Chronik | Postdienst

Wenn der Postbote gar nicht klingelt

Zeitungen werden erst verspätet, Briefe oft gar nicht zugestellt – so sieht die Realität in einigen Südtiroler Gemeinden aus, obwohl das Land 11 Millionen Euro jährlich an „Poste Italiane“ zahlt.
  • Ende Dezember hat die Landesregierung den Landtagsfraktionen eine Mitteilung zukommen lassen, in der es um eine Erhebung zum Funktionieren des Postdienstes in den Südtiroler Gemeinden geht. Laut Schreiben, das von Landeshauptmann Arno Kompatscher unterzeichnet ist, wurde im Monat September eine umfassende Überprüfung der Qualität der Postdienstleistungen in allen Gemeinden Südtirols und in Zusammenarbeit mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern durchgeführt. Den Ergebnissen zufolge wurden bei der Zustellung von Einschreibebriefen und schnellen Paketen von Montag bis Samstag von neun Gemeinden große Probleme und von 22 Gemeinden beträchtliche Probleme gemeldet. „In 15 Gemeinden gibt es große Probleme und in 27 Gemeinden gibt es beträchtliche Probleme bei der Zustellung der Tageszeitungen und der Lokalzeitungen. Vier der befragten Gemeinden geben an, dass es in ihrem Gemeindegebiet große Probleme bei der Zustellung der einfachen Post von Montag bis Freitag gibt und 22 Gemeinden geben beträchtliche Probleme an“, heißt es in der Mitteilung, in der allerdings keine näheren Angaben gemacht werden, um welche Gemeinden es sich handelt – sprich, ob rein die Peripherie oder urbane Zentren wie entlegene Dörfer gleichermaßen betroffen sind. 

  • Postdienst: Anfang 2024 hat das Land das Abkommen mit der italienischen Post-Gesellschaft erneuert, das spezifische Qualitätsstandards bzw. bei deren Nichterfüllung Strafzahlungen vorsieht.

    Insgesamt zeigt die Erhebung, so Landeshauptmann Kompatscher, dass die Qualität der Dienstleistung der Post teilweise nicht zufriedenstellend ist und eine genaue Überprüfung der Einhaltung der Zustellstandards, die in der Vereinbarung definiert wurden, notwendig ist. Mit Vereinbarung ist die Erneuerung des Abkommens zwischen dem Land und der italienischen Post-Gesellschaft bis zum Jahresende 2026 gemeint, für welches insgesamt 33 Millionen Euro – 11 Millionen Euro jährlich – im Haushalt zweckgebunden werden. 3,2 Millionen Euro entfallen dabei auf die Kosten der Versand- und Zustelldienste in Südtirol. Die Post ihrerseits hat sich zu einer Reihe zusätzlicher öffentlicher Serviceleistungen, wie den täglichen Zustelldienst von Tageszeitungen, den Betrieb des Verteilungszentrums in Bozen oder die Betreuung der hundert blauen Postkästen für internationale Postsendungen, verpflichtete, die das Land mit weiteren 7,8 Millionen Euro unterstützt. Die Vereinbarung sieht weiters vor, dass die Nichteinhaltung des Zustellstandards des ergänzenden Zustelldienstes der Tageszeitungen und Lokalzeitungen sowie das Nichterreichen der Produktstandards für jeden der Dienste bezogen auf die schnellen Sendungen im J+1-Standard, zu denen beispielsweise Einschreiben und der schnelle Paketversand zählen, die Anwendung einer Strafzahlung von 30.000 Euro für jeden Prozentpunkt der Abweichung zwischen Zielsetzung (98 Prozent) und erreichtem Standard zur Folge hat. 

