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Was ist passiert, dass eine Diskussion über geschlechterspezifische Gewalt derart ausarten konnte? Bleiben wir doch bitte beim Thema, denn es ist aktuell und wichtig!
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Alles begann mit einem zugegeben provokanten, aber – in meiner Wahrnehmung – durchaus nicht unkorrekten Artikel von Silvia Rier. In ihrer Überzeugung als Feministin (die ich im Übrigen teile) legte sie ihre Ansicht darüber dar, dass Gewalt ein absolutes No-Go sei und vor allem ein Männerspezifikum darstelle. Sie schwächte diese zentrale Aussage allerdings durch die Ergänzung ab, dass auch Frauen Gewalt ausübten, diese aber eine verschwindend geringe Zahl darstellten. Der Succus des Artikels war letztendlich eine sehr klar und berechtigt: Fordern wir nicht Mädchen und Frauen auf, sich gegen Gewalt zu wehren. Fordern wir von Jungen und Männern, diese erst gar nicht auszuüben!

Daraufhin brach ein Sturm der Entrüstung los, welcher der Autorin Pauschalverurteilungen, Oberflächlichkeit und (unglaublich!) Sexismus vorwarfen. Diese Reaktionen allein zeigen schon, wie gut die Mechanismen unserer Männerwelt funktionieren: Vertritt eine Frau vehement ihre Interessen, ist das ein Skandal – der mit zahllosen Beispielen und „Argumenten“ weit unter der Gürtellinie widerlegt gehört. Und keine Frau ist in der Lage oder der Position ihr beizustehen – abgesehen von Jutta Kußtatscher, die couragiert und rasch reagierte und den Ausschluss aus der Community im Falle von persönlichen Angriffen androhte. Keine Frage: meine Solidarität gehört in dieser Diskussion Silvia Rier. 

Aber schauen wir uns das einmal genauer an:

Silvia Riers erste angebliche Pauschalisierung war, dass sich der Rechtsruck der Jugend, den wohl kaum jemand bestreiten kann, ein männliches Phänomen sei. Betrachten wir die letzten Nationalratswahlen in Österreich, hat sie damit nicht unrecht: Umfragen haben nach den Nationalratswahlen von 2013 ergeben, dass die FPÖ vor allem junge Männer ansprach, während die Grünen und SPÖ bei Frauen besser abschnitten. Dazu ist allerdings anzumerken, dass diese Eindrücke auch nach Altersgruppe noch stark variieren. Pauschalisierung? Nein, leider Tatsache, meine Herren, aber wer kann es Ihnen vorwerfen? Unsere kapitalistische, konsumorientierte Gesellschaft pumpt vor allem junge Männer mit Zukunftsängsten um Faktoren voll, die angeblich durch irgendeine Automatik ihnen gehören (Beispiel Arbeitsplätze). Genau diese jungen Männer sind es, von denen die konservativen Logik verlangt, dass sie eines Tages eine Familie versorgt.

Reizwort Gewalt

Weiter geht es im Text mit der durchaus problematischen Aussage, Gewalt gegen (ich weite es mal auf beide Geschlechter aus) eine/n körperlich Unterlegene/n sei vor gar nicht allzu langer Zeit ein No-Go gewesen, festgeschrieben von einem zwar ungeschriebenen, „aber kein bisschen weniger ehernen Gesetz". Dessen bin ich mir gar nicht so sicher – eher scheint mir das Gegenteil der Fall: Gewalt gegen körperlich Unterlegene vor allem innerhalb der Familie war lange Zeit nicht nur Usus, sondern rechtlich sogar erlaubt. Im mitteleuropäischen Kontext wird Vergewaltigung in der Ehe erst seit Mitte/Ende der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts rechtlich sanktioniert – wobei die Auslegungen immer noch sehr breit variieren. In Deutschland liegt eine Vergewaltigung im rechtlichen Sinne dann vor, wenn der Nachweis erbracht wird, das Opfer habe sich körperlich gewehrt. Ein „stilles Leiden“ aus Angst vor weiteren Konsequenzen reicht nicht aus. Anders in Italien: Wenn das Opfer aus Angst vor weiteren Übergriffen den Geschlechtsverkehr über sich ergehen lässt, gilt dies dennoch als Vergewaltigung. In Österreich wurde Vergewaltigung in der Ehe als eine Form von Gewalt bis 2004 (!!!) in bestimmten Fällen nur auf Antrag des Opfers verfolgt. Es ist hier also je nach Gesichtspunkt entscheidend, ob wir von einer negativen (wie Silvia Rier es beschreibt) oder einer positiven Entwicklung sprechen.

