Gesellschaft | Klimabürgerrat

„Es gibt wenig Leute“

Dietmar Demichiel aus St. Lorenzen und Alessia Hinteregger aus Bozen waren Teil des Klimabürgerrats. Im Interview sprechen sie darüber, was sie gelernt haben und über ihre Hoffnungen für die Zukunft.
Dietmar Demichiel, Alessia Hinteregger
Foto: LPA/Fabio Brucculeri/SALTO
  • SALTO: Herr Demichiel, liebe Alessia, wie war die Diskussion in der Arbeitsgruppe? 

    Dietmar Demichiel: Ich war in der Arbeitsgruppe Mobilität. Der ganze Prozess war von Anfang an gut organisiert und mit Fachbeiräten sowie Moderatorin gut begleitet. Die Diskussion war offen und bis zum Schluss waren wir uns immer recht einig. 

     

    „Der schwierigste Punkt war, wie man die Leute vom Auto wegbringt.“

     

    Alessia Hinteregger: Ich war in der Arbeitsgruppe zu Ernährung und Landnutzung. Es war für mich das erste Mal, dass ich mit älteren Personen diskutieren konnte. Ich lernte neue Perspektiven kennen, die Gespräche waren vielfältig und sehr ideenreich. 

    Was ist die größte Herausforderung bei dem Thema Ihrer/deiner Arbeitsgruppe?

    Demichiel: Der schwierigste Punkt war, wie man die Leute vom Auto wegbringt hin zu einer nachhaltigen Mobilität. Die Ziele des Südtiroler Klimaplans sind hier sehr ambitioniert. In Südtirol kommen circa 44 Prozent der CO2-Äquivalente aus dem Straßenverkehr, es wäre eigentlich ein riesiger Hebel. 

    Hinteregger: Ich denke, für den Fleischkonsum und die Berglandwirtschaft war es mit Abstand am schwierigsten, Maßnahmen auszuarbeiten, weil Südtirol hier sehr traditionsverhaftet ist. 

  • Zu den Personen

    Dietmar Demichiel ist 52 Jahre alt, Gemeinderat der Freien Liste in St. Lorenzen und arbeitet als Techniker bei GKN Sinter Metals in Bruneck. Er ist einer der 50 Bürgerinnen und Bürger, die mittels Stichprobenziehung augewählt wurden.  

    Alessia Hinteregger ist 17 Jahre alt und besucht das Realgymnasium „Peter Anich“ in Bozen. Sie ist eine der sechs Jugendlichen, die sich für den Klimabürgerrat angemeldet haben und per Zufallsverfahren ausgewählt wurden. 

  • Und die größte Erkenntnis?

    Demichiel: Es handelt sich nur noch um Jahre, um die Ziele des Südtiroler Klimaplans zu erreichen, etwa sollen die CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent reduziert werden. Aber je mehr man mit Politikerinnen und Politikern spricht, desto mehr habe ich den Eindruck, dass viel geredet und wenig umgesetzt wird. Wir haben beim Klimabürgerrat sehr viel Zeit und Herzblut in den Prozess gesteckt, deshalb hoffen wir, dass etwas von dem umgesetzt wird, was wir erarbeitet haben. 

     

    „Ihnen ist der Klimawandel bewusst, aber sie kennen nicht die genauen Konsequenzen.“

     

    Hinteregger: Mit dem Klimabürgerrat habe ich viel theoretisches Wissen über den Klimawandel erfahren, was man machen kann und was man nicht machen kann. Es gibt wenig Leute, die bereit sind, wirklich etwas zu ändern. Wenn wir Fragen an die Expertinnen und Experten gestellt haben, waren die Antworten oft nicht so optimistisch als wir uns gewünscht hätten. Das war ein bisschen traurig, aber ansonsten habe ich viel Nützliches gelernt. 

  • Klimabürgerrat und Stakeholder Forum: Sie haben in Bozen Mitte September ihre Ergebnisse der Landesregierung vorgestellt. Foto: LPA/Fabio Brucculeri
  • Ihr/dein Wunsch für die Zukunft?

    Demichiel: Ich wünsche mir, dass die Leute das Thema wirklich ernstnehmen, denn jeder und jede kann gezielt Aktionen setzen. Für mich gibt es beim Umwelt- und Klimaschutz keine Partikularinteressen, es geht um unsere Kinder und Nachkommen. Für mich ist es bereits fünf nach zwölf und wir sitzen alle im gleichen Boot.

