Politik | Urbanistik

Schlauer Bauer

Wie lückenhaft Südtirols Höfegesetz ist und zu welchen absurden Auswüchsen das führt, zeigt ein eklatanter Fall um einen neuen geschlossenen Hof in Eppan.

Der geschlossene Hof ist für die Südtiroler Landwirtschaft ein wichtiges und richtiges Instrument. Geregelt durch ein Landesgesetz aus dem Jahr 2001 soll es den Bauern nicht nur ein Ein- und Auskommen sichern, sondern auch die Zerstückelung der Südtiroler Höfe vermeiden.
Das Höfegesetz sieht vor, dass der geschlossene Hof eine Betriebsfläche von wenigstens drei Hektar bebauter Wein- und Obstbaufläche oder von sechs Hektar Acker- oder Wiesenfläche haben muss. Der Besitzer muss seinen Haupterwerb in den Landwirtschaft haben. Für Jungbauern wird diese Fläche auf 2 ha Obst-/Weinbaufläche oder 4 ha Acker-/Wiesenfläche reduziert.
Wer diese Voraussetzungen erfüllt, kann einen Antrag auf Neubildung eines geschlossenen Hofes stellen. Dann kann der Bauer auf seiner Betriebsfläche auch eine neue Hofstelle errichten. Es ist eine Sonderbestimmung, mit der man mitten im landwirtschaftlichen Grün bauen kann. Eine Bestimmung, die durchaus Sinn macht. Denn wer 2 Hektar Grund hat, muss den Boden auch bearbeiten können und braucht deshalb auch eine Hofstelle dazu.

Seit Jahrzehnten wird der geschlossene Hof so zum Spekulationsobjekt für Immobilienhaie oder für ganz besonders schlaue Bauern.
Möglich wird das durch ein Landesgesetz, das man bewusst weitmaschig lässt, durch Höfekommissionen, die diesen Namen eigentlich nicht verdienen und durch Landesbehörden, die immer dann, wenn es um bäuerliche Privilegien geht, anscheinend den Grauen Star bekommen.

Was in der Theorie völlig einleuchtend klingt, führt in der Praxis in manchen Südtiroler Gemeinden aber zu absurden Auswüchsen. Seit Jahrzehnten wird der geschlossene Hof so zum Spekulationsobjekt für Immobilienhaie oder für ganz besonders schlaue Bauern.
Möglich wird das durch ein Landesgesetz, das man bewusst weitmaschig lässt, durch Höfekommissionen, die diesen Namen eigentlich nicht verdienen und durch Landesbehörden, die immer dann, wenn es um bäuerliche Privilegien geht, anscheinend den Grauen Star bekommen.
Harte Vorwürfe? Keineswegs. Das macht ein Fall deutlich, der sich derzeit in der Überetscher Großgemeinde Eppan abspielt. Er macht deutlich, wie absurd die Handhabung des Südtiroler Höfegesetzes inzwischen ist.

Übergemeindlicher Bauer

Am 14. Juni 2014 richtet der 30jährige Eppaner Jungbauer Peter Hölzl an die lokale Höfekommission einen Antrag um Bildung eines geschlossenen Hofes. Hölzls Vater ist Besitzer eines Ansitzes in Eppan und eines großen geschlossenen Hofes mit entsprechenden Grundflächen. Am 5. August 2014 genehmigt die Eppaner Höfekommission den Antrag des Jungbauern, den geschlossenen Hof „Krafus“ zu schaffen und an der gleichnamigen Straße in St. Michael/Eppan eine Hofstelle zu errichten.
Es ist ein ganz besonderer geschlossener Hof. Laut Gesetz braucht der Jungbauer Hölzl mindestens 2 Hektar Grund. Die hat er auch. Genau 23.068 Quadratmeter an Obstwiesen. Doch 21.245 Quadratmeter davon sind Obstwiesen, die in der Gemeinde Branzoll liegen. Nur 1.823 Quadratmeter des neuen geschlossenen Hofes befinden sich in der Gemeinde Eppan. Das sind genau 8,14 Prozent der gesamten Grundfläche. Trotzdem baut Hölzl seinen Hof in Eppan.
Dass der Sinn des Gesetzes, eine Hofstelle zu haben, um den Grund bearbeiten zu können, damit pervertiert wird, ist eigentlich klar. Denn St. Michael/Eppan und Branzoll sind genau 20 Kilometer entfernt. Der Jungbauer kann damit entweder über die Bozner Industriezone oder über den Kalterer Kojotenpass (Leuchtenburg) zu seinen Branzoller Äpfeln fahren. Er wird mit dem Traktor fast zwei Stunden Hin- und Rückweg zu seiner Hofstelle haben.
Mit derselben Logik könnte ein Bauer auch Obstwiesen in Sterzing oder im Vinschgau kaufen und sich dann im malerischen und vor allem Grundstücks- und Immobilienpreis hochdotierten Überetsch eine Hofstelle errichten. Völlig legal. Denn im Höfegesetz steht nicht, das die Gründe eines geschlossenen Hofes in der Gemeinde liegen müssen, in der man die Hofstelle errichtet. Was eigentlich logisch sein müsste.