Zur geschlechterspezifischen Gewalt, die Silvia Rier im Zusammenhang mit Frauenparkplätzen anspricht, lässt sich folgendes sagen: Zwischen Januar und November 2013 wurden in Italien insgesamt 128 Frauen ermordet. Ja, es gibt mehr Morde an Männern, aber das ist nicht der Punkt. Es geht vielmehr um die Beziehung zwischen Opfer und Täter/Täterin: In 48% der Fälle ist es der Ehemann, in 12% der Fälle der Mitbewohner, in 23% der Fälle der Expartner – in 63% der Fälle sind weder Drogen noch Alkohol im Spiel. Das heißt von den 128 Frauen wurden 83%, also 106, von einem Mann aus ihrer unmittelbaren Umgebung getötet. Das wiederum ergibt jeden dritten Tag eine Tote.

Nein, derartige Zusammenhänge gibt es nicht, wenn man die Morde an Männern betrachtet. Und darum geht es: Die Gefahr für Frauen geht nicht von Unbekannten, Wahnsinnigen, Drogensüchtigen oder was auch immer wem aus – so despektierlich das auch klingt – sondern aus ihrem eigenen, unmittelbaren Umfeld. Und genau das meint Silvia Rier – so scheint mir – mit ihrer starken Aussage, Gewalt sei ein Männerproblem.

Bilder und Stereotypen: Lillifee und Superman

Was hier noch mit hineinspielt, sind die zunehmend konservativen Geschlechterstereotypen unserer Zeit: Aus Pippi Langstrumpf wurde Prinzessin Lillifee, aus Bibi Blocksberg Hannah Montana. Die starken, klugen, tollen Mädchen verschwinden. Ihnen gegenüber stehen männliche Kämpfertypen, die ihre Probleme mit (Waffen)Gewalt und Körperkraft lösen: Aus Harry Potter wurde Aragon, aus Doctor Who der Halbgott Thor. Diese Stereotypen sind es auch, die es Frauen schwer machen, auf der Karriereleiter nach oben zu kommen, wohingegen Männer schwer bis gar nicht in Kindergarten oder Grundschule zu finden sind. Und wenn sie es doch wagen, in diese Zonen vorzudringen, dann werden diese (mutigen!) Menschen als karrieregeile Frauen oder pädophile Männer abgetan. Eine spannende Dokumentation über das westlich-kapitalistische Männerbild und das Tabu des männlichen Versagens wurde übrigens in den USA unter dem Titel „The Mask You Live In“ von Jennifer Siebel Newsom produziert. Voraussichtlicher Kinostart ist 2015.

Ich gehe davon aus, dass wir alle unter einengenden Schablonen leiden: Jungen, die nicht weinen dürfen, Mädchen, die im hübschen Kleidchen still sitzen müssen. Lassen wir das. Lassen wir uns nicht korrumpieren. Die Aussage, dass Gewalt ein Männerproblem ist, ist keine Pauschalisierung und kein Vorurteil. Es ist eine besorgniserregende Beobachtung, die wir gemeinsam ändern können und ändern müssen – indem wir unsere Söhne zu verantwortungsbewussten und einfühlsamen Männern und unsere Töchter zu selbstbewussten und selbstbestimmten Frauen erziehen. 

