Politik | Einzigartigkeit

Die Einzigartigkeit der Selbstbestimmung

Warum der Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel ein Segen für unser Land sein könnte.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Wir SüdtirolerInnen sind verrückt nach Selbstbestimmung. Weil wir stolz sind auf unser kleines Land, auf unsere bewegte Geschichte, auf unsere Vielfalt. Wir wollen unsere Eigenheit bewahren, denn unsere Einzigartigkeit ist in vielen Bereichen die Grundlage für unseren Erfolg. Ob im Tourismus, oder im Handwerk, oder in unserer klein strukturierten Landwirtschaft. Die Einzigartigkeit und die Selbstbestimmung, die wir uns seit langem auf die Fahnen geschrieben haben, vermisse ich allerdings in der aktuellen Diskussion um die Zukunft unserer Landwirtschaft.

Haben wir Südtiroler plötzlich Angst vor der Einzigartigkeit? So kommt es mir vor.

Wir wollen das Recht behalten, wie alle anderen Menschen auf dieser Welt chemisch synthetische Pflanzenschutzmittel zu verwenden. Wir wollen das Recht behalten, gute Kunden einer Chemieindustrie bleiben zu dürfen, die sich wenig schert um unsere Umwelt. Wir wollen das Recht behalten, das gleiche „makellose“ Obst zu produzieren wie der Rest der Welt – und möglichst viel davon.

Doch wo bleibt die Einzigartigkeit, wo bleibt unser Wille einen anderen Weg zu gehen?

Es sei anders gar nicht möglich, lautet das Hauptargument. Wie bitte? Der Tiroler/die Tirolerin, die anscheinend manchmal schwerer leichter tut, kapituliert vor der Möglichkeit, seinen eigenen Kopf durchzusetzen. Wo bleibt unser sturer Grint, wenn wir ihn brauchen könnten? Glauben wir wirklich, dass die Menschen unser Obst kaufen, weil sie ein Bild des Schlerns in der Werbung gesehen haben? Ein Großteil des Obstes wird über Eigenmarken der Supermärkte verkauft, Südtirol ist dabei bestenfalls klein als Herkunftsland angeführt.

Unser Obst wird verkauft, weil wir eine professionelle Vermarktung aufgebaut haben, aber auch weil unsere Landwirtschaft nach allen Regeln der „Agrarkunst“ arbeitet. Die Qualität stimmt, der Ertrag stimmt, wir sind mit hoher Wahrscheinlichkeit weltweit die Vorreiter im Apfelanbau. Doch wir dürfen uns nichts vormachen: Wir sind kopierbar und wir werden laufend kopiert. Wir sind noch nicht eingeholt, aber viele Regionen sind uns dicht auf den Fersen. Die Klone unserer Hauptsorten werden laufend verbessert, unser einmaliges Klima wird irgendwann nicht mehr ausreichen, um unsere Äpfel von anderen abzuheben. Selbst der Bauer in der Poebene wird rote Äpfel produzieren können und spätestens dann ist unsere Einzigartigkeit Geschichte.

Die biologische Landwirtschaft hingegen ist ein erster selbstbewusster Schritt in Richtung Zukunft, zur Stärkung unserer Einzigartigkeit. Natürlich ist sie nicht die absolute Lösung aller Probleme und sie muss sich in vielen Fragen noch weiterentwickeln. Doch wir können uns jetzt nicht dieser Chance verwehren, nur weil dieser Schritt noch nicht alle Probleme auf einmal löst, und einfach sagen, es geht nicht. Wollen wir Bauern wirklich von uns behaupten, dass wir mit unserer unvergleichlichen Erfahrung, dem modernsten Know How und unserer wunderbaren Liebe zum Detail diese Hürde nicht schaffen können? Wollten wir nicht immer die Besten sein, sind wir nicht in vielen Bereichen vielleicht sogar lange schon die Besten gewesen?

Der nächste Schritt zu einer gesünderen und einzigartigen Landwirtschaft darf kein Endpunkt sein, sondern ein Anfang. Wir haben das Potential, vielleicht fehlt uns bloß der Mut. Wenn wir jedoch alle zusammenarbeiten, wenn wir alle unsere Stärken in dieses Projekt stecken, dann sind wir unschlagbar und können die Landwirtschaft revolutionieren. Und es würde nicht allein die Landwirtschaft betreffen. Welche ungeahnten Möglichkeiten könnten sich durch eine ökologisch nachhaltige Wirtschaftsweise zum Beispiel für unseren Tourismus ergeben, oder unser Handwerk?!

Wir könnten es schaffen unsere Produkte einzigartig zu machen, wir wären nicht mehr austauschbar. Wir könnten unsere Landschaft noch schöner machen und unser Land noch attraktiver und gesünder. Wir müssen unseren eigenen Weg finden, um unsere Einzigartigkeit zu bewahren. Wir müssen unsere eigenen Regeln schaffen, um nicht abhängig zu sein, wir müssen bedacht wirtschaften, um unsere Vielfalt zu bewahren.

Wir müssen uns die Selbstbestimmung zurückholen.

Andreas Gschleier - Landwirt

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Harald Crepaz So., 07.09.2014 - 19:48

Verstehe den Zusammenhang zwischen Selbstbestimmung und Bio-Anbau nicht ganz, denn schließlich kann ja jeder Bauer für sich entscheiden, ob er biologisch anbauen will oder nicht.
Des weiteren bedeutet "biologisch" nicht gleich "ökologisch", denn nicht alles was als "BIO" bezeichnet wird, ist auch ökologisch von Vorteil. Darum scheint es aber aufgrund der Argumentation in diesem Text auch nicht zu gehen, denn durch den Bio-Anbau will man sich offensichtlich nur vom Rest abheben und etwas "besonderes" sein, aber dazu ist es schon zu spät, es gibt schon zu viel Bio-Ware auf dem Markt, als dass man sich dadurch einen Vorteil verschaffen könnte.

So., 07.09.2014 - 19:48 Permalink
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Martin Daniel Di., 09.09.2014 - 19:05

Antwort auf von Harald Crepaz

Selbstbestimmung über das engere Lebensumfeld, eine Entscheidung die laut gewissen Exponenten nicht erlaubt wäre?
Selbstbestimmung, nicht den eigenen Grund gegen seinen Willen bespritzt zu sehen?
Die Unterscheidung öko/bio ist allerdings korrekt. Bio vielleicht ein erster Schritt?

Di., 09.09.2014 - 19:05 Permalink
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andreas gschleier Mi., 10.09.2014 - 07:45

bio soll nur der erste schritt zu einer tiefgreifenden entwicklung sein, wer behauptet er habe den hl. graal gefunden liegt wohl falsch.

Mi., 10.09.2014 - 07:45 Permalink