Sieben Anläufe

Auch in Eppan dürfte manchem diese Art der Hofschließung zumindest etwas merkwürdig vorgekommen sein. Sieben Mal wurde der Antrag vom Jänner bis August 2014 in der Baukommission behandelt. Vier mal wurde er abgelehnt, zweimal vertagt und am 8. August dann mehrheitlich und mit drei Enthaltungen genehmigt.


An diesem Tag mitgestimmt hat auch der oberste Urbanist des Landes, Anton Aschbacher. Der Direktor der Abteilung Natur-, Landschaft- und Raumentwicklung sitzt als Landessachverständiger in der Eppaner Baukommission. Anscheinend hat auch der Chefurbanist des Landes nichts gegen diese Art der Hofschließung einzuwenden. Laut Höfegesetz muss der Antrag zur Bildung eines geschlossenen Hofes auch von der Landeshöfekommission überprüft werden. Auch dieses Gremium hat kein Veto eingelegt.
Demnächst wird die Gemeinde Eppan damit die Baukonzession zur Errichtung einer Wohnhauses und eines Wirtschaftsgebäudes für Peter Hölzl und Hof „Krafus“ ausstellen.

Die Camouflage

Dass am Ende dieser absurde Antrag durchging, liegt auch an einem geschickten Ablenkungsmanöver des Antragsstellers.
Weil das Spiel etwas zu durchsichtig ist, hat Peter Hölzl die Hoffläche in Eppan kurzerhand erhöht. Am 5. August 2014 schloss er einen Pachtvertrag mit seinem Vater ab. Der Sohn pachtet damit weitere 8.977 Quadratmeter Obstwiesen in der Gemeinde Eppan. Damit soll die Aktion weniger absurd aussehen.
Es ist eine Korrektur mit einigen Haken. Denn die gepachteten Grundparzellen sind bereits Teil eines geschlossenen Hofes und dürften damit bei der Schließung eines zweiten Hofes nicht herangezogen werden. Zudem ist der Pachtvertrag – wie vom Höfegesetz vorgesehen - weder registriert noch im Grundbuch die erforderliche 20jährige Bindung eingetragen.
Formalrechtlich hat man diese Pachtflächen deshalb auch nicht zur Hofschließung verwendet. Sie sind aber dazu da, das Ganze zu verschönern und dürften ausschlaggebend gewesen sein, dass man am Ende in den amtlichen Gremien eine Mehrheit für diese fragwürdige Aktion bekommen hat.

Die Eingabe

Die Gemeinde Eppan kann und darf bei korrekter Anwendung der aufgezeigten gesetzlichen Regelungen keine gültige und rechtmäßige Baukonzession ausstellen“, sagt hingegegen Peter von Hellberg. Der Vorsitzende des Vereins für Heimatpflege Eppan hat den Fall nicht nur akribisch nachrecherchiert, er hat auch eine Eingabe an den Eppaner Bürgermeister Wilfried Trettl gemacht.
Zudem hat von Hellberg die Sachverhaltsdarstellung diese Woche Landeshauptmann Arno Kompatscher und den zuständigen Landesräten Richard Theiner und Arnold Schuler zukommen lassen.
Man darf gespannt sein, wie diese Politiker reagieren. Sicher ist: Dieser Fall ist eine politische Bankrotterklärung. Denn unter diesen Umständen kann man das Höfegesetz gleich abschaffen und die Bauern bauen lassen, wo und wie sie wollen.