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gorgias Mo., 20.10.2014 - 07:09

>Was hier noch mit hineinspielt, sind die zunehmend konservativen Geschlechterstereotypen unserer Zeit: Aus Pippi Langstrumpf wurde Prinzessin Lillifee, aus Bibi Blocksberg Hannah Montana. Die starken, klugen, tollen Mädchen verschwinden. Ihnen gegenüber stehen männliche Kämpfertypen, die ihre Probleme mit (Waffen)Gewalt und Körperkraft lösen: Aus Harry Potter wurde Aragon, aus Doctor Who der Halbgott Thor. <
Haben Sie Studien mit denen Sie die Verdrängung der neuen Geschlechtervorbilder mit den alten Belegen können? Ist es nicht so, dass nun endlich Wahlfreiheit besteht und sich Jungen und Mädchen ihre Vorbilder aussuchen können? Soweit ich weiss ist Doctor Who immer noch beliebt. In den letzten Jahren wurde diese Serie neu aufgelegt und es sind neue Folgen erschienen. Und Harry Potter, der Hype ist vorbei, die Potter-Mania kann ja nicht ewig dauern, aber dessen Bücher sind ja deswegen verschwunden oder ganz aus der Mode gekommen. Zufälligerweise habe ich am Wochenende als ich zu besuch bei Freunden war den Sohn der Familie in einem Harry Potter Buch lesen. Ist er nun die Ausnahme? Haben Sie hier einen Trend festgestellt?
Und dass Sie gerade Hanna Montana als Beispiel nehmen, macht mich geradezu Schmunzeln. Kann Ihnen entgangen sein was aus der Darstellerin geworden ist, die geradezu die Figur der Hanna Montana durch ihr neues Auftreten nivellierte?

>Diese Stereotypen sind es auch, die es Frauen schwer machen, auf der Karriereleiter nach oben zu kommen, wohingegen Männer schwer bis gar nicht in Kindergarten oder Grundschule zu finden sind<

Können Sie irgendwie belegen, dass diese "Thropes" zu diesen sozialen Problemen führen?

Mo., 20.10.2014 - 07:09 Permalink
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gorgias Mo., 20.10.2014 - 07:43

Antwort auf von gorgias

Was die klassischen männlichen Heldentypen angeht, bemerke ich einen entgegengesetzten Trend. Diese werden geradezu Dekonstruiert. Wenn man sich die letzten filmischen Neuauflagen von Batman, Superman, Iron Man und James Bond ansieht, findet man an sich zweifelde verletzliche, kränkelnde sich dauernd in Frage stellende Charaktere wieder.

Mo., 20.10.2014 - 07:43 Permalink
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Christoph Moar Mo., 20.10.2014 - 08:48

Antwort auf von gorgias

"Haben Sie Studien mit denen Sie die Verdrängung der neuen Geschlechtervorbilder mit den alten Belegen können?"

Ich habe keine Studien, Gorgias. Hast du aber welche für die Gegenposition? Für eine empirische Studie reicht ein Spaziergang durch eine Spielwarenabteilung, oder durch eines unserer Kinderzimmer daheim.

Dass Kinder und Jugendliche stark durch stereotype Rollenbilder beeinflusst werden, wirst du wohl nicht abstreiten wollen, oder? Die gesamte Medien- und Werbeindustrie wahnt darüber, dass Mädchen hübsch, schlank und rank, und Jungs "Wilde Kerle" sein müssen. Mädchen tragen Rosa, Jungs Blau. Zumindest bis zur zweiten Grundschule, so ungefähr meine Beobachtungen aus erster Hand.