    Hinteregger: Ich wünsche mir, dass die Leute einfach verstehen, dass wir etwas machen müssen. Wir können es nicht in die Länge ziehen oder immer wieder auf morgen verschieben. Es ist wichtig, dass vor allem die jungen Menschen mehr darüber informiert werden. In der Schule sehe ich alltäglich, wie sich meine Klassenkameraden nicht umweltfreundlich verhalten. Ihnen ist der Klimawandel bewusst, aber sie kennen nicht die genauen Konsequenzen. Wenn bereits Kinder und Jugendliche aufgeklärt sind, dann nehmen sie das für ihr ganzes Leben mit. 

  • Der Klimabürgerrat

    Der Bürgerrat hat sich in Arbeitsgruppen mit jeweils fünf verschiedenen Themen beschäftigt: Mobilität, Wohnen, Energie, Konsum und Produktion sowie Ernährung und Landnutzung. Aufgabe des Gremiums war es, Verbesserungsvorschläge für den Südtiroler Klimaplan auszuarbeiten. Die Vorschläge wurden kürzlich sowohl vor der Landesregierung als auch im Landtag präsentiert. Die 90-tägige Frist für Landesregierung und Landesverwaltung, die Vorschläge auf die technische und rechtliche Machbarkeit zu prüfen, ist bereits verstrichen. 

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K V Fr., 03.01.2025 - 17:26

Antwort auf von Ludwig Thoma

Diese Info kann ich im Bericht nicht finden. Interessant ist aber, dass diese 50 Superreichen mit den Investments 340 mal mehr als mit ihren Luxusyachten und Jets verursachen. 2,6 Millionen Tonnen pro Jahr und Kopf lt. Bericht. Ergibt somit für die 50 Milliardäre insgesamt 130 Megatonnen pro Jahr. Umgelegt auf die ca. 40 Gigatonnen Gesamtemissionen wären das an die 0,3%, welche den 50 Milliardären anzulasten wären.
Wesentlich finde ich die Aussage, dass global 10% der reichsten Menschen 50% der Emissionen verursachen. Bei uns zählen sehr viele Menschen zu diesen 10%, es braucht gerade mal ein Vermögen von gut 100.000€. Im Vergleich zu den Musks der Welt, können wir uns alle wie der Pöbel fühlen. In Wirklichkeit gehören viele von uns zum obersten 10%, einige sogar zum oberen Perzentil (dafür bräuchte es nicht ganz eine Million € an Vermögen).
Unterm Strich komme ich nach wie vor zum Schluss, dass ohne die Masse an wohlhabenden Menschen in den Industrieländern wenig auszurichten ist.
https://de.wikipedia.org/wiki/Vermögensverteilung

Fr., 03.01.2025 - 17:26 Permalink
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Ludwig Thoma Fr., 03.01.2025 - 17:45

Antwort auf von K V

Ich wollte, und will eigentlich die ganze Zeit nur sagen, dass man oben anfangen sollte, was viel effektiver wäre. Wegen der Skaleneffekte. Ansonsten stimme ich Ihnen zu.
(Extrem witzig finde ich, dass es schon vorgekommen ist, dass PG mich hinter Ihnen KV und dem Nutzer Markus Schwärzer vermutet hat).

Fr., 03.01.2025 - 17:45 Permalink
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K V Fr., 03.01.2025 - 18:26

Antwort auf von Ludwig Thoma

Oben anfangen nicht nur der Effizienz halber, sondern insbesondere wegen der Glaubwürdigkeit für die Unteren. So wie ich die Welt kenne, wirds dort happern. Geld regiert nun mal die Welt und manche bekommen den Hals eben nicht voll.

