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ESF-Skandal kommt in den Landtag

Und sie kommt doch: Warum Paul Köllensperger seine Idee einer ESF-Untersuchungskommission trotz Zweifel an einem zahnlosen Instrument durchsetzte.

Update
Wann wird die Untersuchungskommission zum ESF-Skandal ihre Arbeit aufnehmen? 
Paul Köllensperger: Wir haben am Dienstag den Antrag eingereicht, jetzt muss Landtagspräsident Thomas Widmann die Kommission mit Dekret des Präsidiums einsetzen. Wie lange das dauert, weiß ich nicht genau, aber ich denke, es sollte relativ schnell gehen.

Wird das eine 5-stelle-Untersuchungskommission?
Nein, eine Untersuchungskommission ist immer eine Gemeinschaftsarbeit. Die Idee wurde zwar von uns lanciert, doch gleich auch von den Freiheitlichen aufgegriffen. Die haben auch wesentlich dazu beigetragen, dass wir uns nun doch für die Kommission entschieden haben. Doch auch die Grünen und Andreas Pöder waren recht schnell einverstanden, wenn auch mit einigen Zweifeln.

Was waren die größten Zweifel?
Die kamen vor allem von den KollegInnen, die bereits  in den letzten Untersuchungskommissionen mitgearbeitet haben. Denn ob SEL, Wobi oder Milkon – gebracht haben diese Kommissionen alle zusammen nichts, weil sie dann von der Mehrheit in unterschiedlichen Formen boykottiert und blockiert wurden. Die Mehrheit hat leider auch in Untersuchungskommission viel Mehrheit, das ist nun einmal so.

Viel Aufwand, wenig Ertrag also?
Viel Aufwand bringt eine solche Untersuchungskommission sicherlich. Und man weiß eben nicht genau, was dann unter dem Strich herausschaut und ob es gelingt, wirklich etwas Neues herauszufinden. Denn man hat zwar das Recht Leute zur Aussage vorzuladen, aber die haben keine Pflicht, auch tatsächlich zu kommen. Und so war es auch in vergangenen Kommissionen gang und gäbe, dass sich die meisten Vorgeladenen nicht einmal präsentiert haben. Das Hauptproblem ist sicher, dass die Untersuchungskommission, so wie sie derzeit von der Geschäftsordnung des Landtags konzipiert ist, sehr zahnlos ist.

"Man kann solche EU-Geschichten schon zur Chefsache erklären, aber dann sollte man sich zumindest formell an die Vorgaben halten. Sonst bekommt man eben später die Rechnung präsentiert."

Warum dann trotzdem die Entscheidung für dieses Instrument?
Weil es letztendlich um einen noch nicht einmal absehbaren Schaden geht, der auf die Steuerzahler abgewälzt wird – wie nun kommende Woche mit dem Omnibus-Gesetz beschlossen werden soll. Und es ist auch sehr augenscheinlich, dass die Mehrheit diesen Skandal aussitzen will und es kein Interesse gibt, da groß nachzuschnüffeln. 

Sprich: Das System ist reformiert, die Führungsspitze ausgetauscht, Schwamm drüber...
Ja, genau. Es sieht auch ein wenig nach Bauernopfer aus, was nun passiert. Vor allem der Aspekt, dass nun wieder die SteuerzahlerInnen herhalten müssen, verpflichtet aber einfach dazu, sich die ganze Situation ein wenig genauer anzusehen. Auch weil bislang noch nicht abzusehen ist, wie groß der Schaden tatsächlich ausfallen wird. Die Inspektoren der EU haben acht Projekte eingesehen, und davon sieben beanstandet. Doch es gibt noch hunderte weitere Projekte, die beanstandet werden könnten. 

Elena Artioli fragt sichwarum es eine Untersuchungskommission im Landtag braucht, wenn die EU ohnehin schon kontrolliert. Zurecht?
Bei der Untersuchung der EU stehen vor allem strafrechtliche Aspekte im Vordergrund. Im Landtag muss es dagegen um die politische Verantwortung gehen. Wer hat dieses System erdacht, warum waren die Kontrollmechanismen so schwach ausgestattet, warum hat man so lange zugewartet, es zu ändern? Das alles  ist ja normalerweise kein Zufall.

 

"Die Mehrheit hat leider auch in Untersuchungskommissionen viel Mehrheit, das ist nun einmal so."

Ist für Sie bereits ersichtlich, ob die Wurzel der aktuellen Probleme bei der Führung der vergangenen Jahre oder in der weiteren Vergangenheit liegt?

Das müssen wir uns nun in der Untersuchungskommission genauer ansehen. Sicher ist, dass wir dort auch die Repetto-Zeit  sehr genau unter die Lupe nehmen werden. Bislang wissen wir, dass das beanstandete System bis in die jüngste Vergangenheit praktiziert wurde, als die Landesregierung endlich einen Schlussstrich gezogen hat und die ganzen Kontrollstrukturen- und mechanismen den EU-Normen angepasst hat. Es wird also ganz klar um Vergangenheitsbewältigung gehen.

Und es wird vor allem um mangelnde Kontrollen gehen?
Sicherlich auch, schließlich war alles unter demselben Dach, das ist schon nicht kompatibel. Nebenbei saßen in der ESF-Kommission, also dem Gremium, das über die Finanzierbarkeit der Projekte entscheidet, die Verbandsvertreter, die dann ihre eigenen Projekte beurteilt haben. Da gab es einen vorprogrammierten Interessenkonflikt.

Gab es ein solches System nur in Südtirol oder auch in anderen Provinzen?
Meines Wissens gab es das anderswo nicht, wir hatten schon ein extra lasches System.  Ich denke, man kann solche EU-Geschichten schon zur Chefsache erklären, aber dann sollte man sich zumindest formell an die Vorgaben halten. Sonst bekommt man eben später die Rechnung präsentiert.

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Willy Pöder Mo., 15.09.2014 - 16:44

Denke, das dichte Skandalaufkommen, das in den letzten Jahren feststellbar war, sollte eigentlich eine fixe und permanent tagende Kommission rechtfertigen.

Mo., 15.09.2014 - 16:44 Permalink