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Von besseren Entscheidungen

Sind Frauen die besseren Entscheiderinnen? Vielleicht.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Vor ein paar Tagen wogte eine Meldung durch (fast) alle (überregionalen) Zeitungen, und die Meldung besagte, Männer seien Idioten. Keine Ahnung, warum und wie die Leute bei Science.ORF.at (http://science.orf.at/stories/1750648/) so locker und undifferenziert dahin titeln können – wahrscheinlich, weil eh jede und jeder weiß, dass keineswegs alle Männer Idioten sind, nicht einmal die meisten. Nein, das muss auch wirklich nicht eigens gesagt und schon gar nicht betont werden, und doch sah sich – das fand ich lustig und ein bisschen bedeutungsvoll - ein Kolumnist der NZZ veranlasst, einen eigenen Text zu verfassen, um darin seiner Leserschaft zu erläutern und detailliert auseinanderzusetzen, dass es keineswegs so ist, wie’s jener Titel zu suggerieren scheint.

Wie gesagt, ich bin keineswegs der Meinung, dass Männer Idioten sind, nichtsdestoweniger fand ich die Studie ziemlich heiter, aber auch sehr interessant, denn sie bestätigt in ihrem Kern, was ich an anderer Stelle (www.nytimes.com/2014/10/19/opinion/sunday/are-women-better-decision-makers.html?smid=fb-nytimes&smtyp=cur&bicmp=AD&bicmlukp=WT.mc_id&bicmst=1409232722000&bicmet=1419773522000) schon einmal gelesen hatte, nämlich dass Männer dazu neigen, riskante(re) Entscheidungen zu treffen und dabei unnötige Risiken einzugehen, eine Hormonsache, glaube ich, und dass sie sogar umso riskanter entscheiden, je mehr Stress sie im Moment der Entscheidung ausgesetzt sind. Im Gegensatz dazu Frauen: Die werden nämlich mit zunehmendem Stress zunehmend vorsichtiger. Nun ist ja Stress bekanntlich ein überaus treuer Begleiter vornehmlich all derer, die’s weit und weiter gebracht haben, und ganz besonders hartnäckig präsent ist er, der Stress also, wenn wichtige Entscheidungen anstehen. Ich sag's jetzt mal so: Frau könnte an dieser Stelle anfangen, zu zweifeln, ein bisschen, vielleicht, und sich zu fragen, ob ihr und der Menschheit Schicksal auch wirklich in den besten Händen und den kühlsten Köpfen liegt.

Während aber nun ein und dasselbe Ergebnis zweier voneinander völlig unabhängiger Untersuchungen die für ihren Humor berühmt-berüchtigten Briten zum Kurzschluss verleitet, Männer seien s. oben (die Forscher formulieren, hier allerdings ganz ernsthaft, so: „Es sei verwirrend, dass Männer bereit sind, derart unnötige Risiken auf sich zu nehmen - als Mutprobe, um ihr Ansehen zu verbessern oder einfach, um anzugeben“), nutzen andere ForscherInnen dieselben Ergebnisse bzw. Tatsachen, um zu erklären, warum „gemischte Teams“ durchwegs die besseren und besten Ergebnisse liefern: Während nämlich Männer aufgrund vorgenannter Risiko-Affinität zwar kurzfristig meist besser „liefern“, erzielen Frauen dank ihrer gegenteiligen Veranlagung langfristig die besseren Ergebnisse. Vom Schnitt zwischen beiden profitieren: Alle, also Frauen und Männer gleichermaßen.

Trotzdem scheinen aber letztere, wenn ich mir die Q*-Debatten hierzulande und anderswo anschaue, wenig geneigt, sich vor der so genannten Evidenz bzw. den besseren gemeinsamen Ergebnissen zu (ver-)beugen und  gewissermaßen Platz zu machen (*), für mehr Frauen, weiter vorn und höher oben, dort also, wo die gesellschaftlichen Rahmen- und unser aller Lebensbedingungen gestaltet werden. Und recht eigentlich, wenn ich jetzt noch ein wenig genauer darüber nachdenke, dann scheint’s mir  - darf ich? - nicht wirklich weit her zu sein, mit der viel gepriesenen und scheint‘s vornehmlich oder fast schon exklusiven (so heißt es immer, derweil Frauen ja "leider so emotional" und also gewissermaßen eh unfähig  sind) männlichen „Rationalität“: Wenn alles für einen Weg spricht, und ihn jemand aber trotzdem nicht gehen will – wie nennt sich das dann? „Rational“ wohl eher nicht. (Kleiner Exkurs – weil’s grad ein bisschen passt, àpro „Mann und Ratio“: Neulich schickte mir ein geschätzter Bekannter folgendes Sprüchlein, nicht ohne kleines feines hämisches Grinsen: „Wenn es stimmt, dass Frauen bei gleicher Qualifikation nur ¾ dessen verdienen, was ein Mann verdient, für den gleichen Job: Warum sollte ein Arbeitgeber dann einen Mann einstellen?“ - Nachdenkpause - Eben. Sehr berechtigte Frage. Völlig irrational, wenn er’s trotzdem tut. Exkurs Ende).