Ich empfehle mal, die Spielwarenabteilung eines "Großanbieters" aufzusuchen, sei es eines dieser zigtausend-m² Supermärkte oder einer Spielwarenkette. Auf den Spielzeugregalen steht: ‚Jungen bis xx Jahre‘ oder ‚Mädchen bis yy Jahre‘. Geschlechterspezifikum in Reinform. Buchhandlungen sind da besser? Nun, ich sehe selbst in unserer Minibuchhandlung in unserer Kleinstadt Kinderbücher, die nach Geschlechtern sortiert sind. Supermarkt? Selbst die Überraschungseier gibt es nun auch in einer Mädchenversion, mit rosa Köpfchen, und Elfentrank gibts "extra für Mädchen".

Das geht dann weiter, dafür muss man die Großstädte besuchen, bei uns kauft man Fleisch noch beim Metzger. In den Supermärkten gibt es „Männerbratwürste“ (mit Zwiebeln). In den „Frauenbratwürste“ sind dagegen Brokkoli- und Karottenstückchen drin, und natürlich ist die Packung prompt teurer, beinhaltet sie schließlich auch eine Tüte "Frauensenf".

Du schreibst "Können Sie irgendwie belegen, dass diese "Thropes" zu diesen sozialen Problemen führen?"

Ich denke die Einführung von Diversity-Management in nahezu sämtlichen Technischen Universitäten dürfte als erster Hinweis schon reichen, dass hier in den letzten Jahrzehnten irgendwas katastrophal falsch gelaufen ist. Es ist nicht gottgegeben, dass Mädchen weniger Interesse an die MINT-Fächer haben: es sind vielmehr die vorgegebenen Rollenbilder in der Werbung, die Mädchen eher dazu bringen, Topmodel werden zu wollen als Ingenieurin oder Politikerin.

Empirische Belege dass es früher nicht so schlimm war? In den Zeugenstand: Godtfred Kirk Christiansen. Der Typ, sollte jemand spontan nicht drauf kommen, hat Lego erfunden. Sein credo damals, bis heute überliefert: "Für Mädchen und Jungen".

Ja, heute gibt es sie auch noch, die alten Lego-Männchen, die mit den kleinen kantingen Gesichtern, die theoretisch recht geschlechtslos daherkommen. Sie haben jetzt aber Schwestern gekriegt: fünf millimeter größer, hünscher und kurviger. Und: sie tragen alle Röcke. Damit können sie auch keine Feuerwehrdrehleiter bedienen, oder Verbrecher jagen, oder in den Weltall fliegen. Es brauchte schließlich den Brief von Charlotte, eines siebenjährigen Mädchens, an die Legozentrale, damit endlich ein Set angeboten wurde, bei dem die Mädchen nicht nur blöd rumsitzen und einkaufen, sondern endlich was sinnvolles tun. Hier, vielleicht hast du den Brief nicht gelesen. Für mich geht auch der ein bisschen als empirische Studie durch:

"Liebe Lego-Firma,

mein Name ist Charlotte. Ich bin sieben Jahre alt, und ich liebe Lego, aber ich mag nicht, dass es viele Lego-Jungen und kaum Lego-Mädchen gibt. Heute bin ich in ein Geschäft gegangen und habe zwei Lego-Bereiche gesehen: Die Figuren für Mädchen waren rosa, die für Jungs blau. Die Lego-Mädchen saßen immer nur zu Hause, gingen zum Strand oder zum Shoppen und hatten keine Jobs. Aber die Jungen erlebten Abenteuer, arbeiteten, retteten Menschen oder schwammen sogar mit Haien. Ich will, dass ihr mehr Lego-Mädchen schafft und sie Abenteuer erleben und Spaß haben lasst, ok!?!

