Gesellschaft | Flüchtlinge

"Der Brenner hat es schwer genug"

Der Bürgermeister der Gemeinde Brenner Franz Kompatscher wehrt sich gegen die geplante Einrichtung einer Flüchtlingsstation - bei uns nicht, sagt er.

Den toleranten Worten von Landeshauptmann Arno Kompatscher zur Flüchtlingssituation in Südtirol bzw. am Brenner folgen nun die harschen seines Namenskollegens. Franz Kompatscher hält gar nichts davon, in seiner Gemeinde ein Aufnahmezentrum für Flüchtlinge einzurichten. "Unsere Gemeinde hat es schwer genug, mit dem ganzen Durchzugsverkehr, der prekären Arbeitssituation, einem hohen Anteil von Migranten bereits jetzt in der Dorfbevölkerung, ich glaube nicht, dass wir uns zusätzlich eine solche Struktur aufhalsen können," wehrt sich Kompatscher in der Tageszeitung Alto Adige. Und er spezifiziert. Er habe gar nichts gegen eine Erstversorgung der Flüchtlinge mit dem Notwendigsten, mit Essen, Trinken und Kleidung, hierzu sei bereits eine Anfrage nach einer geeigneten Lokalität vonseiten des Landes bei ihm eingegangen. "Aber nicht um den Migranten auch Übernachtungen anzubieten, oder gar eine ständige Bleibe daraus zu machen." 

Polizei versorgt Flüchtlinge

Um die täglich am Brenner gestrandeten Flüchtlinge kümmert sich derzeit vor allem die Polizei. Pro Woche würden mehr als 200 Flüchtlinge von den österreichischen Behörden nach Italien zurückgeschickt. Dass man mit der Situation alleingelassen sei, darüber beklagt sich die Polizeigewerkschaft Coisp im Corriere della Sera. Denn die Polizisten seien es, die die Flüchtlinge in der Polizeistation mit Essen versorgten und gelegentlich auch Unterkünfte für die Nacht anbieten. Mehr könne man beim besten Willen nicht tun, jedoch wollten die meisten der Flüchtlinge auch gar nicht bleiben. Deutschland oder Skandinavien heißt ihr Ziel, dort lebten Freunde und Verwandte. 

Anlaustelle nicht nur für die physischen Bedürfnisse

Dass eine Anlaufstelle für Flüchtlinge, mit sanitärer und humanitärer Ausstattung für den Brenner-Bürgermeister Franz Kompatscher keine verlockende Idee darstellt, ist nachvollziehbar. Jedoch ist der Brenner seit jeher ein Ort der Grenze und des Übergangs gewesen, ein Brennpunkt für Fragen nach Abgrenzung und Durchlässigkeit, nach Nationalitäten und Identität, nach Transit und Migrationsbewegungen, nach dem Reisen, dem Fernweh. Warum nicht daran anknüpfen und mit einer geplanten Versorgungsstelle für die physischen Bedürfnisse nicht auch einen Ort der Sensibilisierung, der Beobachtung und Dokumentation zu diesen Themen schaffen?  Als Aufwertung für den geschichtlichen Grenzort Brenner.

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Mensch Ärgerdi… Mi., 05.11.2014 - 12:25

Die meisten Flüchtlinge sind sowieso in Deutschland oder noch weiter im Norden besser aufgehoben, viele haben dort Angehörige oder Bekannte. Lasst sie weiter ziehen.
Die wenigen die hier bleiben wollen, müssten doch irgendwo Platz finden.

Mi., 05.11.2014 - 12:25 Permalink
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Maximilian Ben… Mi., 05.11.2014 - 13:09

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Es handelt sich doch nur um das Wesentlichste. Ein warmer Ort, Bad, Dusche, ein Wickeltisch, ein gebrauchtes Spielzeug. Für die die Hängen bleiben oder erschöpft sind. Ich habe den Verdacht, dass sich viele hier in Südtirol nicht vorstellen können, was es bedeutet plötzlich die eigene Existenzgrundlage zu verlieren. War Der Bürgermeister eigentlich einmal oben?

Mi., 05.11.2014 - 13:09 Permalink
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Sabina Frei Mi., 05.11.2014 - 13:42

Der kürzlich stattgefundene Dreier-Landtag hat mit einem "landesüblichen Empfang" begonnen, so steht's im entsprechenden Bericht auf der Homepage des Landtages.
Welchen "landesüblichen Empfang" will Südtirol (gemeinsam mit Nordtirol?) Menschen, die auf der Flucht sind, bieten?

Mi., 05.11.2014 - 13:42 Permalink