100% den SüdtirolerInnen überlassen würde, hätte ich dagegen nichts einzuwenden. Leider ist die Realität eine völlig (!) andere.
Übrigens, weil du von BLP-Änderung gesprochen hattest: Die Seilbahn ist im BLP bereits enthalten, also geht es in der Abstimmung bestimmt NICHT darum. Es geht wie gesagt um die Auswahl zwischen zwei Alternativen im öffentlichen Nahverkehr — wobei ich der Meinung bin, dass die Fragestellung... besser: die Antwortmöglichkeiten eine Zumutung sind.

Do., 04.09.2014 - 16:39 Permalink
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Christoph Moar Do., 04.09.2014 - 16:59

Antwort auf von pérvasion

Ad 1 - :) Passt. Ich war auch ironisch unterwegs, das hoffe ich sei bemerkt worden.

Zur Bauleitplanänderung: natürlich gibt es die, weil der Gemeinderat eben schon 1x darüber befunden hat und die Mehrheit die Bauleitplanänderung schon mal durchgedrückt hat. Nun hat man, soweit ich das verfolge, etwas kalte Füße gekriegt, der Widerstand einiger Gegner ist stärker geworden, und der Gemeinderat selbst hat sich nun bewogen, einen Volksentscheid mitzutragen. Ein entsprechender Ausgang des Volksentscheids würde natürlich dazu führen, dass die bereits getätigte Bauleitplanänderung irgendwann wieder rückabgewickelt werden müsste, was wiederum im Kompetenzbereich des Gemeinderates fällt. So oder so, für mich ist das eine primäre Geschichte der Brixner - wenn es um übergeordnetes, landesweites Interesse ginge, müssten wohl auch alle SüdtirolerInnen um ihre Meinung gefragt werden. Da die Finanzierung zu diesem Projekt zwar aus Landesmitteln, sowohl die rechtliche Befugnis als auch die wesentlichen negativen Aspekte aber bei der Lokalkörperschaft bzw. deren BürgerInnen liegen, ist es nur gut und billig, die Leute vor Ort ihre Meinung treffen zu lassen. "Kommentare von oben" finde auch ich unangebracht, that's all.

Und, ja, du hast Recht: Frage- und Antwortstellung sind eine Zumutung. Das ist kein Lorbeerblatt für Direkte Demokratie auf Gemeindeebene, mehr ein Beispiel für macchiavellische Winkelzüge.

Do., 04.09.2014 - 16:59 Permalink