So schaut’s also aus, bei Frauen und Männern, den Wissenschaftlern zufolge. Ja, und wer jetzt also meinen möchte, dass wahrscheinlich auch Männer und über ihre unmittelbaren persönlichen Interessen hinaus daran interessiert sein sollten, insgesamt die besseren Ergebnisse zu erzielen und die besseren Verhältnisse zu schaffen, die hat wahrscheinlich auch recht – aber nicht mit den irrationalen (nein, keineswegs alle, aber immer noch zu viele) Männern gerechnet: Denn es scheint ein Ding der Unmöglichkeit zu sein, dass Frauen im og. Sinne jener Platz eingeräumt werde, der ihnen von Rechts wegen eh zustünde. Nicht, wohlgemerkt, weil die eine oder der andere besser ist als die oder der jeweils andere, sondern schlicht, weil’s die Mischung besser macht.

Ob ich jetzt vielleicht doch noch ein kleines, flammendes Plädoyer-chen halten sollte, für die Frauen-Q*? Nein, das werde ich nicht tun. Aber fragen möchte ich gern: Was dürft’s denn sein, bitteschön? Im Sinne der schnellstmöglichen Erreichung eines ausgewogenen Geschlechterverhältnisses, von dem alle profitieren? Vor allem in der Politik, der großen und übergeordneten Gestalterin? Wenn’s eine Q* - im Sinne einer „Anschubfinanzierung“, wie selbst Ulli Mair das kürzlich so oder sehr ähnlich öffentlich anerkannt hatte -, nicht sein darf: Was dann?

(*) Ich habe mal überlegt, ob wir nicht einfach die *schlechtesten* Männer aussortieren und die *besten* Frauen an ihre Stellen setzen sollten. Aber das ist dann vielleicht doch auch keine so gute Idee...

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gorgias

"Denn es scheint ein Ding der Unmöglichkeit zu sein, dass Frauen im og. Sinne jener Platz eingeräumt werde, der ihnen von Rechts wegen eh zustünde."

Ich weiss nicht welche Rechte Sie da meinen. Demokratische Rechte sind das nicht. Etwa Ständerechte.
So lustig gewisse Artikelüberschriften auch sein mögen, so könnte man auch sagen: Frauen sind im Durchschnitt durchschnittlicher als Männer. In nahezu allen Bereichen wo man die Normalverteilung betrachtet ist die Glockenfunktion der Männer gestreckter als jene der Frauen.

Aber zurück zum Argument dass gemischte Teams besser seinen. Diese Rethorik ist jene der Herrschaft der Guten laut Platon. Und diese Haltung hat Karl Popper in seinem Werk Die offene Gesellschaft und seine Feinde als die Rechtfertigung autoritärer und totalitärer Systeme entlarvt.
Anstatt zu beklagen dass es keine Quote gibt, sollten Feministinnen endlich anfangen die Rechte auszuüben die die Frsuenbewegung für sie errungen hat.

Mi., 17.12.2014 - 10:19 Permalink
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Martin B.

Antwort auf von Nord licht -r

Sehr interessanter Einwurf und Link. Vielleicht kann ich mir bald den Original-Video anschauen. Im Transscript eine gute Passage: "... bedeutet echte Gleichberechtigung, dass die Arbeit, die traditionell Frauen erledigt haben, ebenso wichtig ist wie die Arbeit, die Männer traditionell erledigt haben, ganz gleich, wer sie macht. Überlegen Sie: Broterwerb und Fürsorge sind für das menschliche Überleben gleichermaßen notwendig. Sobald wir über eine Tauschwirtschaft hinausgehen, muss jemand ein Einkommen verdienen und jemand anderer muss dieses Einkommen in Versorgung und Unterhalt für die Familie umwandeln. ... zeigt uns, dass der Balanceakt zwischen Arbeit und Familie kein Frauenproblem ist, es ist ein Familienproblem. ... Vor dreißig Jahren beobachtete Carol Gilligan -- eine großartige Psychologin -- jugendliche Mädchen und entdeckte eine Ethik der Fürsorge, die als Bestandteil der menschlichen Natur, der Ethik der Gerechtigkeit in nichts nachsteht." Das ist inspirierend!