Danke.
Charlotte"

Mo., 20.10.2014 - 08:48 Permalink
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gorgias Mo., 20.10.2014 - 10:10

Antwort auf von Christoph Moar

Ich muss zugeben dass LOGO ein Paradebeispiel für eine negative Entwicklung ist. Ich kenne die verschiedenen Produktlinien gut und kenne deren Entwicklung da ich LOGO noch aus meiner Kindheit kenne. Diese Neuorientierung fand aufgrund sinkender Absatzzahlen statt. Interessant ist aber auch wenn man den LEGO Film ansieht. Dort ist der männliche Protagonist als ein konformistischer Jammerlappen dargestellt während der weibliche Part taff dynamisch und zielorientiert ist.
Interessant ist dass Sie die Kinderfilmserie WILDE KERLE erwähnen. Es gibt auch eine Serie für Mädchen die WILDE HÜHNER heißt.
Was die Männerwurst und den Frauensenf angeht kann ich nicht wirklich ernstnehmen. Welcher Erwachsene lässt sich von diesem Produkt das Rollenbild der Geschlechter beeinflussen?

Mo., 20.10.2014 - 10:10 Permalink
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Christoph Moar Mo., 20.10.2014 - 10:42

Antwort auf von gorgias

"Die Neuorientierung fand aufgrund sinkender Absatzzahlen statt".

Der Umsatz ist in der ersten Jahreshälfte um elf Prozent auf umgerechnet 1,86 Mrd. Fr. gestiegen. Damit ist Lego zum umsatzstärksten Spielzeughersteller der Welt aufgestiegen. Der bisherige Spielzeug-Weltmarktführer und Barbie-Hersteller Mattel liegt mit umgerechnet 1,84 Mrd. Fr. nur noch auf Platz zwei. Auch beim Nettogewinn triumphiert Lego deutlich über Mattel. Die Dänen machten mit umgerechnet 440 Mio. Franken 14 Prozent mehr Gewinn als im ersten Halbjahr 2013. Mattel machte im ersten Halbjahr nur rund 16 Mio. Fr. Nettogewinn.

Durchaus möglich - nein, sogar mit Sicherheit so - dass aus unternehmerischer Sicht die Verglitzerung und Individualisierung der einzelnen Produktsets richtig ist/was, um den Umsatz anzukurbeln. Nur, hier gehts um gesellschaftliche Entwicklungen, und ich bin der letzte, der gesellschaftliche Entwicklungen damit rechtfertigt, damit ein Unternehmen mehr Gewinne/Umsätze/Arbeitsplätze haben kann. Ich denke es ist richtig, gesellschaftliche Entwicklungen zu beobachten und den Finger auf etwas zu zeigen, das einigen Unternehmen zwar wachsende Gewinne schert, dafür unseren Kinder und Jugendlichen potentiell schlechtere Rollenbilder bereitet. Keinesfalls verbiete ich Lego, sowas zu tun, es muss mir aber gestattet sein, dem obersten Ziel "Gewinnmaximierung", oder meinetwegen "Arbeitsplatzwachstum" (das klingt gleich weniger bedrohlich) meine persönlichen Wertvorstellungen hinten anzustellen.

"Was die Männerwurst und den Frauensenf angeht kann ich nicht wirklich ernstnehmen. Welcher Erwachsene lässt sich von diesem Produkt das Rollenbild der Geschlechter beeinflussen?"

Nun, wenn du meine Auflistung durchgängig gelesen hast, anstatt nur das letzte Extrembeispiel herzunehmen, so siehst du dass ich diese konsistente Mädchen/Jungenaufteilung der gesamten Produktwelt aufgezeigt habe. Bis hin zum - Extrembeispiel - der Männer/Frauenwürstchen, wo es weniger um zukünftige Rollenbilder als um die Manipulation der Kaufentscheidungen wenig sattelfester Verbraucher/Innen oder junger Heranwachsender geht. Aber selbst da, lieber Gorgias, beobachte mal wer die slim/light/diet Produkte so kauft, im Supermarkt, und frage dich ob das nicht mit dem Rollenklischee des schlanken, smarten Model-Ideals zusammenhängt.