Fr., 03.01.2025 - 18:26 Permalink
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Milo Tschurtsch Fr., 03.01.2025 - 18:39

Antwort auf von Ludwig Thoma

Verfolgt man hier die ellenlangen Diskussionen und Berechnungen um CO2 usw. die hier angestellt werden, kommt man auf genau das was ich schon weiter oben gesagt hatte: Die Millionäre und generell die oberen Zehntausend denken gar nicht daran sich am "Klima" abzuarbeiten bzw. ihren Wohlstand zu opfern und sie werden es auch niemals tun.
Das obliegt den einfachen Leuten speziell der Mittelschicht. Denen wird mit der "Klimaerzählung" eine Menge Geld abgeknöpft, sodass am Ende immer weniger im Säckel bleibt.
In Deutschland z.B. erhöht die Politik die CO2-Steuer um 22%. Dadurch wird alles teurer: Heizen, Tanken, Leben und Sterben. Die Verschärfung der Deindustrialisierung dient einzig und allein den grünen Klimazielen, bzw. der Erzählung davon. Clever so kann man sogar die Luft ! besteuern.
Nachdem wie gesagt der Verzicht nur das Gros der Mittelschicht betrifft, erleben wir einen Neo- Feudalismus par excellence (Vermögen von unten nach oben verlagert).
Wer da noch an edle Ziele wie "Klimarettung" als absolute Notwendigkeit (als ob man das Klima retten!! könnte) glaubt, dem ist nicht mehr zu helfen. Es geht um ganz etwas anderes, um einen ideologisch-politisch gewollten Umbau der Gesellschaft hin in Richtung Umverteilungs-Sozialismus. Aber solange der Großteil der Menschen an die große "Klimarettungs-Erzählung" glaubt, sich darauf einschwören lässt und sich auch einer Angst-und Panikmache unterwirft, wird es so weitergehen (Arme immer ärmer, Reiche immer reicher).

Fr., 03.01.2025 - 18:39 Permalink
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K V Fr., 03.01.2025 - 18:51

Antwort auf von Milo Tschurtsch

"Arme immer ärmer, Reiche immer reicher".
Dem ist zur Zeit so! Mit oder ohne "Klimarettungserzählung".
Sehe auch die Gefahr der Verstärkung von Ungleichheit. Die Probleme der Welt werden gerne vereinnahmt, um die Finanzen von unten nach oben zu schäffeln.

Fr., 03.01.2025 - 18:51 Permalink
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K V Fr., 03.01.2025 - 19:13

Antwort auf von K V

Nachtrag aus dem Link zur Vermögensverteilung:
"Laut Oxfam verschärfte die Corona-Pandemie die soziale Ungleichheit weltweit. Während zwischen März 2020 und November 2021 mehr als 160 Millionen Menschen zusätzlich in Armut lebten, habe sich das Vermögen der zehn reichsten Milliardäre in diesem Zeitraum verdoppelt. Demnach sei das Vermögen der Milliardäre während der Pandemie stärker als in den gesamten 14 Jahren zuvor gestiegen. Für Milliardäre gleiche die Pandemie einem "Goldrausch"."

Fr., 03.01.2025 - 19:13 Permalink
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Peter Gasser Mi., 01.01.2025 - 11:22

Antwort auf von Ludwig Thoma

Sie versuchen es mit Nassim Taleb?
Nassim Taleb argumentiert ausschließlich sachbezogen, niemals ad personam abwertend, niemals mittels emotionaler Provokation, die er nicht nötig hat.

Nassim Taleb, “Der Schwarze Schwan”, Seite 127: “Und Muster sind, wie wir sie hier (und bei manchen) sehen, offensichtlich kompakter als nackte Information”.

Darum versuche ich (Ihnen), diese Muster aufzuzeigen, leider erfolglos.

Mi., 01.01.2025 - 11:22 Permalink
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Peter Gasser Mi., 01.01.2025 - 12:27

Antwort auf von Ludwig Thoma

Gut. Sehr gut.
Sie bemerken gut, wenn es Sie selbst trifft, nicht aber, wenn Sie dies gewohnheitsgemäß in jedem Dialog selbst tun.

Und doch: habe ich nicht von Ihrer “Person”, sondern Ihrem Verhalten, von Mustern gesprochen, was ein wesentlicher Unterschied ist.

Insofern ist Ihre Vorhaltung natürlich falsch.
Natürlich.

