„Es frustriert mich sogar“

-
Die großen Differenzen innerhalb der Südtiroler Volkspartei (SVP) bei der deutschen Schule zeigen sich auch im Bozner Wahlkampf zwei Wochen vor den Gemeinderatswahlen: Bei einer Veranstaltung im Kulturheim von Gries diese Woche warben vor allem Stadträtin Johanna Ramoser und SVP-Fraktionschef im Landtag Harald Stauder für ein hartes Durchgreifen bei Kindern ohne ausreichend Deutschkenntnissen, mit dabei auch Vizebürgermeister Stephan Konder.
Wie Stauder bereits gegenüber SALTO erklärt hat, diskutiert die SVP derzeit Vorschulklassen im letzten Kindergartenjahr, Sprachstandserhebungen und Vorrang für deutschsprachige Kinder bei der Anmeldung sowie Willkommensklassen nach österreichischem Vorbild in Grund- und Mittelschule. Bildungslandesrat Philipp Achammer hat sich dazu lange auffällig zurückgehalten – auch in Gries fehlte er bei der Diskussion.
-
Innerhalb der Partei sind die Positionen bekannt: Der konservative Flügel pocht auf strengere Kontrolle und frühzeitige Trennung, um das Unterrichtsniveau halten zu können. Der progressive Flügel, zu dem neuerdings auch Achammer zählt, will die frühzeitige Inklusion stattdessen nicht aufgeben. Der SVP-Arbeitstisch zum Thema Muttersprachenunterricht in deutschen Schulen hat nach mehreren Sitzungen zwar noch kein Abschlusspapier vorgelegt, aber deren Vorsitzender Harald Stauder ist gegenüber der Öffentlichkeit äußerst mitteilsam. In der Zwischenzeit hat Achammer dem Gremium mehrere Vorschläge unterbreitet, allerdings ohne Erfolg.
„Es frustriert mich oft sogar, dass das in der Öffentlichkeit nicht so wahrgenommen wird.“
Beispielsweise schlug er vor, funktional umzuverteilen, um die Durchmischung zwischen Vierteln zu fördern und Ghettobildung zu vermeiden. „Diese funktionale Umverteilung wird gemäß Landesintegrationsgesetz bereits zwischen den Gemeinden Waidbruck und Lajen gemacht, um die Situation in Waidbruck etwas zu vereinfachen.“ Dieser Vorschlag sei rundheraus abgelehnt worden.
Landesrat Achammer wiederum hält von den Vorschlägen der konservativen Seite nicht viel: „Vorschulklassen wären laut geltendem italienischen Gesetz nicht möglich, dafür bräuchte es eine autonome Bestimmung des Landes. Ein vierjähriges Kind mit Migrationshintergrund in die Vorschule zu schicken, um sprachlich fit zu werden, ist aber weder sinnvoll noch denkbar. Das entspricht meines Erachtens in keiner Weise der sprachlichen Entwicklung des Kindes“, so Achammer.
-
Wie ist die Situation jetzt?
Ob Sprachstandserhebungen wie in Deutschland eingeführt werden, prüft das Bildungsressort derzeit. Stand heute füllen Kindergärtnerinnen vor Schuleintritt eines Kindes bereits einen standardisierten Übergangsfragebogen aus, wo auch die sprachliche Entwicklung abgefragt wird. Zum Vorschlag der Willkommensklassen erklärt Achammer, dass es jederzeit möglich sei, solche Klassen zu bilden, wie es bereits nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs in Südtirol der Fall war.
Was die Debatte zu Trennung und Inklusion betrifft, passiert im schulischen Alltag tatsächlich beides: Zwar kommen alle Kinder in dieselbe Klasse, aber durch die sprachdifferenzierte Förderung in Lerngruppen werden sie bei bestimmten Unterrichtsfächern anders aufgeteilt, wie auch in italienischen Schulen, wie die Bozner Schuldirektorin Sabine Giunta gegenüber SALTO erklärt. „Es frustriert mich oft sogar, dass das in der Öffentlichkeit nicht so wahrgenommen wird. Dabei ist das bereits in vielen Schulen Realität, weil die individuelle Förderung ein Auftrag an die Schule ist“, so Achammer.