Die Wilden Hühner sind cool, ich habe mich beim Retten Großmutters Hühnerbande kaputtgelacht. Nur: wenn du jetzt darauf hinaus bist bei jedem Beispiel, den ich mache, gleich ein random-Gegenbeispiel aus dem Hut zu ziehen, nun, da denke hören wir lieber auf. Das könnte recht lange dauern und bringt unsere Erkenntnis nicht viel weiter. Faszinierend eigentlich auch, was aus der von dir zitierten Hannah-Montana-Miley Cyrus so geworden ist. Beim letzten Video, das ich von ihr gesehen habe, räkelt sie sich (nackt und mit keinem Gramm zuviel) und Werkzeug-schleckend auf einer Abrißbirne. Super Rollenmodell für junge heranwachsende Mädchen. Die werden die hintergründige Kritik und Provokation, die ich einer Künstlerin selbstverständlich zugestehen, sicher total durchblicken.

Mo., 20.10.2014 - 10:42 Permalink
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gorgias Mo., 20.10.2014 - 11:49

Antwort auf von Christoph Moar

Bei LEGO fand die Neuorientierung vor ca. 10 Jahren statt. Damals war LEGO kurz davor in Konkurs zu gehen. Was das ganze Spielzeugsortiment angeht kann ein Produzent auf lange Sicht nur das Anbieten was Nachgefragt wird.

Andere Beispiele für starke Mädchenfiguren?
Ronja räubertochter, die Rote Zora , Frozen und Brave.

Mo., 20.10.2014 - 11:49 Permalink
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Christoph Moar Mo., 20.10.2014 - 12:31

Antwort auf von gorgias

"Was das ganze Spielzeugsortiment angeht kann ein Produzent auf lange Sicht nur das Anbieten was Nachgefragt wird".
Schön, dass wir uns einig sind. Dieses Recht habe ich dem Produzenten oben exakt zugestanden. Ich gestehe aber nicht zu, dass dieses Argument als Stillschweigeargument für die Gegenseite verwendet werden darf. Trotz ökonomischer Argumente ist es richtig, dass wir uns Gedanken darüber machen dürfen, ob wir dies unseren Kindern unkritisiert zumuten sollen. Das Machtverhältnis Kinder vs. Marketingabteilungen ist leider nicht ausgeglichen.

Starke Mädchen: Ronja Räubertochter (Kinderbuch 1981, Astrid Lindgren). Rote Zora (Kinderbuch 1941, Kurt Held), sind keine guten Beispiel dafür, dass wir heute viele starke Charaktere haben, vielmehr Beispiel von früher. Merida ist hingegen ein gutes Beispiel, da hat Pixar was geleistet. Nicht umsonst gilt dieser Film als "besonders", weil endlich ein (seit Jahrzehnten dahindümpelndes) starkes Frauenbild im Kinderfilmbereich geliefert wurde. Aber daraus zu schließen, wie hätten kein "rosarot-glitzer-Problem", nee, ich weiss nicht.

Mo., 20.10.2014 - 12:31 Permalink
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Christoph Moar Mo., 20.10.2014 - 11:27

"Meine Meinung(!) dazu ist, dass man ein Kind selbst entscheiden lassen sollte, welches Spielzeug es bevorzugt."
Kein Problem mit Deiner Meinung, Oliver. Falls du Kinder hast, und diese Regel anwendest ohne gleichzeitig mit dem Finger auf diese Rosarot-Glitzer-Verzerrung zu zeigen, dann ist das - wiederum meiner (!) Meinung nach - eine Kapitulation vor der geballten Marketingmacht der Medien und Konzerne. Kinder und Marketingabteilungen verfügen über ungleichmäßig verteilte Mittel, um ihre Ziele zu erreichen. Ich will keinesfalls Verbote aussprechen, werde aber sicher nicht die Augen davor verschließen, das zu erkennen.

