Gesprächskultur
Doch nun habe ich festgestellt, wie könnte es auch anders sein, dass auch bei salto nur Menschen am Werk sind, sie denken und schreiben, mit all ihren Stärken und Schwächen. Soweit so gut.
Doch eines will ich einfach klarstellen: salto ist eine Gesprächsrunde, eine Diskussion am runden Tisch. Wir sind alle per du, das ist schön. Als Max Benedikter mir das angeboten hat, war ich stolz. Ich kenne ihn nicht, weiß nicht viel von ihm, aber er stellt sich auf meine Augenhöhe. Eine Grundvoraussetzung für ein richtiges Gespräch.
Bei einer Preisverleihung in Köln drückte Friedensreich Hundertwasser diese bedeutenden Gedanken aus:
„ ... Interessant ist, dass ich als Maler auch ganz große Sachen wie die Architektur und ganz kleine Dinge wie Briefmarken realisieren durfte, wobei die Briefmarken zwar klein im Format, aber ganz groß in der Bedeutung sind. So ist es mir ein kleinwenig gelungen, diese Briefmarken größer, das heißt bedeutender und die Architektur kleiner, das heißt menschlicher zu gestalten....."
Genau diese Funktion hat das "Du" bei salto.
Was irgendwo fehlt, ist die Gesprächskultur, weil man glaubt, nicht in einer Runde zu sein, sondern mit seinem PC vorpreschen zu können und die eigene Meinung als "exklusiv" zu verkaufen. Man spricht doch genau deshalb vom runden Tisch. Doch das werden wir von Santoro und auch bei ballaró gelernt haben und noch viele Beispiele wären zu nennen.
Ich habe im Zuge meiner Ausbildung zur Führungskraft einmal eine interessante Übung gemacht in Kommunikationstraining.
Da sitzen sich die beiden Gesprächspartner gegenüber. A stellt eine Behauptung auf. B muss sie wortgetreu wiederholen. Dann fügt er seine Antwort hinzu. A muss die Antort wiederholen und so geht es weiter. Ist mir sehr gut in Erinnerung geblieben. Und als ich heute morgens die Nullen bei den Kommentaren sah und dafür aber eine unendliche Reihe von weiteren Kommentaren, habe ich mir gesagt: Hallo, da stimmt was nicht. Das System ist gut durchdacht und gibt die Möglichkeit aufzuzeigen, dass man zuerst den Beitrag, dann die Kommentare liest und dann den eigenen Senf dazu gibt.
Ich bin ein blutiger Anfänger, was Plattformen im Internet betrifft, ein Amateurblogger, um es mit einem deutschen Wort zu sagen. Doch das hat mir schnell der Hausverstand eingegeben, dass diese Pfeile ihren Sinn haben. Und eine völlig richtige Bemerkung in den Kommentaren, 20 + und 20 - geben auch eine Null.
Da wäre also an der Software eine kleine Änderung anzubringen und beide Richtungen festzuhalten. Viel wichtiger ist aber, dass jeder Teilnehmer sich die Mühe macht, alles Geschriebene zu lesen, bevor er antwortet. Dann ergibt sich sicher oft die ebenfalls in den Kommentaren geäußerte Situation, dass nur noch bereits Gesagtem zugestimmt werden braucht, ohne einen eigenen Kommentar anzufügen. Arbeitsteilung nennt man das. Und zudem wird dadurch vermieden, dass sich ein Gesprächspartner in der Runde vorkommt, als sei er auf dem falschen Dampfer.
Abschließend darf ich das Sprichwort aus der Mongolei nochmals wiederholen:
Ein gutes Wort schafft Wärme für drei Winter.
Ein böses Wort verletzt, wie sechs Monate Frost.
Ich danke allen für die Solidaritätsbekundungen und die nette Einladung, zu bleiben.
Ich hätte sicher an Heimweh zu leiden. Doch Heimat ist bekanntlich dort, wo man verstanden wird.
Sprachrohr der Zivilgesellschaft
Danke für diesen positiven Kommentar. Du hast recht. Gesprächs- oder Dialogkultur ist wichtig und uns leider abhanden gekommen, bzw. habe wir sie - was neue Medien angeht - ja erst durch Facebook entdeckt. Ich freu mich, wenn wir gemeinsam wachsen können und sich diese Plattform wirklich einmal zu einem Sprachrohr entwickelt.
lieber sebastian, ich
lieber sebastian, ich verstehe deinen ansatz nicht ganz. ist es nicht noch wertvoller, als die kommentare der anderen zu bewerten, dass eineR sich gleich selbst einbringt und einen kommentar verfasst? das bewerten ist eine passive art des lautlosen abstimmens, während die kommentare zu vielstimmiger musik werden können, wenn du das bild gestattest.