  • Landeshauptmann Arno Kompatscher: „Ob es tatsächlich zu Verbesserungen kommt, soll in einer neuen Erhebung mit Bezugszeitraum September 2025 festgestellt werden.“ Foto: LPA/Fabio Brucculeri
  • Wie Landeshauptmann Kompatscher im Schreiben weiters mitteilt, wurden die Ergebnisse der Erhebung den Verantwortlichen der italienischen Post in einem ersten Treffen präsentiert bzw. wurde das Unternehmen aufgefordert, gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Dienstleistung zu setzen. „Ob es tatsächlich zu Verbesserungen kommt, soll in einer neuen Erhebung mit Bezugszeitraum September 2025 festgestellt werden“, so Landeshauptmann Kompatscher. 

  • Bürger erwarten sich Zuverlässigkeit

    Kritik an der Nichteinhaltung des Abkommens zwischen dem Land Südtirol und der italienischen Post AG kommt von Maria Elisabeth Rieder vom Team K, die bereits einige Landtagsanfragen zu dieser Thematik eingereicht hat und von der Landesregierung verlangt, dass die vorgesehenen Strafzahlungen von der italienischen Post eingefordert werden. Auch ihr gegenüber beklagten Bürger verspätete oder ausgefallene Zustellungen, was zu einer wachsenden Unzufriedenheit führe. 

  • Maria Elisabeth Rieder, Landtagsabgeordnete des Team K: „Bürger berichten, dass beispielsweise die Tageszeitungen oft erst am Nachmittag oder sogar erst am nächsten Tag eintreffen. Das ist frustrierend und macht die Zeitungen praktisch wertlos.“ Foto: Seehauserfoto
  • „Auf Nachfrage berichten Postangestellte, dass ihre Arbeitszeiten abgeändert wurden. Diese beginnt jetzt erst um 8.45 Uhr, damit können erste Tageszeitungen erst ab ca. halb 11.00 Uhr zugestellt werden und dementsprechend spät werden dann die letzten Zeitungen zugestellt. Aus Gesprächen weiß ich, dass es auch in anderen Gemeinden Südtirols ähnliche Probleme gibt. Bürger berichten, dass beispielsweise die Tageszeitungen oft erst am Nachmittag oder sogar erst am nächsten Tag eintreffen. Das ist frustrierend und macht die Zeitungen praktisch wertlos“, so Rieder, die der Ansicht ist, dass dies im Widerspruch zum Anfang 2024 erneuerten Abkommen mit der Post stehe, das die Beibehaltung der Qualitätsstandards, die regelmäßige Zustellung der Post inklusive Zeitungszustellung an sechs Tagen pro Woche bis spätestens 13.00 Uhr vorsieht.

     

    „Während im sozialen Bereich bei finanziellen Unterstützungen für die einfachen Bürger genauestens hingeschaut wird, fließen hier jährlich 11 Millionen Euro an Poste Italiane, ohne dass vereinbarte Dienstleistungen erbracht werden.“

     

     „Das Abkommen zwischen Land und Post sieht bei Nichteinhaltung der Qualitätsstandards Strafzahlungen vor. Die Überwachungs- und Kontrollkommission überwacht diese Umsetzung des Abkommens und muss bei Verstößen gegen die Vereinbarung die finanziellen Konsequenzen einleiten. Während im sozialen Bereich bei finanziellen Unterstützungen für die einfachen Bürger genauestens hingeschaut wird, fließen hier jährlich 11 Millionen Euro an Poste Italiane, ohne dass vereinbarte Dienstleistungen erbracht werden. Das ist inakzeptabel. Wir erwarten, dass die Post ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommt und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Dienstleistung in die Wege leitet. Von der Landesregierung erwarten wir, dass sie mit mehr Nachdruck agiert und die finanziellen Sanktionen durchführt. Die Bürger erwarten sich eine zeitnahe Verbesserung und eine zuverlässige Postzustellung“, so die Team K Abgeordnete Maria Elisabeth Rieder.

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Manfred Klotz So., 12.01.2025 - 07:24

Nicht um den Wert der Arbeit der Briefträger zu schmälern, aber wenn man für diesen Job das Abitur vorweisen muss, verliert man eben viele potentielle Briefträger. Mehr Briefträger = bessere Dienstleistung. Die recht einfache Gleichung ist, obschon nicht die Lösung aller Probleme, doch wohl ein wichtiger Schritt in Richtung dieses Ziels.