"Jeder Frau und jedem Mann steht es frei, seinen Beruf selbst zu wählen."
Super. KO-Argument. Jeder ist seines Glückes Schmied. Jede/r hat die gleichen Bildungschancen, unabhängig von seiner sozialen Herkunft. Jede/r wird in der Entwicklung seiner Begabungen gleichmäßig gefördert, unabhängig von Geschlecht. Als ich klein war, haben wir im Werkunterricht in der Mitteschule Marionetten gebastelt, in Zweierteams. Die Mädchen durften die Klamotten Stricken und Nähen, die Jungs durften die Gesichter aus dem Holz schnitzen.

Du hast aber schon mitgekriegt, dass es in den (gut bezahlten) MINT-Berufen ein extremes Frauen-Defizit gibt, wiewohl es in den (schlecht bezahlten) Pflegeberufen ein extremes Männer-Defizit gibt. Diversity Management? Alles umsonst? Alles sowieso angeboren und jede/r hat gleich viele Chancen, das zu machen, was Sie will?

"In meiner Eishockeymannschaft spielen zwei Frauen mit, eine als Goalie und eine als Center."
Argumentum ad Exemplum.

Mo., 20.10.2014 - 11:27 Permalink
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Profil für Benutzer Mensch Ärgerdichnicht
Mensch Ärgerdi… Mo., 20.10.2014 - 15:49

Ich frage mich bei beiden Artikel: wo bleibt die sonst so angepriesene konstruktive (mit Betonung auf konstruktiv) Kritik?
Von einer gewissen Art von Feminismus hört man immer wieder das Gleiche: Männer sind Ausbeuter, Egoisten, Gewalttäter und weiß Gott noch was sonst alles. Natürlich es ist dann "sottointeso", dass man nicht alle Männer meint (würde mich mal interessieren was Frau dazu sagen würde wenn ich Frauen mit Minirock als Schl***en bezeichnen würde sottointendendo naturalmente dass nicht alle so sind), aber irgendwie muss die "Message" provokant eingepackt werden um rüber zu kommen. Jetzt mal von persöhlichen Angriffen alla Gorgias abgesehen, spielt man dann noch auf beleidigte Leberwurst wenn jeMannd auf die Provokation eingeht und mit gleich provokanten Ton antwortet. "Wie man im Wald hineinruft..."
Was die ganze Stereotypendiskussion angeht, kann ich beipflichten dass diese heute noch existieren aber (im Sinne der konstruktiven Kritik) muss auch gesagt werden, dass die Situation sich (zumindest bei uns in der westlichen Welt) von Tag zu Tag bessert.

Mo., 20.10.2014 - 15:49 Permalink
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Profil für Benutzer Frederik Frick
Frederik Frick Mo., 20.10.2014 - 20:22

Bei der leidigen MINT-Diskussion muss auch mal gesagt werden, dass Mädchen in den Schulen häufig bessere Noten haben als Jungen und danach eben in irgendwelchen Orchideenfächern, Geisteswissenschaften oder Massenstudien wie Psychologie verschwinden. Vielen Mädchen im Teenageralter, dem Alter also, da sich so etwas entscheidet, haben ihre Lebensaufgabe leider oft schon mit Schminken gefunden. Ich weiß nicht, woran es liegt. Ob sie zu wenig Interesse haben an den Naturwissenschaften, ob sie von den pöhsen Lehrern rausgemobbt werden aus den Ingenieursfächern - jedenfalls wollen die meisten Maturantinnen dann doch lieber nichts mit Rechnen machen - auch wenn sie für's Integrieren in der Schule immer Zehner kassiert haben. Tatsache ist, die meisten gehen eben freiwillig ins sozialwissenschaftliche Gymnasium (wenn das der aktuelle Name des pädagogischen G. ist) und bekommen dort viel Gelegenheit zum Singen, Tanzen und Basteln. Da wird's dann mit MINT halt schwierig. Da geht irgendwas nicht zusammen. Und ob Informatikstudien ausschließlich für Frauen, die es ja bereits gibt, da irgendwie helfen, wage ich zu bezweifeln.

Mo., 20.10.2014 - 20:22 Permalink