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Oskar Egger Mi., 08.10.2014 - 11:38

Entgegen allen Beteuerungen und Schönreden. Von Mals bis Salurn. Was ist nun aber die Lösung für diese Aufteilung, Verschiebung, Versetzung, Erwerb zu besonders günstigen Bedingungen? Welche Wege führen in die Zukunft? Oder wird auch in Zukunft noch die alte Masche gestrickt: "schnell noch dies oder das, bis sich sogar ein Nichtsehender wehrt, wie in den letzten 25 Jahren?" Kann man der Landwirtschaft Schutz bieten, ohne (weiterhin) zusehen zu müssen, was sich in der Vergangenheit abgespielt hat? Hat die Politik die genügende Distanz?

Mi., 08.10.2014 - 11:38 Permalink
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Martin B. Mi., 08.10.2014 - 16:05

Die dargelegten Fakten klingen sehr bedenklich. Die "wahren" Bauernvertreter sollten zum Schutze des geschlossenen Hofes bei diesem Fall intervenieren, bzw. wenn Hausverstand und moralische Verantwortung in den Kommissionen schon nicht greift (anderes will ich nicht vorwerfen), auf eine Klausel zur Bindung von Hofstelle und Nähe der meisten Landwirtschaftsflächen bestehen. Es gibt nun genügend Interessierte die den Fall verfolgen.

Mi., 08.10.2014 - 16:05 Permalink
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Martin B. Mi., 08.10.2014 - 16:09

Antwort auf von Martin B.

"Der Besitzer muss seinen Haupterwerb in den Landwirtschaft haben." Dazu würde ich übrigens auch gerne mal Aufklärung haben. Meines Wissens haben sich eine erquickliche Anzahl an wohlhabenden Südtiroler Bürgern einen landwirtschaftlichen Betrieb (geschlossener Hof) zugelegt, mit allen steuerlichen und bauleitplanlichen Vorteilen (Villa, Reservoir als Schwimmbad, usw.), obwohl kein Mensch denen abnehmen kann, dass sie Bauern sind, bzw. vorwiegend am Hof arbeiten.

Mi., 08.10.2014 - 16:09 Permalink
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magda baur Mi., 08.10.2014 - 18:55

Und für diese Höfe in den besten Tallagen gilt das Gesetz, dass die weichenden Erben nur einen lächerlichen Auszahlungsbetrag erhalten dürfen, bei dem nicht der Marktwert, sondern nur der Ertragswert herangezogen wird. Es ist endlich Zeit, diese Regelung zu reformieren und den Weichenden einen erhöhten Auszahlungsbetrag zu gönnen, im Sinne der sozialen Gerechtigkeit in diesem Land. Deshalb würde kein Talbauer am Hungertuch nagen oder etwa seinen Hof verkaufen müssen.

Mi., 08.10.2014 - 18:55 Permalink
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Ein Leser Fr., 10.10.2014 - 16:09

Ich schicke voraus, dass ich die Meinung des Autors bzgl. der Sinnhaftigkeit der Errichtung einer Hofstelle in Eppan bei Mehrheit der landwirtschaftlichen Gründe in Branzoll teile.
Was ich mir jedoch wünschen würde, ist eine genauere Recherche bzw. das Verbreiten von Fehlinformationen.
1. Das Landeshöfegesetz gibt nur die objektiven und subjektiven Voraussetzungen zur Bildung eines neuen geschlossenen Hofes vor. Nirgends wird man darin etwas über etwaige Baumöglichkeiten oder wo diese stattfinden dürfen finden.
2. Jegliche Baumöglichkeit in Südtirol, ob geschl. Hof oder nicht, wird über das Landesraumordnungsgesetz geregelt. Dieses wiederum weist den Gemeindebaukommissionen die Aufgabe zu, die Bautätigkeit im jeweiligen Gemeindegebiet zu regeln. Nirgendwo im Landesraumordnungsgesetz steht geschrieben, dass die Höfekommission oder Landeshöfekommission die Auswahl für die Lage der Hofstelle treffen.
3. Pachtverträge haben auf die Bildung eines geschlossenen Hofes überhaupt keinen Einfluss, da nur Flächen im eigenen Eigentum berücksichtigt werden können. Pachtflächen sind daher immer ausgeschlossen.
4. Die Registrierung der Pachtverträge ist eine steuerrechtliche Verpflichtung. Das Höfegesetz beinhaltet keine steuerliche Regelungen und kann auch keine Registrierungspflicht vorsehen.
5. Beim Teil von der 20 jährigen Bindung hat der Autor überhaupt "Kraut und Rüben" gemischt. Hier erlaube ich mir einfach die genaue Lektüre des Höfegesetzes und der entsprechenden Artikel des Raumordnungsgesetzes zu empfehlen.