Mi., 01.01.2025 - 12:27 Permalink
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Markus Schwärzer Mo., 30.12.2024 - 10:07

„Ja, wir könnten jetzt was gegen den Klimawandel tun, aber wenn wir dann in 50 Jahren feststellen würden, dass sich alle Wissenschaftler doch vertan haben und es gar keine Klimaerwärmung gibt, dann hätten wir völlig ohne Grund dafür gesorgt, dass man selbst in den Städten die Luft wieder atmen kann, dass die Flüsse nicht mehr giftig sind, dass Autos weder Krach machen noch stinken und dass wir nicht mehr abhängig sind von Diktatoren und deren Ölvorkommen. Da würden wir uns schön ärgern.“
Marc-Uwe Kling, Die Känguru-Apokryphen

Mo., 30.12.2024 - 10:07 Permalink
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Markus Schwärzer Di., 31.12.2024 - 10:02

Antwort auf von K V

Naja, wir haben auf alle Fälle Luft nach oben. Es muss nicht das Schlaraffenland rauskommen. Mikroplastik, Verschwinden der Artenvielfalt, Verseuchung und Überdüngung, Müllproduktion, Vermüllung von Land und Meer, usw… ich meine, es gibt genug, wo wir alle und jede*r Einzelne sich verbessern kann. Das hat nichts mit links-radikal zu tun.

Di., 31.12.2024 - 10:02 Permalink
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Milo Tschurtsch Mi., 01.01.2025 - 07:50

Antwort auf von Markus Schwärzer

Den Zielen den Natur-und Umweltschutz betreffend, die Sie nennen kann man nur zustimmen.
Wozu es bei deren Verwirklichung aber eine zusätzliche Involvierung des Klimathemas braucht ist nicht nachvollziehbar.
Nachvollziehbar wird es erst wenn man tiefer blickt und klar wird worum es bestimmten ideologisch-politischen Akteuren wirklich geht.
Bloß Flüsse rein zu halten ist zu wenig, nein es geht um den Umbau der Gesellschaft , um eine Umverteilung des Vermögens von der Mittelschicht nach oben, sozusagen um einen neuen Feudalismus im Gewand eines Ökosozialismus .
Dazu soll aber ein Großteil der Gesellschaft einem Wohlstandsverlust zustimmen und damit sie dem zustimmen reicht bloße Müllvermeidung ecc. nicht aus, da muss was Größeres her.
Der Mensch wird plötzlich für’s Weltklima ?! verantwortlich gemacht und damit die ultimative Katastrophe nicht eintritt soll der Großteil der Gesellschaft sozusagen im Sinne eines höheren Ziels eben wie gesagt auf erreichten Wohlstand verzichten.
Wenn er das nicht freiwillig macht kommt die bewährte Methode der Angst- und Panikmache zum Einsatz.
Dieser Ökosozialismus verursacht längerfristig eine Verarmung von ganzen Gesellschaften, wie halt jeder Umverteilungssozialismus und jeder übergriffige Staat, der im Gewand eines Wohlfahrtsstaates daherkommt. Reiche werden immer reicher, die Mittelschicht verarmt ,was bereits sichtbar wird.
Diese ideologisch-politische Vereinnamung des Umweltschutzgedankens sollten wir nicht zulassen.
Leider ist auch hier die Gehirnwäsche wirkmächtig.
Aber es gibt auch zum Glück zunehmend mehr Leute die das durchschauen.

Mi., 01.01.2025 - 07:50 Permalink
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Herta Abram Di., 31.12.2024 - 10:06

Antwort auf von K V

Kv. Für die wichtigste Zukunftsfrage ist es doch egal, ob jemand mit einer symbolaufgeladenen Beschreibung die Klimakatastrophe ausmalt, extrem ist, konservativ, progressiv oder sonst was ist: Wenn wir unsere Lebensgrundlage nicht erhalten, kann hier niemand weiterleben. Und darauf läuft es bei der derzeitigen Entwicklung hinaus – das ist wissenschaftlich so sicher wie der Apfel, der nach unten fällt.
Wenn wir das Problem nicht in den Griff bekommen, werden Millionen Menschen hungern und fliehen. Wie sollen wir unter solchen Umständen politische Stabilität erhalten, die uns allen wichtig ist? Geht der Klimawandel noch weiter, steht der Fortbestand unserer Zivilisation auf dem Spiel.
Sind Sie/ seid ihr noch immer in der Verdrängungsphase?