Mi., 17.12.2014 - 14:18 Permalink
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Sylvia Rier

Antwort auf von Nord licht -r

Ja, aber auch: (Slaughter) "Und der benötigte kulturelle Wandel ist die Umerziehung der Männer. (Applaus)". In meinen Augen liegt hier das große Problem: Dass *Männer* in dieser Hinsicht "erziehungsresistent" oder auch: eher unvernünftig zu sein scheinen. Ich glaube halt, Frauen haben nicht wirklich Lust, (auch) Männer zu erziehen (ich finde den Gedanken sogar ziemlich abtörnend, um genau zu sein), und die Männer selbst und/oder untereinander scheinbar auch nicht. Wie soll so etwas weiter gehen? Es wäre doch besser für alle, wenn (auch) Männer verstehen wollten, wie sehr die Lebensläufe und -entwürfe von Frauen und Männern verlinkt sind, dass sich Frau, Mann, Person, Arbeit, Familie, Kinder nicht (mehr) oder nur ganz schwer und zu Lasten aller Beteiligten voneinander trennen lassen, dass zudem die „klassische“ Rollenverteilung einfach nicht mehr funktioniert und eh nicht die Beste ist - ich gelange sogar zunehmend zur Überzeugung, dass Männer mehr als Frauen von dem geforderten Wandel der Gesellschaft profitieren würden („Fürsorge“). Und ich gehe sehr davon aus, dass dieser Wandel maßgeblich schneller vonstatten ginge, wenn eine maßgebliche Anzahl Frauen an den maßgeblichen Stellen die Weichen (mit)stellen könnte. Insofern: Ja, Quote. @Oliver: Meine Empörung über dein „Ausfallsrisikoaufschlag“ habe ich noch nicht vollständig wieder im Griff – aber ich glaube, bei Kurt Spornberger mal gelesen zu haben, dass das (wie vor dir beschrieben) so oder sehr ähnlich in Österreich schon möglich ist – leider mit nicht sehr viel Erfolg. @gorgias. Ich glaube, Ihre Frage hat Oliver beantwortet, in groben Zügen zumindest. NB: Die Frage, warum Slaughter es nicht übers Herz brachte, „ihren Mann von seiner Arbeit loszureißen“, damit er sich „der Fürsorge“ für die gemeinsamen Kinder widmet, oder sich beide die Aufgabe geteilt haben, hat sie aber nicht beantwortet – oder?

Do., 18.12.2014 - 12:13 Permalink

die antwort auf diese frage steckt, denke ich hier: "...Schließlich erlaubte ich mir, zu akzeptieren, was für mich wirklich an erster Stelle stand; nicht, was ich zu wollen konditioniert war oder mich selbst zu wollen konditioniert hatte. Diese Entscheidung führte zu einer Neubewertung des feministischen Leitbildes, mit dem ich aufgewachsen bin und das ich stets gemeistert habe.Ich stehe noch immer voll und ganz hinter der Gleichheit von Mann und Frau..." es war ganz einfach ihre bewusste entscheidung für die fürsorge.

Do., 18.12.2014 - 16:54 Permalink

meinst du? à la longue, lieber Oliver, wird die Menschheit eh vom Erdball verschwinden und fressen in der so genannten freien Marktwirtschaft die Großen die Kleinen vermutlich bis auf die letzten Krümel auf und also lösen sich alle unsere aktuellen "Probleme" eh von ganz allein... Machst du's dir, à la longue, nicht ein bisschen sehr einfach? (ich hab's jetzt mal höflich formuliert weil in Wahrheit bin ich natürlich der Meinung dass es dir hinter dem gefälligen Vorhang ganz allein darum geht, deine Privilegien für dich allein zu verteidigen und zu erhalten weil du keine Lust hast auf "freie Marktwirtschaft" und noch mehr Konkurrenz im am und um die alleweil seltener werdenen Jobs ;-)

Mi., 17.12.2014 - 14:21 Permalink

wie immer recht provokativ und schnippisch formuliert, so richtig zum anbeissen für ein diskussion. ich teile die argumente, zum kleinen exkurs muss ich allerdings anmerken, dass eine frau bei gleicher qualifikation im falle eines arbeitsvertrages eben NICHT 75% bekommt sondern im laufe ihres berufslebens im vergleich zu mann mit gleicher qualifikation - wegen der arbeitsunterbrechung bzw. -reduktion im zuge der kinderbetreuung. diese gehaltsreduktion betrifft allerdings ebenso väter die in karenz gehen bzw. teilzeit machen.

Mi., 17.12.2014 - 17:26 Permalink

Hm. Also ich war schon der Meinung dass die gleichen Arbeitsplätze niedriger bewertet werden, wenn sie an eine Frau gehen (sollen). Schau: "Doch auch wenn all diese Faktoren berücksichtigt werden und Frauen und Männer mit ähnlicher Erfahrung, Bildung und Position verglichen werden, bleibe ein Unterschied von sieben Prozent." Das ist doch traurig, oder, und einer modernen Gesellschaft mehr als nur unwürdig, findest du nicht auch?

Do., 18.12.2014 - 08:09 Permalink

wenn also von 25% lohnunterschied 18% "familiär" begründet sind und 7% gendermäßig, dann sehe ich daß als familienpolitisches versagen bzw. diskriminierung von eltern, die ihre kinder betreuen (mehrzahl frauen auf grund einer gesellschaftlichen sozialen rolle) und nicht von frauen (auf grund ihres geschlechts). die 7% sollten natürlich auch gklärt bzw. beseitigt werden.

Do., 18.12.2014 - 20:45 Permalink