Der Bildungslandesrat will zudem mit den sogenannten Netzwerkstellen den Übergang von Kindergarten zu Schule erleichtern. „Pädagoginnen begleiten die Kinder damit nicht nur im Kindergarten, sondern auch in den ersten Schuljahren. Diese Stellen sollen weiter ausgebaut werden, weil wir in Bozen sehr positive Rückmeldungen erhalten haben.“
Im Gespräch mit dem Bildungslandesrat wird klar: Um das System Schule aus der Überforderung zu holen, ist vor allem mehr Wertschätzung auf allen Seiten notwendig: Mehr Zeit für die Kinder durch kleinere Klassengrößen, mehr persönlicher Austausch mit den Eltern für eine bessere Zusammenarbeit und vor allem auch mehr Wertschätzung für das Lehrpersonal.
-
Weitere Artikel zum Thema
Society | BildungIntegration: Schule vor Herkulesaufgabe
Society | BildungMehr Deutsch vor dem Schuleintritt
Politics | Gastbeitrag„Vergessen wir nie: Es geht um Kinder!“
ACHTUNG!
Meinungsvielfalt in Gefahr!
Wenn wir die Anforderungen der Medienförderung akzeptieren würden, könntest du die Kommentare ohne
Registrierung nicht sehen.
Ein Frustrierter Landesrat…
Ein Frustrierter Landesrat sollte besser zu Hause bleiben. Der Lachhammer ist sowieso zu schwach für dieses Amt. Unsere Kinder und Enkelkinder brauchen keinen so schwachen Schullandesrat.
Antwort auf Ein Frustrierter Landesrat… von opa1950
Er heisst anders, auch wenn…
Er heisst anders, auch wenn man ihn nicht mag. So viel Fairnis muss sein. Sonst ist man auf dem Niveau der Kronenzeitung.
Antwort auf Ein Frustrierter Landesrat… von opa1950
Die Verballhornung von…
Die Verballhornung von Eigennamen ist unterstes Niveau;
Netiquette?
Antwort auf Die Verballhornung von… von Peter Gasser
Die Verballhornung von Namen…
Die Verballhornung von Namen ist sogar Zeichen von intellektuellem Vakuum.
"Seine Vision für die Schule…
"Seine Vision für die Schule sieht anders aus."
Lachhammer ... ähhhh Achammer und Vision, da passt etwas nicht zusammen.
Antwort auf "Seine Vision für die Schule… von G. P.
Er heisst anders, auch wenn…
Er heisst anders, auch wenn man ihn nicht mag. So viel Fairnis muss sein. Sonst ist man auf dem Niveau der Kronenzeitung.
In erster Linie bräuchte es…
In erster Linie bräuchte es mehr und kompetentes Lehrpersonal zur Entlastung. Dazu wird vermutlich die gut gemeinte Wertschätzung nicht ausreichen...sprich ohne Lohnerhöhungen wird sich diese Situation nicht von alleine lösen.
Mir wird bei dieser Thematik…
Mir wird bei dieser Thematik viel zu viel über Schule und Kindergarten und viel zu wenig über die Rolle der Familie gesprochen.
Wenn wir es schaffen, eine Kultur zu pflegen, in der das Erlernen von deutsch und italienisch positiv gesehen wird, würden sich viele Probleme von alleine lösen.
Gerade wir Südtiroler sollten wissen wie heikel es ist, wenn sich der Kulturraum verändert und man eine neue Sprache erlernen soll.
Insofern gebe ich Achammer recht. Ausländerkinder in Vorschulklassen zu setzen wird auch nicht viel bringen.
Besser wäre es am Mindset zu arbeiten. Dazu müssen wir zuerst einmal die Realität akzeptieren: daheim reden die Leute ihre Muttersprache und das war st auch richtig so, weil jeder Mensch ein Recht auf seine Religion und seine Kultur hat.
Integration heißt eben nicht: "mir sein in Südtirol, sem red man Dialekt!"
psychologisch gesehen halte ich es für wichtig, dass Einwanderern klar gemacht wird, dass wir ihre kultur akzeptieren, es aber wichtig für ihre Zukunftschancen und die ihrer Kinder ist, gut deutsch und italienisch zu können. Ich halte die Angst vor dem Verlust der eigenen Identität für einen der stärksten Hemmschuhe, wenn es um die sprachliche Förderung von Migranten geht.
Daher glaube ich, dass eine Kampagne in diese Richtung wahrscheinlich mehr bringen würde als rein schulische Maßnahmen.
Antwort auf Mir wird bei dieser Thematik… von Oliver Hopfgartner
Sehr gute Überlegungen.