So., 12.01.2025 - 07:24 Permalink
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Salto User
Oliver Hopfgartner So., 12.01.2025 - 08:59

Eine derart dysfunktionale Post ist in einem G7-Staat nicht tragbar. Wie soll man so arbeiten? Wenn ich in Österreich Unterlagen per Post verschicke, kommen sie auch ohne Einschreiben innerhalb von 1-2 Werktagen verlässlich an.

Wenn die öffentliche Hand es nicht hinbekommt, sollte man ernsthaft über eine Privatisierung nachdenken, weil Steuergeld für etwas auszugeben, das nicht funktioniert, macht wenig Sinn.

Meine persönlichen Erfahrungen mit der Post sind sehr schlecht. Ich musste mal für eine Führerscheinverlängerung am Schalter eine Einzahlung machen, der Arbeiter dort meinte die Bankomatzahlung hätte nicht funktioniert und hat mich dazu aufgefordert, ein zweites Mal zu probieren. Am nächsten Tag habe ich gesehen, dass es doppelt abgebucht wurde.

Trotz mehrfacher Reklamationen habe ich das Geld nie zurückbekommen. Ich denke es ist nicht nur meine subjektive Wahrnehmung, dass so ein Service extrem unprofessionell ist. Wenn ich in Südtirol bin, passiert es auch häufig, dass z.B. die Zeitung erst mehrere Tage später kommt oder bei den Nachbarn landet.

Ich habe den Vergleich zur österreichischen Post. Die sind extrem kunden- und serviceorientiert, wobei auch hier manchmal Fehler passieren. Diese sind aber die Ausnahme und nicht die Regel, wie es in Südtirol der Fall ist.

So., 12.01.2025 - 08:59 Permalink
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Hartmuth Staffler So., 12.01.2025 - 09:20

Ich habe Anfang Dezember am Brixner Postamt einen eingeschriebenen Brief "mit Rückantwort" an eine Versicherung in Brixen aufgegeben. Anfang Jänner, nach über vier Wochen habe ich die Zustellungsbestätigung erhalten. Ich war erleichtert, dass der eingeschriebene Brief überhaupt den Empfänger erreicht hat, was ja bei der italienischen Post nicht selbstverständlich ist. Anfang Dezember bin ich nach Innsbruck gefahren, um bei der dortigen Post ein Päckchen an einen Bekannten in Linz aufzugeben. Zwei Tage später habe ich den Dank des Empfängers erhalten. Gekostet hat der Versand weniger als die Hälfte des Betrages, den ich in Briefen für einen eingeschriebenen Brief bezahlt habe. Es lohnt sich in Südtirol auf jeden Fall, Briefe nicht mit der Post, sondern persönlich zu überbringen. Es kostet weniger und geht schneller.

So., 12.01.2025 - 09:20 Permalink
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Salto User
veronika dapra So., 12.01.2025 - 10:41

Ich habe eine Freundin, die noch Ansichtskarten verschickt. Im Jahre 2023/24 verschickte sie insgesamt 3, davon kamen 2 nach mehreren Monaten an, beide aus Klagenfurt. Beide waren vollgeklebt mit so Streifen, wozu, wofür war nicht klar. Ich fragte nach, der Angestellte meinte, das seien die Österreicher.
Vorgestern bekamen wir weihnachtsglückwünsche as Wien, aufgegeben Mitte Dezember.

So., 12.01.2025 - 10:41 Permalink
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G. P. So., 12.01.2025 - 20:52

"die Anwendung einer Strafzahlung von 30.000 Euro für jeden Prozentpunkt der Abweichung zwischen Zielsetzung (98 Prozent) und erreichtem Standard zur Folge hat."
1. Wer wird da wohl die Statistik zur Abweichung machen? Wetten, dass am Ende die Zielsetzung erreicht wird?
2. Und wenn doch nicht, was sind schon 30.000 Euro pro Prozentpunkt bei einem Beitrag von 33 Millionen?

So., 12.01.2025 - 20:52 Permalink