Antwort auf lieber sebastian, ich von salt & pepe
Das Salz in der Suppe
Danke dir für das Interesse am Beitag. Mein Ansatz bestand eigentlich aus zwei Teilen. Einmal die Grundregel der Diskussion, zuerst zuhorchen, dann reden. Bei salto bedeutet das, zuerst Beitrag und Kommentare lesen, dann darauf antworten. Dieses Antworten war der zweite Teil des Ansatzes und ist eigentlich ein eher technischer Vorgang. Die Möglichkeit zur Bewertung gilt für mich in erster Linie als Vermerk "Meinung wahrgenommen". Gleichzeitig kann ich ausdrücken, ob ich damit einverstanden bin oder nicht. Und erst dann entscheide ich, ob ich eine Antwort auf den Kommentar oder einen neuen Kommentar zum Beitrag setzen will. Dieser Ablauf war für mich ziemlich schnell klar und ist auch von der Struktur der Plattform so vorgesehen. Nur in dem Fall, dass ich mit den Kommentaren einverstanden bin und keinen neuen Aspekt zum Beitrag anfügen will, würde es bei der "passiven" Bewertung bleiben. Ich sehe aber eine Zustimmung durch eine +1 nicht sonderlich passiv. Im Gegenteil, sie polarisiert und das ist in der Diskussion ein wichtiger Vorgang, mindestens genau so wichtig, wie die Vielstimmigkeit der Meinungen. Diese wird aber in keiner Weise unterbunden, weder in meinem Beitrag, noch durch die vorgegebene Möglichkeit der Bewertung bei salto. Eine passive Bewertung ist nichts anderes als die Bemerkung in der Diskussion "Da bin ich ganz deiner Meinung" und dies gefällt mir persönlich viel besser, als wenn ich feststellen muss, dass mein Gesprächspartner mir nicht zugehört hat und fast dieselbe Meinung in seiner Äußerung wiederholt. Das sind dann eher fade Suppen, das wollen wir nicht. Wir wollen Salz und Pfeffer in die Sache bringen und da sind wir beide uns vollkommen einig.
Antwort auf Das Salz in der Suppe von Sebastian Felderer
Meinung wahrgenommen
Dieser Satz gefällt mir persönlich in deinem Beitrag ganz besonders gut, Sebastian! Ich habe gestern noch ein wenig nachgedacht, über deine Verärgerung ob deines "unbeachteten" Beitrages, die Antwort von medi@tion, und letztlich deinen neuen Blog-Eintrag zum Thema. Ich finde schön, was daraus geworden ist, aus dem Stein, den du ins Wasser geworfen hast. Du hast schon recht, glaube ich: Wenn da gar nix steht, dann fühlt sich das ein bisschen so an, als führte man Selbstgespräche, in einer hermetisch abgeschlossenen Kapsel inmitten eines überfüllten Raumes :-) Das ist nicht besonders sexy, und insofern finde/fände ich das "Meinung wahrgenommen", wie du das so schön sagst, schon eher positiv. Andererseits: Können wir tatsächlich erwarten, dass, inmitten der irrwitzigen Vielfalt (und Eile) im Netz, jede unserer "kleinen" Meinungen wahrgenommen wird? Wenn ja, schön. Wenn nicht: So what?
Antwort auf Meinung wahrgenommen von Sylvia Rier
Aber auch
und das wollte ich in diesem Zusammenhang schon seit längerem los werden: Es stresst mich ein bisschen, dass jeder Kommentar da draußen mitgezählt wird aufscheint. Ist das so gewollt? Um die Kommentare zu beschränken und solche Quasselmäuler wie mich zu zähmen?
Antwort auf Aber auch von Sylvia Rier
Übersicht
Nein, Silvia, um anzuzeigen, was sich in den letzten Minuten getan hat am Stammtisch. Schnelle Übersicht, ich finde sie gut.
Aber gesagt heißt nicht gehört, gehört heißt nicht verstanden. Und es geht mir nicht um meine Kommentare, sondern ganz allgemein. Zuhören, wahrnehmen gehört einfach dazu. Sonst ist alle nur die Hälfte wert.
Bitte zähme dich nicht, du bist gut drauf. Tust nur oft so, als würdest nicht wissen. Aber wie heißt es so schön:
Der Vorteil der Klugheit besteht darin,
dass man sich dumm stellen kann.
Das Gegenteil ist schon schwieriger.
Kurt Tucholsky