Di., 31.12.2024 - 10:06 Permalink
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K V Di., 31.12.2024 - 11:05

Antwort auf von Herta Abram

Bin selbst für mehr Umweltschutz, für eine Verbesserung des Wirtschaftssystems und des sozialen Ausgleichs. Die Veränderungen, sollten sie wirklich angegangen werden, führen aber wahrscheinlich zu neuen Problemen, das wollte ich bezüglich Aussage des Kängurus sagen. Das Känguru ist ja besonders systemkritisch, subversiv, im Geist ein bekennender revolutionärer Kommunist. Jede Systemveränderung führt mE aber zu neuen Problemen und je schneller und unvorsichtiger die Transformationsprozesse, umso größer das Risiko. Nur die Diskussion darüber, treibt heute schon einen nennenswerten Anteil der Bevölkerung in die Arme der Populisten.
Deswegen bin ich da wenig zuversichtlich, der Leidensdruck wird noch steigen müssen, bis die Einsicht stärker wird.
Ich verdränge also nicht, sondern habe im Moment kaum Hoffnung. Das größte Dilemma unserer Zeit, leider.
Bin dazu übergangen mich auf Bereiche zu konzentrieren, wo ich persönlich was bewirken kann und betrachte die globale Situation mit stoischer Distanz, damit die Laune nicht in den Keller geht ;-)

Di., 31.12.2024 - 11:05 Permalink
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K V Di., 31.12.2024 - 11:54

Antwort auf von Markus Schwärzer

@Markus, gerne per Du, sowie bei unserer letzten Begegnung.
Viele Jahrzehnte wurden verschlafen, die Problematik gezielt herunter gespielt von Lobbies und Politik, du hast vollkommen Recht. Soll jetzt aber die schnelle Revolution kommen? Wie will man die Menschen zur Veränderung ihres Verhaltens bewegen? Zwingen? Ein ganzes System umkrempeln ohne Kolateralschäden? Bitte um Vorschläge.
Wie gesagt, ich konzentriere mich auf meinen Wirkungsbereich, da kann man sehr viel tun.
Das Känguru hingegen liegt den ganzen Tag in der Hängematte, sieht die Dinge schwärzer als sie sind, bewegt vor lauter Frust am System nicht viel, nervt damit sein ganzes Umfeld und träumt von der großen Revolution. Hatte die Känguru-Phase schon in meiner Jugend und keine Lust mehr darauf.

Di., 31.12.2024 - 11:54 Permalink
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Markus Schwärzer Di., 31.12.2024 - 14:14

Antwort auf von K V

Schwärzer als sie sind? Naja, die Fakten sind eindeutig. Die Wissenschaft gibt klare Handlungsvorschläge. Die Realität ist, dass immer noch global viel mehr Förderung in die Fossilen fließen als in die Nachhaltigen. Für Samthandschuhe ist es zu spät. Eine Revolution blüht, wenn weiterhin zu wenig getan wird und wissenschaftliche Erkenntnisse geleugnet werden. Das hat nichts mit links oder rechts zu tun.

Di., 31.12.2024 - 14:14 Permalink
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Oliver Hopfgartner Di., 31.12.2024 - 15:40

Antwort auf von Markus Schwärzer

Die Frage ist nicht, was die Wissenschaft sagt oder ob jemand an den Klimawandel glaubt oder nicht. Die Frage ist, welche Prioritäten man setzt. Rein wissenschaftlich betrachtet ist ungeschützter Geschlechtsverkehr auch keine gute Idee, ebenso wie Alkoholkonsum. Die Geschichte hat gezeigt, dass es nicht funktioniert, menschliche Verhaltensweisen durch Gesetze zu ändern, selbst wenn die Motivation dahinter redlich ist.

Bei der Klimapolitik ist es ähnlich: Das Problem entsteht dadurch, dass inzwischen so manche Konzepte und Maßnahmen gegen den Klimawandel für eine wachsende Anzahl an Bürgern "schlimmer" erscheinen als der Klimawandel selbst. Wenn die Medizin nicht schmeckt, kann man auch die Krankheit wählen.