Sehr gute Überlegungen.
Antwort auf Mir wird bei dieser Thematik… von Oliver Hopfgartner
Die sprachliche Förderung…
Die sprachliche Förderung von Migranten funktioniert sehr gut.
Um eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen müssen sie ein italienisch Zertifikat A2 haben. Um die Staatsbürgerschaft anzusuchen muss dann das Zertifikat B2 im italienischen beigelegt werden.
Die Migranten sind beim Italienisch lernen sehr fleißig, sie üben sich 24/24, um ihre Kenntnisse zu stärken sprechen sie Italienisch auch mit ihren Kindern, bzw in der Familie. Alle von Migrantenfamilien stammende und hier geborene Kinder können mit 3 Jahren sehr gut italienisch.
Um eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten, müssen Sie über ein Italienisch-Zertifikat auf Niveau A2 verfügen. Um die Staatsbürgerschaft zu beantragen, müssen Sie ein B2-Zertifikat der italienischen Sprache beifügen.
Einwanderer sind sehr fleißig beim Erlernen der italienischen Sprache, um ihre Kenntnisse zu festigen, sprechen sie auch mit ihren Kindern, also in der Familie, Italienisch. Alle hier geborenen Kinder aus Migrantenfamilien können bereits im Alter von 3 Jahren sehr gut Italienisch sprechen.
Das Problem mit Deutsch ist, das es im Gegensatz zu Italienisch nicht lebensnotwendig ist.
Antwort auf Die sprachliche Förderung… von Evelin Grenier
Sorry, habe den Eindruck…
Sorry, habe den Eindruck gehabt dass mein Kommentar verschwunden wurde und hab den zum Teil zwei mal geschrieben.
Antwort auf Mir wird bei dieser Thematik… von Oliver Hopfgartner
Absolut korrekt. Leider kann…
Absolut korrekt. Leider kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es bei verschiedenen Politikern genau das nicht erwünscht ist. Bleibt man nämlich sprachlich isoliert, könnte es gut sein, dass man wieder abwandert.
Das Problem liegt aber auch…
Das Problem liegt aber auch oder vor allem nicht bei den Migrantenkindern, sondern eine zusätzliche Komponente stellen die Kinder mit italienischer Muttersprache dar die vermehrt in die deutsche Schule eingeschrieben werden ohne die deutsche Sprache ausreichend zu beherrschen sodass sie dem Fach-Sachunterricht nicht folgen können.
Dass bei Migrantenkindern die Sprache mangelhaft gesprochen wird, liegt oft in der Natur der Sache, bei italienischsprachigen Kindern, die im Land geboren wurden, dürfte man schon eine ausreichende Kenntnis verlangen können, wobei da deren Eltern gefragt sind im Vorfeld dafür zu sorgen zumal sie ja jahrelang Zeit haben und es Angebote genug gibt.
Denn dass diese noch zusätzlich die eh schon schwierige Situation noch verschärfen, das dürfte nicht vorkommen.
Bis jetzt hat man aber anscheinend auch von den Kindern mit italienischer Muttersprache keinen Nachweis einer ausreichenden Sprachkompetenz verlangt, was unverständlich ist, wäre da doch die italienische Schule eine Ausweichmöglichkeit.
Jedenfalls bräuchten diese Kinder keine Vorschulklassen.
Natürlich müsste das den Eltern im Vorfeld klar kommuniziert werden, sind viele doch der Meinung die deutsche Schule wäre eine Sprachlernschule.
Antwort auf Das Problem liegt aber auch… von Milo Tschurtsch
Dass bei Migrantenkindern…
Dass bei Migrantenkindern die Sprache mangelhaft gesprochen wird, liegt oft in der Natur der Sache, bei italienischsprachigen Kindern, die im Land geboren wurden, dürfte man schon eine ausreichende Kenntnis verlangen können, wobei da deren Eltern gefragt sind im Vorfeld dafür zu sorgen zumal sie ja jahrelang Zeit haben und es Angebote genug gibt.
Bei den Migratenkindern handelt es sich zum 90% um Kinder von Migrantenfamilien, die aber hier geboren sind und haben bereits Italienisch als Verkehrssprache gelernt. Sie klingen also oft wie Italiener, sind es aber nicht.
Warum hört man eigentlich…
Warum hört man eigentlich kaum die wahren Experten, jene Lehrpersonen, die in Problemklassen unterrichten?