Für Frau Magda Baur und Herrn Erich Frene habe ich folgende Fragen, die sich der Gesetzgeber in der Abwägung unterschiedlicher und gegensätzlicher Interessen gestellt hat und die zu den besonderen Erbrechtsbestimmung des Höfegesetzes geführt haben:
1. Wie kann ich den Fortbestand der Landwirtschaft in einem landwirtschaftlich kleinstrukturiertem Land wie Südtirol sichern?
2. Wie vermeide ich die Flächenzerstückelung durch Erbteilung, die zu landwirtschaftlich nicht mehr sinnvoll nutzbaren Kleinparzellen führt?
3. Wie ermittle ich einen Wert des geschl. Hofes für die Erbteilung, der es einer Person ermöglicht den landwirtschaftlichen Betrieb weiterzuführen?
4. Ist es hierfür gerechtfertigt, die Rechte der Miterben zu beschneiden und in welchem Ausmaß?

Das Verfassungsgericht wurde schon mehrmals mit der Fragestellung der Verfassungsmäßigkeit der Erbregelung des geschl. Hofes in Bezug auf den Gleichheitsgrundsatz befasst. Es wurde die Verfassungsmäßigkeit bestätigt.
Und die Unterscheidung die Frau Baur bzgl Tal- Bergbauer tätigt, trifft beim Ertragswertverfahren nicht zu. Es wird der landwirtschaftliche Reinertrag kapitalisiert um den Ertragswert zu bestimmen. Dieser ist bei einem "Talbauernhof" entsprechend größer als bei einem Bergbauernhof und somit ist auch der Ertragswert bei einem "Talbauern" signifikant höher.
Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass bei Betriebsübergaben im Gastgewerbe oder Handwerk ebenfalls eine Ertragswertermittlung aufgrund der Betriebsdaten stattfindet, um die Übergabe zwischen den Erben zu regeln. Der einzige Unterschied: Es gibt hierfür keine gesetzliche Pflicht. Aber: Wenn das nicht gemacht wird, stellt sich das Problem, dass der Marktwert des Betriebes zu hoch ist, eine Auszahlung nicht möglich ist und somit der gesamte Betrieb verkauft werden muss. Sinnvoll?

Fr., 10.10.2014 - 16:09 Permalink
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Erich Frene So., 12.10.2014 - 18:31

Antwort auf von Ein Leser

Der Begriff "Ertragswert" ist ein nur ein Wort, ein Euphemismus. Die weichenden Erben erhalten ein Butterbrot. In der Talsohle vielleicht ein Butterbrot mit kleiner Gurke.
Was heißt "den Fortbestand der Landwirtschaft sichern"? Dasselbe Argument könnte man dann ja auch bspw. für die Südtiroler Bäcker verwenden. Auch für diese gilt das Erbrecht und auch die Südtiroler Bäckereien sind überwiegend kleinstrukturiert. Und trotzdem gehen die Südtiroler Bäckereien nicht unter. Und "ein Leser" erhält jeden Morgen frisches Brot.

So., 12.10.2014 - 18:31 Permalink
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Ein Leser Di., 14.10.2014 - 15:56

Antwort auf von Erich Frene

Hm...und was glauben Sie, welchen Marktwert ein kleinstrukturierter Bäckereibetrieb hat?
Treffender wäre der Vergleich mit Hotelbetrieben, dort ist es ähnlich, wie in der Landwirtschaft. Hoher Immobilienwert ist nicht gleich hoher Gewinn.
Seien wir doch ehrlich. Wenn in Südtirol Grund und Boden (und natürlich Häuser und Wohnungen) nicht so unverschämt teuer wären, würde der Ertragswert kein Problem darstellen.

Di., 14.10.2014 - 15:56 Permalink