Die Lösung ergibt sich aus oben beschriebenen Problemen: Ziel muss es sein, Konzepte vorzulegen, die nachhaltig und "sexy" sind. Anstatt Leuten etwas wegzunehmen, muss man den Leuten eine Alternative geben. Vielleicht spielt da meine persönliche Prägung mit, weil ich täglich in der Ordination erlebe, wie wichtig positive Motivation ist. Das mag jetzt trivial klingen, aber die meisten Leute halten es nicht durch, wenn ihnen ihr Bier und ihr Schnitzel weggenommen werden. Der neue Lebensstil darf nicht von Verzicht geprägt sein, sondern positiv konnotiert sein.
Bei Klimapolitik ist das aktuell nicht der Fall. Ich kann jeden Bürger verstehen, der sagt, dass er sicher nicht auf seinen Diesel verzichtet, wenn gleichzeitig unsere Politiker sich in um die 100.000 € kostenden Dienstwägen (egal ob elektrisch oder nicht) herumkutschieren lassen. Das klingt vielleicht populistisch, aber genau darum geht es doch: Das Volk muss von etwas überzeugt sein, wenn man will, dass die Bürger mitziehen. Anstatt das Volk umerziehen zu wollen, sollte man Konzepte vorlegen, die mehrheitsfähig sind.

Di., 31.12.2024 - 15:40 Permalink
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Herta Abram Di., 31.12.2024 - 16:28

Antwort auf von Oliver Hopfgartner

O H.: Typisches "Nur Zuckerbrot, keine Peitsche" Argument!
Typische Aussage: »Wir wollen unseren Bürger:innen nichts vorschreiben oder verbieten. Stattdessen setzen wir auf Anreize und Freiwilligkeit.«

Beispiel: Menschen sollen »gefördert statt gefordert« werden. Diese Argumentationslinie lehnt zu starke Eingriffe in die Wirtschaft und den individuellen Konsum ab. Sie findet sich beispielsweise in den Positionen der rechtsrechten+ zu Klimaschutz und neuen Technologien: »Wie das Einsparziel am besten erreicht wird, soll aber nicht der Staat entscheiden, sondern sollen die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen bestimmen."....

Fakt ist: Eine positive Vision für die Zukunft ist wichtig. Wir sollten tatsächlich viel öfter darüber nachdenken, was wir durch Klimaschutz gewinnen und nicht was wir verlieren. Dabei schließt das eine das andere nicht aus. Erst im Zusammenspiel von Fördermaßnahmen und restriktiveren Regulierungen könnten beide ihre volle Wirkung entfalten.

Di., 31.12.2024 - 16:28 Permalink
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K V Di., 31.12.2024 - 16:46

Antwort auf von Markus Schwärzer

Ich sehe bei uns keine vergifteten Flüsse, sondern Anlagen die unsere Abwässer bis nahezu Trinkwasserqualität klären und Flüsse an denen regelmäßig Fischer stehen. Die Luft kann ich in unseren Städten auch ganz gut atmen. Auch wenn sie nicht die frischeste ist, hab ich keinerlei Atembeschwerden. Das Känguru sieht die Dinge mMn zu schwarz ;-)
Kenne auch die wissenschaftlichen Ergebnisse, insbesondere die IPCC Berichte ganz gut und glaube sie aufgrund meiner naturwissenschaftlichen Ausbildung zumindest ansatzweise zu verstehen.
Die ökologischen Probleme bedrohen das Leben in vielen Teilen der Erde, davon bin ich überzeugt. Meiner Meinung nach braucht es auch radikale Veränderungen: weg vom kapitalistischen Wachstumsprinzip, Verzicht auf unnützen Konsum, weniger Profitgier usw.! Aber wie willst du die Menschen dahin bringen? Ein Drittel der Bevölkerung wählt bereits radikale Populisten, die sich gar nicht um diese Themen scheren. Soll es Zwangsmaßnahmen geben, eine Art Klimadiktatur? Eine Vorgeschmack auf eine Gesundheitsdiktatur hatten wir ja schon.
Tun wir nichts, werden uns die ökologischen Probleme in Zukunft stärker bedrohen und die freien Gesellschaften auf die Probe stellen, kommt es zu stärkeren zwingenden Maßnahmen, driftet ein Großteil der Gesellschaft ab. Bisher gibt es wohlgemerkt nur Greenwashing Aktionen und viele Menschen haben schon die Nase voll. Ein Dilemma eben.
In der Zwischenzeit tue ich etwas für den Umweltschutz und hoffe, dass nicht jeder umgehend meinem Beispiel folgt. Die Welt würde dann nicht besser werden, sondern die Weltwirtschaft würde wahrscheinlich sofort zusammenbrechen, es würde auf den Schlag Millionen Arbeitslose geben, die Staaten wären innerhalb kurzer Zeit Bankrott und würden in Anarchie versinken. Mein Lebensstil ist einfach zu "nachhaltig" um das Rad am Laufen zu halten :)

Di., 31.12.2024 - 16:46 Permalink
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Markus Schwärzer Di., 31.12.2024 - 16:19

Das ist Quatsch. Von vorn bis hinten. Die Politik schreibt permanent Dinge vor. Nichtrauchen in Gaststätten z.B. Hat offensichtlich wunderbar funktioniert. Sich pers. für eine Krankheit zu entscheiden hat nichts mit kollektiver Verantwortung zu tun. Guten Rutsch, ich bin raus.

Di., 31.12.2024 - 16:19 Permalink
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Oliver Hopfgartner Di., 31.12.2024 - 17:16

Antwort auf von Markus Schwärzer

Es ist kein Quatsch. Die Prohibition hat dazu geführt, dass illegal gebrannte oder illegal importierte Produkte schwarz verkauft wurden. Das Problem wurde also nur verlagert. Auch beim Tabak erleben wir diesen Trend. Das sage nicht ich, sondern der wissenschaftliche Bericht zum Tabak- und Nikotinkonsum der GÖG (Gesundheit Österreich GmbH) im Auftrag des Bundesministeriums: https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:f0e6bb9c-fee6-4d14-9711-885e62…

Sowohl die Statistiken als auch die Beobachtungen in der täglichen Praxis zeigen, dass zwar weniger junge Leute rauchen, dafür aber mehr andere Tabakprodukte konsumiert werden, insbesondere Snus/Tabakbeutel). Bei den 15 Jährigen ist es inzwischen so, dass fast die Hälfte der Tabakonsumierenden 15-Jährigen auf diese Produkte umgestiegen ist. Die gesundheitlichen Auswirkungen aufs kardiovaskuläre Risiko sind de facto dieselben, weil das Herz-Kreislaufsystem direkt beeinflusst wird. Das Problem dieses Shifts ist sogar so eklatant, dass es sogar in der 6-zeiligen Zusammenfassung des 69-Seiten-Berichts explizit erwähnt wird.

Das Kollektiv funktioniert nur, wenn die Individuen dieses Kollektivs motiviert sind, an einem gemeinsamen Ziel zu arbeiten. Das sieht man auch im Mannschaftssport. Daher sollte man die Rolle persönlicher Motivation nicht unterschätzen und persönliche Motivation ist keine Frage der Rationalität, sondern oft irrational/emotional bedingt.

Di., 31.12.2024 - 17:16 Permalink
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Herta Abram Di., 31.12.2024 - 17:59

Antwort auf von Oliver Hopfgartner

OH: Fakt zu Klimaschutzist: Individuelle Bemühungen sind natürlich notwendig, um Wandel herbeizuführen. Allerdings sind sie nur dann effektiv, wenn sich dadurch gesellschaftliche Normen ändern. Das ist, ohne die entsprechenden politischen Rahmenbedingungen, aber sehr schwer bis unmöglich in nur wenigen Jahren zu erreichen.

Di., 31.12.2024 - 17:59 Permalink
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Oliver Hopfgartner Di., 31.12.2024 - 19:35

Antwort auf von Herta Abram

Ich denke du blendest einen wesentlichen Aspekt meiner Aussage aus: Auch ich finde es sinnvoll, wenn es Visionen gibt und man nicht alles wie bisher machen will, sondern gesellschaftliche Normen ändern will. Gerade deshalb thematisiere ich, dass die besten Visionen und Ziele nichts bringen, wenn sie nicht begeistern. Deswegen muss man aus meiner Sicht Wege finden, für die breite Bevölkerungsschichten offen sind. Wenn man will, dass die Bevölkerung mitmacht und gesellschaftliche Normen sich verändern, muss die neue Norm eine gewisse Popularität haben, sonst ist so eine Aktion von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Es geht mit in meiner Argumentation also nicht um die Frage von individuellen Maßnahmen und gesellschaftlichen Maßnahmen. Das ist eine andere Diskussion. Mir geht es darum, dass gesellschaftliche Maßnahmen nur erfolgreich sein können, wenn die Gesellschaft auch mitzieht. Das macht sie nur, wenn sowohl das Ziel als auch der Weg dorthin breite Zustimmung finden und diese Zustimmung kann man nicht durch Marketing erreichen, sondern sie muss bis zu einem gewissen Maß schon in der Bevölkerung verankert sein.

Di., 31.12.2024 - 19:35 Permalink